Demenzbetreuer bestellen: Was Sie beachten müssen

Die Betreuung von Menschen mit Demenz stellt eine besondere Herausforderung dar. Um den Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden und gleichzeitig ihre Selbstbestimmung zu wahren, ist ein umfassendes Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und praktischen Aspekte unerlässlich. Dieser Artikel soll Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Aspekte bei der Bestellung eines Demenzbetreuers geben und Ihnen helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Rechtliche Grundlagen der Betreuung

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer rechtlichen Betreuung sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Demgemäß wird einer Person, die aufgrund einer Demenzerkrankung nicht mehr in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, ein rechtlicher Betreuer zur Seite gestellt. Dieser kann sowohl ein Angehöriger als auch eine neutrale Person sein, wobei die Wünsche und noch vorhandenen Fähigkeiten des Betroffenen stets berücksichtigt werden müssen.

Der bestellte Betreuer erhält die Aufgabe, die Angelegenheiten des Demenzkranken in verschiedenen Bereichen zu regeln, je nachdem, wo der Einzelne Hilfe benötigt. Dies kann die Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden und Versicherungen, Aufenthaltsbestimmung, Postempfangs- und Öffnungsbefugnis usw. umfassen. Die Betreuung wird jedoch nur für diejenigen Aufgabenbereiche eingerichtet, in denen der Betreute nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln.

Antragstellung und Verfahren

Ein Antrag auf ein Betreuungsverfahren wird beim zuständigen Betreuungsgericht (=Amtsgericht) gestellt. Dies kann formlos oder schriftlich mit einem vorgefertigten Formular erfolgen, das beim Betreuungsgericht erhältlich ist. Jeder Mensch hat das Recht, ein solches Verfahren anzuregen - auch der Betroffene selbst. Eine vorsorgliche Anregung einer Betreuung ist jedoch nicht möglich.

Nach Anregung eines Betreuungsverfahrens entscheidet der Betreuungsrichter des Amtsgerichts nach einer persönlichen Anhörung über Art und Umfang der Betreuung. Zudem muss ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, das die Notwendigkeit der Betreuung, den Umfang des Aufgabenkreises des Betreuers und die voraussichtliche Dauer der Betreuungsbedürftigkeit darlegt. Kann der Demenzkranke nicht mehr für sich selbst sprechen, wird ihm bis zur Betreuerbestellung ein sogenannter "Verfahrenspfleger" zur Seite gestellt, der den rechtmäßigen Verfahrensverlauf prüft. Am Ende erfolgt ein Schlussgespräch mit dem Betroffenen, in dem die einzuleitenden Maßnahmen noch einmal dargelegt werden.

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Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung

Hat der Demenzkranke in der Vergangenheit eine gültige Vorsorge- oder Generalvollmacht unterzeichnet, ist eine Betreuung nicht mehr notwendig. Hier hat der Betroffene anderweitig vorgesorgt.

Es ist ratsam, sich frühzeitig mit dem Thema Vorsorge auseinanderzusetzen. Betroffene können eine Vorsorgevollmacht für eine oder mehrere Vertrauenspersonen ausstellen, solange sie noch voll geschäftsfähig sind. Alternativ kann eine Betreuungsverfügung verfasst werden, in der die Wünsche für den Fall einer späteren, vom Betreuungsgericht geregelten rechtlichen Betreuung festgehalten werden. Für eine Betreuungsverfügung ist Geschäftsfähigkeit nicht mehr erforderlich.

Auswahl des Betreuers

Liegt keine Vorsorgevollmacht vor oder ist in der Betreuungsverfügung dazu nichts geregelt, schlägt das Gericht üblicherweise den Ehepartner oder nahe Angehörige als rechtliche Betreuer vor. Diese sind per Gesetz verpflichtet, das Ehrenamt anzunehmen (§ 1898 BGB), es sei denn, sie sind damit stark überfordert. Ist für eine Person die Verantwortung zu viel, können auch mehrere Personen gemeinsam die rechtliche Betreuung übernehmen. Es besteht auch die Möglichkeit, einen Hauptbetreuer und einen Ersatzbetreuer zu bestellen.

Wenn Familien zerstritten sind oder die Gefahr besteht, dass eigennützige Interessen verfolgt werden, kann das Gericht auch rechtliche Betreuer bestimmen, die nicht zur Familie gehören. Dies können sowohl ehrenamtliche als auch Berufsbetreuer sein. Partner oder Kinder haben das Recht, gegen die Auswahl Beschwerde einzulegen. Auch können sie sich gegen den festgelegten Umfang der Betreuung rechtlich wehren. Der Wunsch einer betroffenen Person für den Einsatz eines rechtlichen Betreuers hat Vorrang und soll vom Betreuungsgericht berücksichtigt werden.

Aufgaben und Pflichten des Betreuers

Vom Gericht eingesetzte rechtliche Betreuer übernehmen nicht automatisch die Sorge für alle Angelegenheiten ihrer Schützlinge. Stattdessen wird das Gericht ihnen bestimmte Aufgabenkreise zuweisen. Sind Menschen mit Demenz beispielsweise nicht mehr allein in der Lage, ihre Finanzen zu regeln, wird ihnen lediglich ein Betreuer oder eine Betreuerin für den Aufgabenkreis "Verwaltung des Einkommens und Vermögens" zur Seite gestellt.

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Betreuerinnen und Betreuer dürfen nur für die Aufgaben bestellt werden, in denen eine Betreuung tatsächlich erforderlich ist. Können Menschen mit Demenz beispielsweise keine Überweisungen mehr tätigen, wird das Gericht ihnen lediglich eine Betreuerin oder einen Betreuer zur Verwaltung des Vermögens zur Seite stellen.

Betreuung bedeutet nicht, keine Rechte mehr zu haben. Von daher sind gerichtlich bestellte Betreuerinnen und Betreuer dazu verpflichtet, die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgabenkreise so weit wie möglich umzusetzen. So darf beispielsweise pflegebedürftigen Personen keine knauserige Lebensführung zugemutet werden, wenn Vermögen da ist. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Wünsche der Betroffenen ihrem eigenen Wohl zuwiderlaufen oder für die Betreuerin oder den Betreuer unzumutbar sind. Wenn möglich, sollten Betreuerinnen und Betreuer alle notwendigen Maßnahmen immer auch mit den Betroffenen selbst besprechen.

Auch wenn die Geschäftsfähigkeit und die Einwilligungsfähigkeit (freier Wille) bereits eingeschränkt sind, muss grundsätzlich auch der natürliche Wille der oder des Betroffenen berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass grundlegende Wünsche und Absichten des Menschen mit Demenz trotz Störung der geistigen Fähigkeiten beachtet und nach Möglichkeit erfüllt werden sollen, zum Beispiel die Ermöglichung von Lieblingsbeschäftigungen, aber auch Abwehr von pflegerischen Maßnahmen wie Körperpflege oder Nahrungsaufnahme. Zwangsmaßnahmen sind nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichtes erlaubt (geregelt im § 1906a Bürgerliches Gesetzbuch).

Wenn Sie als Bevollmächtigte, Bevollmächtigter oder rechtliche Betreuerin oder rechtlicher Betreuer die Personensorge für einen Menschen mit Demenz übernommen haben oder auch als Haushaltsmitglied (Ehe- oder Lebenspartner, erwachsenes Kind) mit Angehörigen mit Demenz zusammenleben, sind Sie rechtlich gesehen aufsichtspflichtig. Damit haften Sie in bestimmten Fällen für Schäden, die Menschen mit Demenz anrichten.

Allerdings kann niemand von pflegenden Angehörigen erwarten, dass diese ihren kranken Vater oder ihre kranke Schwiegermutter in jeder Minute überwachen. Wer nachweisen kann, dass alles Zumutbare getan wurde, um die Aufsichtspflicht zu erfüllen und Schadensfälle zu verhindern, muss keinen Schadensersatz leisten.

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Wichtig: Bei Bekanntwerden der Diagnose Demenz sollte die Haftpflichtversicherung des Betroffenen informiert werden. Das Verschweigen der Diagnose kann im Schadensfall zu einem Haftungsausschluss führen.

Unterhaltspflicht der Angehörigen

Angehörige können auch zur Finanzierung der Pflege herangezogen werden. Die Frage des Elternunterhalts stellt sich häufig dann, wenn der Vater oder die Mutter mit Demenz in einem Pflegeheim untergebracht wird. Zwar übernimmt die Pflegeversicherung einen Teil der (Pflege-)Kosten, doch häufig reichen Rente und gesetzliche Zahlungen für die Gesamtkosten nicht aus.

Da laut Gesetz Ehegatten und Verwandte ersten Grades verpflichtet sind, einander Unterhalt zu gewähren, müssen je nach finanzieller Situation erst die Ehepartner und dann die Kinder einspringen. Grundsätzlich sind Kinder ihren Eltern zum Unterhalt verpflichtet; selbst dann, wenn sie lange nicht in Kontakt gestanden haben. Ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro sind Kinder zum Unterhalt verpflichtet (§ 94 SGB XII).

Zunächst sind die Kinder - und zwar alle Geschwisterkinder - dem Sozialamt zur Auskunft verpflichtet, auch wenn das Jahresbruttoeinkommen weniger als 100.000 Euro beträgt. Das Sozialamt prüft und entscheidet dann, ob eine Verpflichtung zum Elternunterhalt besteht. Unabhängig davon erhalten die Eltern aber Sozialhilfe, wenn bei diesen die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.

Schwiegertöchter und -söhne sind den Schwiegereltern nicht zum Unterhalt verpflichtet. Anders als vor der Gesetzesänderung, die mit Wirkung vom 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, wird das Einkommen des Ehegatten bei der Ermittlung des Jahresbruttoeinkommens nun nicht mehr berücksichtigt.

Gerichtsurteile schränken unter Umständen die Pflicht zum Elternunterhalt ein: Für Kinder, die ihre pflegebedürftigen Eltern betreuen, können mitunter weitere Unterhaltszahlungen entfallen. Wer laufend erhebliche Pflegeleistungen erbringt, schuldet keinen Unterhalt.

Reform des Betreuungsrechts

Ab dem 1. Januar 2023 gelten die neuen Regelungen des reformierten Betreuungsrechts. Es hebt stärker als bisher das Recht auf Selbstbestimmung der betreuten Person hervor. Der gerichtlich bestellte Betreuer oder die gerichtlich bestellte Betreuerin hat vielmehr eine Unterstützungsfunktion. Diese Funktion verpflichtet, der betreuten Person die Besorgung ihrer Angelegenheiten durch eigenes, selbstbestimmtes Handeln zu ermöglichen. Wird die Selbstbestimmung der betreuten Person eingeschränkt beziehungsweise nicht ausreichend berücksichtigt, können Pflichtverletzungen der Betreuungsperson besser erkannt und sanktioniert werden.

Notvertretungsrecht für Ehegatten

Das Notvertretungsrecht ermöglicht es Ehegatten, in Not- und Akutsituationen vorübergehend, also zeitlich begrenzt, auch ohne Vollmacht den durch Unfall oder Krankheit handlungsunfähigen Ehegatten zu vertreten. Dieses Notvertretungsrecht beschränkt sich ausschließlich auf Entscheidungen, die die Gesundheitssorge und damit eng zusammenhängende Angelegenheiten betreffen. Es ist also keine vollumfängliche Vertretung des Betroffenen vorgesehen.

Das setzt voraus, dass die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt bestätigt, dass der zu vertretene Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer akut auftretenden Bewusstseinstrübung diese Angelegenheiten rechtlich nicht selber regeln kann.

Wurde in einer Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht eine andere Person als der Ehepartner beziehungsweise die Ehepartnerin befugt, tritt das Notvertretungsrecht nicht in Kraft.

Rechte und Selbstbestimmung von Menschen mit Demenz

Die Rechtslage bei Demenz ist nicht immer eindeutig. Denn Demenz bedeutet nicht automatisch Geschäftsunfähigkeit. Entscheidend sind Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen. Sie ermöglichen eine vorausschauende Festlegung individueller Wünsche. Fehlen diese Vorsorgedokumente, ordnet das sogenannte Betreuungsgericht eine gesetzliche Betreuung an, die sich an den Bedürfnissen der betroffenen Person orientiert. Weitere gesetzliche Grundlagen betreffen das Wahlrecht, den Straßenverkehr und Bankgeschäfte.

Im Umgang mit Demenzerkrankten ist es wichtig, ihren aktuellen Willen zu verstehen und die Selbstbestimmung trotz Demenz zu respektieren. Selbst wenn die Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt ist, sollten die Wünsche und Bedürfnisse erfasst werden. Dies kann beispielsweise durch Körpersprache, Mimik oder Verhaltensänderungen geschehen. Menschen mit Demenz sind oft noch lange in der Lage, in bestimmten Lebensbereichen eigene Entscheidungen zu treffen. Solange sich der Betroffene damit nicht selbst schadet, ist seine Entscheidung zu respektieren.

Das Recht auf Selbstbestimmung, auch im Zusammenhang mit Demenzerkrankungen, ist ein grundlegendes Menschenrecht und wird in Deutschland durch Artikel 2 des Grundgesetzes geschützt. Demnach hat jeder grundsätzlich das Recht, eigene Entscheidungen zu treffen, auch wenn diese von anderen als unkonventionell oder schädlich betrachtet werden. Allerdings gibt es Grenzen, insbesondere wenn die Gesundheit oder Sicherheit der Person ernsthaft gefährdet ist.

Spezielle Aspekte

  • Autofahren: Das Thema Autofahren im Zusammenhang mit Demenz ist anspruchsvoll und muss äußerst sensibel angegangen werden. Trotzdem ist sicher, dass das Autofahren bei fortgeschrittener Demenz nicht mehr möglich sein wird. Die Betroffenen werden diesen Zeitpunkt allerdings nicht richtig wahrnehmen können. Bei fortgeschrittener Demenz kann der Führerschein von der Straßenverkehrsbehörde nach Anlage 4a der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) entzogen werden. Ärzte sind in diesem Fall von ihrer Schweigepflicht entbunden und haben das Recht, die Behörde auf die jeweilige Demenzsituation hinzuweisen.
  • Wahlrecht: Da das Wählen ein grundlegendes Bürgerrecht darstellt, bleibt das Wahlrecht auch bei einer Demenzerkrankung bestehen. Es kann nicht auf andere Personen übertragen werden. Während Menschen mit Demenz eine Begleitung in die Wahlkabine mitnehmen dürfen, ist diese ausschließlich zur technischen Unterstützung zulässig.
  • Bankgeschäfte: Solange Demenzerkrankte voll geschäftsfähig sind, können sie frei über ihr Geld verfügen und alle Bankgeschäfte selbstständig erledigen. Sobald die Geschäftsfähigkeit aufgrund der Demenz nicht mehr gegeben ist, wird in der Regel ein rechtlicher Betreuer bestellt. Dieser regelt die finanziellen Angelegenheiten im Sinne des Betroffenen. Eine Vorsorgevollmacht reicht in den meisten Fällen nicht aus, um Bankgeschäfte im Namen einer anderen Person durchzuführen. Viele Banken verlangen eine gesonderte Vollmacht oder spezifische Formulare für ihre Transaktionen.

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