Kreative Beschäftigung und Therapie bei Demenz: Geschichten erfinden und Erinnerungen wecken

Demenz ist eine Herausforderung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Familien grundlegend verändert. Die nicht-medikamentöse Behandlung von Demenz umfasst eine Vielzahl von Therapien, die darauf abzielen, das Wohlbefinden der Erkrankten zu stärken und ihre Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten. Im Mittelpunkt steht, den Erkrankten die Teilhabe am Alltag und am sozialen Leben zu ermöglichen. Gleichzeitig können diese Ansätze dazu beitragen, herausfordernde Verhaltensweisen zu mildern und für mehr Ausgeglichenheit zu sorgen.

Die Bedeutung nicht-medikamentöser Therapien

Die Therapien lassen sich einzeln oder kombiniert anwenden. Sie zielen darauf ab, die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten, die Kommunikation zu fördern und die Lebensqualität zu verbessern. Ein wichtiger Aspekt ist die Biographiearbeit, bei der Erinnerungen und Erfahrungen durch Fotos, Geschichten, Musik oder Gerüche geweckt werden. Dieses Wissen hilft Angehörigen, im Alltag besser auf das Verhalten der Person zu reagieren.

Vielfältige Therapieansätze

Es gibt eine breite Palette von Therapieansätzen, die bei Demenz eingesetzt werden können:

  • Gedächtnistraining: Aktivitäten zur Förderung von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Kommunikation, wie Rechenaufgaben, Wortspiele, Puzzles, Bilder erkennen oder Zahlenreihen vervollständigen. Diese können als Einzel- oder Gruppenaktivität durchgeführt werden.
  • Bewegungstherapie: Bewegungsangebote zu Hause oder in der Physiotherapie, wie Spaziergänge, Gehübungen, Gymnastik, Kräftigungs- und Konditionstraining. Angebote für Aktivitäten wie Gespräche, Kochen, Singen, Musizieren und Tanzen tragen ebenfalls zur Erhaltung der Lebensqualität und Selbstständigkeit bei und vermeiden Apathie und Depression.
  • Ergotherapie: Funktionelle, spielerische, handwerkliche und gestalterische Aktivitäten stärken die Alltagskompetenzen und erhalten diese möglichst lange. Dadurch wird die Stimmung der Betroffenen verbessert.
  • Kognitive Stimulation: Bei Erkrankten im frühen bis mittleren Stadium können Wahrnehmung, Lernen und Gedächtnis verbessert werden. Dies können zum Beispiel einfache Wort-, Zahlen- oder Ratespiele sein. Aber auch die gezielte Aktivierung des Langzeitgedächtnisses durch Gespräche über Themen von früher oder über persönliche Gegenstände fördert die Kognition. Gedächtnistrainings, bei denen Gelerntes nur wiederholt wird, sind nicht hilfreich.
  • Musik- und Tanztherapie: Musik zu machen oder zu hören weckt positive Erinnerungen und Gefühle. Das gilt besonders für das Musizieren oder Musik hören in der Gruppe. Tanzen ist Bewegung und wirkt befreiend. Dadurch werden positive Gefühle geweckt.
  • Mal- und Kunsttherapie: Auch die Mal- und Kunsttherapie kann Verbesserungen des Wohlbefindens liefern.
  • Snoezelen: Beim Snoezelen werden die Sinne der Erkrankten angesprochen. Bekannte Klänge, Düfte und Geschmäcke wirken anregend, wodurch auch das Wohlbefinden verbessert werden kann.
  • Lichttherapie: Es gibt erste Hinweise darauf, dass die Lichttherapie die Schlafqualität der Betroffenen verbessern kann.
  • Berührung und Massage: Berührungen oder leichte Massagen wirken beruhigend.
  • Tiergestützte Therapie: Studien zeigen, dass die Anwesenheit von Tieren eine beruhigende Wirkung auf Menschen mit Demenz haben kann. Die non-verbale Kommunikation kann hilfreich sein, vorallem dann, wenn eine verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist.
  • Realitätsorientierungstraining (ROT): Bei dieser Therapieform werden den Erkrankten aktiv Informationen zu Zeit und Ort angeboten, beispielsweise durch große Uhren und Kalender oder eine einfache Raumbeschilderung.
  • Verhaltenstherapie: Ein psychotherapeutisches Verfahren für Menschen mit leichter kognitiver Störung (MCI) und Demenz im Frühstadium. Sie wird eingesetzt zur Bewältigung von Depressionen.

Bewegung und geistige Anregung im Alltag

Neben den genannten Therapien gibt es weitere Aktivitäten, die Menschen mit Demenz länger körperlich und geistig fit halten können:

  • Sport: Sport hat nachgewiesene positive Effekte auf die Leistungsfähigkeit, Fitness und Stimmung von Erkrankten. Bewegung baut Ängste ab, mildert Aggressionen und fördert das Ein- und Durchschlafen. Am besten eignet sich tägliche moderate Bewegung (Walking, Tanzen, Gymnastik etc.), bei der Atmung und Herzfrequenz erhöht sind, aber noch ein Gespräch möglich ist. Gerade bei weniger fitten Menschen lässt sich Bewegung auch gut in den Alltag integrieren, zum Beispiel bei Spaziergängen mit dem Hund oder bei der Gartenarbeit.
  • Geistige Fitness: Aktivitäten, die das Gehirn anregen wirken sich ebenfalls positiv auf den Verlauf von Demenzerkrankungen aus. Gut für die geistige Fitness sind zum Beispiel Brettspiele, Puzzles, Handarbeiten oder Basteln. Finden Sie heraus, was der oder dem Erkrankten Spaß macht und achten Sie darauf, sie oder ihn nicht zu überfordern.
  • Soziale Kontakte: Ein gutes Miteinander und soziale Kontakte machen nicht nur zufriedener, sondern halten auch den Kopf fit. Treffen Sie sich mit Freunden, Familie oder Nachbarn und verbringen Sie eine gute Zeit.

Kreative Beschäftigungsideen

Kreative Beschäftigungen bieten zahlreiche Vorteile für die geistige Gesundheit von Demenzkranken. Sie bieten nicht nur kognitive und sensorische Anregung, sondern können auch das Selbstwertgefühl stärken, Langeweile und Frustration reduzieren und insgesamt die Lebensqualität verbessern.

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  • Malen und Zeichnen: Das Malen und Zeichnen ist eine wunderbare Möglichkeit, die Kreativität anzuregen und sich auszudrücken.
  • Musizieren: Musik kann eine beruhigende und stimmungsaufhellende Wirkung haben.
  • Gärtnern: Das Gärtnern bietet nicht nur sensorische Anregung, sondern fördert auch die Bewegung und das Verantwortungsgefühl.
  • Backen und Kochen: Viele Demenzkranke erinnern sich an Gerüche und Geschmäcker aus ihrer Vergangenheit.
  • Handarbeiten: Aktivitäten wie Stricken, Häkeln oder Nähen können eine beruhigende Wirkung haben und das Konzentrationsvermögen fördern.
  • Storytelling: Geschichten erzählen oder vorlesen kann eine wunderbare Möglichkeit sein, Erinnerungen zu teilen und die Fantasie anzuregen.
  • Spiele spielen: Einfache Spiele wie Memory, Domino oder Puzzles können das logische Denken und die Konzentration trainieren.

Es ist wichtig, die Aktivitäten an die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Demenzkranken anzupassen und eine ruhige, sichere Umgebung zu schaffen. Passen Sie die Aktivitäten an die individuellen Fähigkeiten und das Krankheitsstadium des Demenzkranken an. Die geeigneten Beschäftigungsideen können je nach Stadium der Demenzerkrankung variieren.

  • Frühes Stadium: In diesem Stadium sind die kognitiven Fähigkeiten noch relativ gut erhalten.
  • Mittleres Stadium: Hier können einfachere Aktivitäten wie Malen, Musizieren, Gärtnern oder Backen sinnvoll sein.
  • Spätes Stadium: Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz sind die kognitiven Fähigkeiten stark eingeschränkt. Hier können sensorische Aktivitäten wie Musik hören, Massagen oder das Betrachten von Bildern oder Objekten angemessen sein.

Die Rolle der Angehörigen und Betreuer

Angehörige und Betreuer spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung der geistigen Gesundheit von Demenzkranken.

  • Geduld und Verständnis aufbringen: Demenzkranke benötigen oft mehr Zeit und Unterstützung bei Aktivitäten.
  • Motivieren und ermutigen: Ermutigen Sie den Demenzkranken, an Aktivitäten teilzunehmen, und loben Sie seine Bemühungen.

Durch ihre enge Beziehung und ihr Verständnis für die individuellen Bedürfnisse des Demenzkranken können Angehörige und Betreuer eine Schlüsselrolle dabei spielen, sinnvolle und erfüllende Aktivitäten zu finden und umzusetzen.

Der passende Umgang mit Demenz

Der passende Umgang mit Demenz kann den Krankheitsverlauf teilweise positiv beeinflussen: Er kann dazu beitragen, das Fortschreiten der Erkrankung hinauszuzögern und Symptome zu lindern. Für einen möglichst gelingenden Umgang mit Demenz sind Wissen über das Krankheitsbild, Symptome und mögliche gesundheitliche Probleme infolge der Demenz von hoher Bedeutung.

Gewohnte Aktivitäten im Alltag tragen dazu bei, die Selbstständigkeit sowie körperliche und geistige Fähigkeiten möglichst lange zu erhalten. Menschen mit Demenz benötigen dafür genaue Anleitung, am besten ganz langsam und in einzelnen Schritten. Plötzliche oder unverständliche Handriffe werden von Menschen mit Demenz eventuell als bedrohlich wahrgenommen. Wichtig ist auch, zu motivieren, Akzeptanz zu zeigen und nicht überfordern. Das stärkt auch das Selbstwertgefühl.

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Akzeptanz, Geduld und Zugewandtheit sind auch bedeutsam, damit Symptome wie Unruhe, Angst und Aggression sich weniger ausprägen. Damit werden Geborgenheit und Sicherheit vermittelt. Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen helfen zudem, die individuellen Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zu verstehen. Denn Worte verlieren immer mehr an Bedeutung. Daher gilt es, neue Wege der Verständigung zu finden, am besten mit einfachen, kurzen Sätzen. Je weiter die Demenz fortgeschritten ist, gelingt die Kommunikation eher über die Körpersprache.

Routinen und die übliche Ordnung in der Wohnung tragen zu Selbstständigkeit und Orientierung bei. Außerdem können sie Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Dennoch können einige räumliche und technische Anpassungen notwendig sein, um eine sichere Umgebung zu schaffen und beispielsweise Verletzungen oder Verirren vorzubeugen.

Kurzgeschichten als therapeutisches Mittel

Kurzgeschichten können ein wirksames Mittel sein, um Menschen mit Demenz zu erreichen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Sie bieten eine Vielzahl von Vorteilen:

  • Stimulierung der Gedanken: Bildhafte Sprache stimuliert die Gedanken und aktiviert verschiedene Hirnregionen.
  • Förderung der Wortproduktion: Geschichten können dazu anregen, Sätze zu ergänzen und sich sprachlich auszudrücken.
  • Verkürzung der Tage: Geschichten nehmen die Langeweile und sorgen für Abwechslung.
  • Schaffung von schönen Momenten: Beim Zuhören ist die Vergangenheit nicht mehr wichtig, was zählt ist das Jetzt.
  • Auslösen von positiven Emotionen: Geschichten können Freude, Ruhe und andere positive Gefühle auslösen.
  • Stärkung von Beziehungen: Vorlesen und Zuhören bringt Menschen zusammen und fördert die Kommunikation.
  • Anleitung und Tipps: Geschichten können Anleitungen für den Alltag geben und Tipps für den Umgang mit Demenz vermitteln.
  • Ansprache von Gefühlen: Geschichten sprechen Gefühle an und ermöglichen eine emotionale Auseinandersetzung.
  • Aktivierung der Sinne: Geschichten können die Sinne anregen und das Erlebte intensivieren.
  • Versöhnung mit der eigenen Biographie: Geschichten können helfen, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen und positive Erinnerungen zu wecken.

Wie Kurzgeschichten für Demenzkranke funktionieren

  • Einfachheit: Geschichten sollten einfach sein, mit einer klaren Handlung und ohne komplizierte Wendungen.
  • Humor: Einfacher, freundlicher und wertschätzender Humor kann Menschen mit Demenz zum Schmunzeln bringen.
  • Sinnesanregung: Geschichten sollten die Sinne ansprechen und das Erlebte lebendig werden lassen.
  • Bewegung: Bewegungsübungen können in Geschichten eingebaut werden, um die körperliche Gesundheit zu fördern.
  • Musik: Schlager oder Volkslieder können in Geschichten vorkommen, um Erinnerungen zu wecken und Gefühle anzusprechen.
  • Themen wie Schuld, Vergebung und Neuanfang: Die Geschichte zeigt auf, wie die Handelnden das Problem lösen. Und laden dazu ein, dies auch zu tun. Zumindest auf Gefühlsebene.

Zwischenmenschliche Aspekte

  • Wertschätzung: Vorlesen und Erzählen zeigt Wertschätzung, innere Nähe und Vertrauen.
  • Gesprächsanregung: Geschichten können zum Gespräch anregen und neue Gedanken auf den Tisch bringen.
  • Stimmungsaufhellung: Eine gute Story ist gut für die Stimme und für die Stimmung.
  • Individualität: Jeder Mensch ist anders, und jedem Menschen tun andere Geschichten gut.
  • Kino im Kopf: Beim Vorlesen entstehen Bilder im Kopf, die die Phantasie anregen.

Trauma und Demenz

Traumatische Erfahrungen können im Alter und insbesondere bei Demenz wieder aufbrechen und das Verhalten der Betroffenen beeinflussen. Es ist wichtig, dies bei der Pflege und Betreuung zu berücksichtigen.

  • Was ist ein Trauma? Ein Trauma ist eine seelische Wunde, die durch ein Ereignis ausgelöst wird, das die persönlichen Bewältigungsmöglichkeiten eines Menschen übersteigt.
  • Verbindung zwischen Trauma und Demenz: Studien zeigen, dass Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) im Alter deutlich häufiger an Demenz erkranken.
  • Die Spuren eines Traumas: Die Reaktionen eines traumatisierten Menschen im Alter sind vielschichtig und können sich in Ängsten, Unruhe, Apathie, Aggression oder Misstrauen äußern.
  • Wie erkenne ich eine Traumatisierung? Achten Sie auf plötzliche Ängste, scheinbar grundlose Panik, Abwehrverhalten, Unruhe, Scham, Schreckhaftigkeit oder Misstrauen.
  • Trauma und Demenzrisiko: Ein unverarbeitetes Trauma kann das Risiko für eine demenzielle Erkrankung erhöhen.
  • Umgang mit traumatisierten Menschen: Wissen, Geduld und eine Haltung der aufrichtigen Wertschätzung sind wichtig.
  • Was man vermeiden sollte: Verzichten Sie darauf, alte Geschichten aufzurollen oder gezielt nach belastenden Erlebnissen zu fragen.
  • Trauma im Pflegealltag: Eine Stabilisierung und das Schaffen von Sicherheit und Geborgenheit können weit mehr bewirken als jede symptomorientierte Therapie.

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