Die Diagnose von Demenz ist ein komplexer Prozess, der darauf abzielt, die Ursache von kognitiven Beeinträchtigungen zu identifizieren und eine geeignete Therapie zu ermöglichen. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Überblick über den Ablauf der Demenzdiagnostik, von den ersten Anzeichen bis hin zu spezialisierten Untersuchungen.
Was bedeutet Diagnose?
In der Medizin bezieht sich der Begriff "Diagnose" auf die Identifizierung von Krankheiten. Das Ziel ist es, anhand von erkennbaren Merkmalen möglichst präzise zu bestimmen, welche Krankheit vorliegt. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie "den Durchblick haben".
Warum ist eine frühzeitige Diagnose wichtig?
Viele Menschen mit Gedächtnisstörungen sind verunsichert und versuchen, ihre Schwächen zu verbergen. Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht es, eine effektive Therapie einzuleiten und den Krankheitsverlauf zu verzögern. Zudem bietet sie eine Erklärung für bisher unerklärliches Verhalten und andere Auffälligkeiten. Es ist wichtig zu beachten, dass Selbsttests nicht ratsam sind, da nur eine kompetente ärztliche Diagnose eine richtige Therapie ermöglichen kann.
Erste Anzeichen einer Demenz
Es sind oft Kleinigkeiten im Alltag, die stutzig machen. Betroffene vergessen beispielsweise, den Topf auf dem Herd stehen zu lassen, oder finden Haushaltsgegenstände an ungewöhnlichen Orten. Auch das mehrmalige Erzählen derselben Geschichte am Tag oder Wortfindungsstörungen können Anzeichen sein. Stimmungsschwankungen, Unruhe, Müdigkeit oder Aggressionen können ebenfalls Hinweise auf eine Demenz geben.
Der Ablauf der Demenzdiagnostik
Die Diagnostik erfolgt in mehreren Stufen, um sowohl die demenziellen Symptome zu erfassen als auch andere mögliche Ursachen auszuschließen.
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1. Anamnese und Erstgespräch
Die erste Anlaufstelle ist meist die hausärztliche Praxis. Der Arzt führt ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten (Eigenanamnese) und einer Bezugsperson (Fremdanamnese), um aktuelle Beschwerden, Vorerkrankungen, Medikamente und Risikofaktoren zu erfragen. Es ist ratsam, sich von einer nahestehenden Person begleiten zu lassen, die zusätzliche Informationen liefern kann.
2. Körperliche Untersuchung
Im Anschluss an das Gespräch erfolgt eine allgemeine körperliche Untersuchung. Der Arzt stellt fest, ob Organe geschwächt sind, ob das Nervensystem Dysfunktionen aufweist oder ob das Herz schwach ist.
3. Kognitive Tests
Kognitive Tests geben wichtige Hinweise auf das Vorliegen einer Demenzerkrankung. Ein gängiger Test ist der Uhrentest, bei dem der Patient aufgefordert wird, in einem Kreis die Ziffern einer Uhr einzuzeichnen und die Zeiger auf eine bestimmte Uhrzeit einzustellen. Ein weiterer verbreiteter Test ist der Mini-Mental-Status-Test (MMST), der das räumliche Orientierungsvermögen, die Merkfähigkeit, die Erinnerungsfähigkeit, die Aufmerksamkeit, die Rechenfähigkeit und die Sprache prüft. Es gibt auch den DemTect, der ein einfaches Verfahren ist, nicht sehr lange dauert und kaum Vorwissen braucht. Der Montreal-Cognitive-Assessment-Test (MoCa-Test) sollte von geschultem Personal durchgeführt werden.
4. Labordiagnostik
Die Labordiagnostik umfasst ein breites Spektrum an Untersuchungen. Anhand standardisierter Laborwerte können wertvolle Diagnosedaten gewonnen werden. Typische Beispiele sind Blutzucker- oder Blutfettwerte. Auch der Liquor cerebrospinalis, eine Flüssigkeit im zentralen Nervensystem, kann untersucht werden, um bestimmte Proteine nachzuweisen, die auf Alzheimer hindeuten.
5. Bildgebende Verfahren
Bildgebende Verfahren wie die Computertomographie (CT) oder die Magnetresonanztomographie (MRT) können Schäden am Gehirn sichtbar machen. Alzheimer-typische Veränderungen können mit diesen Methoden erkannt werden. Die MRT ist heute das Standardverfahren, da sie sehr genaue Schnittbilder des Gehirns liefert, ohne Strahlenbelastung. Besonders aufschlussreich sind MRT-Bilder beim Blick auf den Hippocampus, eine Hirnregion, die bei Alzheimer-Patienten oft schon früh schrumpft. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) zeigt, wie aktiv Nervenzellen arbeiten und ob sich krankhafte Proteine ablagern.
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6. Differentialdiagnostik
Bei der Differentialdiagnose analysiert der Arzt systematisch alternative Erklärungsmöglichkeiten für die beobachteten Symptome. Dies ist wichtig, um Behandlungsfehler zu vermeiden. Mögliche Ursachen für kognitive Einschränkungen können auch andere körperliche Krankheiten wie Parkinson, Schlaganfall oder Hirntumor sein. Auch Medikamente, Alkohol oder Drogen können die Symptome verursachen.
7. Fachärztliche Untersuchung
Deuten die Ergebnisse der ersten Untersuchungen auf eine Demenz hin, wird der Patient an einen Facharzt (Neurologen, Psychiater oder Geriater) überwiesen. Dieser führt weitere spezialisierte Untersuchungen durch, um die genaue Demenzform zu bestimmen.
Welche Demenzformen gibt es?
Es gibt nicht nur eine, sondern viele Formen von Demenz. Mehr als 50 verschiedene Krankheitsbilder fallen unter den Oberbegriff Demenz. Die häufigsten Formen sind:
- Alzheimer-Krankheit: Hierbei kommt es zu Eiweißablagerungen an den Nervenzellen, die die Kommunikation der Nervenzellen untereinander verhindern.
- Vaskuläre Demenz: Diese wird durch Durchblutungsstörungen im Gehirn ausgelöst.
- Lewy-Körperchen-Demenz
- Frontotemporale Demenz: Diese tritt auch in jüngeren Jahren auf.
- Sekundäre Demenzen: Diese werden durch nicht-hirnorganische Grunderkrankungen wie Stoffwechselstörungen, Schilddrüsenerkrankungen, Vergiftungen oder Alkoholismus hervorgerufen.
Welche Diagnoseverfahren helfen, Demenzformen zu unterscheiden?
Welche weiteren Untersuchungen sinnvoll sind, hängt von der vermuteten Demenzform ab.
- Alzheimer-Krankheit: Der Nachweis bestimmter Proteine (Amyloid-beta, Tau) im Nervenwasser oder Blut kann die Diagnose absichern.
- Frontotemporale Demenz: Bildgebende Verfahren (MRT) sind besonders wichtig, um den für diese Form typischen Abbau im Stirn- oder Schläfenlappen zu erkennen.
- Lewy-Körperchen-Demenz: Hier helfen zusätzliche Untersuchungen, etwa zur Beweglichkeit oder zum Schlafverhalten. Auch spezielle bildgebende Verfahren wie DAT-SPECT oder MIBG-Szintigrafie können zum Einsatz kommen.
- Vaskuläre Demenz: Die Diagnose basiert auf MRT-Aufnahmen, die Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen oder Schlaganfälle zeigen.
Genetische Beratung und Gentests
Nur etwa 1 % der Alzheimer-Fälle sind vererbt. Wenn ein Patient bereits sehr früh an Alzheimer erkrankt (deutlich vor dem 65. Lebensjahr), kann ein Gentest sinnvoll sein. Da der Gentest eine spätere Alzheimer-Erkrankung mit fast 100-prozentiger Sicherheit vorhersagen kann, bestehen auch ethische Bedenken, diesen Test durchzuführen. Bei der Frontotemporalen Demenz wird bei familiärer Vorbelastung eine genetische Beratung empfohlen.
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Leben mit der Diagnose Demenz
Die Diagnose Demenz ist für Betroffene und Angehörige eine große Herausforderung. Es ist wichtig, sich umfassend über die Krankheit zu informieren und sich Unterstützung zu suchen. Es gibt viele regionale Anlaufstellen, die mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Tipps für den Umgang mit Demenz
- Feste Struktur: Organisieren Sie wiederkehrende Alltagsaktivitäten in festen Tages- und Wochenroutinen.
- Konstante Umgebung: Belassen Sie Möbel und Gegenstände an ihrem gewohnten Ort.
- Beschäftigung: Finden Sie Beschäftigungen, die Fähigkeiten erhalten und Ressourcen aktivieren.
Die Zukunft der Demenzdiagnostik
Die Demenzforschung arbeitet daran, die Diagnostik von Demenzerkrankungen zu verbessern. Ein wichtiges Ziel ist es, Demenzerkrankungen wie Alzheimer früher zu erkennen. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld ist die korrekte Abgrenzung von Demenzerkrankungen.
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