Das Lachen der Anderen: Multiple Sklerose Erfahrungen und die Grenzen des Humors

Die Frage, ob und worüber man lachen darf, ist ein ständiger Diskussionspunkt. Die Sendung „Das Lachen der Anderen“ mit Micky Beisenherz und Oliver Polak hat sich dieser Frage angenommen, indem sie Menschen mit Multipler Sklerose (MS) besucht und anschließend ein Stand-up-Comedy-Programm über ihre Erfahrungen präsentiert.

Humor und Randgruppen: Eine Gratwanderung

Micky Beisenherz und Oliver Polak haben sich in ihrer Sendung „Das Lachen der Anderen“ dem Thema „Humor und Randgruppen“ gewidmet. Nach einem Besuch in einer Öko-Gemeinschaft trafen sie Menschen mit Multipler Sklerose (MS). Oliver Polak verkündete zu Beginn der MS-Folge, dass man über alles Witze machen könne und niemand darüber entscheiden dürfe, was erlaubt sei. Diese Aussage impliziert die Annahme, dass Witze über Menschen mit Behinderungen tabu seien.

Die Sendung wirft die Frage auf, ob es Grenzen des Humors gibt, insbesondere wenn es um Menschen mit Behinderungen geht. Während einige argumentieren, dass Humor keine Grenzen kennen sollte, weisen andere darauf hin, dass es wichtig ist, niemanden zu erniedrigen oder bösartig zu verspotten.

Persönliche Erfahrungen mit MS

Die Diagnose Multiple Sklerose (MS) verändert das Leben. Eine Betroffene schildert ihre Erfahrungen seit der Diagnose im Jahr 2004, wobei erste Symptome bereits 1995 nach der Geburt ihrer Tochter auftraten. Sie beschreibt MS als einen ungebetenen Gast, der aus ihrem Alltag nicht mehr verschwinden wird. Anfangs kämpfte sie gegen die Krankheit, was jedoch Kraft kostete und wenig brachte. Im Jahr 2008 erkannte sie, dass sie einen anderen Weg finden musste, um mit der Situation umzugehen. Sie begann, ihre Gedanken und Erfahrungen aufzuschreiben.

Der Weg zum Bloggen und zur Selbsthilfe

Inspiriert von einer malenden Autorin, begann sie, ihre Texte nach Themen zu ordnen und unter dem Namen „Frauenpower trotz MS“ zu veröffentlichen. Sie schrieb nachts, da sie tagsüber als alleinerziehende Mutter von zwei kleinen Kindern wenig Zeit hatte. Im Rausch schrieb sie sich alles von der Seele: die Zeit vor der Diagnose, den Diagnosetag selbst, Therapien, Erfahrungen und alles, was ihren Alltag bestimmte.

Lesen Sie auch: Mehr zu neurologischen Behandlungen

Heute schreibt sie disziplinierter und tagsüber. Die Idee, ein Blog-Tagebuch zu führen, entstand bei einem Autorentreffen. Kolleginnen ermutigten sie, ihre Erfahrungen im Umgang mit der Krankheit zu teilen. Auf ihrem Blog schreibt sie bis heute themenbezogen über das, was sie interessiert und was auch andere interessieren könnte. Seit 2018 hat sie ihren Blog professionell aufgebaut und tauscht sich mit anderen Bloggern aus.

Selbsthilfegruppe und kommunales Engagement

Gleich zu Beginn ihrer Erkrankung besuchte sie eine Selbsthilfegruppe. Seit fast neun Jahren leitet sie diese Gruppe, die zur DMSG Rheinland-Pfalz gehört. Zudem ist sie stimmberechtigtes Mitglied im Kommunalen Beirat für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen der Stadt Landau. Diese Aufgabe ermöglicht es ihr, die Interessen ihrer Selbsthilfegruppe zu vertreten und über Veränderungen in der Stadt informiert zu sein.

Leben mit MS: Akzeptanz und Humor

Wichtig im Umgang mit ihrer MS ist, dass sie entscheidet, wann sie sich einbringt und wann nicht. Sie tut nur noch das, was ihr guttut. Sie möchte anderen helfen, informieren und Wissen vermitteln. Die MS hat viele aus der Bahn geworfen, und besonders junge Betroffene irren oft ziellos umher und haben Angst vor der Zukunft. Sie möchte ein Miteinander fördern und Menschen, die ihr schreiben, antworten.

Sie steht jeden Morgen mit MS auf und geht jeden Abend mit ihr schlafen. Symptome wie Blasenschwäche, Fatigue, Konzentrationsprobleme und neuropathische Schmerzen erinnern sie ständig an die Krankheit. Doch sie läuft neben ihr her, mal unsichtbar, mal sichtbar. Sie setzt sich indirekt täglich mit ihr auseinander und tauscht sich mit anderen Betroffenen aus.

Obwohl sie nicht immer lacht, da ihre Depressionen oft schlimmer sind als die MS, lacht sie, wenn es ihr gut geht oder sie liebe Menschen am Telefon hat. Oft lacht sie über Dinge, die ein Gesunder nicht verstehen würde, aber Hauptsache, sie verstehen es. Durch die Netzwerke hat sie gute Freunde gefunden, mit denen sie sich trifft und etwas unternimmt.

Lesen Sie auch: Lachen und seine Auswirkungen

Jeder Mensch erlebt Schicksalsschläge anders. Sie hat gelernt, das Glück in guten Zeiten schätzen zu lernen und sich in dunklen Stunden an diese Momente zu erinnern. Ihre Kinder geben ihr Kraft, jeden Tag weiterzumachen. Sie liebt das Schreiben und Bloggen und freut sich über jeden Kommentar. Sie möchte ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitergeben und gerne mit anderen lachen - trotz MS. Das bedeutet für sie Leben mit MS: Lachen trotz manchmal schwerer Last, ebenso zusammen weinen, sich aufregen, sich austauschen, sich im Arm nehmen, auseinandergehen und sich wieder treffen.

Die Grenzen des Humors: Eine Frage der Perspektive

Die Frage, ob man über Kranke oder Behinderte Witze machen darf, ist umstritten. Einige argumentieren, dass Humor keine Grenzen kennen sollte und dass Menschen mit Behinderungen genauso „verarscht“ werden dürfen wie andere Gruppen. Andere betonen, dass es wichtig ist, niemanden zu demütigen oder zu verletzen.

Micky Beisenherz argumentiert, dass es ihm zuwider sei, über dieses Thema zu schreiben, da das allzu starke Betonen des Selbstverständlichen die gelebte Antithese sei. Er glaubt, dass Menschen mit Behinderungen es verdienen, genauso verarscht zu werden wie andere Gruppen.

Oliver Polak betont, dass es in seinem Stand-up nicht darum gehe, Leute zu demütigen und vorzuführen. Er sagt, dass es für ihn keine Grenzen gebe, aber dass der Witz im besten Fall gut sein müsse. Er habe keine Schwierigkeiten, MS-Patienten in die Augen zu schauen, während er Witze über sie mache.

Gegenstimmen und Kontroversen

Es gibt jedoch auch Gegenstimmen. Julia Probst, eine selbst ernannte Behindertenbeauftragte, kritisierte Micky Beisenherz für seine Witze über Behinderte. Sie fragte, warum er über Behinderte Witze machen müsse und nicht über normale Menschen.

Lesen Sie auch: Die Bedeutung von Schlaf-Lachen

Die Kontroverse zeigt, dass die Frage nach den Grenzen des Humors komplex ist und von verschiedenen Faktoren abhängt, wie der Art des Witzes, dem Kontext und der Perspektive des Einzelnen.

Authentizität und Inklusion als Schlüssel

Ein wichtiger Aspekt bei der Frage nach den Grenzen des Humors ist die Authentizität. Die Erfahrungen der Betroffenen selbst sollten im Vordergrund stehen. Britische Comedy-Programme zum Thema Behinderung, die von behinderten Menschen selbst gestaltet werden, sind oft lustiger und authentischer als Sendungen, die von nicht-behinderten Menschen produziert werden.

Inklusion ist ein weiterer wichtiger Faktor. Wenn Menschen mit Behinderungen aktiv an der Gestaltung von Humor beteiligt sind, kann dies dazu beitragen, Stereotypen abzubauen und ein respektvolleres und inklusiveres Umfeld zu schaffen.

tags: #das #lachen #der #anderen #multiple #sklerose