Wohlfühlküche bei Demenz: Ernährung, Rezepte und Tipps für Betroffene und Angehörige

Demenz ist eine Herausforderung - nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und Angehörigen. Während Demenz nicht heilbar ist, gibt es dennoch viele Möglichkeiten, das Leben mit der Krankheit zu erleichtern und die Lebensqualität zu verbessern. Ein zentraler Aspekt dabei ist die Ernährung. Gemeinsame, entspannte Familienessen können eine Quelle der Freude und des Wohlbefindens sein und gleichzeitig die speziellen Ernährungsbedürfnisse von Menschen mit Demenz berücksichtigen.

Demenz: Eine wachsende Herausforderung

Demenz ist ein Thema, das uns alle betrifft. Ob wir selbst, ein Familienmitglied oder ein Bekannter - die Wahrscheinlichkeit, mit Demenz in Berührung zu kommen, steigt mit dem Alter. Allein in Deutschland sind rund 1,8 Millionen Menschen betroffen, weltweit etwa 57 Millionen, und die Zahlen steigen. Studien prognostizieren sogar eine Verdreifachung bis zum Jahr 2050. Es ist daher unerlässlich, Demenz zu enttabuisieren und offen darüber zu sprechen.

Demenz ist jedoch nicht gleich Demenz. Die Krankheit zeigt sich in vielen Formen, wobei die Alzheimer-Krankheit die häufigste ist. Der Verlauf ist oft fortschreitend und beginnt mit leichter Vergesslichkeit und Wortfindungsstörungen, kann sich aber bis zu einem Zustand entwickeln, in dem Betroffene nicht mehr selbstständig leben können.

Lebensqualität und Teilhabe: Das A und O im Umgang mit Demenz

Der Erhalt von Lebensqualität und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind zentrale Anliegen im Umgang mit Demenzerkrankungen. Ein einfacher, aber wirkungsvoller Weg, Lebensfreude zu erfahren, sind gemeinsame Mahlzeiten im Familienkreis.

Wohlfühlküche bei Demenz: Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige

Das Ratgeberkochbuch "Wohlfühlküche bei Demenz" von Neuropsychologin Sarah Straub und Fernsehkoch Wolfgang Link befasst sich mit den besonderen Bedürfnissen von Demenzkranken und ihren Angehörigen. Es bietet grundlegendes und praktisches Wissen über die Krankheit sowie 60 Rezepte, die auf die unterschiedlichen Aspekte der Demenzerkrankung zugeschnitten sind - von Schluckbeschwerden bis hin zum Verlangen nach Süßem. Die Gerichte sollen eine optimale Versorgung der Hirnnervenzellen gewährleisten.

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Ernährungsempfehlungen zur Senkung des Demenzrisikos

Es gibt zwar kein einzelnes Lebensmittel, das das Demenzrisiko einfach "wegessen" kann, aber eine ausgewogene und bewusste Ernährung kann das Risiko für Demenzerkrankungen wie Alzheimer senken. Viele wissenschaftliche Studien belegen dies.

Die Mittelmeerküche als Vorbild

Die traditionelle Mittelmeerküche mit viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, fettem Seefisch und Olivenöl hat sich als besonders vorteilhaft erwiesen. Studien zeigen, dass sie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes senken und gleichzeitig die Hirngesundheit verbessern kann.

Wertvolle Inhaltsstoffe für die Hirngesundheit

  • Polyphenole: Diese natürlichen Stoffe, die Pflanzen ihre Farbe geben, sind in Obst, Gemüse und kaltgepresstem Olivenöl enthalten.
  • Omega-3-Fettsäuren: Fetter Seefisch wie Thunfisch, Dorade oder Sardelle liefert Omega-3-Fettsäuren, die die Zellgesundheit unterstützen. Sie sind auch in Walnüssen, Chiasamen, Leinsamen und Avocados enthalten.
  • Nüsse: Nüsse sind wertvolle Lieferanten von pflanzlichen Proteinen, Mineralstoffen und Vitaminen.

Die MIND-Diät

Die MIND-Diät (Mediterranean-DASH Intervention for Neurodegenerative Delay) kombiniert Elemente der Mittelmeerküche und der DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension) und zielt speziell auf die Förderung der Hirngesundheit ab.

Stark verarbeitete Lebensmittel meiden

Aktuelle Studien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zeigen, dass der Konsum von stark verarbeiteten Lebensmitteln das Risiko für Demenz deutlich erhöhen kann. Dazu gehören Fast Food, Fertigpizza, Dosenravioli, Instantsuppen und Mikrowellengerichte.

Warum stark verarbeitete Lebensmittel schaden können

  • Übergewicht: Der regelmäßige Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel kann zu Übergewicht führen, was Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes begünstigt.
  • Gestörte Darmflora: Stark verarbeitete Lebensmittel mit vielen gesättigten Fetten, Salz und wenig Ballaststoffen können die Vielfalt der nützlichen Bakterien im Darm beeinträchtigen, was über die Darm-Hirn-Achse krankmachende Veränderungen im Gehirn nach sich ziehen kann.
  • Geschädigte Nervenzellen: Einige Inhaltsstoffe wie künstliche Aromen oder andere Zusatzstoffe könnten Nervenzellen schädigen.

Empfehlungen für eine hirngesunde Ernährung

  • Frisch kochen: Kochen Sie so oft wie möglich frisch und meiden Sie industriell hergestellte Produkte.
  • Obst und Gemüse: Essen Sie reichlich Obst und Gemüse, insbesondere Beeren, Äpfel und Birnen, die die Gedächtnisleistung fördern können.
  • Gesunde Fette: Verwenden Sie gesunde Fette aus Oliven- oder Rapsöl, Nüssen und fettem Seefisch.
  • Nüsse: Eine kleine Handvoll Nüsse pro Tag ist ideal.
  • Polyphenole: Nehmen Sie Polyphenole aus Olivenöl, Heidelbeeren oder rotem Traubensaft zu sich, um Zellen vor oxidativem Stress zu schützen.
  • Ausreichend trinken: Trinken Sie ausreichend Wasser oder ungesüßten Tee.

Weitere Faktoren für die Hirngesundheit

Neben einer gesunden Ernährung spielen auch Bewegung, geistige Aktivität, soziale Kontakte und ausreichend Schlaf eine wichtige Rolle bei der Senkung des Demenzrisikos.

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Ernährung im Umgang mit Demenz: Praktische Tipps

Die Ernährung von Menschen mit Demenz erfordert besondere Aufmerksamkeit und Anpassung. Im Krankheitsverlauf verändert sich das Essverhalten oft, und es können Schwierigkeiten beim Essen und Trinken auftreten.

Phasen der Demenz und ihre Auswirkungen auf die Ernährung

  • Frühphase: In der Frühphase ist eine selbstständige Ernährung meist noch problemlos möglich.
  • Mittleres Stadium: Im mittleren Stadium verlieren Betroffene zunehmend geistige Fähigkeiten und haben Schwierigkeiten mit Besteck oder vergessen das Essen und Trinken. Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme und feste Essenszeiten sind wichtig.
  • Spätphase: In der Spätphase gehen Erkennungs-, Sprach- und Gehvermögen verloren, und eine selbstständige Versorgung ist nicht mehr möglich. Kau- und Schluckstörungen können auftreten, was zu Mangelernährung führen kann.

Tipps und Ratschläge für die Ernährung von Menschen mit Demenz

  • Bekannte und regionale Gerichte: Kochen Sie Gerichte, die der Betroffene aus der Vergangenheit kennt und gerne isst. Achten Sie auf energiereiche Zutaten, um Gewichtsverlust entgegenzuwirken.
  • Selbstständige Nahrungsaufnahme ermöglichen: Bieten Sie Fingerfood an, um die Selbstständigkeit zu fördern.
  • Passende Konsistenz: Achten Sie bei Kau- und Schluckstörungen auf die passende Konsistenz der Speisen, um ein Verschlucken zu verhindern.
  • Sinne anregen: Nutzen Sie Gerüche wie frischen Kaffee oder Brötchen, um die Nahrungsaufnahme positiv zu beeinflussen.
  • Abwechslungsreiche und nährstoffreiche Mahlzeiten: Bieten Sie abwechslungsreiche und nährstoffreiche Mahlzeiten an, auch in Form von Fingerfood oder "Eat by Walking", bei dem kleine Häppchen während des Laufens verzehrt werden.
  • Bunte Gläser: Verwenden Sie bunte Gläser, um die Flüssigkeitsaufnahme anzuregen.
  • Vertrautes: Setzen Sie auf vertraute Gerichte aus der Kindheit und vermeiden Sie Neues.
  • Süße Speisen und Getränke: Erleichtern Sie die Nahrungsaufnahme, indem Sie Speisen und Getränke süß schmecken lassen, auch wenn es nicht der Norm entspricht.
  • Gemeinsames Essen: Essen Sie gemeinsam, um den Appetit anzuregen und Erinnerungen zu wecken.
  • Individuelle Vorlieben berücksichtigen: Stimmen Sie die Nahrungsaufnahme und das Animieren zum Essen stets auf die individuellen Vorlieben ab.

Hilfsmittel für die Ernährung

  • Teller mit Schiebkante: Diese Teller erleichtern das Essen, da die Speisen beim Schieben über den Rand automatisch auf die Gabel gelangen.
  • Nasenbecher: Nasenbecher mit weich geformtem Henkel sind ideal für Menschen, die den Kopf nicht mehr so gut neigen können.

Rezeptideen und Inspiration

Das Kochbuch "Wohlfühlküche bei Demenz" bietet eine Vielzahl von Rezepten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten sind. Es enthält sowohl traditionelle Gerichte als auch neue Kreationen, die leicht zuzubereiten sind und gleichzeitig eine ausgewogene Ernährung gewährleisten.

Beispiele für geeignete Gerichte

  • Blumenkohl-Kartoffel-Curry mit gebratenem Tofu: Dieses Gericht liefert Ballaststoffe aus Vollkornprodukten und Antioxidantien aus Gemüse.
  • Pürierte Speisen: Bei Schluckstörungen können Fleisch und andere Speisen püriert werden, um die Nahrungsaufnahme zu erleichtern.
  • Angedickte Getränke und Speisen: Mittels Dickungsmittel aus der Apotheke können Getränke und Speisen angedickt werden, um das Schlucken zu erleichtern.

Demenz is(s)t anders: Ein Merkblatt für die Praxis

Das Merkblatt "Demenz is(s)t anders" bietet zusätzliche Informationen und Tipps zur Ernährung von Menschen mit Demenz. Es kann kostenlos heruntergeladen und ausgedruckt werden und dient als wertvolle Unterstützung für Pflegekräfte und Angehörige.

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