Demenz im Krankenhaus: Pflegealltag und Herausforderungen

Die Betreuung von Menschen mit Demenz im Krankenhaus stellt eine besondere Herausforderung dar. Die ungewohnte Umgebung, veränderte Tagesabläufe und die medizinische Behandlung können zu Verwirrung, Angst und Unruhe führen. Umso wichtiger ist es, den Krankenhausaufenthalt so demenzsensibel wie möglich zu gestalten, um das Wohlbefinden der Betroffenen zu fördern und Komplikationen zu vermeiden.

Die Herausforderungen der Demenz im Krankenhausalltag

Menschen mit Demenz, die aufgrund von Frakturen oder anderen Erkrankungen ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen, stehen vor besonderen Herausforderungen. Die kognitiven Einschränkungen können zu Problemen führen, die eine fachgerechte Pflege erfordern, um eine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten und der Gesundheit während des Krankenhausaufenthalts zu verhindern. Oftmals wird die Demenz jedoch bei der Versorgung der Hauptdiagnose übersehen oder unterschätzt.

Zunehmende Zahl von Demenzpatienten im Krankenhaus

Schon jetzt werden täglich etwa 76.000 Patientinnen und Patienten mit Demenz oder verwandten kognitiven Einschränkungen in deutschen Krankenhäusern stationär behandelt. Ihr Anteil an den über 65-jährigen Patienten beträgt über 40 Prozent, und diese Zahl wird aufgrund der demografischen Entwicklung weiter steigen. Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) prognostiziert, dass es im Jahr 2030 voraussichtlich rund drei Millionen Demenzkranke in Deutschland geben wird.

Spezifische Probleme von Demenzpatienten im Krankenhaus

Demenzerkrankte reagieren im Krankenhaus oft mit Angst und Unruhe und versuchen, die Klinik zu verlassen. Sie haben keine Krankheitseinsicht, können meist keine Auskunft über sich, ihre Beschwerden und Wünsche geben, können bei Diagnose, Behandlung, Körperpflege nicht mitwirken und haben Probleme beim Essen und Trinken.

Mangelnde Vorbereitung der Krankenhäuser

Viele Krankenhäuser sind auf die besonderen Bedürfnisse dieser Patienten noch nicht eingerichtet. Dies führt dazu, dass Krankenhausaufenthalte oft länger dauern, es zu Einbrüchen bei den kognitiven Fähigkeiten und der Fähigkeit, sich selbst zu versorgen, kommt, Delirien vermehrt auftreten, die Anfälligkeit für Krankenhausinfektionen steigt und damit das Mortalitätsrisiko, und die Wahrscheinlichkeit groß ist, nach der Entlassung wieder eingewiesen zu werden, weil das Therapieergebnis unbefriedigend ist.

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Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung von Demenzpatienten im Krankenhaus

Um die Situation von Menschen mit Demenz im Krankenhaus zu verbessern, sind Maßnahmen in verschiedenen Bereichen erforderlich:

Demenzsensible Raumgestaltung

Die Gestaltung der Umgebung spielt eine wichtige Rolle für das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz. Eine übersichtliche und einfache Einrichtung des Wohnraums ist dabei oberstes Gebot. Zu viele Sinneseindrücke können Betroffene überfordern und die Orientierung erschweren.

  • Orientierungshilfen: Türen sollten klar als Durchgänge erkennbar sein, beispielsweise durch offene Gestaltung oder deutliche Beschilderung. Fenster bieten die Möglichkeit zur räumlichen Orientierung, wenn draußen markante Gebäude oder Landschaftsmerkmale zu sehen sind.
  • Beleuchtung: Kaltweißes Licht ist für ältere Menschen besser zu sehen als warmweißes. Nachtlichter mit Bewegungsmelder können beim nächtlichen Toilettengang helfen, Stürze zu vermeiden. Spiegelndes Licht sollte vermieden werden, da es zu Verwirrung führen kann.
  • Farbgestaltung: Helle und freundliche Farben sind angenehm für Demenzerkrankte. Dunkle Töne sollten vermieden werden, da sie negative Gefühle auslösen können. Kontraste sind wichtig, um Details schnell wahrzunehmen.
  • Möbel: Runde oder abgerundete Tische sind für Menschen mit Demenz leichter optisch zu erfassen als eckige Möbel. Stolperfallen wie lose Kabel und Teppiche sollten entfernt werden.

Alltags- und Orientierungshilfen

Es gibt zahlreiche Hilfsmittel, die den Alltag und den Umgang mit Demenz erleichtern können. Dazu gehören:

  • Kalender und Uhren: Ein Kalender mit extra großen Zahlen und ausgeschriebenem Monat und Jahr sowie einem Symbol für die jeweilige Jahreszeit erleichtert die zeitliche Orientierung.
  • Erinnerungsstücke: Bilder und andere Gegenstände können wertvolle Anker für lebendige Erinnerungen sein.
  • Sicherheitsmaßnahmen: Herdschutzknöpfe können das Einschalten des Herds erschweren. Rauchmelder sollten in allen Räumen installiert werden. Schlösser mit einer Not- und Gefahrenfunktion können helfen, verschlossene Türen im Notfall von außen zu öffnen.

Demenzsensibles Verhalten des Personals

Eine grundsätzliche Haltungsänderung des gesamten Personals ist erforderlich, um Demenzsensibilität zu erreichen. Voraussetzung hierfür sind grundlegende Kenntnisse über die Erkrankung. Individuelles Fallverstehen und eine verstehende Diagnostik sind notwendig, und der Umgang mit diesen Menschen muss erlernt und immer wieder geübt werden.

  • Schulungen und Fortbildungen: Strukturierte Fort- und Weiterbildungen im Umgang mit Demenz und Delir sollten für alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter angeboten werden.
  • Demenzbeauftragte: Jedes Krankenhaus sollte einen Demenzbeauftragten benennen, der die Veränderungen nachhaltig sichert.
  • Umgang mit herausforderndem Verhalten: Der Umgang mit Ernährung, Schmerz und charakteristischem Verhalten demenzkranker Patienten wie Aggressivität, Agitation, sexuelle Enthemmung, Apathie und Depression stellt eine besondere Herausforderung dar.

Einbeziehung von Angehörigen

Angehörige spielen eine wichtige Rolle bei der Betreuung von Menschen mit Demenz im Krankenhaus. Sie können dem Personal wichtige Informationen über die Person, ihre Vorlieben und Abneigungen geben und bei der Orientierung und Beruhigung helfen.

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  • Notfallmappe: Eine Notfallmappe mit allen relevanten Informationen zur Person mit Demenzerkrankung kann bei einer akuten Einweisung ins Krankenhaus hilfreich sein.
  • Rooming-in: Einige Krankenhäuser bieten für Angehörige von Menschen mit Demenz das sogenannte Rooming-in an, bei dem eine Begleitperson für die Zeit des Krankenhausaufenthaltes ein Bett im Patientenzimmer erhält.
  • Häufige Besuche: Sollte das Rooming-in nicht möglich sein, sind möglichst häufige Besuche empfehlenswert.

Beschäftigung und Aktivierung

Zur Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz gehört auch die gezielte Beschäftigung mit Spielen oder anderen Tätigkeiten. Es sollte nicht das Ziel sein, Menschen mit Demenz durch die Beschäftigung herauszufordern und sie vor schwierige Aufgaben zu stellen. Demenz lässt sich nicht „wegtrainieren“. Das Stadium der Demenz ist ausschlaggebend dafür, welche Aufgaben und Spiele Sie der betroffenen Person zumuten können. Gedächtnisübungen können zum Beispiel bei einer leichten Demenz noch sinnvoll sein und Spaß bereiten.

  • Kreative Tätigkeiten: Der Umgang mit unterschiedlichen Materialien aus der Natur oder dem Bastelladen kann Demenzerkrankten viel Freude bereiten.
  • Musik: Bekannte Schlager aus der Jugendzeit stimulieren fröhliche Erinnerungen und können die Stimmung aufhellen.
  • Erinnerungsarbeit: Das Wecken von Erinnerungen mit Erinnerungsalben oder Gesprächen über frühere Zeiten kann das Wohlbefinden steigern.
  • Bewegung: Spaziergänge und Ausflüge sind eine sinnvolle Beschäftigung, da sie den Kreislauf anregen und Sinneserfahrungen fördern.

Beispiele für demenzsensible Krankenhäuser

Inzwischen gibt es immer mehr Krankenhäuser, die sich auf die spezifischen Herausforderungen in der Behandlung und Versorgung von Menschen mit Demenz einstellen. Einige Beispiele sind:

  • Modellprojekt Dem-i-K (Demenz im Krankenhaus) im Saarland: Fünf katholische Krankenhäuser beteiligten sich an diesem Projekt, das eine bessere Versorgung von Demenzpatienten in Akutkrankenhäusern zum Ziel hat.
  • Programm „Förderung der Umsetzung demenzsensibler Versorgungsprojekte“ / „Blickwechsel Demenz NRW“ in Nordrhein-Westfalen: Dieses Programm wird vom Paritätischen NRW durchgeführt.
  • Projekt „Doppelt hilft besser bei Demenz“ im Krankenhaus Lübbecke: Dieses Projekt wurde vom Krankenhaus Lübbecke sowie der regionalen Alzheimergesellschaft Leben mit Demenz - Alzheimergesellschaft Kreis Minden-Lübbecke e.V. durchgeführt.

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