Demenz und Einsamkeit: Ein komplexer Zusammenhang

Die Forschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen Einsamkeit im Alter und dem Risiko, an Demenz zu erkranken, gibt. Eine große Langzeitstudie der Florida State University hat diese Erkenntnisse nun weiter untermauert. Die Studie, die im "Journal of Gerontology" veröffentlicht wurde, begleitete über zehn Jahre rund 12.000 Menschen über 50 Jahre. Dabei stellten die Forscher fest, dass sich das Demenzrisiko bei Personen, die sich einsam fühlten, um 40 Prozent erhöhte. Dieser Zusammenhang war unabhängig von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder Bildungsniveau.

Die Definition von Einsamkeit

Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, das entsteht, wenn sich jemand mehr soziale Nähe wünscht, als er tatsächlich hat. Es ist wichtig zu betonen, dass Einsamkeit nicht dasselbe ist wie Alleinsein. Manche Menschen genießen die Zeit, die sie alleine verbringen, während andere sich trotz vieler sozialer Kontakte einsam fühlen können. Forscher haben herausgefunden, dass es Menschen gibt, die zwar zurückgezogen und mit wenig sozialen Kontakten leben, sich dabei aber nicht einsam fühlen.

Die Auswirkungen von Einsamkeit auf die Gesundheit

Einsamkeit kann die psychische und körperliche Gesundheit beeinträchtigen. Sie kann zu Schlafstörungen, Stress und einem geschwächten Immunsystem führen. Studien belegen, dass Einsamkeit Entzündungen fördern und die Hirnaktivität verändern kann.

Einsamkeit als Risikofaktor für Demenz

Eine große Langzeitstudie hat gezeigt, dass soziale Isolation das Demenzrisiko um 26 Prozent erhöht. Dieses erhöhte Risiko besteht unabhängig davon, ob sich die Betroffenen subjektiv einsam fühlen oder nicht. Hirnscans zeigten, dass sozial isolierte Menschen ein geringeres Volumen grauer Hirnsubstanz im Frontalhirn, dem Schläfenlappen, dem Hippocampus und anderen Hirnregionen aufweisen. Diese Hirnareale sind eng mit dem Lernen und Gedächtnis verknüpft.

Die Rolle der Gene

Nähere Analysen ergaben, dass in den Neuronen von sozial isolierten Menschen einige Gene heruntergeregelt waren, die für die Mitochondrien und damit die Energieversorgung der Hirnzellen wichtig sind. Auch einige der bei Alzheimer gedämpften Gene waren bei diesen Teilnehmenden weniger aktiv.

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Einsamkeit im Alter: Ein unterschätztes Problem

Angesichts der zunehmenden Häufigkeit von sozialer Isolation und Einsamkeit in den letzten Jahrzehnten ist dies ein schweres, aber bisher unterschätztes Problem für die öffentliche Gesundheit. Vor allem für ältere Menschen ist es demnach wichtig, soziale Kontakte aufrecht zu erhalten und im Alltag nicht isoliert zu leben.

Was tun gegen Einsamkeit?

Es gibt viele Möglichkeiten, Einsamkeit entgegenzuwirken. Wichtig ist, aktiv zu werden und neue Kontakte zu knüpfen oder bestehende Beziehungen zu pflegen.

  • Soziales Engagement: Soziales Engagement kann geistig stimulierend sein, das Gefühl der Sinnhaftigkeit des Lebens steigern und den Austausch mit anderen Menschen fördern.
  • Hobbys und Interessen: Gemeinsame Hobbys und Interessen verbinden Menschen. Ob im Sportverein, im Chor oder in einem Malkurs - gemeinsame Aktivitäten bieten die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen und bestehende zu vertiefen.
  • Digitale Kommunikationsmöglichkeiten: Das Internet bietet viele Wege, mit anderen in Kontakt zu treten. Videotelefonie, Messenger-Dienste oder Online-Foren ermöglichen Austausch auch über größere Entfernungen hinweg.
  • Professionelle Hilfe: Soziale Dienste, Seniorenberatungen oder psychosoziale Beratungsstellen bieten Unterstützung für Menschen, die sich einsam fühlen. Auch Telefonseelsorge und Einsamkeitshotlines sind Anlaufstellen.

Initiativen gegen Einsamkeit

Die Bundesregierung hat die Strategie gegen Einsamkeit beschlossen, um die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren, die Forschung zu stärken und den Austausch von praktischem Wissen und lokalen Projekten zu fördern. Dazu zählen auch die Umsetzung der Nationalen Demenzstrategie, das Bundesprogramm „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderte Projekt „Länger fit durch Musik“ sowie der „Wegweiser Demenz“.

Das vom BMFSFJ geförderte Kompetenznetz Einsamkeit bietet eine Übersicht mit Angeboten gegen Einsamkeit.

Beispiele aus der Praxis

Der 12. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) in Fürth widmete sich dem Thema "Demenz und Einsamkeit". Teilnehmer diskutierten darüber, wie Einsamkeit ein Risikofaktor für Demenzerkrankungen sein kann und wie Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen häufig Isolation erfahren. Es wurden Projekte vorgestellt, die Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen unterstützen, soziale Kontakte zu pflegen und Einsamkeit zu überwinden.

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Volkmar Schwabe, der selbst mit einer Demenz lebt, berichtete, wie er nach seiner Diagnose in ein tiefes Loch der Einsamkeit fiel. Er fand jedoch Wege heraus, indem er sich als Hospizbetreuer engagierte, in der Nachbarschaftshilfe aktiv wurde und sich in einem Kulturprojekt beteiligte.

Celine Seeberger schilderte, wie sie sich einsam fühlte, als ihre Mutter an Frontotemporaler Demenz (FTD) erkrankte. Sie fand Unterstützung in einer Angehörigengruppe.

Dieter Schmidt von der Schwulenberatung Berlin sprach über die Angst vor Einsamkeit im Alter und bei Pflegebedürftigkeit bei LSBTI-Menschen. Die "Lebensort Vielfalt"-Projekte der Schwulenberatung Berlin bieten Wohnungen, Pflege-Wohngemeinschaften und therapeutische Wohnangebote für LSBTI-Menschen.

Einsamkeit bei pflegenden Angehörigen

Pflegende Angehörige sind besonders häufig von Einsamkeit betroffen. Sie haben weniger Zeit für Sozialkontakte und verlieren durch die Pflegebedürftigkeit die vertraute Person, den Partner auf Augenhöhe. Lisa Höfer vom „Kompetenznetz Einsamkeit“ machte deutlich, dass pflegende Angehörige doppelt so häufig von Einsamkeit betroffen sind wie Nicht-Pflegende.

Die Rolle der digitalen Angebote

Volkmar Schwabe betonte, dass digitale Angebote allein nicht gegen Einsamkeit helfen. Gegen Einsamkeit helfen nur Menschen! Die Alzheimer-Gesellschaften und die Kongress-Teilnehmenden wollen Anlaufstellen sein, die auch gegen Einsamkeit wirken.

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Einsamkeit erkennen

Die Anzeichen von Einsamkeit sind nicht immer eindeutig. Manche Menschen ziehen sich zurück, vermeiden Gespräche oder sagen gemeinsame Treffen immer häufiger ab. Es ist wichtig, aufmerksam zu sein und das Thema sensibel anzusprechen, ohne Druck auszuüben.

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