Demenz bald heilbar? Ein Blick auf die aktuelle Forschungslage

Die Alzheimer- und Demenzforschung erlebt derzeit einen rasanten Fortschritt. Weltweit arbeiten Wissenschaftler daran, die Ursachen dieser komplexen Erkrankungen besser zu verstehen, innovative Diagnoseverfahren zu entwickeln und Therapien zu finden, die den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen können. Auch wenn es noch keine Heilung gibt, existieren bereits zuverlässige Diagnosemethoden, Präventionsmaßnahmen und erste Therapien, die bei einigen Demenzformen den Krankheitsverlauf verlangsamen können.

Wohin führt die Forschung bei Demenz?

Die Forschung konzentriert sich auf verschiedene Mechanismen und verfolgt unterschiedliche Ansätze, von der Diagnostik bis zur Therapie. Ein zentraler Aspekt ist die Früherkennung, da Alzheimer und andere Demenzerkrankungen oft Jahre vor den ersten Symptomen beginnen. Neue Bluttests, bildgebende Verfahren und digitale Methoden sollen es ermöglichen, die Krankheiten deutlich früher und zuverlässiger zu erkennen. Da Medikamente im frühen Stadium am besten wirken, wird die Früherkennung zu einem entscheidenden Schlüssel in der Versorgung.

Warum gibt es bisher kein Heilmittel gegen Alzheimer?

Alzheimer ist eine äußerst komplexe Krankheit, bei der viele Prozesse im Gehirn noch nicht vollständig verstanden sind. Zudem beginnt Alzheimer lange bevor die ersten Symptome sichtbar werden. Wenn das Gedächtnis nachlässt, sind die Schäden im Gehirn meist bereits weit fortgeschritten und der Krankheitsprozess nicht mehr umkehrbar. Das menschliche Gehirn besteht aus etwa 86 Milliarden Neuronen, die mit Milliarden von Synapsen verbunden sind - und wie das funktioniert, ist noch lange nicht in Gänze verstanden. Das ist auch der Grund, warum es für die Arzneimittelforschung und -entwicklung bis heute eine echte Herausforderung ist.

Hoffnungsschimmer: Neue Therapieansätze und Medikamente

Trotz der Herausforderungen gibt es Anlass zur Hoffnung. Erste Medikamente greifen gezielt in den Krankheitsverlauf ein, und Therapien können das Leben von Menschen mit Demenz bereits heute spürbar verbessern, indem sie den Alltag erleichtern, Fähigkeiten länger erhalten und die Lebensqualität steigern.

Antikörper-Medikamente

Mit den Antikörpern Leqembi und Donanemab gibt es erstmals Medikamente, die den Verlauf von Alzheimer verlangsamen können. Sie richten sich an Menschen in einem frühen Krankheitsstadium und greifen gezielt in die Prozesse im Gehirn ein. Noch ist offen, wie groß ihr Nutzen langfristig ist und wie Nebenwirkungen am besten kontrolliert werden können. Forschungsteams arbeiten außerdem daran, ob sich die Antikörper künftig mit anderen Wirkstoffen kombinieren lassen.

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Lecanemab ist ein Antikörper-Wirkstoff, der gezielt eine Vorstufe der für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Protein-Plaques im Gehirn erkennt und bindet. Dadurch wird das körpereigene Immunsystem aktiviert und baut die Plaques ab beziehungsweise verhindert die Bildung neuer Plaques. Studien zufolge kann Lecanemab bei frühzeitiger Anwendung das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.

Es ist wichtig zu beachten, dass Lecanemab Alzheimer weder heilen noch den Krankheitsverlauf aufhalten kann. Ziel der Behandlung ist es, den geistigen Abbau bei Menschen im frühen Krankheitsstadium zu verlangsamen.

Krankheitsmechanismen verstehen

Forschende untersuchen zentrale Prozesse wie die Ablagerung der Proteine Amyloid-beta und Tau, entzündliche Vorgänge, die Bedeutung von Umwelteinflüssen und genetische Aspekte. Ziel ist es, die Entstehung der Erkrankungen besser zu verstehen und neue Ansatzpunkte für Therapien zu finden. Die Demenzforschung betrachtet heute viele verschiedene Mechanismen und verfolgt unterschiedliche Ansätze - von der Diagnostik bis zur Therapie.

Nanopartikel als Transportmittel für Medikamente

Ein vielversprechender Ansatz ist die Entwicklung von Nanopartikeln, die Medikamente gezielt ins Gehirn transportieren können. Das Gehirn wird durch die sogenannte Blut-Hirn-Schranke abgeriegelt und geschützt. Diese Schranke zwischen Blutgefäßen und Gehirn verhindert, dass schädliche Substanzen, aber eben auch Alzheimer-Medikamente, in das Gehirn gelangen. Die Forscher versehen die Nanopartikel mit Ankermolekülen, die bestimmte Strukturen in der Blut-Hirn-Schranke erkennen und so die Nanopartikel und mit ihnen auch das Alzheimer-Medikament quasi huckepack ins Gehirn transportieren.

Peptide zur Wiederherstellung der Kommunikation zwischen Synapsen

Ein Team aus Japan hat im Mäusemodell eine neue Behandlungsform geprüft, die auf die sogenannten Tau-Proteine abzielt. Die Behandlung mit bestimmten Peptiden reduzierte diese Ablagerungen und stellte die Kommunikation zwischen einzelnen Synapsen im Gehirn wiederher. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass das Peptid PHPD5 in der Lage dazu war, die Lern- und Gedächtnisdefizite der Mäuse deutlich zu lindern, vorausgesetzt, das Peptid wurde im relativ frühen Stadium der Krankheit verabreicht.

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Prävention von Demenzerkrankungen

Rund 45 Prozent aller Demenzerkrankungen ließen sich nach aktuellem Stand der Wissenschaft durch die Reduktion bestimmter Risikofaktoren verzögern oder sogar verhindern. Dazu gehören Bluthochdruck, Diabetes, Hörverlust, Depressionen oder soziale Isolation. Die Forschung versucht, diese Zusammenhänge besser zu verstehen und Menschen dabei zu unterstützen, ihr persönliches Risiko zu senken.

Lebensstilfaktoren

Wir wissen heute, dass Lebensstilfaktoren wie schlechte Ernährung, Bewegungsmangel und Schlafmangel mit dem Alzheimer-Risiko verbunden sind. Äußere Faktoren spielen eine ziemlich große Rolle: Etwa 40 % der Alzheimer-Krankheit sind bedingt durch den Lebensstil. Eine aktuelle Studie hat beispielsweise einen Zusammenhang zwischen der Zeit, die ältere Menschen sitzend verbringen, und der Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken, festgestellt. Angelehnt an die Risikofaktoren, die in den letzten Jahrzehnten herausgearbeitet wurden, kann man in gewissem Maße auch gegensteuern - sogar bezogen auf den Risikofaktor Alter.

12 Tipps zur Vorbeugung von Alzheimer

  1. Bewegung: Was gut für Ihr Herz ist, ist auch gut für Ihr Gehirn. Dazu gehört, sich ausreichend zu bewegen - mindestens 2,5 Stunden pro Woche sind ideal.
  2. Geistige Fitness: Lernen Sie Neues - auch im Alter. Das hält Ihr Gehirn auf Trab. Egal ob ein Musikinstrument, eine Sprache oder der Umgang mit dem Computer, probieren Sie etwas Neues aus.
  3. Gesunde Ernährung: Orientieren Sie sich an der klassischen mediterranen Ernährung. Essen Sie viel Obst und Gemüse, Olivenöl und Nüsse. Ziehen Sie Fisch rotem Fleisch vor.
  4. Soziale Kontakte: Zu zweit oder in der Gruppe machen Aktivitäten mehr Spaß und Ihre grauen Zellen werden gefordert. Verabreden Sie sich zum Sport, zum Musizieren, zum Kartenspielen oder zum gemeinsamen Kochen.
  5. Übergewicht reduzieren: Achten Sie darauf, dass Sie nicht zu viele Kilo auf die Waage bringen. Eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung helfen Ihnen dabei.
  6. Ausreichend Schlaf: Sorgen Sie für guten und ausreichenden Schlaf, damit das Gehirn Schadstoffe abbauen und sich erholen kann.
  7. Nicht rauchen: Rauchen schadet auch Ihrem Gehirn. Hören Sie auf zu rauchen, es ist nie zu spät.
  8. Kopfverletzungen vermeiden: Passen Sie im Alltag und beim Sport auf Ihren Kopf auf und tragen Sie zum Beispiel einen Helm beim Fahrradfahren.
  9. Bluthochdruck checken: Lassen Sie Ihren Blutdruck regelmäßig kontrollieren. Bluthochdruck sollte auf jeden Fall behandelt werden.
  10. Diabetes überprüfen: Behalten Sie Ihren Blutzuckerspiegel im Blick. Ist er dauerhaft zu hoch, sollten Sie in Absprache mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin aktiv werden.
  11. Depressionen behandeln: Sorgen Sie gut für sich. Wenn Sie über eine längere Zeit antriebslos oder niedergeschlagen sind, ist es sinnvoll, Ihren Arzt oder Ihre Ärztin aufzusuchen, um die Ursache abzuklären. Eine Depression sollte nicht unbehandelt bleiben.
  12. Auf Schwerhörigkeit achten: Nehmen Sie es ernst, wenn Sie merken, dass Sie schlechter hören.

Pflege und Lebensqualität

Neben der medizinischen Forschung rückt auch der Alltag von Menschen mit Demenz in den Mittelpunkt. Studien befassen sich damit, wie die Versorgung individueller, die Belastung für Angehörige geringer und die Selbstständigkeit der Erkrankten länger erhalten werden kann.

Warnzeichen für Alzheimer

Generell gilt bei Alzheimer: Je früher die Krankheit erkannt wird, desto höher die Chancen einer erfolgreichen Behandlung. Bei ersten Warnzeichen sollten Sie deshalb Ihren Arzt aufsuchen. Dazu zählen etwa:

  • Häufiges Verlegen von Dingen
  • Probleme mit der räumlichen Wahrnehmung
  • Änderungen des Verhaltens

Die Rolle der Medien und die Bedeutung korrekter Information

In Medien wird häufig über Alzheimer oder Demenzforschung berichtet. Zeitung, Internet und Rundfunk geben einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung. Dabei wird jedoch nicht immer klar, was solche Nachrichten für Patienten oder Angehörige eigentlich konkret bedeuten. Entsprechende Meldungen selbst nachzuvollziehen oder sogar nachzuprüfen, ist nicht so einfach. Daher sind die Nachrichten zu wissenschaftlichen Themen eine Art Übersetzung, zum Beispiel durch Journalisten. Es kann passieren, dass solche Übersetzungen versehentlich missverständlich oder falsch ausfallen. Manchmal wird auch absichtlich missverständlich über Forschungsergebnisse berichtet, oft weil eine sensationelle Überschrift mehr Menschen dazu bringt, auf den Artikel einer Internetseite zu klicken. So wird dann aus einem Experiment mit Mäusen die Schlagzeile "Demenz bald heilbar". Es ist darum wichtig zu wissen: Wenn in der Grundlagenforschung Erkenntnisse, etwa zu einer Demenzform, gewonnen werden und sich diese in weiterer Forschung bestätigen, kann es noch sehr lange dauern, bis hieraus ein zugelassenes Medikament entsteht.

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