Kommunikation im Endstadium der Demenz: Ein umfassender Leitfaden

Die Alzheimer-Krankheit und andere Demenzerkrankungen verändern auf unaufhaltsame Weise das Gedächtnis, das Denken und die alltäglichen Fähigkeiten. Obwohl der Verlauf individuell ist, folgt er im Allgemeinen bestimmten Mustern. In den späteren Stadien der Demenz wird die Kommunikation immer schwieriger, sowohl für die betroffene Person als auch für ihre Angehörigen. Dieser Artikel befasst sich mit den Herausforderungen der Kommunikation im Endstadium der Demenz und bietet Strategien und Einblicke, um die Verbindung und das Verständnis zu verbessern.

Stadien der Demenz und ihre Auswirkungen auf die Kommunikation

Um die Herausforderungen der Kommunikation im Endstadium der Demenz zu verstehen, ist es wichtig, die verschiedenen Stadien der Krankheit und ihre jeweiligen Auswirkungen auf die Kommunikationsfähigkeit zu kennen.

1. Frühe Phase (Leichte kognitive Beeinträchtigung - MCI): In diesem Stadium sind die Beeinträchtigungen des Denkens und Erinnerns gering und schränken den Alltag kaum ein. Betroffene bemerken Veränderungen möglicherweise selbst, aber oft fallen sie zuerst Angehörigen auf.

2. Mittlere Phase (Leichte Demenz): Zunehmende Vergesslichkeit im Alltag, insbesondere des Kurzzeitgedächtnisses, wird deutlich. Es wird schwieriger, neue Informationen zu behalten, Gespräche sind anstrengender, und es treten Orientierungsprobleme auf. Viele alltägliche Aufgaben gelingen noch, aber die Betroffenen versuchen oft, ihre Schwierigkeiten aus Scham oder Unsicherheit zu verbergen.

3. Fortgeschrittene Phase (Mittelschwere Demenz): Die Krankheit wird nun deutlich sichtbar. Neben dem Kurzzeitgedächtnis ist auch das Langzeitgedächtnis beeinträchtigt. Erinnerungen an das eigene Leben treten in den Hintergrund, und bekannte Gesichter werden nicht mehr erkannt. Es kommt zu tiefgreifenden Veränderungen im Verhalten und Wesen, oft begleitet von Bewegungsdrang, Unruhe, Misstrauen und Aggressivität. Eine selbstständige Lebensführung ist nicht mehr möglich.

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4. Endstadium (Schwere Demenz): Im Endstadium sind die Erkrankten vollständig auf Pflege angewiesen. Typische Veränderungen sind der Verlust der Sprache, völlige Orientierungslosigkeit, Inkontinenz und Schluckstörungen. Das Immunsystem ist geschwächt, und die Anfälligkeit für Infektionen steigt.

Herausforderungen der Kommunikation im Endstadium

Im Endstadium der Demenz ist die verbale Kommunikation oft stark eingeschränkt oder nicht mehr möglich. Dies kann für Angehörige und Pflegekräfte sehr belastend sein, da es schwierig wird, die Bedürfnisse und Wünsche der betroffenen Person zu verstehen. Zu den typischen Herausforderungen gehören:

  • Verlust der Sprache: Nur noch einzelne Wörter oder Laute können geäußert werden, eine sinnvolle Kommunikation ist nicht mehr möglich.
  • Verständnisprobleme: Gesagtes wird nur teilweise oder gar nicht mehr erfasst.
  • Orientierungslosigkeit: Die Betroffenen leben nur noch im unmittelbaren Moment und können sich nicht mehr an Personen, Orte oder Zeiten erinnern.
  • Verhaltensänderungen: Unruhe, Angst, Aggression oder Apathie können die Kommunikation zusätzlich erschweren.

Strategien für eine effektive Kommunikation im Endstadium

Auch wenn die verbale Kommunikation eingeschränkt ist, bleibt Kommunikation auf anderen Ebenen möglich. Die folgenden Strategien können helfen, die Verbindung und das Verständnis im Endstadium der Demenz zu verbessern:

  • Nonverbale Kommunikation: Achten Sie auf Mimik, Gestik, Körperhaltung und Tonfall. Diese können wichtige Hinweise auf die Gefühle und Bedürfnisse der betroffenen Person geben. Verwenden Sie selbst eine klare und einfache Körpersprache, um Ihre Botschaften zu unterstützen.
  • Validation: Versuchen Sie, die Gefühle und Bedürfnisse hinter den Äußerungen und Verhaltensweisen der betroffenen Person zu verstehen, auch wenn diese irrational oder unlogisch erscheinen. Widersprechen Sie nicht, sondern bestätigen Sie die Gefühle und bieten Sie Trost und Unterstützung an.
  • Basale Stimulation: Nutzen Sie multisensorische Reize wie Berührungen, Musik, Düfte und Geschmack, um die Sinne der betroffenen Person anzusprechen und eine Verbindung herzustellen.
  • Erinnerungsarbeit: Betrachten Sie gemeinsam alte Fotos, hören Sie die Lieblingsmusik der betroffenen Person oder sprechen Sie über positive Erinnerungen. Dies kann helfen, die Identität und das Selbstwertgefühl zu erhalten.
  • Musiktherapie: Musik kann eine starke emotionale Wirkung haben und Erinnerungen wecken. Singen Sie gemeinsam Lieder, die die betroffene Person früher gerne mochte, oder spielen Sie beruhigende Musik ab.
  • Tiergestützte Therapie: Der Kontakt mit Tieren kann beruhigend und tröstend wirken. Besuche von Therapiehund-Teams können eine positive Erfahrung für Menschen mit Demenz sein.
  • Achtsame Berührung: Berührungen können Geborgenheit und Sicherheit vermitteln. Halten Sie die Hand der betroffenen Person, streicheln Sie ihren Arm oder geben Sie ihr eine sanfte Massage.
  • Schaffen Sie eine beruhigende Umgebung: Reduzieren Sie Lärm und Ablenkungen, sorgen Sie für eine angenehme Temperatur und Beleuchtung und schaffen Sie eine vertraute und beruhigende Atmosphäre.
  • Sprechen Sie langsam und deutlich: Verwenden Sie kurze, einfache Sätze und wiederholen Sie wichtige Informationen bei Bedarf. Vermeiden Sie es, zu schnell zu sprechen oder komplexe Anweisungen zu geben.
  • Bieten Sie Wahlmöglichkeiten an: Auch wenn die Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt ist, kann es hilfreich sein, einfache Wahlmöglichkeiten anzubieten, z. B. "Möchten Sie Tee oder Kaffee?" oder "Möchten Sie heute dieses oder jenes Hemd tragen?".
  • Seien Sie geduldig und verständnisvoll: Menschen mit Demenz können unberechenbar sein und sich manchmal schwierig verhalten. Es ist wichtig, geduldig zu bleiben, Mitgefühl zu zeigen und sich daran zu erinnern, dass ihr Verhalten eine Folge der Krankheit ist.
  • Beziehen Sie die Familie mit ein: Angehörige kennen die betroffene Person oft am besten und können wertvolle Einblicke in ihre Vorlieben, Abneigungen und Kommunikationsmuster geben. Arbeiten Sie mit der Familie zusammen, um eine konsistente und unterstützende Kommunikationsstrategie zu entwickeln.

Die Bedeutung der Palliativversorgung im Endstadium

Im Endstadium der Demenz ist eine umfassende Palliativversorgung von entscheidender Bedeutung, um die Lebensqualität der betroffenen Person zu erhalten und ihr Leiden zu lindern. Die Palliativversorgung konzentriert sich auf die Linderung von Symptomen wie Schmerzen, Atemnot, Unruhe und Angst und bietet gleichzeitig emotionale und spirituelle Unterstützung für die betroffene Person und ihre Angehörigen.

Umgang mit belastenden Symptomen

Menschen mit fortgeschrittener Demenz können am Lebensende verschiedene belastende Beschwerden haben. Da sie sich meist nicht mehr mit Worten mitteilen können, ist es schwieriger, diese Beschwerden zu erkennen.

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  • Schmerzen: Schmerzen treten häufig auf, werden aber bei Menschen mit Demenz oft seltener erkannt und behandelt. Ursachen können Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Zahnschmerzen, Harnblasenentzündungen oder Verstopfung sein. Schon kleine Veränderungen des gewohnten Verhaltens können Hinweise auf Schmerzen sein. Um bewegungsbedingte Schmerzen zu mindern, können vor anstehenden Bewegungsphasen vorbeugend Schmerzmittel gegeben werden. Auch nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Ergotherapie oder Physiotherapie können Schmerzen mindern.
  • Infekte: Das Immunsystem der Menschen mit Demenz ist geschwächt. Insbesondere in der Phase der fortgeschrittenen Demenz erleben die Betroffenen immer wieder Infekte, die mit Fieber verbunden sein können. Häufig sind es Infekte der Lunge bis hin zu Lungenentzündungen, die mit Luftnot einhergehen können. Auch Harnwegsinfekte kommen häufig vor und können starke Schmerzen auslösen.
  • Luftnot: Neben Schmerzen kann Luftnot sehr belastend und ängstigend sein. Sie tritt besonders häufig am Lebensende auf und wird oft nicht erkannt. Die Schwere der Luftnot kann jedoch meist gemildert werden. Eine einfache Maßnahme zur Linderung der Luftnot ist ein kühler Luftzug im Mund-Nasen-Wagenbereich. Auch eine aufrechte Körperposition kann die Atmung erleichtern. Bei starker Luftnot und ausbleibender Wirkung anderer Behandlungen kann Morphin niedrig dosiert angewendet werden.
  • Unruhe und Angst: Besonders am Lebensende kann sich eine starke Unruhe entwickeln. Diese kann sich durch starke körperliche Unruhe mit immer wiederkehrenden Bewegungen zeigen. Ein unruhiges Verhalten kann ein Zeichen für Schmerzen sein, bei gut behandelten Schmerzen verschwindet die Unruhe dann wieder. Angst kann ebenfalls Unruhe auslösen. Die engmaschige Begleitung durch vertraute Personen, Berührungen und Massagen oder auch Musik können sehr beruhigend wirken und Medikamente verzichtbar machen.
  • Akute Verwirrtheit: Unter einer Demenz kann es neben den Zeichen der Erkrankung zu einer akuten Verwirrtheit kommen. Diese entsteht meist plötzlich und klingt wieder ab. Auch hier können Schmerzen die Ursache sein. Wenn mögliche körperliche Ursachen für die Unruhe ausgeschlossen wurden und eine enge Begleitung der Betroffenen nicht zur Linderung führt, verordnet die Ärztin oder der Arzt manchmal spezielle Medikamente zur Linderung der Unruhe.

Sterbebegleitung

Werden Angehörige gefragt, was sie sich am meisten für den Sterbenden wünschen, dann sind es in der Regel diese drei Punkte:

  • Im vertrauten Umfeld sterben zu können: Ein Ortswechsel ins Krankenhaus stellt am Lebensende eine große Belastung dar und sollte möglichst vermieden werden. Schmerzbehandlung ist auch zu Hause oder im Heim möglich.
  • Nicht leiden zu müssen: Da Menschen mit Demenz ihre Schmerzen oft nicht benennen können, ist eine sorgfältige Beobachtung der Mimik, Gestik und des Verhaltens notwendig. Wenn der Verdacht auf Schmerzen besteht, sollten Schmerzmittel gegeben werden. Sterbende verweigern oft Essen und Trinken. Dies gilt es zu erkennen und auch auszuhalten. Die Ernährung über eine Magensonde ist am Lebensende nicht mehr sinnvoll. Mundpflege wird jedoch als lindernd und wohltuend erlebt.
  • Nicht allein zu sein: Das Bedürfnis nach Schutz und Geborgenheit bleibt bis zum Schluss erhalten, wie auch der Wunsch nach Berührung und der Anwesenheit eines Menschen. Manche Angehörige sind bereit, dies zu übernehmen und den Sterbenden zu begleiten. Im Heim braucht es dafür einen geschützten Raum mit der Möglichkeit, eventuell dort mit zu übernachten. Pflegekräfte geben durch ihre Anwesenheit und durch ihr Fachwissen Sicherheit.

Eine Begleitung bis zuletzt ist allein nicht zu bewältigen - es braucht ein Netz an Unterstützung und es braucht Wissen. Immer mehr Hospizdienste schulen die Hospizhelfer im Umgang mit Demenzkranken. Auch wird das Angebot der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung ausgeweitet. Teams kommen nach Hause und begleiten und betreuen die Erkrankten. Sie beraten die Angehörigen, unterstützen bei der Symptomkontrolle und vermitteln Sicherheit.

Abschiedskultur

Sterben gehört zum Alltag für die Pflegekräfte - für den Sterbenden und dessen Angehörige ist es ein einmaliger Vorgang, der sich in das Gedächtnis einbrennt. Für Angehörige und manchmal auch für Pflegekräfte kann es eine Zeit besonderer Nähe sein. Und manchmal geschieht auch - ohne viele Worte - Versöhnung. Dies braucht Vorbereitung.

Für das Team des Pflegeheims setzt es eine Auseinandersetzung mit Sterben und Tod voraus und eine Verständigung darüber, welcher Umgang damit gefunden wird - bereits weit vorher. Eine Abschiedskultur, die gemeinsam entwickelt wurde, gibt den Sterbenden, den Angehörigen, aber auch den Pflegekräften Sicherheit und Halt.

Dazu gehört:

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  • Angehörige rechtzeitig informieren: In den Akten ist vermerkt, welche Angehörigen angerufen werden sollen.
  • Es wird Wert gelegt auf eine gute Kooperation zwischen behandelndem Arzt, Pflegekräften und Angehörigen. Schwierige Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, um so möglichst dem mutmaßlichen Willen des Sterbenden entsprechen zu können. Alle im Team kennen die Patientenverfügung - sofern eine existiert.
  • Das Team verfügt über palliatives Wissen und / oder arbeitet eng mit einem Palliativmediziner oder einem SAPV-Team (Spezialisierte ambulante Palliativ-Versorgung) zusammen. Die Teams begleiten und unterstützen bei Fragen der Schmerzbehandlung oder in kritischen Situationen.
  • Ehrenamtliche Begleiter/innen werden rechtzeitig einbezogen, um - wenn gewünscht - zu unterstützen, z.B. wenn die Nachtwache allein ist.
  • Die Bedürfnisse der Sterbenden stehen im Vordergrund. Grundpflege und Lagerung werden der Situation angepasst.
  • Die Pflegekräfte wissen um den vorhandenen oder nicht vorhandenen Wunsch der Sterbenden nach religiösen Ritualen, wie ein Sakrament zu empfangen oder den Imam zu rufen. Spirituelle Erfahrungen können Trost spenden und Geborgenheit vermitteln.
  • Nach dem Eintritt des Todes haben die Angehörigen die Möglichkeit, beim Waschen und Betten des Toten mitzuhelfen.
  • Angehörige, Pflegekräfte und alle weiteren Begleiter, haben genügend Zeit zum Abschiednehmen.
  • Es besteht für Angehörige das Angebot eines Gesprächs, einer Beratung, um das Leben und die gemeinsame Zeit, die miteinander verbracht wurde, zu würdigen.
  • Eine Trauerfeier, ein Trauerbuch oder ein Nachruf kann dem Abschied und der Erinnerung eine gute Form geben.

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