Demenz nach Bestrahlung: Ursachen, Symptome und Behandlung

Das "Onkobrain," auch bekannt als "Chemobrain," ist ein Begriff, der kognitive Beeinträchtigungen beschreibt, die im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung oder deren Therapien auftreten. Diese Beeinträchtigungen können sich in Form von Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisproblemen, verlangsamtem Denken und Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung äußern. Während der Begriff "Chemobrain" ursprünglich verwendet wurde, um diese Symptome im Zusammenhang mit einer Chemotherapie zu beschreiben, ist es wichtig zu verstehen, dass auch andere Krebsbehandlungen, wie beispielsweise die Bestrahlung, sowie die Krebserkrankung selbst, zu kognitiven Einbußen führen können.

Was ist das Onkobrain?

Das Onkobrain, oft auch als Chemobrain bezeichnet, umfasst kognitive Beeinträchtigungen, die im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung oder Krebstherapien stehen. Es beeinträchtigt Konzentration, Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und das Denken. Betroffene beschreiben es oft als ein Gefühl von "Nebel im Kopf".

Definition und Ursprung des Begriffs

Der Begriff "Onkobrain" setzt sich aus "Onko" (für Krebs) und "Brain" (englisch für Gehirn) zusammen. Er beschreibt also Veränderungen der Gehirnfunktionen im Zusammenhang mit Krebs. Ursprünglich wurde der Begriff "Chemobrain" verwendet, da diese Symptome häufig bei Frauen mit Brustkrebs nach einer Chemotherapie beobachtet wurden. Heute weiß man jedoch, dass auch andere Krebstherapien und die Erkrankung selbst diese Beeinträchtigungen verursachen können.

Abgrenzung zu anderen Erkrankungen

Es ist wichtig, das Onkobrain von anderen neurologischen Erkrankungen wie Demenz oder der Alzheimer-Krankheit zu unterscheiden. Demenz ist eine neurologische Erkrankung, bei der Nervenzellen im Gehirn nach und nach zugrunde gehen, was zu verschiedenen Symptomen, einschließlich kognitiver Störungen, führt. Nach aktuellem Wissensstand erhöhen Krebserkrankungen und Krebstherapien das Demenzrisiko nicht.

Die Fatigue, eine übermäßige Müdigkeit und Erschöpfung, die sich auch durch ausreichend Schlaf nicht beheben lässt, kann ebenfalls im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung auftreten und ähnliche Symptome wie das Onkobrain verursachen.

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Ursachen des Onkobrains nach Bestrahlung

Die genauen Ursachen des Onkobrains sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass mehrere Faktoren an der Entstehung beteiligt sind.

  • Direkte Schädigung von Hirnzellen: Trotz der eingeschränkten Fähigkeit zur Zellteilung könnten Hirnzellen durch eine Strahlentherapie Schaden nehmen. Da Strahlentherapien vor allem schnell teilende Zellen schädigen, lag lange Zeit die Vermutung nahe, dass Neuronen weitestgehend unberührt von ihr bleiben. Diese besitzen bei Erwachsenen häufig nur eine sehr eingeschränkte Möglichkeit zur Zellteilung. Dennoch klagen viele behandelte Patienten über kognitive Störungen und Einschränkungen der Merkfähigkeit.
  • Psychische Belastungen: Eine Krebsdiagnose und die damit verbundenen Behandlungen können erhebliche psychische Belastungen verursachen, die zu posttraumatischem Stress, Angstzuständen, Depressionen und Schlafstörungen führen können. Diese Faktoren können die kognitiven Fähigkeiten zusätzlich beeinträchtigen.
  • Entzündungsreaktionen: Krebstherapien können Entzündungsreaktionen im Körper auslösen, die auch das Gehirn betreffen und die kognitiven Funktionen beeinträchtigen können.
  • Hormonelle Veränderungen: Insbesondere die Antihormontherapie bei Brustkrebs kann hormonelle Veränderungen wie in den Wechseljahren hervorrufen, die sich ebenfalls auf die Kognition auswirken können.
  • Weitere Faktoren: Auch Schmerzen, Medikamente (z.B. Schmerzmittel) und Begleiterkrankungen können eine Rolle spielen.

Auswirkungen der Bestrahlung auf das Gehirn

Forscher untersuchten bei zehn bis zwölf Wochen alten Mäusen den Effekt einer kranialen Bestrahlung. Die Tiere erhielten entweder eine einmalige Bestrahlung mit 20 Gray oder eine fraktionierte Bestrahlung mit einer Strahlendosis von sechs mal sechs Gray. Die Wissenschaftler untersuchten im Nachgang die Gehirne der Mäuse.

Es zeigte sich, dass eine Zellvariante mit dem Namen Oligodendrozyten-Progenitorzellen (OPC) besonders durch die Bestrahlungen geschädigt wurde. Diese Vorläuferzellen differenzieren sich zu den Oligodendrozyten, welche die isolierenden Myelinscheiden der Hirne ausbilden. Die Bestrahlung sorgte außerdem dafür, dass verbliebene Progenitor­zellen verstärkt aktiviert wurden. Diese aktivierten Zellen hatten eine noch größere Sensibilität für Strahlenschäden. Dies könnte insbesondere bei fraktionierten Strahlungs­schemata von Bedeutung sein. Sowohl die einfach als auch die fraktioniert bestrahlten Mäuse zeigten eine Abnahme der weißen Hirnsubstanz.

Die Forscher schließen aus ihren Ergebnissen, dass eine fraktionierte Bestrahlung nicht zwangsläufig die entstehenden Schäden an der weißen Substanz verhindert. Ärzte versuchen die Schäden durch eine sogenannte fraktionierte Bestrahlung zu reduzieren. Hierbei erhalten Patienten viele kleine Strahlendosen.

Symptome des Onkobrains

Das Onkobrain kann sich durch eine Vielzahl von Symptomen bemerkbar machen, die individuell verschieden stark ausgeprägt sein können. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

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  • Konzentrations- und Aufmerksamkeitsprobleme: Schwierigkeiten, bei der Sache zu bleiben, leichte Ablenkbarkeit, kurze Aufmerksamkeitsspanne
  • Gedächtnisprobleme: Besonders das Kurzzeitgedächtnis ist betroffen, z.B. Vergessen von gerade Gesagtem oder Mitteilungen
  • Wortfindungsschwierigkeiten: Probleme, die richtigen Worte und Begriffe zu finden
  • Verlangsamtes Denken: Mehr Zeitbedarf für Routineaufgaben
  • Verminderte Lernfähigkeit: Schwierigkeiten, Neues zu erlernen
  • Schwierigkeiten beim Multitasking: Unfähigkeit, mehrere Aufgaben gleichzeitig auszuführen
  • Verminderte Fähigkeit, komplexe Aufgaben auszuführen

Die meisten Menschen mit einem Onkobrain erleben nur relativ milde kognitive Einbußen.

Wie wird das Onkobrain festgestellt?

Um das Onkobrain zu diagnostizieren, werden Sie von Ärzten zunächst zu Ihrer Krankengeschichte und Ihren Symptomen befragt. Sie möchten zum Beispiel wissen, seit wann Sie Probleme mit dem Gedächtnis oder der Konzentration haben und wie stark die Beschwerden ausgeprägt sind. Wichtig ist auch, in welchen Situationen die kognitiven Probleme im Alltag oder Beruf auftreten und ob sie sich zwischendurch wieder bessern oder kontinuierlich präsent sind. Eine Rolle spielt es auch, welche Krebsbehandlungen Sie gerade anwenden oder bereits durchlaufen haben. Sie können sich auf das Gehirn auswirken und verschiedene Funktionen stören. Interessant sind außerdem andere Grunderkrankungen, die vielleicht im Zusammenhang mit den kognitiven Störungen stehen könnten. Manche Menschen nehmen zusätzlich Medikamente auch gegen andere Krankheiten ein, die ebenfalls die Gehirntätigkeit beeinflussen können. Es gilt, andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.

Behandlungsmöglichkeiten für das Onkobrain

Bisher gibt es keine einheitliche Therapie, die gezielt für das Onkobrain empfohlen wäre und allen Betroffenen gleichermaßen hilft. Auch speziell gegen das Onkobrain zugelassene Medikamente gibt es nicht. Mit verschiedenen Strategien können Sie jedoch Ihrem Gehirn auf die Sprünge helfen und die Symptome lindern.

  • Psychotherapie: Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) kann helfen, ungünstige Denkmuster und Verhaltensweisen zu identifizieren und durch positive Alternativen zu ersetzen.
  • Bewegung und Sport: Körperliche Aktivität fördert die Durchblutung, verbessert die Sauerstoffversorgung und hilft beim Stressabbau, was sich positiv auf die kognitiven Funktionen auswirkt.
  • Ausreichend Schlaf: Ein ausgeschlafenes Gehirn funktioniert meist besser.
  • Entspannungstechniken: Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Yoga können gegen Ängste und Stress helfen und das allgemeine Wohlbefinden positiv beeinflussen.
  • Achtsamkeitstraining: Durch Achtsamkeitsübungen lernen Sie, mehr in der Gegenwart zu bleiben, was beim Stressabbau und bei der Verbesserung der Wahrnehmung hilfreich sein kann.
  • Gesunde Ernährung: Eine vollwertige und abwechslungsreiche Ernährung versorgt das Gehirn mit ausreichend Energie und Nährstoffen. Essen Sie viel Obst und Gemüse, Vollkornprodukte und trinken Sie ausreichend (mindestens 1,5 Liter pro Tag).
  • Gehirntraining: Regelmäßiges Gehirntraining oder Gehirnjogging kann helfen, das Denken zu fördern und die Aufmerksamkeit und die Wahrnehmung zu schärfen.
  • Medikamente: Manchmal können Medikamente eingesetzt werden, welche die Konzentration, Gedächtnisleistung und Aufmerksamkeit verbessern.

Tipps für den Alltag

Die Fondation Cancer Luxemburg gibt einige Tipps für Menschen mit einem Onkobrain, welche die Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit im Alltag und Beruf verbessern können:

  • Aufmerksamkeit steigern:
    • Multitasking vermeiden: Bleiben Sie bei einer Sache und schließen Sie diese erst ab, bevor Sie sich der nächsten widmen.
    • Kurze Pausen einlegen: Auch Ihr Gehirn braucht Erholung.
    • Prioritäten setzen: Widmen Sie sich jeden Tag einer Priorität und notieren Sie diese am besten schon am Tag zuvor.
    • Ruhige Atmosphäre schaffen: Schalten Sie optische und akustische Reize aus und verbannen Sie Ablenkungen aus Ihrer Umgebung.
    • Auf körperliches Wohlbefinden achten: Müdigkeit, Hunger oder Kälte können die Aufmerksamkeit beeinträchtigen.
  • Merkfähigkeit verbessern:
    • Informationen strukturieren: Zerlegen Sie große Informationsmengen in kleinere, logisch zusammenhängende Einheiten.
    • Verknüpfungen bilden: Versuchen Sie, Verknüpfungen (Assoziationen) zwischen neuen und schon bekannten Informationen zu bilden.
    • Geistige Bilder verwenden: Verbinden Sie Informationen mit Geräuschen, Gerüchen oder Geschmäckern.
    • Gedächtnishilfen nutzen: Verwenden Sie (elektronische) Notizbücher, Kalender, To-do-Listen oder Diktierfunktionen.
    • Grafiken und Tabellen verwenden: Nutzen Sie Grafiken, Illustrationen, Fotos oder Tabellen, um Informationen besser zu verstehen und sie sich zu merken.

Verlauf und Prognose

Der Verlauf des Onkobrains lässt sich nicht allgemein vorhersagen, sondern ist von Mensch zu Mensch verschieden. Bei manchen Menschen erholen sich die kognitiven Funktionen teilweise oder vollständig innerhalb weniger Monate wieder. Dagegen haben andere vielleicht länger mit ihren kognitiven Störungen zu kämpfen.

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Es ist wichtig, sich von Ihrem Behandlungsteam beraten zu lassen, wenn Sie ein Onkobrain bei sich selbst vermuten. Es gibt Therapien und Maßnahmen, um diesem entgegenzuwirken.

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