Die Diagnose Demenz stellt Betroffene und ihre Familien vor große Herausforderungen. Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit und der Verlust vertrauter Fähigkeiten prägen den Alltag. Eine innovative Lösung, um den Umgang mit Demenz zu erleichtern und die Lebensqualität zu verbessern, ist die App "Auguste".
Die Idee hinter "Auguste"
Dr. Konstantin Lekkos, Chefarzt der Altersmedizin am Helios-Klinikum Hildesheim, hatte die Idee zu "Auguste". Auslöser waren die häufigen Fragen von Angehörigen, wie sie Demenz- oder Alzheimer-Patienten zu Hause beschäftigen und aktivieren können. Seine Antwort: Spielen! So entstand eine Spiele-App, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten ist. Die technische Umsetzung der App übernahm der Schwager des Chefarztes als Thema für die Bachelorarbeit während seines Informatikstudiums.
Was "Auguste" bietet
"Auguste" ist mehr als nur eine Spiele-App. Sie ist ein Werkzeug, um Erinnerungen zu wecken, Gespräche anzuregen und die Verbindung zwischen Erkrankten und ihren Angehörigen zu stärken. Die App bietet eine Vielzahl von Spielen in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen, darunter:
- Klassisches Memory: Karten umdrehen und Bilder merken.
- Zuordnen von Fotos zu Begriffen: Eine Übung, die das Gedächtnis trainiert und die Wiedererkennung fördert.
- Weitere Spiele: Aufdecken, Merken, Raten, Suchen, Verbinden, Erkennen, Zahlen verbinden, Boote zählen, Geld zählen, Uhrzeit, Kalender.
Das Besondere an "Auguste" ist die Möglichkeit, eigene Fotos in die Spiele einzubinden. Bilder von Familie, Freunden, dem eigenen Zuhause oder anderen wichtigen Orten und Ereignissen können hochgeladen werden. Dies ermöglicht ein personalisiertes Spielerlebnis, das Erinnerungen weckt und zu Gesprächen anregt.
Der Nutzen von "Auguste"
Die App "Auguste" bietet vielfältige Vorteile für Demenzpatienten und ihre Angehörigen:
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- Gehirntraining: Die Spiele in "Auguste" fordern und fördern die geistigen Fähigkeiten. Studien zeigen, dass regelmäßiges Hirnleistungstraining die kognitive Leistungsfähigkeit erhalten und das Risiko für Demenz und Alzheimer verringern kann.
- Erinnerungsarbeit: Durch die Verwendung persönlicher Fotos können Erinnerungen wachgerufen und Gespräche über die Vergangenheit angeregt werden. Dies stärkt die Identität des Erkrankten und fördert das Gefühl von Vertrautheit.
- Kommunikation und Nähe: "Auguste" bietet eine gemeinsame Aktivität für Erkrankte und Angehörige. Das Spielen miteinander fördert die Kommunikation, stärkt die emotionale Bindung und ermöglicht gemeinsame positive Erlebnisse.
- Empathieförderung: Die App ist gedacht für alle Menschen, die um die erkrankte Person herum sind, und richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche. Davon profitiere am Ende auch die erkrankte Person. Denn die App fördere Empathie. Es gehe darum zu verstehen, wie sich Situationen anfühlen, in die an Demenz Erkrankte immer wieder geraten.
- Benutzerfreundlichkeit: Die Spieleauswahl in "Auguste" ist in der Optik eines Holztisches gestaltet, um Berührungsängste abzubauen. Die intuitive Bedienung ermöglicht es auch Menschen mit Demenz, die App selbstständig zu nutzen. Patient Kurt Meyer (82) hat sie ausprobiert: „Ich hab's ja nicht am Kopf, nur am Bein. Aber das macht Spaß!“
Erfahrungen mit "Auguste"
Die Erfahrungen mit "Auguste" sind durchweg positiv. Sowohl Betroffene als auch Angehörige berichten von einer Steigerung der Lebensqualität und einer Verbesserung der Kommunikation. Dr. Lekkos: „Ich war überrascht, wie gut selbst schwerst-demente Patientinnen und Patienten mit der App und dem Tablet klarkommen."
"Auguste" im Kontext der Demenzbehandlung
Die Gesundheitsbranche setzt in der Behandlung von Demenz-Erkrankungen zunehmend auf digitale Unterstützung. "Auguste" ist ein Beispiel für den innovativen Einsatz von Technologie, um die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu verbessern. Wichtigster Effekt dabei ist nicht primär das Gehirntraining, sondern dass die Menschen anfangen zu erzählen - von früher, von den Situationen auf den Bildern. Sie kommen mit ihren Angehörigen ins Gespräch, können zusammen lachen und weinen. „Unser primäres Ziel ist es, Erkrankte und ihre Angehörigen wieder näher zueinander zu bringen“, so Dr. Lekkos.
Verfügbarkeit und Kosten
"Auguste" ist kostenlos für Apple und Android erhältlich. Sie finden die App Auguste, indem Sie im App-Store bzw. bei Google-Play nach „Auguste Alzheimer“ suchen.
Demenz in Deutschland: Eine wachsende Herausforderung
In Deutschland leben im Jahr 2022 etwa 1,8 bis 2,4 Millionen demenzerkrankte Menschen, Tendenz steigend. Demenz beginnt schleichend mit Erinnerungslücken und Orientierungsschwierigkeiten. Im späteren Stadium setzt das Kurzzeitgedächtnis weitestgehend aus, irgendwann erkennen Erkrankte ihre eigenen Kinder nicht mehr. Für Angehörige ist eine solche Situation genauso schlimm wie für die Patient:innen, manchmal sogar eine noch größere Belastung. Die Ursachen für die Krankheit sind vielfältig. Ihren Ursprung hat sie jedoch im Gehirn: Nervenzellen sterben ab, Verbindungen zwischen Zellen gehen verloren. Demenz führt bei den Betroffenen langfristig dazu, dass die geistige und oftmals auch die körperliche Leistungsfähigkeit stark abnehmen. Typische Merkmale sind Konzentrations-, Aufnahme- und Gedächtnisstörungen, die meist verbunden sind mit Orientierungsproblemen, Wortfindungsstörungen und eingeschränktem Denkvermögen. Die Betroffenen können alltägliche Dinge wie Besteck oder Uhren nicht mehr erkennen und richtig verwenden. Selbst Angehörige erkennen sie irgendwann nicht mehr.
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