Demenz: Definition, Ursachen, Symptome und Behandlung gemäß der Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Demenz ist ein Begriff, der oft mit altersbedingtem Gedächtnisverlust in Verbindung gebracht wird. Doch was genau verbirgt sich hinter dieser Diagnose? Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Definition von Demenz, ihre Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten, basierend auf den Richtlinien und Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und anderer relevanter Quellen.

Was ist Demenz? Eine Definition der WHO

Demenz ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe von Symptomen, die durch eine Abnahme der geistigen Fähigkeiten verursacht werden und das tägliche Leben beeinträchtigen. Dabei handelt es sich nicht um eine spezifische Krankheit, sondern um ein Syndrom als Folge einer chronischen oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns. Laut ICD-10 der WHO kommt es bei Demenz zur Störung vieler höherer kortikaler Funktionen, einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen. Das Bewusstsein wird hierbei nicht getrübt. Mit anderen Worten, Demenz bezeichnet den „Weg vom Geist“, wie es aus dem Lateinischen übersetzt werden kann, und beschreibt den fortschreitenden Verlust geistiger Fähigkeiten.

Ursachen und Formen von Demenz

Demenz entsteht durch verschiedene Erkrankungen und Verletzungen, die das Gehirn beeinträchtigen. Es gibt verschiedene Formen von Demenz, die sich in ihren Ursachen und Symptomen unterscheiden.

Primäre Demenzen

Primäre Demenzen entwickeln sich im Gehirn selbst und sind durch das Absterben von Nervenzellen gekennzeichnet, was zu einem dauerhaften Verlust der Verbindungen zwischen den Zellen führt. Diese werden als neurodegenerative Erkrankungen bezeichnet. Zu den häufigsten primären Demenzformen gehören:

  • Alzheimer-Krankheit: Sie macht etwa 60-70 % aller Demenzfälle aus und ist somit die häufigste Form. Kennzeichnend für Alzheimer ist insbesondere der frühe Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Forscher haben mehrere Gendefekte sowie verschiedene Risikofaktoren ausfindig gemacht, die für die Entstehung von Alzheimer verantwortlich sein könnten. Sogenannte „Amyloid-Plaques“ (aus Aβ-Protein) und Alzheimer-Fibrillen (aus Tau-Protein) sollen jedoch eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Alzheimer spielen.
  • Vaskuläre Demenz: Sie wird durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht, die zu Schädigungen des Hirngewebes und dem Absterben von Nervenzellen führen. Typische Ursachen sind langwährender unbehandelter Bluthochdruck (Morbus Binswanger) oder Schlaganfälle (Multi-Infarkt-Demenz).
  • Lewy-Körperchen-Demenz: Diese Form ist durch das Vorhandensein von Lewy-Körperchen in den Nervenzellen des Gehirns gekennzeichnet, was zu einem Rückgang von Nervenzellen in der Hirnrinde verantwortlich sind. Typische Symptome sind optische Sinnestäuschungen, auch Halluzinationen genannt, sowie motorische Störungen. Auch ein rascher Wechsel von Wachheit zu Müdigkeit im Tagesverlauf kommt häufig vor.
  • Frontotemporale Demenz: Bei dieser Form gehen Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns zurück, was vor allem die Persönlichkeit und das soziale Verhalten der betroffenen Person verändert und weniger das Erinnerungsvermögen beeinträchtigt. Frontotemporale Demenz tritt oft bei jüngeren Menschen zwischen 45 und 60 Jahren auf, in Einzelfällen sogar schon ab dem 20.
  • Parkinson-Demenz: Im Zusammenhang mit Parkinson entwickelt sich bei circa 30 bis 40 Prozent der Betroffenen auch eine dementielle Erkrankung. Man spricht dann von einer Parkinson-Demenz.

Sekundäre Demenzen

Sekundäre Demenzen werden indirekt durch äußere Einflussfaktoren wie Medikamente, Alkoholmissbrauch (Korsakow Demenz) oder schädliche Umwelteinflüsse ausgelöst. Die sekundäre Demenz ist je nach Grunderkrankung behandelbar.

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Symptome von Demenz

Die Symptome von Demenz sind vielfältig und hängen von der Art der Demenz und dem betroffenen Gehirnbereich ab. Demenz zeigt einen irreversiblen Verlauf, was bedeutet, dass die Defizite sich im Laufe der Zeit ausweiten. Die Symptome können in drei Stadien eingeteilt werden:

  • Frühes Stadium: In diesem Stadium sind die Einschränkungen in der selbstständigen Lebensführung noch leicht, und der Unterstützungsbedarf ist gering. Es können Wortfindungsschwierigkeiten, sozialer Rückzug oder depressive Stimmung auftreten. Ein weiteres Merkmal ist das falsche Zuordnen von Wörtern zu Bildern.
  • Mittleres Stadium: Die Orientierungsfähigkeit schwindet, und das Altgedächtnis verblasst. Die Betroffenen wissen sich nicht immer in Raum und Zeit zu orientieren. Erinnerungen bestehen eher nur noch aus Kinder- und Jugendzeit. Viele Fähigkeiten, wie das Erinnern an Lieder, Musik oder Gedichte, die einst gelernt wurden, können meist gut abgerufen werden. Parallel dazu können sich körperliche Einschränkungen entwickeln. Der an Demenz erkrankte Mensch benötigt zunehmend Unterstützung bei einfachen Tätigkeiten und ist in der selbständigen Lebensführung stark eingeschränkt.
  • Spätes Stadium: In diesem Stadium ist der Erkrankte meist vollständig pflegebedürftig und auf personelle Hilfe angewiesen. Die Verständigung fällt schwer, Bedürfnisse können kaum noch geäußert werden. Im Endstadium der Erkrankung nimmt die Aktivität der Betroffenen deutlich ab und sie sind oft nicht mehr in der Lage, zu sprechen oder zu kommunizieren (Mutismus). Häufig kommt es zu einer Nahrungsverweigerung, die zu einer ausgeprägten Kachexie, einem rapiden Gewichtsverlust und Muskelschwund führt.

Diagnose von Demenz

Die Diagnose von Demenz kann eine Herausforderung sein, da es keine spezifischen Tests gibt, die eine eindeutige Diagnose stellen können. Die Diagnose erfordert eine umfassende Bewertung durch medizinisches Fachpersonal, einschließlich Neurologen, Psychologen und Psychiatern. Bevor eine Demenzdiagnose gestellt wird, ist es wichtig, andere Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen können, auszuschließen. Dazu gehören:

  • Leichte kognitive Störung (MCI): Dies ist ein Frühstadium (Prodromalstadium) des demenziellen Syndroms.
  • Depression: Sie kann zu kognitiven Beeinträchtigungen und Gedächtnisproblemen führen, die denen von Demenz ähneln (Pseudodemenz).
  • Delir: Dies ist ein hirnorganisatorisches Syndrom, welches durch eine akute Störung des Bewusstseins, der kognitiven Funktionen, Aufmerksamkeit, Psychomotorik, des Schlaf-Wach-Rhythmus und der Emotionalität gekennzeichnet ist.
  • Vitaminmangel: Insbesondere Vitamin B12-Mangel kann neurologische Symptome hervorrufen, die denen der Demenz ähneln.
  • Schilddrüsenerkrankungen: Wie Hypothyreose können kognitive Probleme verursachen, die mit Demenz verwechselt werden können.
  • Medikamentenwechselwirkungen: Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten können kognitive Beeinträchtigungen und Gedächtnisprobleme verursachen.

Spezielle Demenz-Tests messen die geistige Leistungsfähigkeit einer Person und lassen erkennen, ob diese noch im Normalbereich liegt, oder Anzeichen für eine Einschränkung durch eine Demenz vorliegen. Liegt ein Anfangsverdacht für eine Demenz-Erkrankung vor, sollte der erste Gang zum Hausarzt, zu einer Gedächtnis-Sprechstunde oder einer Memory-Klinik führen. Eine frühe Diagnose von Demenz erleichtert den Umgang mit der Krankheit und bietet größere Chancen, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten oder zu verlangsamen.

Behandlung und Prävention von Demenz

Obwohl es derzeit keine Heilung für Demenz gibt, gibt es Medikamente und nicht-medikamentöse Therapien, die dazu beitragen können, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Medikamentöse Behandlung

  • Anticholinesterase-Hemmer: Diese Medikamente können bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Krankheit eingesetzt werden, um die Symptome zu verbessern.
  • Memantin: Dieses Medikament kann bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Krankheit eingesetzt werden.
  • Antidepressiva: Diese Medikamente können bei Depressionen eingesetzt werden, die häufig mit Demenz einhergehen.
  • Antipsychotika: Diese Medikamente können bei Verhaltensstörungen eingesetzt werden, die bei Demenz auftreten können.
  • Antikörpertherapien: Seit wenigen Jahren wird die Wirksamkeit von Antikörpern wie Aducanumab oder Lecanemab untersucht. Hierbei handelt es sich um einen Antikörper, die sich gegen aggregierte lösliche und unlösliche Formen des Beta-Amyloids richten, indem die Ansammlung von den schädlichen Proteinablagerungen im Gehirn reduziert wird.

Nicht-medikamentöse Therapien

  • Kognitive Stimulation: Diese Therapie umfasst Aktivitäten, die die geistigen Fähigkeiten anregen und verbessern sollen.
  • Ergotherapie: Diese Therapie hilft Menschen mit Demenz, ihre Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten oder wiederzuerlangen.
  • Physiotherapie: Diese Therapie hilft Menschen mit Demenz, ihre körperliche Beweglichkeit und Koordination zu verbessern.
  • Logopädie: Diese Therapie hilft Menschen mit Demenz, ihre Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern.
  • Musiktherapie: Diese Therapie kann Menschen mit Demenz helfen, ihre Emotionen auszudrücken und ihre Erinnerungen zu aktivieren.
  • Kunsttherapie: Diese Therapie kann Menschen mit Demenz helfen, ihre Kreativität auszuleben und ihre Gefühle auszudrücken.
  • Realitätsorientierungstraining (ROT): Diese Therapie hilft Menschen mit Demenz, sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden und ihre Orientierung zu verbessern.
  • Validationstherapie: Diese Therapie zielt darauf ab, die Gefühle und Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zu verstehen und zu akzeptieren.

Prävention

Die Prävention von Demenz ist ein wichtiges Forschungsthema, da die Zahl der Betroffenen weltweit zunimmt. Aktuelle Studien und Publikationen weisen darauf hin, dass eine gesunde Lebensweise einschließlich regelmäßiger körperlicher Aktivität, gesunder Ernährung, sozialer Interaktion und geistiger Stimulation, das Risiko für Demenz verringern kann. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2019 erstmals Richtlinien zur Vorbeugung von Demenz veröffentlicht. Dabei wird auf verschiedene Risikofaktoren wie zum Beispiel der Zusammenhang zwischen Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht mit Demenz hingewiesen.

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Bislang sind 14 Risikofaktoren für Demenz bekannt, die prinzipiell modifizierbar sind und durch medizinische Vorsorge und gesunde Lebensgewohnheiten zum Teil persönlich beeinflusst werden können. Dazu gehören unter anderem Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Schwerhörigkeit, Luftverschmutzung, geringe Bildung und soziale Isolation. Demnach wären bei Beseitigung dieser 14 Risiken rund 45 Prozent [26] aller Demenzerkrankungen vermeidbar oder könnten hinausgezögert werden - theoretisch.

Ein gesundes, aktives und geselliges Leben - das ist die beste Demenz-Prävention.

Herausforderungen bei der zahnmedizinischen Behandlung von Demenzpersonen

Die zahnmedizinische Behandlung von Demenzpatienten erfordert besondere Aufmerksamkeit und Sensibilität seitens Zahnärzten und Praxisteams, um den besonderen Bedürfnissen der Patientengruppe gerecht zu werden. Eine der größten Herausforderungen bei der Behandlung von Demenzpatienten besteht darin, dass sie möglicherweise nicht in der Lage sind, Schmerzen oder Unbehagen zu äußern. Daher ist es wichtig, dass Zahnärzte auf nonverbale Anzeichen achten, die auf ein mögliches Problem hindeuten könnten. Ein weiterer wichtiger Aspekt der zahnmedizinischen Versorgung von Demenzpatienten ist die Prävention von Zahnproblemen. Dazu gehört eine gute Mundhygiene, die bei Demenzpatienten möglicherweise nicht selbstverständlich ist. Bei der zahnmedizinischen Behandlung von Demenzpatienten ist es außerdem ratsam, individuell angepasste Zahnersatzlösungen zu verwenden. Zahnersatz sollte mit Namen versehen und leicht erkennbar sein, da das Einsetzen und Entfernen von Zahnersatz für Demenzpatienten ein kognitiver Prozess ist. Um die zahnmedizinische Versorgung von Demenzpatienten zu optimieren, ist es wichtig, dass Zahnärzte und Praxisteams über die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen dieser Patientengruppe informiert sind und die Behandlung entsprechend anpassen.

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