Delir bei Demenz: Ursachen, Prävention und Management

Ältere Menschen, insbesondere solche mit bereits bestehenden kognitiven Einschränkungen wie Demenz, sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, ein Delir zu entwickeln, wenn sie ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ein Delir ist ein Zustand akuter Verwirrtheit, der sich durch Störungen des Bewusstseins, der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung und des Denkens auszeichnet. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte des Delirs bei Demenz, von den Ursachen und Risikofaktoren über die Prävention und Diagnose bis hin zum Management und den therapeutischen Maßnahmen.

Formen des Delirs

Es gibt verschiedene Formen des Delirs, die sich in ihren Symptomen unterscheiden:

  • Hyperaktives Delir: gekennzeichnet durch Ruhelosigkeit, gesteigerte Motorik und auffälliges Verhalten.
  • Hypoaktives Delir: gekennzeichnet durch Verlangsamung, reduzierte Aktivität und Teilnahmslosigkeit. Diese Form wird oft übersehen, da die Patienten nicht "offensichtlich auffällig" sind.
  • Mischform: eine Kombination aus hyperaktiven und hypoaktiven Symptomen.

Die Mischform tritt bei etwa 65 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Delir auf. Das hypoaktive Delir macht etwa 30 Prozent der Delir-Diagnosen aus, während die hyperaktive Form etwa fünf Prozent der Delir-Diagnosen ausmacht.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen für ein Delir können vielfältig sein und sowohl in der Person selbst liegen als auch durch äußere Ereignisse ausgelöst werden. Zu den personengebundenen Risikofaktoren zählen:

  • Vorherbestehende Kognitionsdefizite (z. B. Demenz)
  • Hohes Alter
  • Kardiologische Vorerkrankungen
  • Sensorische Defizite (z. B. fehlende Brille oder Hörgerät)
  • Substanzentzug (Alkohol, Medikamente)

Ereignisse, die ein Delir auslösen können, sind:

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  • Verletzungen
  • Operationen/Narkose
  • Entzündungen/Infektionen
  • Medikamente
  • Reizüberflutung

Je mehr Risikofaktoren ein Mensch hat, desto weniger Auslösefaktoren braucht es, um ein Delir zu entwickeln.

Weitere Risikofaktoren sind:

  • Schwere Erkrankung
  • Gebrechlichkeit
  • Gleichzeitige Einnahme mehrerer Arzneimittel (Polypharmazie)
  • Neue oder abgesetzte Medikamente
  • Alkoholmissbrauch
  • Niereninsuffizienz
  • Chirurgische Eingriffe
  • Flüssigkeitsmangel
  • Sehstörungen
  • Schwerhörigkeit
  • Akuter Schmerz

Prävention

Die Prävention eines Delirs ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere bei gefährdeten Personen. Nicht-pharmakologische Maßnahmen spielen dabei eine zentrale Rolle:

  • Kontakt zu vertrauten Personen: Gewohnte Gesichter schaffen Orientierung in einer ungewohnten Umgebung. Besuchen Sie Ihren Angehörigen daher so oft wie möglich.
  • Kognitive Stimulation: Gespräche über aktuelle Ereignisse, Neuigkeiten über Familie und Freunde. Sorgen Sie für aktivierende Beschäftigung, beispielsweise durch Gespräche, Vorlesen von Zeitungen oder gemeinsame Kartenspiele.
  • Realitätsorientierung: Uhr, Kalender, Hinweise auf Zeit und Raum. Informieren Sie bei Bedarf über Ort, Tag und Uhrzeit.
  • Tagesstruktur: Einen geregelten Tagesablauf schaffen.
  • Seh- und Hörhilfen: Sehhilfen aufsetzen und/oder Hörhilfen einsetzen. An Hilfsmittel wie Brille und Hörgeräte zu denken hört sich so banal an, ist aber essentiell in der Delir Prophylaxe und auch in der Therapie.
  • Vertraute Gegenstände: Vertraute Gegenstände/Fotos, Aromatherapie, beruhigende Musik. Schaffen Sie eine angenehme Umgebung mit vertrauten Gegenständen wie Fotos, Lieblingskissen, Kalender o.ä. Bringen Sie Lieblingslektüre oder Musik mit.
  • Lichtanpassung und Lärmreduktion: Eine ruhige Umgebung ohne nächtliche Störungen.
  • Frühmobilisation: Mobilisation und ausreichend Flüssigkeitszufuhr können wir einfach umsetzen.
  • Schmerzreduktion:
  • Ausgewogene Nahrungsaufnahme: Eine ausreichende und ausgewogene Ernährung.
  • Stabiler Schlafrhythmus:

Angehörige können bei der Re-Orientierung helfen, sie können viel eher als das Pflegepersonal an Erinnerungen anknüpfen und diese aktiv halten. In einem gewissen Rahmen können gegebenenfalls auch Rituale von zu Hause in der Klinik umgesetzt werden. Beispielsweise das Ritual mit der Ehefrau zu Hause Kaffee trinken und über das Welt Geschehen sprechen.

Erkennung und Diagnose

Aufgrund der Häufigkeiten und Risiken, die mit Demenz- und Delir-Syndromen verbunden sind, braucht es eine Screening-Strategie, mit der kognitive Störungen möglichst frühzeitig erkannt und in der weiteren Behandlungsplanung berücksichtigt werden können. Hierzu wurden multimodale Programme entwickelt, die verschiedene Ansätze kombinieren und in Kliniken bei der Behandlungsplanung für ältere Patientinnen und Patienten Anwendung finden sollten. Je nach Bereich wird für Normalstationen, Notaufnahmen, perioperativen sowie intensivmedizinischen Abteilungen ein angepasstes Vorgehen empfohlen. Die veröffentlichten Empfehlungen für das Delir- und Demenz-Screening sowie Delir-Management im Krankenhaus geben eine umfassende Übersicht verschiedener Instrumente für Screenings auf Risikoprofile im Alter, kognitiven Störungen sowie Delirs. Darüber hinaus sind Konzepte zur Delir-Prävention und zum Delir-Management gelistet sowie umfangreiche Angaben zu wissenschaftlichen Quellen. Die Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie (ÖGGG) empfiehlt bei der Aufnahme in einer medizinischen Einrichtung ein standardisiertes Delirscreening bei allen Patient/-innen über 70 Jahren durchzuführen. Die strukturierte Anwendung von Screeninginstrumenten soll eine frühzeitige Diagnostik unterstützen und gewährleisten, dass DSD bereits bei Patient/-innen mit zunächst asymptomatischem Erscheinungsbild entdeckt und rechtzeitig behandelt werden kann.

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Einige der verwendeten Instrumente zur Diagnosesicherung eines Delirs sind:

  • Confusion Assessment Method (CAM): Eines der am meisten verwendeten Instrumente zur Diagnosesicherung eines Delirs.
  • 3D-CAM: Ein strukturierter Fragebogen, der eine einfache und schnelle Anwendung in der klinischen Praxis ermöglicht.
  • Delirium Observation Scale (DOS): Dieses Screening-Tool empfiehlt die Schweizer Leitlinie als geeignetes Instrument zur schnellen Erfassung eines Delirs.
  • 4AT-Tool (assessment test for delirium & cognitive impairment): Zur Identifikation eines Delirs im akut-klinischen Rahmen.
  • Richmond Agitation Sedation Scale (RASS): Eine Skala zur Beurteilung der Sedierung, des Bewusstseins und der Erregung.
  • 4-DSD: Ein neues Tool zur spezifischen Diagnostik von DSD. Im 4-DSD werden 4 Kriterien berücksichtigt: 1. Aktivitätsgrad (mRASS), 2. veränderte Hirnfunktion, 3. Aufmerksamkeit 4. akute Veränderung oder Schwankungen im mentalen Zustand.

Es ist wichtig, neu auftretende Veränderungen im Verhalten des Angehörigen dem Fachpersonal der Station mitzuteilen.

Behandlung

Die wichtigste Maßnahme ist die Behandlung der Ursache. Nicht unbedingt notwendige Dauermedikamente werden im Krankenhaus abgesetzt, falls diese das Delir verursachen könnten. So können mögliche negative Auswirkungen des Entzugs der Medikamente überwacht werden. Hat der Betroffene lange Zeit nicht gegessen, getrunken oder Wasser gelassen, so wird dies behandelt. Auch mögliche neue Medikamente können notwendig werden.

In der Delirbehandlung ist neben den nicht-pharmakologischen Maßnahmen meist ergänzend auch eine pharmakologische Therapie (Medikamente) zu berücksichtigen. Bei sehr starken Symptomen wie Panikreaktionen, starker Unruhe oder Aggressivität können zudem vorübergehend zum Beispiel beruhigende Medikamente eingesetzt werden.

Folgen eines unbehandelten Delirs

Wenn keine Maßnahmen gegen ein Delir getroffen werden, dann verschlechtert sich die Situation für die Betroffenen. Untersuchungen gehen davon aus, dass die Ein-Jahres-Überlebensrate je Delirtag um zehn Prozent sinkt. Wird ein Delir nicht umgehend behandelt, verschlechtert sich der Allgemeinzustand und die Gefahr von Komplikationen, zum Beispiel Sturz, steigt. Gegebenenfalls müssen Betroffene sogar in einer Langzeit-Pflegeeinrichtung untergebracht werden, da sie sich zu Hause nicht mehr selbst versorgen können.

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Umgang mit Betroffenen

  • Sprechen Sie in einfachen Sätzen.
  • Formulieren Sie Fragen so, dass sie mit Ja/Nein beantwortet werden können.
  • Nehmen Sie verletzende Aussagen oder Aggressionen nicht persönlich.
  • Bleiben Sie nach Möglichkeit an der Seite Ihres Angehörigen.

Auch für Angehörige kann die Situation belastend sein. Nehmen Sie sich Pausen, holen Sie sich Unterstützung und überfordern Sie sich nicht.

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