Erektile Dysfunktion (ED) ist ein häufiges Problem, das Männer jeden Alters betrifft, und neurologische Erkrankungen wie Epilepsie können eine Rolle bei der Entstehung spielen. Dieser Artikel beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen Epilepsie, Medikamenten gegen Epilepsie (Antiepileptika) und der Anwendung von Sildenafil (Viagra) zur Behandlung von ED.
Sexuelle Funktionsstörungen bei neurologischen Erkrankungen
Neurologische Erkrankungen können verschiedene Aspekte der Sexualität beeinträchtigen. Nach einem Schlaganfall berichten viele Patienten von einer Beeinträchtigung ihrer Sexualität, die sich in verminderter Libido, Erektionsstörungen, Lubrikationsproblemen und Ejakulationsstörungen äußern kann. Auch bei Epilepsie, insbesondere bei Temporallappenepilepsie mit Fokus auf der rechten Seite, kann eine Hyposexualität auftreten, selbst ohne antikonvulsive Therapie.
Morbus Parkinson und Polyneuropathie sind weitere neurologische Erkrankungen, die sexuelle Funktionsstörungen verursachen können. Parkinson-Patienten klagen oft über vermindertes sexuelles Verlangen, Erektionsstörungen, Ejakulations- und Orgasmusstörungen. Bei Polyneuropathie, insbesondere bei Diabetikern, ist die Prävalenz von Erektionsstörungen hoch.
Ursachen sexueller Funktionsstörungen bei Epilepsie
Sexuelle Funktionsstörungen bei Männern mit Epilepsie sind ein bekanntes Problem, das jedoch erst in jüngster Zeit intensiver erforscht wird. Die Ursachen sind vielfältig und können organische, psychische und hormonelle Faktoren umfassen.
Hormonelle Einflüsse
Die Sexualfunktion hängt maßgeblich von einem ausgewogenen Verhältnis der Sexualhormone ab. Bei Epilepsie können Hirnareale, die in Verbindung mit Hypothalamus und Hypophyse stehen, beeinträchtigt werden. Dies kann zu Störungen im Regulationssystem der Sexualhormone führen, was eine verminderte Testosteron-Synthese und Störungen der Spermienbildung zur Folge haben kann.
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Testosteron wird im Blut an das Sexualhormon-bindende Globulin (SHBG) gebunden. Nur der freie, nicht an SHBG gebundene Anteil des Testosterons, steht dem Körper zur Verfügung. Einige ältere Antiepileptika, wie Carbamazepin, können die Produktion von SHBG steigern, wodurch der Anteil des freien Testosterons sinkt und Libido und Erektionsvermögen abnehmen können.
Einfluss von Antiepileptika
Manche Medikamente gegen Epilepsie, insbesondere solche, die über die Leber verarbeitet werden, können die Produktion oder den Abbau von Sexualhormonen wie Testosteron beeinflussen und so zu einer verminderten sexuellen Aktivität führen. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen den Antiepileptika. Ältere, enzyminduzierende Antiepileptika wie Carbamazepin können die genannten Veränderungen verursachen, während Oxcarbazepin, ein neueres Antiepileptikum, das Enzymsystem der Leber kaum beeinflusst, die SHBG-Synthese weitgehend unbeeinflusst lässt und ausreichend freies Testosteron zur Verfügung steht.
Weitere Ursachen
Neben hormonellen Einflüssen und Antiepileptika können auch organische Ursachen wie Nervenschädigungen (z. B. diabetische Neuropathie) oder Gefäßerkrankungen (z. B. Arteriosklerose) sowie psychische Erkrankungen wie Depressionen zu sexuellen Funktionsstörungen beitragen. Es ist daher wichtig, mögliche organische Ursachen jenseits der Epilepsie und Antiepileptika gründlich abzuklären.
Diagnose und Therapie
Um sexuelle Probleme bei neurologischen Patienten aufzudecken, sind Anamnese und klinische Untersuchung ausreichend. Der Arzt sollte gezielt nach den verschiedenen Aspekten der Sexualität fragen, wie Libido, Erregbarkeit und Orgasmusfähigkeit. Die motorische Funktion der unteren sakralen Segmente (S3-S4/5) lässt sich durch die Funktion des Analsphinkters beurteilen, und der Bulbospongiosusreflex (S2-S4/5) kann getestet werden.
In der Behandlung der erektilen Dysfunktion (ED) dominieren die Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDI) wie Sildenafil (Viagra). Sildenafil erhöht die Durchblutung des Penis und erleichtert so das Erreichen und Aufrechterhalten einer Erektion. Die Effektivität von Sildenafil bei organisch bedingter Erektionsstörung wird mit etwa 68 Prozent angegeben.
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Sildenafil (Viagra) und Epilepsie: Was ist zu beachten?
Obwohl Sildenafil bei ED wirksam sein kann, ist bei Epilepsie Vorsicht geboten. Es gibt Berichte über epileptische Anfälle nach der Einnahme von Sildenafil und Vardenafil (Levitra). Der Mechanismus, über den diese Phosphodiesterase-Hemmer die zerebrale Krampfschwelle senken, ist nicht bekannt.
In einem Fallbericht erlitt ein 60-jähriger Mann einen tonisch-klonischen epileptischen Anfall, nachdem er die Dosis von Vardenafil auf 40 mg erhöht hatte. Auch nach Einnahme von Sildenafil wurden Anfälle berichtet. Es ist daher wichtig, die empfohlene Höchstdosis nicht zu überschreiten und bei Auftreten von Nebenwirkungen einen Arzt zu konsultieren.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Sildenafil kann Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben, insbesondere mit solchen, die den Blutdruck senken. Die gleichzeitige Einnahme von Sildenafil mit Nitraten oder Alphablockern kann zu einem gefährlichen Blutdruckabfall führen. Auch CYP3A4-Hemmer wie Ketoconazol und Erythromycin können die Wirkung und Nebenwirkungen von Sildenafil verstärken, während CYP3A4-Induktoren wie Carbamazepin die Wirkung von Sildenafil abschwächen können.
Individuelle Risikobewertung
Ob die Einnahme von Sildenafil bei Epilepsie sicher ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Art der Epilepsie, der Anfallskontrolle, der Art der Antiepileptika und anderen Begleiterkrankungen. Es ist daher wichtig, vor der Einnahme von Sildenafil einen Arzt zu konsultieren, um eine individuelle Risikobewertung durchführen zu lassen.
Alternativen zu Sildenafil
Für Männer mit Epilepsie, die unter ED leiden, gibt es Alternativen zu Sildenafil. Dazu gehören andere PDE-5-Hemmer wie Tadalafil (Cialis) und Vardenafil (Levitra), die Schwellkörper-Autoinjektionstherapie (SKAT) und die intraurethrale Applikation von Alprostadil (MUSE). Auch eine Umstellung der Antiepileptika auf ein Medikament mit geringerem Einfluss auf die Sexualhormone, wie z. B. Oxcarbazepin, kann in Betracht gezogen werden.
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Geschlechtsspezifische Aspekte bei Epilepsie
Es gibt deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede bei Epilepsie. Einige Anfalls- bzw. Epilepsieformen treten bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Auch die psychosozialen Auswirkungen einer Epilepsieerkrankung können sich bei Männern anders darstellen, insbesondere wenn sie die Hauptverantwortung für den Lebensunterhalt tragen. Es ist daher wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen von Männern und Frauen mit Epilepsie zu berücksichtigen.