Demenz durch Dehydration: Ein unterschätztes Risiko im Alter

Flüssigkeitsmangel, auch Dehydration oder Exsikkose genannt, ist ein häufiges Problem bei älteren Menschen und kann schwerwiegende Folgen haben, insbesondere bei Menschen mit Demenz. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung von Dehydration im Zusammenhang mit Demenz und gibt praktische Tipps für Angehörige und Pflegekräfte, um diesem Zustand vorzubeugen.

Die Bedeutung von Wasser für den Körper

Wasser ist lebensnotwendig. Der menschliche Körper besteht zu einem großen Teil aus Wasser, das für zahlreiche physiologische Prozesse benötigt wird. Es dient als Transportmittel für Nährstoffe und Abfallprodukte, reguliert die Körpertemperatur und ermöglicht Stoffwechselprozesse. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist daher entscheidend für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit, insbesondere im Alter.

Ursachen von Dehydration im Alter

Im Alter steigt das Risiko einer Dehydration aus verschiedenen Gründen:

  • Vermindertes Durstempfinden: Mit zunehmendem Alter lässt das Durstgefühl nach, was dazu führt, dass ältere Menschen weniger trinken, auch wenn ihr Körper Flüssigkeit benötigt. Die Durst-Rezeptoren im Gehirn arbeiten nicht mehr so zuverlässig.
  • Physiologische Veränderungen: Der Wassergehalt des Körpers sinkt im Alter, da die fettfreie Masse abnimmt und die Fettmasse zunimmt. Gleichzeitig nimmt die Fähigkeit der Nieren zur Konzentration des Harns ab.
  • Psychosoziale und krankheitsbedingte Faktoren: Verschlechterte Feinmotorik kann dazu führen, dass ältere Menschen Schwierigkeiten haben, Getränkepackungen selbstständig zu öffnen oder Hilfe beim Trinken benötigen. Inkontinenz kann dazu führen, dass Betroffene die Trinkmenge reduzieren. Schluckstörungen (Dysphagie) oder Demenz können ebenfalls zu einer verringerten Flüssigkeitsaufnahme führen.
  • Erkrankungen und Medikamente: Bestimmte Erkrankungen wie schlecht eingestellter Diabetes mellitus oder ein Ileostoma (künstlicher Dünndarmausgang) können den Flüssigkeitshaushalt stören. Entwässernde Medikamente (Diuretika), die häufig bei Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz eingesetzt werden, erhöhen die Ausscheidung von Wasser zusätzlich.
  • Kognitive Einschränkungen: Kognitive Störungen und insbesondere Demenz führen dazu, dass Betroffene vergessen, ausreichend zu trinken oder die Notwendigkeit des Trinkens nicht mehr erkennen. Sie haben möglicherweise Probleme, Tassen oder Gläser zu halten, Trinkbares von Untrinkbarem zu unterscheiden oder lehnen aufgrund einer veränderten Geschmackswahrnehmung bestimmte Lebensmittel und Getränke ab.

Auswirkungen von Dehydration auf den Körper

Ein Flüssigkeitsmangel kann eine Kaskade von negativen Auswirkungen auf den Körper haben:

  • Eingeschränkte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit: Bereits ein geringer Flüssigkeitsmangel von 1 bis 2 Prozent kann zu Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsstörungen und Müdigkeit führen.
  • Erhöhtes Risiko für Komplikationen: Dehydration erhöht das Risiko für Harnwegsinfekte, Thromboembolien, Stürze und Frakturen. Sie kann auch die Kreislauffunktion beeinträchtigen und zu einem Delir führen.
  • Verschlimmerung von Demenz-Symptomen: Bei Menschen mit Demenz kann Dehydration die Symptome der Erkrankung verstärken, insbesondere Verwirrtheit, Desorientierung und Einschränkung der kognitiven Leistungen.
  • Teufelskreis der Schwäche: Aus einem Flüssigkeitsmangel entwickelt sich oft ein Teufelskreis: Es entsteht eine zunehmende körperliche Schwäche, die wiederum die Fähigkeit zur eigenständigen Flüssigkeitszufuhr einschränkt.

Dehydration und Delir

Insbesondere im Sommer kann eine unzureichende Flüssigkeitszufuhr bei älteren Menschen zu einem Delir führen, einem akuten organischen Psychosyndrom. Symptome eines Delirs sind plötzlich auftretende Verwirrtheitszustände mit Störungen des Bewusstseins, der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik und der Emotionalität. Auch ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus sowie körperliche Symptome wie Schwitzen, Bluthochdruck und schneller Puls können vorliegen. Ein Delir ist eine potenziell lebensbedrohliche Situation und erfordert umgehende medizinische Versorgung.

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Symptome von Dehydration

Die Symptome einer Dehydration können vielfältig und unspezifisch sein, was die Diagnose erschwert. Zu den häufigsten Anzeichen gehören:

  • Durstgefühl (oft vermindert im Alter)
  • Schwäche, Antriebslosigkeit, Müdigkeit
  • Schwindel, insbesondere beim Aufstehen (Orthostasesyndrom)
  • Verwirrtheit, Desorientierung, Delir
  • Obstipation (Verstopfung)
  • Dunkler Urin
  • Trockene Haut und Schleimhäute (Mund, Zunge, Achselhöhlen)
  • Eingefallene Venen
  • Muskelkrämpfe
  • Fieber (Durstfieber)

Diagnose von Dehydration

Die Diagnose einer Dehydration kann schwierig sein, da viele Symptome unspezifisch sind. Es gibt keinen einzelnen "Goldstandard"-Test. Die Diagnose basiert in der Regel auf einer Kombination aus:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und Erfassung von Risikofaktoren, Flüssigkeitsaufnahme und -verlusten.
  • Körperliche Untersuchung: Beurteilung von Hautturgor (Spannungszustand der Haut), Schleimhäuten, Puls, Blutdruck und Bewusstseinszustand. Der Hautfaltentest (Zusammenkneifen der Haut am Handrücken) ist bei älteren Menschen oft wenig aussagekräftig, da die Hautalterung den Turgor generell vermindert. Eine trockene Achselhöhle kann jedoch ein spezifischeres Zeichen sein.
  • Laboruntersuchungen: Bestimmung von Hämatokrit, Elektrolyten (Natrium, Kalium), Kreatinin, Harnstoff, Glukose und Osmolalität im Serum. Eine erhöhte Serumosmolalität (> 300 mOsm/kg) deutet auf eine hypertone Dehydration hin. Auch die Harnstoff-Kreatinin-Ratio kann erhöht sein. Die Farbe des Urins kann ebenfalls ein Hinweis sein, wobei dunkler Urin auf eine Dehydration hindeutet.
  • Sonographie: In bestimmten Fällen kann eine Ultraschalluntersuchung der Vena cava inferior (untere Hohlvene) Hinweise auf den Flüssigkeitsstatus geben.

Behandlung von Dehydration

Die Behandlung der Dehydration zielt darauf ab, den Flüssigkeitsverlust auszugleichen und die zugrunde liegende Ursache zu behandeln.

  • Orale Rehydratation: Bei leichter bis mittelschwerer Dehydration ist die orale Flüssigkeitszufuhr (Trinken) die bevorzugte Methode. Es ist wichtig, den Patienten regelmäßig zum Trinken zu ermutigen und ihm seine Lieblingsgetränke anzubieten. Geeignete Getränke sind Wasser, ungesüßte Tees, verdünnte Säfte und Elektrolytlösungen.
  • Intravenöse Flüssigkeitszufuhr: Bei schwerer Dehydration, Bewusstseinsstörungen oder wenn der Patient nicht ausreichend trinken kann, ist eine intravenöse Flüssigkeitszufuhr erforderlich. Die Art und Menge der Infusionslösung richtet sich nach dem Grad der Dehydration und den Elektrolytwerten.
  • Subkutane Infusion: In bestimmten Fällen, insbesondere bei Demenzkranken, kann die subkutane Infusion (Flüssigkeitszufuhr unter die Haut) eineAlternative sein. Diese Infusionsform wird oft besser toleriert und kann von ausgebildeten Pflegekräften angelegt werden.

Prävention von Dehydration

Die beste Behandlung der Dehydration ist die Prävention. Folgende Maßnahmen können helfen, einem Flüssigkeitsmangel vorzubeugen:

  • Regelmäßige Flüssigkeitszufuhr: Ermutigen Sie ältere Menschen, regelmäßig über den Tag verteilt zu trinken, auch wenn sie keinen Durst verspüren. Stellen Sie Getränke in Reichweite bereit und erinnern Sie sie ans Trinken.
  • Trinkplan erstellen: Erstellen Sie einen Trinkplan und legen Sie feste Trinkrituale fest, z. B. ein Glas Wasser vor jeder Medikamenteneinnahme oder ein Tee am Nachmittag.
  • Vielfalt und Vorlieben berücksichtigen: Bieten Sie eine Vielfalt an Getränken an und berücksichtigen Sie die Vorlieben der Person. Schmackhafte und optisch ansprechende Getränke fördern die Trinklust.
  • Wasserreiche Nahrung anbieten: Bieten Sie wasserreiche Nahrungsmittel wie Obst (z. B. Wassermelone, Gurke, Beeren) und Gemüse an.
  • Hilfsmittel einsetzen: Bei Schluckbeschwerden können Andickungsmittel, spezielle Schnabelbecher oder Strohhalme das Trinken erleichtern.
  • Auf Alkohol und Koffein verzichten: Alkohol entzieht dem Körper Wasser und belastet den Kreislauf. Stark koffeinhaltige Getränke wirken harntreibend.
  • Angenehme Trinkatmosphäre schaffen: Schaffen Sie eine angenehme Trinkatmosphäre mit hübschen Trinkgläsern, Lieblingsmusik oder gemeinsamen Trinkritualen.
  • Risikofaktoren berücksichtigen: Achten Sie besonders auf Menschen mit Demenz, Schluckstörungen, Inkontinenz oder Erkrankungen, die den Flüssigkeitshaushalt beeinflussen. Passen Sie die Flüssigkeitszufuhr an die individuellen Bedürfnisse an.
  • Bei Hitzeperioden besonders aufmerksam sein: An heißen Tagen steigt der Flüssigkeitsbedarf. Achten Sie auf Anzeichen von Dehydration und passen Sie die Flüssigkeitszufuhr entsprechend an. Sorgen Sie für kühle Räume und leichte Kleidung.
  • Trinkprotokoll führen: In Pflegeheimen wird routinemäßig ein Trinkprotokoll geführt. Auch in der häuslichen Pflege kann ein solches Protokoll helfen, den Überblick über die Flüssigkeitsaufnahme zu behalten.

Tipps für die Pflege von Menschen mit Demenz und Dehydration

Menschen mit Demenz sind besonders anfällig für Dehydration. Hier sind einige zusätzliche Tipps, um die Flüssigkeitszufuhr sicherzustellen:

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  • Regelmäßig anbieten: Bieten Sie regelmäßig Getränke an, auch wenn die Person nicht danach fragt.
  • Kleine Mengen: Bieten Sie lieber häufig kleine Mengen an, anstatt große Mengen auf einmal.
  • Erinnerungen: Verwenden Sie Erinnerungshilfen wie Zettel oder Wecker, um ans Trinken zu erinnern.
  • Visuelle Hinweise: Platzieren Sie Getränke gut sichtbar und in Reichweite.
  • Anpassen: Passen Sie die Konsistenz der Getränke an die Schluckfähigkeit an.
  • Geduld: Seien Sie geduldig und ermutigen Sie die Person sanft zum Trinken.
  • Beobachtung: Achten Sie auf Anzeichen von Dehydration und informieren Sie den Arzt, wenn Sie Bedenken haben.

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