Demenz ist eine Erkrankung, die vorwiegend mit dem höheren Lebensalter assoziiert wird. Allerdings können auch junge Menschen, einschließlich Jugendlicher, von Demenzerkrankungen betroffen sein. Obwohl Demenz im Jugendalter selten ist, ist es wichtig, die Ursachen, Symptome und verfügbaren Unterstützungsangebote zu kennen, um Betroffenen und ihren Familien bestmöglich zu helfen.
Demenz im jüngeren Lebensalter: Eine Definition
Von Demenz im jüngeren Lebensalter sprechen Experten, wenn die ersten Symptome vor dem 65. Lebensjahr auftreten. In der Altersgruppe zwischen 45 und 65 Jahren sind etwa 100 von 100.000 Menschen von einer solchen Erkrankung betroffen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Demenz auch schon deutlich früher auftreten kann. Die Diagnose gestaltet sich oft schwierig, da die Symptome denen anderer, häufiger vorkommender Erkrankungen ähneln können.
Ursachen von Demenz bei Jugendlichen
Die Ursachen für Demenz bei Jugendlichen können vielfältig sein:
- Alzheimer-Demenz: Schätzungen zufolge ist die Alzheimer-Demenz mit einem Anteil von circa 60 bis 65 Prozent die häufigste irreversible Demenzform. Bei der Alzheimer-Erkrankung kommt es zu Proteinablagerungen in und um die Nervenzellen im Gehirn, was zum Absterben der Zellen führt.
- Vaskuläre Demenz: Mit etwa 20 bis 30 Prozent folgen die gefäßbedingten („vaskulären“) Demenzen. Bei gefäßbedingten Demenzen kommt es infolge von Durchblutungsstörungen des Gehirns zum Absterben von Nervengewebe. Eine besondere Form vaskulärer Demenz ist die „Multiinfarktdemenz“. Hierbei führen wiederholte kleine örtliche Durchblutungsstörungen zum Absterben von Hirnzellen.
- Frontotemporale Demenz (FTD): Bei der FTD sind Nervenzellen im Stirnhirn (Frontallappen) und im Schläfenlappen (Temporallappen) betroffen. Der Frontallappen steuert wichtige Funktionen wie Sozialverhalten und Affektkontrolle, der Schläfenlappen das Sprachverständnis. Die FTD beginnt daher oft mit Veränderungen der Persönlichkeit, Stimmungsschwankungen und in manchen Fällen Sprachstörungen.
- Genetische Faktoren: Genetische Gründe spielen bei jüngeren Patienten eine deutlich größere Rolle als bei spät einsetzenden Demenzen.
- Andere Ursachen: Alkoholismus oder wiederholte Schädelhirntraumata durch Sportverletzungen können Nervenzellen im Gehirn absterben lassen. Auch Depressionen können Gedächtnisdefizite verursachen.
Symptome und Herausforderungen
Die Symptome einer Demenz im Jugendalter können sich auf verschiedene Weise äußern und ähneln denen einer Demenz im späteren Lebensalter, weisen jedoch auch einige Besonderheiten auf:
- Vergesslichkeit oder zunehmende Gedächtnisprobleme
- Verminderung im Planen und Problemlösen
- Verwirrung und Desorientierung
- Sprachstörungen
- Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen
- Bewegungsprobleme wie verlangsamte Bewegungen oder Steifheit
- Beeinträchtigung der visuellen Wahrnehmung
- Schwierigkeiten beim Planen, Organisieren und Treffen von Entscheidungen
- Veränderungen der Wachsamkeit und Aufmerksamkeit sowie Phasen der Verwirrung
Die Diagnose einer Demenz bei Jugendlichen stellt eine besondere Herausforderung dar, da die Symptome oft nicht als solche erkannt und stattdessen auf andere Ursachen wie Stress, Depressionen oder Beziehungsprobleme zurückgeführt werden.
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Kinderdemenz
Nicht nur ältere Menschen, auch Kinder können von Demenz betroffen sein. Bei der sogenannten Kinderdemenz verlieren Kinder bereits erworbene kognitive und motorische Fähigkeiten. In der medizinischen Fachsprache wird das Krankheitsbild auch neuronale Ceroid-Lipofuszinosen (kurz: NCL) oder NCL-Kinderdemenz genannt. Bei Kindern und Jugendlichen, die davon betroffen sind, sterben Nervenzellen ab und sie verlernen allmählich Dinge, die sie bereits konnten. Körperlich und geistig bauen sie immer mehr ab - wie bei einer Demenz bei Erwachsenen.
Eine Demenz in der Kindheit kommt sehr selten vor. Schätzungen zufolge ist etwa eins von 30.000 Kindern betroffen. Unterschieden werden mehr als 250 Formen, davon 10 NCL-Formen, die jeweils in einer anderen Altersstufe beginnen. Sie alle haben eines gemeinsam: Die erkrankten Kinder entwickeln sich anfangs meist normal und verlieren später nach und nach ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten. Sie können sich nicht mehr konzentrieren und sich Dinge nicht mehr merken. Auch das Verhalten ändert sich. Häufig treten auch Hör- und Sehstörungen auf. Wann die ersten Symptome auftreten und wie schnell sie sich verschlimmern, hängt von der Erkrankungsform ab. Symptome können schon früh bei Säuglingen auftreten, aber auch bei Klein- und Schulkindern sowie bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Ursachen der Kinderdemenz
Kinderdemenz im Allgemeinen gehört zu den sogenannten Speicherkrankheiten, bei denen die Nervenzellen schädliche Stoffe speichern. Im Falle der NCL-Krankheit sammelt sich der wachsartige Stoff Ceroid-Lipofuszin in den Nervenzellen an und kann dort nicht abgebaut werden. In der Folge sterben die Nervenzellen ab. Besonders betroffen sind das Gehirn und die Netzhaut der Augen.
Eine Kinderdemenz ist in der Regel genetisch bedingt. Dabei können verschiedene genetische Ursachen zu unterschiedlichen Formen der Erkrankung führen. Oftmals haben die Gendefekte einen gestörten Stoffwechsel im Gehirn zur Folge. Dadurch fehlen wichtige Substanzen für den Aufbau, die Erhaltung und die Funktion von Hirngewebe und Nervenzellen. Oder es werden giftige Stoffwechselprodukte nicht abgebaut und lagern sich im Gehirn an. Dies führt schließlich zum vorzeitigen Absterben von Nervenzellen.
Symptome der Kinderdemenz
Die Symptome der Kinderdemenz sind vielfältig und hängen von der jeweiligen Erkrankungsform ab. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
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- Kognitiver Abbau: Die Kinder können sich nicht mehr konzentrieren und sich Dinge nicht mehr merken. Gleichzeitig gehen bereits erlernte Fähigkeiten wie beispielsweise Rechnen, Lesen und Schreiben verloren.
- Bewegungsstörungen: Die Muskeln werden schwächer. Mit der Zeit nehmen Bewegungsstörungen zu. Die Kinder können nicht mehr laufen und brauchen einen Rollstuhl. Auch das Kauen und Schlucken fällt ihnen immer schwerer.
- Epileptische Anfälle: Muskelzuckungen oder -verkrampfungen können einzelne Gliedmaßen oder den gesamten Körper betreffen.
- Verhaltensänderungen: Betroffene Kinder reagieren zunehmend depressiv oder aggressiv. Auch Angstzustände oder Halluzinationen können auftreten.
Behandlung der Kinderdemenz
Eine Kinderdemenz ist bislang nicht heilbar. Eine frühzeitige Behandlung ist daher wichtig. Je früher sie beginnt, desto weniger Nervenzellen und damit auch motorische und kognitive Fähigkeiten gehen verloren. Ein Kind mit einer NCL-Diagnose sollte dauerhaft und regelmäßig von einem fachärztlichen Team unter Koordination eines Arztes oder einer Ärztin betreut werden. Frühzeitige ergotherapeutische, logopädische und physiotherapeutische Interventionen können Beschwerden lindern, den Alltag erleichtern und die Lebensqualität der Erkrankten verbessern beziehungsweise länger erhalten. Für eine spezielle Form der Erkrankung, die sogenannte CLN2, haben Forschende inzwischen einen Wirkstoff (Cerliponase alfa) gefunden, der den Krankheitsverlauf zumindest verlangsamen und ein fehlendes Enzym ersetzen kann. Dieses Medikament ist in Deutschland zur Behandlung der Kinderdemenz zugelassen.
Risikofaktoren
Zu den Risikofaktoren für das Auftreten einer Demenz bei jungen Leuten unter 65 gehören neben der genetischen Veranlagung ebenso andere Faktoren wie beispielsweise Vorerkrankungen, die Einnahme von antipsychotischen Medikamenten, der Konsum illegaler Drogen oder Untergewicht.
Weitere Risikofaktoren, die das Demenzrisiko erhöhen können:
- Bluthochdruck: Bluthochdruck im mittleren Lebensalter erhöht das Risiko für alle Demenzformen, insbesondere für die vaskuläre Demenz.
- Übergewicht: Übergewicht - besonders im mittleren Lebensalter- erhöht das Risiko, später an einer Demenz zu erkranken.
- Diabetes: Typ-2-Diabetes zählt zu den am besten belegten Risikofaktoren für Demenz.
- Rauchen: Rauchen erhöht das Risiko für Alzheimer und vaskuläre Demenz - vor allem durch die negativen Auswirkungen auf Herz, Gefäße und Gehirn.
- Übermäßiger Alkoholkonsum: Wer regelmäßig viel Alkohol trinkt, riskiert mehr als einen Kater. Studien zeigen: Schon mehr als drei Liter Bier oder zwei Liter Wein pro Woche führt zum Verlust der grauen Masse im Gehirn und damit zu einem höheren Risiko für alle Formen der Demenz.
- Soziale Isolation: Eine solche Isolation kann das Risiko erhöhen, an Demenz zu erkranken. Denn das Gehirn braucht Anregung: Gespräche, Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten halten es wach und leistungsfähig.
- Luftverschmutzung: Was wir einatmen, kann auch unser Gehirn erreichen. Feine Partikel aus Abgasen, Industrie, Holz- und Kohleöfen können Entzündungen auslösen, die Gefäße schädigen und langfristig die geistige Gesundheit beeinträchtigen.
- Hör- oder Sehminderung: Wenn das Sehvermögen nachlässt und nicht ausgeglichen wird, gehen dem Gehirn wichtige Reize verloren. Studien zeigen: Menschen mit unbehandelten Sehschwächen haben ein deutlich höheres Risiko, an Demenz zu erkranken.
Unterstützung für Betroffene und Angehörige
Obwohl Demenz nicht heilbar ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Krankheitsverlauf zu verzögern, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
- Medikamentöse Behandlung: Bei Medikamenten haben sich Antidementiva, Antidepressiva und Neuroleptika gut bewährt. Sie werden jeweils gegen die Demenzsymptome selbst, begleitende Ängste und psychotische Verhaltensweisen eingesetzt. Der pflanzliche Wirkstoff Gingko biloba ist durchblutungsfördernd und kann sich bei leichter Symptomatik positiv auf das Denkvermögen auswirken.
- Nicht-medikamentöse Behandlungen: Dazu gehören Gesprächstherapien, die bei Depressionen oder Ängsten helfen, und verschiedene Behandlungsformen wie die kognitive Stimulationstherapie, die bei den Symptomen helfen.
- Lebensstil-Anpassungen: Ein gesunder und aktiver Lebensstil mit körperlicher Betätigung, einer ausgewogenen Ernährung und dem Verzicht auf übermäßigen Alkoholkonsum und Rauchen kann den Betroffenen helfen, gut mit Demenz zu leben.
- Unterstützungsangebote: Es ist wichtig, dass junge Menschen mit Demenz Zugang zur richtigen Unterstützung haben, einschließlich speziell für sie entwickelter Dienste und der Möglichkeit, andere Menschen in ähnlichen Situationen zu treffen.
Hilfsangebote
- Wegweiser Demenz: Hilfeportal (Bundesfamilienministerium BMFSFJ)
- Hilfe und Beratung: Regionale Anlaufstellen (Deutsche Alzheimer-Gesellschaft e.V.)
- Alzheimer-Telefon: Niedrigschwelliges Kontaktangebot für Betroffene, Angehörige und Ehrenamtliche (Deutsche Alzheimer-Gesellschaft e.V.)
- Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
- Describe FTD: Klinische Registerstudie für Frontotemporale Demenz (DZNE)
- Diagnose Demenz: Infos zu Krankheitsbild und Verlauf (Bundesgesundheitsministerium BMG)
- Alzheimer-Demenz: Informationen auf einen Blick (Online-Informationsportal des BMG)
- Früherkennung von Alzheimer-Demenz (Alzheimer Forschung Initiative e.V.)
- Frontotemporale Demenz (FTD): Informationen auf einen Blick (DZNE)
- Demenz im jüngeren Lebensalter: Infoblatt (Alzheimer-Gesellschaft Baden-Württemberg e.V.)
- NCL-Gruppe Deutschland e. V.
- Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (spezielle NCL-Sprechstunde)
- Hilfsangebote der Malteser
Prävention
Auch wenn die Ursachen der Alzheimer-Demenz noch nicht hinreichend bekannt sind, lässt sich aus entsprechenden Studien ableiten, dass neben nicht veränderbaren Faktoren (wie Alter, Geschlecht und Genetik) und Vorerkrankungen auch Verhaltensweisen und Lebensumstände das Risiko beeinflussen, daran zu erkranken. Das Risiko sinkt beispielsweise durch körperliche Aktivität und ausgewogene Ernährung, geistige Aktivität und soziale Teilhabe.
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Reduzieren Sie Ihr Demenzrisiko
- Körperliche Aktivität: Wer sich im Alltag kaum bewegt, erhöht sein Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Bewegungsmangel beeinträchtigt die Durchblutung des Gehirns, schwächt Nervenzellen und begünstigt den geistigen Abbau.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann das Risiko für Demenz senken.
- Geistige Aktivität: Geistige Anregung in jungen Jahren schützt das Gehirn - besonders durch den Aufbau sogenannter kognitiver Reserven.
- Soziale Teilhabe: Soziale Isolation kann das Risiko erhöhen, an Demenz zu erkranken.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes und übermäßiger Alkoholkonsum sollten vermieden werden.
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