Die Liebscher & Bracht Schmerztherapie hat sich in den letzten Jahren als eine populäre Methode zur Behandlung von Schmerzen etabliert. Zahlreiche Anwender berichten von positiven Erfahrungen, während gleichzeitig auch kritische Stimmen laut werden, die die wissenschaftliche Fundierung und die Kosten der Therapie in Frage stellen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Liebscher & Bracht Schmerztherapie, um ein umfassendes Bild der Methode und ihrer Wirksamkeit zu vermitteln.
Was ist die Liebscher & Bracht Schmerztherapie?
Die von Roland Liebscher-Bracht und seiner Frau Petra Bracht entwickelte Methode zur Schmerztherapie basiert auf der Annahme, dass Schmerzen ihre Ursache in überspannten Muskeln und verfilzten Faszien haben. Faszien sind zähe Häute aus Bindegewebe, die Knochen, Muskeln und Organe umhüllen. Auch bei Arthrose sind nach Liebscher und Bracht nicht die Gelenke, sondern das Bindegewebe und die Muskeln die Ursache für die Schmerzen.
Die Therapie umfasst im Wesentlichen drei Säulen:
- Osteopressur: Eine spezielle Druckpunkttechnik, bei der gezielt auf bestimmte Knochenpunkte gedrückt wird, um die Muskelspannung zu normalisieren und gespeicherte Hirnprogramme zurückzusetzen.
- Engpassdehnungen: Spezielle Dehnübungen, die darauf abzielen, Engpässe in Muskeln und Faszien zu lösen, Spannungen zu reduzieren und die Muskeln und Faszien zu kräftigen.
- Faszien-Rollmassage: Eine Massage mit Faszienrollen, die dazu dienen soll, Muskeln und Faszien auszurollen, die Zwischenzellflüssigkeit zum Strömen zu bringen und somit den Abtransport von Abfallstoffen und die Zufuhr von Nährstoffen zu fördern.
Positive Erfahrungen mit der Liebscher & Bracht Schmerztherapie
Viele Anwender der Liebscher & Bracht Schmerztherapie berichten von positiven Erfahrungen. Sie erleben eine Reduktion ihrer Schmerzen, eine verbesserte Beweglichkeit und eine gesteigerte Lebensqualität. Die Methode wird oft als eine Möglichkeit gesehen, Operationen zu vermeiden und die Schmerzen selbst in den Griff zu bekommen.
Einige Anwender berichten auch von einer sogenannten "Erst-Verschlimmerung" nach den Dehnübungen, bei der die Schmerzen zunächst stärker werden, bevor sie sich langfristig verbessern. Dies wird als ein Zeichen dafür interpretiert, dass der Körper auf die ungewohnten Bewegungen reagiert und sich die Faszienstruktur anpasst.
Lesen Sie auch: Ihr Weg zur Linderung: Polyneuropathie-Behandlung nach Liebscher & Bracht
Kritik an der Liebscher & Bracht Schmerztherapie
Trotz der positiven Erfahrungsberichte gibt es auch Kritik an der Liebscher & Bracht Schmerztherapie. Einige Kritiker bemängeln die fehlende wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit der Methode. Es fehlen umfangreiche klinische Studien, die ihre Effektivität belegen. Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Methode auf subjektiven Empfindungen basiert und keine objektiven Messungen verwendet.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Kosten. Die Liebscher & Bracht Schmerztherapie ist oft mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden, da sie in der Regel nicht von der Krankenkasse übernommen wird. Dies kann für manche Menschen eine finanzielle Belastung darstellen.
Verschiedene deutschsprachige Tageszeitungen kritisierten bereits die fehlende wissenschaftliche Beweislage für die Thesen von Liebscher und Bracht. Auf ihre Kritiker reagieren sie auf ihrer Homepage mit dem Verweis, was man denn mit ein paar kostenlosen Übungen schon falsch machen könne. Tatsächlich sind die Übungen kostenlos, alles was damit verknüpft ist, ist kostenpflichtig. Im Online-Shop gibt es ein großes Angebot an Produkten: Verschiedene Faszienrollen - Übungshilfen aus Schaumstoff oder ähnlichen Materialien - die im Set 179,90 kosten und „Rückenretter“ heißen. Daneben können Interessierte auch Bücher, Filme und hochpreisige Nahrungsergänzungsmittel erwerben - am besten gleich im Abonnement.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sieht bei den Nahrungsergänzungsmitteln sogar Verstöße gegen die gesetzliche Nahrungsergänzungsmittelverordnung und die Lebensmittelinformationsverordnung. Als wäre das nicht genug, könnte die Einnahme der Mittel möglicherweise sogar schädlich sein. Sie sind teilweise zu hoch dosiert: „Bei den Bestandteilen von „Basen+“ scheint teilweise die empfohlene Höchstmenge überschritten zu werden. Diese beträgt zum Beispiel für Kalium 500 Milligramm.
Wissenschaftliche Bewertung der Liebscher & Bracht Schmerztherapie
Die wissenschaftliche Gemeinschaft steht der Liebscher & Bracht Schmerztherapie kritisch gegenüber. Eine Übersichtsarbeit von Forschern um den Orthopäden Dr. Arnold Suda hat verschiedene Aussagen von Liebscher und Bracht anhand verschiedener aussagekräftiger Studien auf ihre Richtigkeit hin überprüft. Die Ergebnisse sind in einer Übersichtsarbeit zusammengefasst. Folgende Aussagen von Liebscher und Bracht sind demzufolge falsch oder zumindest nicht belegbar:
Lesen Sie auch: Ganglion: Ursachen, Symptome, Behandlung
- Arthrose verursacht keinen Schmerz und es gibt keine bewiesene genetische Komponente in ihrer Entstehung.
- Die Ursachen für Gelenkschmerzen sind Bewegungseinschränkungen des Gelenks sowie eine erhöhte Muskel- und Faszienspannung.
- Knorpel regeneriert sich bei Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit.
- Bandscheiben können platzen und verursachen Schmerzen, wenn der Muskel- und Faszientonus zu hoch ist.
- Training mit Gewichten ist für die Behandlung von Rückenschmerzen kontraproduktiv und verschlimmert diese.
Damit sind bereits wichtige Grundannahmen widerlegt, auf denen die Therapie von Liebscher und Bracht basiert. Den Autor*innen zufolge spielen entgegen der Aussage von Liebscher und Bracht zunehmendes Alter, Gewicht und Gene sehr wohl eine Rolle bei der Entstehung von Schmerzen bei Arthrose. Richtig ist, dass das Schmerzempfinden sich individuell unterscheidet und dass einer Arthrose mehrere Faktoren zugrunde liegen, zu denen auch Muskeln und Bindegewebe gehören - jedoch nicht ausschließlich.
Mögliche positive Effekte von Liebscher und Bracht erklären sich die Wissenschaftler*innen um Suda damit, dass die selbsternannten Schmerzspezialisten es durchaus schaffen, Menschen zu motivieren, sich zu bewegen und sich besser zu ernähren. Kritisch sehen sie jedoch, dass Liebscher und Bracht Misstrauen in wissenschaftlich anerkannte Therapien sät, medizinische Zusammenhänge vereinfacht oder falsch darstellt und Menschen so womöglich davon abhält, sich die benötigte medizinische Hilfe zu holen.
Die Rolle von Bewegung und Ernährung
Unbestritten ist, dass Bewegung und eine gesunde Ernährung eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Schmerzen spielen können. Regelmäßige Bewegung kann dazu beitragen, die Muskeln zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und die Durchblutung zu fördern. Eine ausgewogene Ernährung kann Entzündungen reduzieren und den Körper mit wichtigen Nährstoffen versorgen.
Die Liebscher & Bracht Schmerztherapie betont ebenfalls die Bedeutung von Bewegung und Ernährung. Die Engpassdehnungen und die Faszien-Rollmassage sollen dazu beitragen, die Muskeln und Faszien geschmeidig zu halten und die Beweglichkeit zu verbessern. Zudem wird eine vegane und zuckerfreie Ernährung empfohlen, um Entzündungen zu reduzieren und den Körper zu entlasten.
Kritik an der Darstellung von Arthrose
Liebscher und Bracht üben außerdem weitere Kritik an der schulmedizinischen Sicht auf Arthrose: Die beiden Autoren mutmaßen, dass am wissenschaftlich belegten Risikofaktor Übergewicht etwas nicht stimmen könne: „Die Arthrose der Sprunggelenke ist deutlich seltener als die der Hüft- und Kniegelenke. Dabei lassen Liebscher & Bracht außer Acht, dass Übergewicht nicht nur als bloßes Gewicht auf die Gelenke drückt. Zusätzlich schütten bestimmte Fettzellen Botenstoffe aus, die Entzündungen im Körper und damit auch Arthrosen begünstigen. Wichtig ist also die Reduktion des Gewichts für Betroffene, nicht, dass sie auf tierische Produkte oder Zucker verzichten. Belege für die Mutmaßungen und Behauptungen von Liebscher & Bracht gibt es keine.
Lesen Sie auch: Nervenschmerzen in der Schulter lindern
Orthopäde Flechtenmacher ist kritisch: „Einseitige Erklärungen zu den Krankheitsursachen und simple Therapieansätze ohne individuelle Beratung greifen bei der Arthrose zu kurz. Auch gesundes Essen sei natürlich besser als fett- und salzreiche Kost. Der Anti-Arthrose-Quark sei daher zwar nicht ungesund, aber ebenfalls ein falsches Versprechen, findet Suda. Genauso wenig seien verklebende Faszien die Ursache für chronische Schmerzen. Die Modelle, die Liebscher und Bracht präsentierten, seien vereinfacht und würden vermutlich deswegen gut angenommen, sagt Suda.
tags: #liebscher #bracht #nervenschmerzen #erfahrungen