Einführung
Das Delir, abgeleitet vom lateinischen "delirare" (wahnsinnig sein) oder "de lira ire" (aus der Spur geraten), ist ein akuter Verwirrtheitszustand, der durch eine plötzliche Verschlechterung der Wahrnehmung und der kognitiven Funktionen gekennzeichnet ist. Es ist eine häufige Komplikation, insbesondere bei älteren Menschen und solchen mit Demenz. Die ICD-10-Klassifikation F05.1 bezieht sich speziell auf ein Delir, das im Rahmen einer bereits bestehenden Demenz auftritt. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung des Delirs bei Demenz und gibt einen Überblick über die verschiedenen Aspekte dieser komplexen Erkrankung.
Was ist ein Delir?
Ein Delir ist ein Zustand akuter Verwirrtheit, der durch Störungen des Bewusstseins, der Aufmerksamkeit, der Kognition und der Wahrnehmung gekennzeichnet ist. Es handelt sich um ein hirnorganisches Syndrom, das durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden kann. Im Gegensatz zur Demenz, die sich langsam und fortschreitend entwickelt, tritt ein Delir plötzlich auf und fluktuiert im Schweregrad.
Delir und Demenz: Ein komplexes Zusammenspiel
Demenz ist ein Syndrom, das durch eine chronische oder fortschreitende Erkrankung des Gehirns verursacht wird und zu Störungen höherer kortikaler Funktionen wie Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassungsgabe, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen führt. Im Gegensatz zum Delir bleibt das Bewusstsein bei Demenz in der Regel erhalten.
Ein Delir kann jedoch bei Menschen mit Demenz auftreten und stellt eine zusätzliche Belastung dar. In solchen Fällen spricht man von einem Delir bei Demenz (ICD-10: F05.1). Die Kombination aus Demenz und Delir kann zu einer erheblichen Verschlechterung des kognitiven Zustands und des Funktionsniveaus führen.
Ursachen eines Delirs bei Demenz
Ein Delir bei Demenz kann durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden, darunter:
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- Infektionen: Harnwegsinfektionen, Lungenentzündungen oder andere Infektionen können bei Menschen mit Demenz ein Delir auslösen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente oder Medikamentenkombinationen können zu Verwirrtheit und Delir führen, insbesondere bei älteren Menschen.
- Dehydration und Elektrolytstörungen: Ein Mangel an Flüssigkeit oder ein Ungleichgewicht von Elektrolyten im Körper kann die Gehirnfunktion beeinträchtigen und ein Delir verursachen.
- Operationen: Postoperative Delirien (POD) sind häufig, insbesondere bei älteren oder vorerkrankten Patienten.
- Schmerzen: Unbehandelte Schmerzen können zu Unruhe, Verwirrtheit und Delir führen.
- Stoffwechselstörungen: Erkrankungen wie Diabetes oder Schilddrüsenfunktionsstörungen können ein Delir auslösen.
- Umgebungsfaktoren: Veränderungen in der Umgebung, wie z. B. ein Krankenhausaufenthalt oder ein Umzug in ein Pflegeheim, können bei Menschen mit Demenz ein Delir begünstigen.
- Alkoholentzug: Ein Alkoholentzugsdelir (Delirium tremens) kann bei Menschen mit Alkoholabhängigkeit auftreten.
Symptome eines Delirs bei Demenz
Die Symptome eines Delirs bei Demenz können vielfältig sein und im Schweregrad variieren. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Akute Verwirrung: Plötzlicher Beginn von Verwirrtheit und Desorientierung.
- Aufmerksamkeitsstörungen: Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit zu fokussieren und aufrechtzuerhalten.
- Kognitive Beeinträchtigungen: Gedächtnisprobleme, Sprachstörungen und Schwierigkeiten beim Denken und Urteilen.
- Wahrnehmungsstörungen: Halluzinationen (Sehen, Hören oder Fühlen von Dingen, die nicht real sind) oder Illusionen (Fehlinterpretationen realer Dinge).
- Psychomotorische Störungen: Unruhe, Agitiertheit (übermäßige psychomotorische Unruhe) oder Lethargie (extreme Schläfrigkeit).
- Emotionalität: Stimmungsschwankungen, Angst, Reizbarkeit oder Depression.
- Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen: Schlafstörungen, Tagesschläfrigkeit oder Umkehrung des Schlaf-Wach-Rhythmus.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Symptome eines Delirs fluktuieren können, d. h. sie können im Laufe des Tages variieren.
Diagnose eines Delirs bei Demenz
Die Diagnose eines Delirs bei Demenz basiert auf einer sorgfältigen Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und einer neurologischen Untersuchung. Es ist wichtig, andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen, wie z. B. einen Schlaganfall oder eine Hirnverletzung.
Zu den diagnostischen Instrumenten, die zur Beurteilung eines Delirs eingesetzt werden können, gehören:
- Confusion Assessment Method (CAM): Ein standardisiertes Instrument zur Diagnose eines Delirs.
- Delirium Rating Scale-Revised (DRS-R-98): Eine Skala zur Beurteilung des Schweregrads eines Delirs.
- Mini-Mental State Examination (MMSE): Ein Test zur Beurteilung der kognitiven Funktion.
Zusätzlich zu diesen Instrumenten können Blutuntersuchungen, Urinuntersuchungen und bildgebende Verfahren (z. B. CT- oder MRT-Scans des Gehirns) durchgeführt werden, um die Ursache des Delirs zu ermitteln.
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Behandlung eines Delirs bei Demenz
Die Behandlung eines Delirs bei Demenz zielt darauf ab, die zugrunde liegende Ursache zu behandeln, die Symptome zu lindern und Komplikationen vorzubeugen. Zu den wichtigsten Behandlungsstrategien gehören:
- Behandlung der zugrunde liegenden Ursache: Dies kann die Behandlung einer Infektion, die Anpassung von Medikamenten, die Korrektur von Dehydration oder Elektrolytstörungen oder die Behandlung von Schmerzen umfassen.
- Nicht-pharmakologische Maßnahmen: Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Umgebung zu optimieren und die sensorische Stimulation zu reduzieren. Dazu gehören:
- Sicherstellung einer ruhigen und vertrauten Umgebung: Reduzierung von Lärm und Ablenkungen, Bereitstellung von vertrauten Gegenständen und Fotos.
- Förderung der Orientierung: Bereitstellung von Uhren, Kalendern und anderen Hilfsmitteln zur Orientierung.
- Aufrechterhaltung eines regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus: Förderung von Tageslichtexposition und Vermeidung von Nickerchen während des Tages.
- Sicherstellung ausreichender Flüssigkeitszufuhr und Ernährung: Angebot von regelmäßigen Mahlzeiten und Getränken.
- Förderung der Mobilität: Ermutigung zu regelmäßiger Bewegung und Aktivität.
- Pharmakologische Maßnahmen: In einigen Fällen können Medikamente erforderlich sein, um die Symptome eines Delirs zu lindern. Antipsychotika können zur Behandlung von Agitiertheit, Halluzinationen oder Wahnvorstellungen eingesetzt werden. Es ist jedoch wichtig, diese Medikamente mit Vorsicht einzusetzen, da sie Nebenwirkungen haben können.
Prävention eines Delirs bei Demenz
Die Prävention eines Delirs bei Demenz ist von entscheidender Bedeutung, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und Komplikationen vorzubeugen. Zu den wichtigsten Präventionsstrategien gehören:
- Früherkennung und Behandlung von Risikofaktoren: Identifizierung und Behandlung von Faktoren, die das Risiko eines Delirs erhöhen, wie z. B. Infektionen, Medikamente, Dehydration und Schmerzen.
- Optimierung der Umgebung: Schaffen einer ruhigen, vertrauten und sicheren Umgebung.
- Förderung der kognitiven Stimulation: Bereitstellung von Aktivitäten, die die kognitiven Fähigkeiten fördern, wie z. B. Lesen, Puzzles oder Gespräche.
- Schulung von Pflegekräften: Aufklärung von Familienmitgliedern und Pflegekräften über die Symptome eines Delirs und die Bedeutung einer frühzeitigen Intervention.
ICD-10-Code für Delir bei Demenz
Der ICD-10-Code für Delir bei Demenz lautet F05.1. Dieser Code wird verwendet, um ein Delir zu diagnostizieren, das im Rahmen einer bereits bestehenden Demenz auftritt.
Zusatzkennzeichen für die Diagnosesicherheit
In der ambulanten Versorgung wird der ICD-Code auf medizinischen Dokumenten immer durch die Zusatzkennzeichen für die Diagnosesicherheit (A, G, V oder Z) ergänzt:
- A: Ausgeschlossene Diagnose
- G: Gesicherte Diagnose
- V: Verdachtsdiagnose
- Z: Zustand nach der betreffenden Diagnose
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