Die Alzheimer-Krankheit ist eine der Hauptursachen für Demenz, und ein charakteristisches Merkmal dieser Erkrankung ist die Schrumpfung des Gehirns. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen und Mechanismen, die zu diesem Phänomen führen, sowie die Unterschiede zwischen altersbedingter und krankheitsbedingter Hirnatrophie.
Was ist Demenz?
Demenz ist ein Sammelbegriff für etwa 55 verschiedene Erkrankungen, die durch zunehmende kognitive Störungen gekennzeichnet sind. Diese Störungen betreffen insbesondere die Gedächtnisleistung, das Denkvermögen, die Sprache, die Urteilsfähigkeit, die Intelligenz und die Orientierung. Hinzu kommen oft Verhaltensstörungen und Wesensänderungen wie grundloses Nörgeln, Unruhe, Misstrauen, Halluzinationen oder Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Es ist wichtig zu betonen, dass Demenz keine normale Alterserscheinung ist, sondern eine behandlungsbedürftige Erkrankung.
Die Alzheimer-Krankheit und ihre Auswirkungen auf das Gehirn
Die Alzheimer-Krankheit ist eine degenerative neurologische Erkrankung, die durch eine fortschreitende Beeinträchtigung der Gehirnfunktion gekennzeichnet ist. Sie führt zu einem erheblichen Verlust an Hirngewebe und zu Veränderungen im Großhirn. Strukturelle Änderungen im Eiweißgewebe des Gehirns führen zu Gedächtnis- und Orientierungsverlust sowie zu einem Abbau des Denkens und Fühlens des Erkrankten.
Ein charakteristisches Merkmal der Alzheimer-Krankheit ist die Schrumpfung des Gehirns, auch Hirnatrophie genannt. Das Gehirn kann bis zu 20 Prozent seiner Masse einbüßen. Dies führt dazu, dass sich die Furchen in der Hirnoberfläche vertiefen und die Hirnkammern erweitern, weil das Gehirn selbst schrumpft. Diese Schrumpfung kann etwa ab dem mittleren Krankheitsstadium und im Spätstadium mit Hilfe bildgebender Verfahren, etwa einem Computertomogramm oder einer Magnetresonanztomographie, dargestellt werden.
Ursachen der Hirnschrumpfung bei Alzheimer
Obwohl die genauen Ursachen der Alzheimer-Krankheit noch nicht vollständig geklärt sind, gibt es mehrere Faktoren, die zu der Hirnschrumpfung beitragen:
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1. Ablagerung von Amyloid-Plaques
Zwischen den Nervenzellen lagern sich Eiweiß-Plaques ab, die sogenannten Amyloid-Ablagerungen. Amyloid ist ein Spaltprodukt eines größeren Eiweißmoleküls, das bei jedem Menschen vorkommt. Bilden sich verstärkt Amyloid-Verklumpungen zwischen den Nervenzellen, so unterbrechen sie die Kommunikation der Zellen. Es kann auch vorkommen, dass sich Amyloid-Plaques in den feinen Blutgefäßen des Gehirns ablagern. Dadurch kommt es zu einer verminderten Sauerstoff- und Energieversorgung betroffener Gehirnbereiche. Vermehrte Amyloid-Ablagerungen werden in seltenen Fällen durch eine Veränderung im Erbgut vererbt. Davon sind ungefähr 10 Prozent der Alzheimer-Kranken betroffen. Bei ihnen tritt die Erkrankung schon früh auf, etwa zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.
2. Bildung von Tau-Fibrillen
Innerhalb der Nervenzellen bilden sich vermehrt Bündel von Tau-Protein. Tau-Protein ist ein normaler Bestandteil in der Zelle. Bei Alzheimerkranken werden aber vermehrt Phosphatgruppen in das Tau-Protein eingebaut. Das bewirkt innerhalb der Zelle eine Störung von Transportprozessen und eine verminderte Stabilität der Zelle. Als Folge davon stirbt die Zelle ab.
3. Verlust von Nervenzellen
Die Alzheimer-Krankheit führt zu einem Verlust von Nervenzellen und damit zum Abbau der Hirnsubstanz. Besonders betroffen von den Ablagerungen ist ein spezieller Bereich des Gehirns, der Meynert-Kern oder Meynert-Basalkern. In seinen Nervenzellen wird der wichtige Botenstoff Acetylcholin produziert, der die Übertragung von Informationen von einer Nervenzelle zur anderen bewirkt. Da durch die Ablagerungen immer mehr Nervenzellen absterben, kommt es zu einem Mangel an Acetylcholin. Dadurch wird die Informationsweiterleitung im Gehirn gestört.
4. Durchblutungsstörungen
Durchblutungsstörungen des Gehirns können ebenfalls zu einer Hirnschrumpfung führen. Verantwortlich für die Durchblutungsstörungen sind wiederholte, kleine und häufig unbemerkt gebliebene Schlaganfälle, die zu einer Unterbrechung in der Durchblutung verschiedener Gehirnareale führen. Je nachdem, welche Gehirnbereiche betroffen sind, kann es zu unterschiedlichen Ausfällen führen, z. B. Sprachprobleme, Stimmungsschwankungen, Epilepsie, Halbseitenlähmungen.
Stadien der Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Erkrankung verläuft nicht bei jedem Betroffenen gleich. Es gibt zwischen einzelnen Betroffenen oft erhebliche Unterschiede. Die Alzheimer-Krankheit beginnt langsam, schreitet aber immer weiter fort. Dabei kann es zwischendurch zu stabilen Phasen kommen. Durch frühzeitige und fachgerechte Behandlung und die Verordnung entsprechender Medikamente kann das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt werden.
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1. Frühes Stadium
Im frühen Stadium der Erkrankung werden erste Einschränkungen des Kurzzeitgedächtnisses und der Orientierung deutlich. Ausgehend von individuell unterschiedlichen intellektuellen Fähigkeiten kommt es zum Vergessen von Terminen, Problemen beim Verfolgen eines Gespräches, Verständnisschwierigkeiten bei abstrakten Begriffen und Wortspielen. Anspruchsvolle, komplexe Tätigkeiten können nicht mehr ausgeübt werden. Das Urteilsvermögen lässt nach und die Betroffenen meiden Entscheidungen. Wahrnehmungsstörungen können dazu führen, dass die Betroffenen Probleme beim Autofahren haben, bei früher normalen handwerklichen Arbeiten oder beim Anziehen. Die Betroffenen ziehen sich zurück. Sie sind misstrauisch und launisch auch gegenüber Familienmitgliedern. In diesem Stadium der Erkrankung sind sich die Betroffenen der Veränderungen noch bewusst.
2. Mittleres Stadium
Das zweite oder mittlere Stadium ist gekennzeichnet durch eine verstärkte Ausprägung der bisher eingetretenen Verluste. Die Gedächtnisstörungen nehmen stark zu und weiten sich allmählich auch auf Bereiche des Langzeitgedächtnisses aus. Die Sprache wird immer reduzierter. Das Sprachverständnis lässt nach. Die Orientierung lässt stark nach. Manche Betroffenen laufen davon, sind verwirrt, frustriert und oft aggressiv. Die möglichen kognitiven Leistungen können stark schwanken. Manchmal wirken die Betroffenen fast "normal" und sind dann wieder vollständig unselbständig. Anziehen, Baden, Essen wird wegen der zunehmenden Koordinationsprobleme immer schwieriger. Wechsel im Schlaf-Wach-Rhythmus mit nächtlichem Umherwandern und Müdigkeit tagsüber. Beginnende Inkontinenz.
3. Spätes Stadium
Das dritte Stadium oder Spätstadium ist gekennzeichnet durch die vollständige Abhängigkeit des Betroffenen von der Betreuung. Es besteht eine hohe Pflegebedürftigkeit. Angehörige werden nicht mehr erkannt. Das Gedächtnis ist fast vollständig ausgeschaltet, die Sprache ist beschränkt auf wenige Wörter. Unruhe, Depressionen, Ängste und Wahnvorstellungen sind vorbei. Motorische Fähigkeiten nehmen stark ab. Betroffene können nicht mehr gehen oder aufrecht sitzen. Es treten Schluckprobleme auf, die sich steigern. Häufig vollständige Inkontinenz. Sie sind teilnahmslos und müssen zu jeder Bewegung aufgefordert werden.
Diagnose der Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Krankheit zu diagnostizieren ist schwierig, da die typischen Symptome wie Gedächtnisverlust, Orientierungsschwierigkeiten oder Konzentrationsstörungen auch andere Krankheitsursachen haben können, etwa Gefäßerkrankungen, einen Hirntumor, Vitaminmangel oder eine Depression. Daher wird die Erkrankung oft erst in einem späten Stadium festgestellt.
Eine Chance, sie frühzeitig zu diagnostizieren, bieten die Alzheimer-typischen Schädigungen der Zellen im Gehirn. Als Folge schrumpft das Hirn mit zunehmendem Alter deutlich schneller als bei gesunden Menschen. Der Hippocampus ist dabei sehr früh betroffen. Zwar lässt sich die Schrumpfung des Gehirns mittels der Magnetresonanztomographie (MRT) bildgebend erfassen, doch sind die damit verbundenen Veränderungen mit dem „bloßen Auge“ auf den MRT-Aufnahmen erst in einem späten Stadium erkennbar.
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Mit speziellen Computeralgorithmen lassen sich das Volumen und die Verteilung der Hirnsubstanz auf der Basis der MRT-Daten präzise vermessen. Von besonderem Interesse für die Diagnose ist die Vermessung des Hippocampus, bei dem schon kleinste Volumenveränderungen auf einen zeitnahen Beginn des Demenzstadiums hindeuten.
Altersbedingte Hirnschrumpfung vs. Alzheimer-bedingte Hirnschrumpfung
Es ist wichtig zu unterscheiden zwischen der normalen altersbedingten Hirnschrumpfung und der Hirnschrumpfung, die durch die Alzheimer-Krankheit verursacht wird. Wenn Menschen älter werden, nimmt das Volumen ihres Gehirns ab. Bei Männern läuft dieser Prozess offenbar schneller ab als bei Frauen.
Eine Studie der Universität Oslo hat gezeigt, dass Männer über die Zeit einen stärkeren Volumenrückgang in zahlreichen Hirnregionen zeigten, während bei Frauen lediglich in einzelnen kleineren Arealen ein stärkerer Rückgang zu verzeichnen war. Dies deutet darauf hin, dass die strukturellen Veränderungen im Alter auf andere Prozesse zurückgehen als jene bei Demenz.
Die Alzheimerkrankheit geht ebenfalls mit einer Hirnschrumpfung einher, wenn auch in deutlich drastischerem Ausmaß. Anders als die normale altersbedingte Hirnschrumpfung betrifft die Alzheimer-bedingte Hirnschrumpfung vor allem bestimmte Hirnregionen, wie den Hippocampus, der für das Gedächtnis zuständig ist.
Therapieansätze
Bislang gibt es für diese fortschreitende Erkrankung des Gehirns keine Heilung. Vielversprechende Therapieversuche scheitern oftmals daran, dass die Medikamente nicht dort ankommen, wo sie gebraucht werden: im Gehirn der Alzheimer-Patienten.
Die Forscher versuchen nun, mithilfe von Nanopartikeln Alzheimer-Medikamente in das Gehirn zu transportieren. Die Nanopartikel werden von den Wissenschaftlern mit Ankermolekülen versehen, die bestimmte Strukturen in der Blut-Hirn-Schranke erkennen und so die Nanopartikel und mit ihnen auch das Alzheimer-Medikament quasi huckepack ins Gehirn transportieren.