Stürze stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko für ältere Menschen dar, insbesondere für diejenigen mit Demenz. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Ursachen von Stürzen bei Menschen mit Demenz und bietet Einblicke in Präventionsstrategien.
Einführung
Stürze sind ein häufiges und bedeutendes Gesundheitsproblem bei älteren Menschen. Während Stürze bei Kindern oft Teil des Lernprozesses sind, können sie bei Senioren schwerwiegende Folgen haben. Etwa 30 Prozent der über 65-jährigen, selbstständig lebenden Personen stürzen mindestens einmal pro Jahr. Bei den 90- bis 99-Jährigen sind es sogar 56 Prozent. Die jährliche Sturzquote in Pflegeheimen ist noch höher.
Stürze bei Alzheimer-Demenz
Forschungen haben gezeigt, dass Menschen mit Alzheimer-Demenz häufiger stürzen als kognitiv gesunde Personen. Die jährliche Sturzprävalenz bei älteren Menschen mit Alzheimer-Demenz beträgt 44,27 Prozent, wobei jede betroffene Person durchschnittlich 1,3-mal pro Jahr stürzt. Dieses erhöhte Sturzrisiko ist auf eine Kombination von Faktoren zurückzuführen, die im Folgenden erläutert werden.
Ursachen von Stürzen
Stürze können vielfältige Ursachen haben, wobei oft mehrere Faktoren zusammenwirken. Es gibt verschiedene Arten von Stürzen, darunter kreislaufbedingte Stürze, Stürze aufgrund von Störungen der Neurotransmission (z. B. bei Parkinson und Lewy-Körperchen-Demenz) und Stürze aufgrund von Funktionsstörungen des Gehirns (z. B. progressive supranukleäre Blickparese).
Risikofaktoren
Risikofaktoren sind Bedingungen oder Umstände, die die Wahrscheinlichkeit eines Sturzes erhöhen. Sie werden in intrinsische (von innen kommende) und extrinsische (von außen wirkende) Faktoren unterteilt.
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Intrinsische Risikofaktoren
Intrinsische Risikofaktoren umfassen alters- und krankheitsbedingte Funktionseinbußen, die die Gang- und Balancefähigkeit beeinträchtigen. Dazu gehören:
- Funktionsdefizite im Bewegungsapparat: Degenerative Prozesse können die Reaktionsfähigkeit und die Muskelkraft beeinträchtigen.
- Synkopale Ereignisse: Ohnmachten aufgrund von inadäquater Blutdruckeinstellung, Herzrhythmusstörungen oder Durchblutungsstörungen des Gehirns.
- Frühere Sturzereignisse: Ein Sturz in der Vergangenheit erhöht das Risiko für weitere Stürze.
- Degenerative Erkrankungen: Demenz, Parkinson und andere neurologische Erkrankungen können das Sturzrisiko erhöhen.
- Einnahme ungeeigneter Medikamente: Einige Medikamente können das Sturzrisiko erhöhen (siehe Abschnitt "Sturzassoziierte Medikamente").
- Muskelschwäche und Gangstörungen: Diese sind besonders häufig bei Demenz- und Parkinson-Patienten.
- Verringertes Sehvermögen oder Störung des Gleichgewichtssinns: Symptome, die im Rahmen einer Demenz- oder Parkinson-Erkrankung auftreten können.
- Gebrechlichkeit, Gleichgewichtsstörungen und Sarkopenie (Abbau von Muskelmasse und Muskelkraft) bei Demenz.
- Mehrere Krankheiten gleichzeitig.
- Schmerzen in einem Gelenk wie der Hüfte oder dem Knie.
- Kognitive Beeinträchtigungen, Depressionen und affektive Störungen: Diese können die Aufmerksamkeit und das Urteilsvermögen beeinträchtigen.
Extrinsische Risikofaktoren
Extrinsische Risikofaktoren beziehen sich auf die Umgebung und äußere Einflüsse. Dazu gehören:
- Schlechte Lichtverhältnisse: Unzureichende Beleuchtung kann die Sichtbarkeit von Hindernissen verringern.
- Unebener oder rutschiger Untergrund: Stolperfallen wie lose Teppiche oder nasse Böden.
- Lose liegende Gegenstände: Unordnung kann das Sturzrisiko erhöhen.
- Ungeeignetes Schuhwerk und Kleidung: Schuhe mit schlechtem Halt oder zu lange Kleidung können Stürze begünstigen.
- Ungeeignete Hilfsmittel: Falsch eingestellte oder defekte Gehhilfen.
- Inadäquat eingerichtetes Wohnumfeld.
- Äußere Einwirkung von Gewalt.
- Stolperfallen wie Teppichkanten, Türschwellen und herumliegende Gegenstände.
- Schlechte Beleuchtung.
- Steile Treppen und mangelnde Haltemöglichkeiten.
- Glatte Böden.
- Haustiere.
- Unebene Gehwege und Straßen.
- Schlechte Wetterverhältnisse mit Glatteis und Schnee.
Erweiterungskategorie
Diese Kategorie umfasst Faktoren, die sowohl intrinsische als auch extrinsische Aspekte beeinflussen, wie z. B. sozioökonomische Faktoren und psychosoziale Aspekte.
Sturzassoziierte Medikamente
Die Einnahme bestimmter Medikamente kann das Sturzrisiko erhöhen. Zu den sturzassoziierten Medikamenten gehören:
- Psychotrope Substanzen: Benzodiazepine (insbesondere langwirksame), trizyklische Antidepressiva, Antipsychotika.
- Antihypertensiva: Können Synkopen durch plötzlichen Blutdruckabfall verursachen.
- Antidiabetika (Sulfonylharnstoffe): Können bei unzureichender Kohlenhydratzufuhr zu Unterzuckerung führen.
- Andere: Temazepam und Baclofen (verminderen den Muskeltonus).
Es ist wichtig zu beachten, dass sich Sturzrisikofaktoren nicht nur addieren, sondern potenzieren. Arzt und Apotheker haben eine besondere Verantwortung, mögliche Risiken abzuwenden, idealerweise im Rahmen eines gemeinsamen Medikationsmanagements.
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Folgen von Stürzen
Stürze können schwerwiegende Folgen haben, sowohl körperlich als auch psychisch. Dazu gehören:
- Verletzungen: Prellungen, Verstauchungen, Knochenbrüche (insbesondere Hüftfrakturen), Platzwunden.
- Funktionelle Einschränkungen: Einschränkung der Mobilität und Selbstständigkeit.
- Psychische Auswirkungen: Sturzangst, Verlust des Selbstvertrauens, soziale Isolation.
- Erhöhte Mortalität: Stürze sind eine der häufigsten Todesursachen bei Menschen ab 65 Jahren.
- Hohe Kosten: Direkte Kosten durch Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalte.
Etwa 40 Prozent der Betroffenen schränken in den Folgemonaten ihre körperliche Aktivität zum Teil erheblich ein; ein hoher Anteil ist dauerhaft in seiner Mobilität eingeschränkt.
Sturzprävention
Etwa 30 bis 40 Prozent aller Stürze sind vermeidbar. Voraussetzung ist jedoch, dass das individuelle Sturzrisiko erkannt und Maßnahmen zur Prävention des Sturzes und Verhinderung von Verletzungen eingeleitet werden.
Maßnahmen zur Sturzprävention
- Geriatrisches Assessment: Durchführung einer umfassenden Beurteilung des Sturzrisikos durch Hausarzt oder Pflegedienst.
- Timed Up & Go Test: Ein einfacher Test zur Beurteilung der Mobilität und des Sturzrisikos.
- Medikationsmanagement: Überprüfung und Anpassung der Medikation, um sturzassoziierte Medikamente zu reduzieren oder zu vermeiden.
- Anpassung des Wohnraums: Beseitigung von Stolperfallen, Verbesserung der Beleuchtung, Installation von Haltegriffen.
- Körperliches Training: Kraft- und Balanceübungen zur Verbesserung der Muskelkraft und des Gleichgewichts.
- Schulung und Beratung: Aufklärung über Sturzrisiken und Präventionsmaßnahmen.
- Hilfsmittel: Verwendung geeigneter Gehhilfen und Schuhe.
- Regelmäßige Seh- und Hörtests.
- Fußpflege.
- Behandlung von Grunderkrankungen.
Die Rolle des Apothekenteams
Das Apothekenteam kann eine wichtige Rolle bei der Sturzprävention spielen, indem es:
- Das Gangbild der Kunden beobachtet: Auffälligkeiten können auf ein erhöhtes Sturzrisiko hinweisen.
- Die Medikationsdatei überprüft: Identifizierung möglicher problematischer Medikamente.
- Den Patienten berät: Aufklärung über Sturzrisiken und Präventionsmaßnahmen.
- Den Hausarzt informiert: Schriftliche Mitteilung über mögliche sturzassoziierte Medikamente.
- Beratungs- und Informationsangebote vermittelt: Anpassung des Wohnraums, Kraft- und Balanceübungen.
- Häufigere Blutzucker- oder Blutdruckmessungen anbieten.
Hüftprotektoren
Hüftprotektoren können die Folgen von Stürzen mildern, da sie die bei einem Sturz einwirkenden Kräfte verteilen. Sie sind besonders für Altenheimbewohner geeignet.
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Spezifische Empfehlungen für Menschen mit Demenz
Für Menschen mit Demenz gibt es zusätzliche Empfehlungen zur Sturzprävention:
- Nachtlichter: Anbringung von Nachtlichtern in der Toilette, auf dem Weg dorthin und in anderen Räumen, die ältere Patienten nachts aufsuchen könnten.
- Matratze vor dem Bett: Vorbeugung von Stürzen aus dem Bett durch Platzierung einer Matratze vor dem Bett.
- Farbliche Markierung von Schwellen und Stufen: Kennzeichnung von Stolperfallen mit Klebeband.
Schädel-Hirn-Trauma und Demenzrisiko
Ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) kann das Risiko, später an Demenz zu erkranken, erhöhen. Das Risiko steigt mit der Schwere und Häufigkeit der Verletzungen. Studien haben gezeigt, dass selbst leichte Traumata mit einem erhöhten Demenzrisiko einhergehen. Wer bereits ein SHT erlitten hat, sollte alles dafür tun, weitere Hirnverletzungen zu vermeiden.
Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE)
Die Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE) ist eine neurodegenerative Erkrankung, die durch wiederholte Kopfverletzungen verursacht werden kann. Sie tritt häufig bei Sportlern auf, die Kontaktsportarten betreiben. CTE führt zu Ablagerungen von Tau-Proteinen im Gehirn, die zu kognitiven, psychischen und motorischen Störungen führen können.
Prävention von CTE
- Vermeidung von Kopfverletzungen: Tragen eines Helms bei Sport- und Freizeitaktivitäten mit erhöhtem Sturzrisiko.
- Begrenzung der Anzahl von Kontaktsportarten: Reduzierung des Risikos wiederholter Kopfverletzungen.