Demenz und Mangelernährung: Ursachen, Auswirkungen und Lösungsansätze

Demenz ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Oberbegriff für verschiedene neurodegenerative Erkrankungen, wie die Alzheimerkrankheit, die Lewy-Körper-Demenz oder die vaskuläre Demenz. Allen gemeinsam ist eine fortschreitende Verschlechterung der Gedächtnisleistung, des Denkens und anderer Hirnleistungen. Auch Sprache, Motorik und Persönlichkeit können betroffen sein. Die Erkrankung beginnt mit leichten Beeinträchtigungen und schreitet fort, bis die Betroffenen im Endstadium nicht mehr kommunizieren können. Der Krankheitsverlauf ist individuell verschieden und kann sich über Monate oder Jahre erstrecken.

Die komplexe Beziehung zwischen Demenz und Ernährung

Die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Demenz sind vielfältig. Beobachtungen zeigen, dass viele Demenzkranke in den Jahren vor der Diagnose schleichend Gewicht verlieren. Mangelernährung und Gewichtsverlust sind begleitende Faktoren bei der Entwicklung einer Demenz. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Demenz ursächlich nicht heilbar ist. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, den Krankheitsverlauf hinauszuzögern - auch durch die Ernährung.

Es ist schwierig zu bestimmen, ob Mangelernährung eine Ursache oder eine Folge von Demenz ist. Studien deuten darauf hin, dass eine Kombination verschiedener Nahrungsstoffe - wie Vitamine, Fette und Aminosäuren - die Einschränkungen bei einer Alzheimer Erkrankung mildern kann. Eine wiederaufgenommene bessere Ernährung hält das Fortschreiten einer Demenzerkrankung nicht auf, aber die Ernährung ist ein wichtiger Faktor, um das Gesamtbefinden der Patienten wesentlich zu beeinflussen.

Ursachen von Mangelernährung bei Demenz

Durch die kognitive Beeinträchtigung haben Demenzpatienten ein höheres Risiko, eine Mangelernährung zu entwickeln. Dies kann in verschiedenen Krankheitsstadien unterschiedliche Ursachen haben:

  • Frühe Stadien: Depressionen, Medikamente oder Geruchs- und Wahrnehmungsstörungen können die Nahrungsaufnahme beeinflussen.
  • Fortgeschrittene Stadien: Bewegungsstörungen, Schluckstörungen und ein gestörtes Essverhalten können dazu führen, dass die Versorgung mit Energie und Nährstoffen nicht mehr ausreicht.
  • Umgebungsfaktoren: Ablenkungen und mangelnde Ruhe während der Mahlzeiten erschweren die Nahrungsaufnahme. Wiederholt negative Erlebnisse während der Mahlzeiten (Belehrungen, Beschämung) können zur Nahrungsverweigerung beitragen.
  • Erhöhter Energiebedarf: Ein erhöhter Bewegungsdrang, wie exzessives Umhergehen oder psychomotorische Unruhe, steigert den Energiebedarf erheblich.

Die Folgen von Mangelernährung bei Demenz

Studien haben ergeben, dass eine Mangelernährung bei Demenz zum Fortschreiten der Krankheit beiträgt und außerdem das Infektions- und Sterblichkeitsrisiko steigt. Rund 40 % der Betroffenen verlieren ungewollt Gewicht, was zu einer erheblichen Schwächung ihres Körpers führt.

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Mangelernährung schadet der Gesundheit und führt zu Einbußen von Vitalität und Wohlbefinden. Typisch sind chronische Müdigkeit, kognitive Defizite wie mangelnde Konzentrationsfähigkeit, Gangunsicherheit und erhöhte Sturzgefahr. Betroffene können leichter Knochenbrüche und andere Verletzungen zuziehen, und Wunden heilen schlechter aus. Bei Menschen mit Krebs oder anderen Erkrankungen kann sich der Gesundheitszustand infolge einer Mangelernährung erheblich verschlechtern.

Erkennen von Mangelernährung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Mangelernährung zu erkennen. Äußere Anzeichen sind beispielsweise hervorstehende Beckenknochen, sehr dünne Arme und Beine bei sonst optisch eher übergewichtigen Personen. Auch laborchemische Untersuchungen (z. B. Albumin) sowie Messmethoden (z. B. Größe und Gewicht, Hautfaltendicke) können Hinweise liefern. Professionelle Screening-Methoden wie das MUST-Screening und das NRS-Screening sind ebenfalls hilfreich.

Auffällig ist oft, wenn die Kleidung plötzlich lockerer sitzt oder die Haut faltig und schlapp wirkt. Das kann darauf hindeuten, dass dem Patienten Nährstoffe und auch Flüssigkeiten fehlen. Auch wenn der Betroffene keinen Appetit mehr hat oder wenn man zum Essen animieren muss, sollte man als Angehöriger aufmerksam werden. Weitere Anzeichen können Fieber oder Wunden sein, die länger nicht heilen.

Prävention und Therapie von Mangelernährung bei Demenz

Der Ernährungszustand von Demenzpatienten sollte regelmäßig überprüft werden, um im Falle einer Mangelernährung sofort mit einer Ernährungstherapie zu beginnen. Grundlegend für eine wirksame Prävention bzw. Therapie von Mangelernährung ist eine umfassende Anamnese. Dazu gehört eine ausführliche Befragung zum Ernährungsverhalten und Einschränkungen bei der Nahrungsaufnahme.

Allgemeine Empfehlungen

Einige allgemeine Empfehlungen zur Vorbeugung von Mangelernährung sind:

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  • Ausgewogene Ernährung: Nutzen Sie die Lebensmittelvielfalt und essen Sie abwechslungsreich.
  • Gemüse und Obst: Essen Sie mindestens drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst am Tag.
  • Vollkornprodukte: Bei Getreideprodukten wie Brot, Nudeln und Reis sind Vollkornprodukte zu bevorzugen.
  • Fisch: Essen Sie ein- bis zweimal pro Woche Fisch.
  • Pflanzliche Öle: Bevorzugen Sie pflanzliche Öle und Streichfette.
  • Zucker: Setzen Sie Zucker sparsam ein und vermeiden Sie zuckersüße Lebensmittel und Getränke.
  • Salz: Verwenden Sie Jodsalz.
  • Flüssigkeit: Trinken Sie täglich etwa 1,5 Liter Wasser.
  • Schonende Zubereitung: Garen Sie Lebensmittel möglichst kurz und schonend, mit wenig Wasser und wenig Fett.
  • Bewegung: Bleiben Sie körperlich aktiv.

Spezifische Maßnahmen bei Demenz

Bei Menschen mit Demenz sind folgende spezifische Maßnahmen wichtig:

  • Angenehme Atmosphäre: Gestalten Sie die Mahlzeiten angenehm.
  • Sinnesanregung: Bieten Sie ansprechend dargereichte, angenehm riechende Speisen und Getränke an.
  • Einbeziehung: Beziehen Sie Betroffene in die Speisenzubereitung mit ein.
  • Fingerfreundliche Mahlzeiten: Stellen Sie auf fingerfreundliche Mahlzeiten um.
  • Gemeinsame Mahlzeiten: Essen Sie gemeinsam mit Angehörigen bzw. Pflegepersonal.
  • Spezielle Hilfsmittel: Verwenden Sie spezielles Besteck, rutschfeste Unterlagen oder Trinkhilfen.
  • Regelmäßige Getränkeangebote: Bieten Sie Getränke den Tag über regelmäßig an.
  • Andicken von Flüssigkeiten: Bei Schluckstörungen kann das Andicken von Flüssigkeiten das Trinken erleichtern.
  • Kleine, nährstoffreiche Mahlzeiten: Bieten Sie mehrmals täglich kleine, nährstoffreiche Zwischenmahlzeiten an.
  • Energiereiche Getränke: Energiereiche Getränke können eine zu geringe Kalorienaufnahme ausgleichen.

Ernährungstherapie

Patienten, die ein Risiko für eine Mangelernährung aufweisen, sollten frühzeitig ernährungsmedizinisch und -therapeutisch betreut werden. Ernährungsexperten prüfen, ob die orale Kost optimiert werden kann. Beispielsweise kann man das normale Essen mit Supplementen anreichern, bevor weitere Maßnahmen wie der Einsatz von Trinknahrung, eine Ernährungssonde oder sogar eine parenterale Ernährungstherapie angedacht werden.

Energiereiche Trinknahrung kann dazu dienen, das normale Essen anzureichern oder zusätzlich zu den Mahlzeiten Energie zu liefern. Sie ist in vielen leckeren Geschmacksrichtungen von fruchtig-süß bis pikant erhältlich, nicht nur als Fläschchen, sondern auch als Brei, Dessert oder Suppe. Eiweißreiche Trinknahrung kommt bei erhöhtem Eiweißbedarf zum Einsatz, z. B. nach Operationen, bei chronischen Wunden oder bei einer Krebserkrankung.

Wird das Essen irgendwann immer schwieriger, kann auch der Einsatz einer Ernährungssonde erwogen werden. Über die Sonde können dem Demenzkranken dann Flüssigkeit, Energie und Nährstoffe zugeführt werden, die in ihrer Zusammensetzung ganz auf seinen Bedarf abgestimmt sind. Allerdings sind bei der Entscheidung über eine Sondenernährung einige Faktoren zu beachten. Der Nutzen und die möglichen Risiken müssen sorgfältig abgewogen werden. Die Lebensqualität des Demenzkranken sollte sich verbessern. Deshalb muss die Entscheidung für eine Ernährungssonde immer individuell getroffen werden. Wichtig und entscheidend dabei ist, dass die Anlage einer Ernährungssonde nicht gegen den Patientenwillen erfolgen darf. Bei einer schweren Demenz wird laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin eine Sondenernährung nicht mehr empfohlen, da sie in diesem Krankheitsstadium weder die Lebensqualität verbessert noch sich positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirkt.

Was man vermeiden sollte

Aktuelle Studien zeigen, dass stark verarbeitete Lebensmittel das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, deutlich erhöhen. Dazu zählen unter anderem Fast Food, Fertigpizza, Dosenravioli, Instantsuppen oder Mikrowellengerichte. Fachleute empfehlen deshalb, so oft wie möglich frisch zu kochen und industriell hergestellte Produkte zu meiden.

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Die Rolle von Proteinen

Mehr Proteine sind wichtig, um den Muskelabbau im Alter zu stoppen und die Sturzgefahr zu reduzieren.

Die Rolle von Kalorien

Mehr Kalorien sind wichtig, um den erhöhten Energieverbrauch durch Hyperaktivität auszugleichen. Pflegende sollten daher nicht nur auf eine ausreichende Kalorienzufuhr achten, sondern auch gezielt Ruhephasen fördern, um einer Mangelernährung entgegenzuwirken.

Die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit

Pflegefachleute spielen eine zentrale Rolle im Ernährungsmanagement von Menschen mit Demenz. Die Auswirkungen einer Mangelernährung können schwerwiegend sein, weshalb eine regelmäßige Gewichtskontrolle und Dokumentation unabdingbar sind.

Zur Beurteilung des Ernährungsstatus haben sich verschiedene Skalen etabliert, wie z.B. PEMU (Präventives Ernährungsmanagement in der stationären Altenpflege), ein zweiphasiges Instrument zur Erfassung der Ernährungssituation in der stationären Langzeitpflege.

Eine Ernährungsberatung kann helfen, realistische Ernährungsstrategien zu entwickeln. Ggf. kann eine Zahnsanierung oder die Anpassung der Zahnprothese Kauschwierigkeiten beheben. Bei anderen ernährungsrelevanten Beschwerden, die sich nicht so einfach ausräumen lassen, sollten die Betroffenen im Umgang mit ihren Beschwerden geschult werden.

Ernährungsempfehlungen zur Senkung des Demenzrisikos

Es gibt kein Lebensmittel, mit dem Sie Ihr Risiko für eine Demenzerkrankung einfach wegessen können. Aber wer sich ausgewogen und bewusst ernährt, kann das Risiko für Demenzerkrankungen wie Alzheimer senken. Ein bewährtes Vorbild ist die traditionelle Mittelmeerküche mit viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, fettem Seefisch und Olivenöl. Studien zeigen, dass sie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes senken kann - und zugleich die Hirngesundheit verbessert.

  • Polyphenole: Polyphenole (natürliche Stoffe, die Pflanzen ihre Farbe geben) sind in Obst, Gemüse und kaltgepresstem Olivenöl enthalten.
  • Omega-3-Fettsäuren: Omega-3-Fettsäuren aus fettem Seefisch wie Thunfisch, Dorade oder Sardelle unterstützen die Zellgesundheit. Sie sind auch in Walnüssen, Chiasamen, Leinsamen und Avocados enthalten.
  • Nüsse: Nüsse sind auch deshalb wertvoll, weil sie wichtige pflanzliche Proteine, viele Mineralstoffe und Vitamine liefern.

Die MIND-Diät

Die so genannte MIND-Diät (Mediterranean-DASH Intervention for Neurodegenerative Delay) kombiniert Elemente der Mittelmeerkost und der DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension). Sie legt den Fokus auf Lebensmittel, die besonders förderlich für die Hirngesundheit sind.

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