Nesteldecken für Demenzkranke: Eine Nähanleitung und kreative Ideen

Viele Menschen mit Demenz verspüren ein starkes Bedürfnis, etwas in den Händen zu halten und damit zu spielen. Nesteldecken oder Fühldecken sind hier eine wunderbare Möglichkeit, ihnen eine sinnvolle Beschäftigung zu bieten und Unruhe zu reduzieren. Diese speziell gestalteten Decken sind aus der Beschäftigungstherapie für Menschen mit Demenz nicht mehr wegzudenken. Viele Einrichtungen mit Demenzabteilungen sind dankbar für selbstgenähte Nesteldecken.

Was ist eine Nesteldecke?

Eine Nesteldecke ist ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Stoffen, Farben und Motiven. Sie muss nicht unbedingt im klassischen Sinn schön sein und benötigt auch kein aufwändiges Muster. Stattdessen liegt der Fokus auf den verschiedenen Oberflächenbeschaffenheiten und taktilen Reizen, die durch die unterschiedlichen Stoffe geschaffen werden.

Warum sind Nesteldecken hilfreich für Demenzkranke?

Demenzkranke Patienten sind oft sehr unruhig und zupfen und zerren an sich selbst und allen möglichen Dingen herum. Eine Nesteldecke kann als Ablenkung dienen und folgende Vorteile bieten:

  • Beruhigung und Reduktion von Unruhe: Das Nesteln und Fühlen verschiedener Materialien kann beruhigend wirken und innere Unruhe reduzieren.
  • Förderung der Feinmotorik und Sinne: Durch das Ertasten und Bearbeiten der unterschiedlichen Elemente wird die Feinmotorik gefördert und die Sinne werden angeregt.
  • Aktivierung von Erinnerungen: Vertraute Materialien oder Gegenstände, die in die Decke eingearbeitet sind, können Erinnerungen wecken und positive Emotionen hervorrufen.
  • Gefühl von Sicherheit: Die Decke kann ein Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit vermitteln.

Materialien und Vorbereitung

Auch Anfänger können sich an einer Nesteldecke versuchen. Man braucht kaum mehr als ein paar Stoffe, eine Schere und eine Nähmaschine. Hier ist eine Liste der grundlegenden Materialien und Vorbereitungen:

  • Stoffe: Sammeln Sie verschiedene Stoffreste mit unterschiedlichen Texturen und Farben. Cord, Wolle, Glitzerstrickstoff, Nicki, Jersey, dünne Baumwollstoffe, Fellstoffe, Samt, Frottee und Jeansstoff sind gute Optionen. Auch bunte, gemusterte Stoffe und Motivstoffe können die Aufmerksamkeit der Patienten erregen.
  • Accessoires: Bänder, Kordeln, Reißverschlüsse, Taschen (z.B. von Jeans), Knöpfe, Knopflöcher, BH-Verschlüsse, Socken, Gurte und andere kleine Gegenstände, die zum Fühlen und Spielen einladen.
  • Nähmaschine, Schere, Nadel und Faden.
  • Optional: Fotos auf Stoff gedruckt, Rasselscheibe.

Anleitung zum Nähen einer Nesteldecke

  1. Größe und Zuschnitt: Die Größe der Nesteldecke ist nicht entscheidend, aber sie sollte gut auf den Schoß passen. Eine Größe von etwa 70 cm x 80 cm oder 72 cm x 54 cm (4 x 3 Felder mit je 20 x 20 cm Zuschnitt) hat sich bewährt. Schneiden Sie Quadrate oder Rechtecke in verschiedenen Größen aus den ausgewählten Stoffen zu.
  2. Anordnung: Legen Sie die zugeschnittenen Stoffstücke so aus, wie Sie sie auf der Decke anordnen möchten. Achten Sie auf eine abwechslungsreiche Mischung aus Farben, Mustern und Texturen.
  3. Zusammennähen: Nähen Sie die Stoffstücke in Reihen zusammen und anschließend die Reihen miteinander, sodass ein großer Flickenteppich entsteht.
  4. Accessoires anbringen: Befestigen Sie die ausgewählten Accessoires auf den Stoffstücken. Achten Sie darauf, dass alles gut vernäht ist und keine scharfen Kanten oder losen Teile vorhanden sind, an denen sich die Person verletzen kann. Knöpfe sollten besonders fest sitzen, und von Perlen oder zerbrechlichen Objekten ist abzuraten.
  5. Rückseite anbringen: Schneiden Sie ein Stück Stoff für die Rückseite der Decke zu (z.B. Fleece oder Baumwollstoff). Legen Sie die Vorder- und Rückseite rechts auf rechts aufeinander und nähen Sie sie zusammen, wobei Sie eine Wendeöffnung von ca. 10 cm lassen.
  6. Wenden und Füllen: Wenden Sie die Decke durch die Öffnung und formen Sie die Ecken aus. Füllen Sie die Decke nicht mit Vlies, da sie nicht gefüttert werden soll.
  7. Verschließen: Schließen Sie die Wendeöffnung mit einer Naht oder von Hand.
  8. Verbinden: Zur weiteren Verbindung der Vorder- und Rückseite können an verschiedenen Stellen Fäden von hinten nach vorn durch den Stoff gezogen und vorn verknotet werden.

Individuelle Gestaltung und Tipps

  • Individuelle Anpassung: Nesteldecken kommen oft besonders gut an, wenn sie auf die Lieblingsfarbe und die Interessen der Person abgestimmt sind. Hat Ihre Mutter als Kind auf dem Bauernhof gelebt? Dann eignen sich vielleicht Stoffe mit Katzen, Schafen oder Kühen drauf. Liebt der Vater die Ostsee? Dann kommen maritime Motive in Frage. Männer bevorzugen oft dunklere Farben und Motive wie Autos oder Werkzeug.
  • Unterschiedliche Stoffe: Wechseln Sie zwischen weichen und derben Stoffen ab, um den Tastsinn anzuregen. Je mehr Stoffe und Formen auf der Nesteldecke zu finden sind, desto interessanter ist sie für die Hände.
  • Sicherheit: Achten Sie darauf, dass keine scharfen Kanten vorhanden sind, an denen sich die Person verletzen kann. Alles muss möglichst fest sitzen, da Menschen mit Bewegungsdrang die Decke oft überallhin mitnehmen.
  • Nicht zu filigran verzieren: Vermeiden Sie filigrane Verzierungen, die leicht abgerissen werden können.
  • Schürze oder Muff: Für unruhige Personen kann es sinnvoll sein, die Nesteldecke oder Teile davon auf eine Schürze oder einen Kittel zu nähen. So hat der Angehörige auch unterwegs etwas zum Nesteln dabei. Wenn die Decke oft vom Schoß rutscht, kann ein Nesteldecken-Muff helfen. Dieser kann mit einem angenähten Band sogar befestigt werden.

Weitere Ideen und Variationen

  • Fühlkissen: Besonders bei starker Pflegebedürftigkeit und fortgeschrittener Demenz bieten Fühlkissen eine schöne Möglichkeit der Aktivierung. Durch verschiedene Stoffe oder Gegenstände, die man "begreifen" und ertasten kann, fesseln die Fühlkissen die Aufmerksamkeit und geben den Händen eine Aufgabe. Kleine Kissenbezüge können mit Reis, Kirschkernen, Körnern oder Nüssen gefüllt werden. Auch Aufnäher in einer anderen Stoffart oder Knöpfe und Schnüre können auf Kissen angebracht werden.
  • Trainingseinheiten: In Irland werden ähnliche Decken direkt zum Training von verlorengegangenen Funktionen eingesetzt. Dort werden 3 x 3 Quadrate mit je einer „Trainingseinheit“ gearbeitet.
  • Körnerkissen: Körnerkissen sind eine tolle Geschenkidee und vielseitig einsetzbar. Sie können als Kühlpads oder zur Wärmeanwendung genutzt werden. Das Kissen besteht aus Baumwollstoff und kann mit Kirschkernen, Getreide oder anderen Körnern gefüllt werden.

Nesteldecken kaufen oder spenden

Wenn Sie nicht nähen können oder keine Zeit dafür haben, können Sie Nesteldecken auch im Internet kaufen. Kathi Schurig aus Dresden näht seit Jahren ehrenamtlich Nesteldecken und verschickt sie kostenlos (bis aufs Porto). Bei großer Nachfrage kann es allerdings zu längeren Wartezeiten kommen. Sie freut sich auch über Stoffreste als Spende.

Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick

Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz

Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Zittern bei Demenz

tags: #Demenz #Kissen #nähen #anleitung