Die Sepsis, oft als Blutvergiftung bezeichnet, ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch eine fehlregulierte Körperantwort auf eine Infektion verursacht wird. Experten beobachten einen Anstieg der Sepsis-Fälle in den Industrienationen um etwa sieben bis acht Prozent pro Jahr. Während die Akutversorgung von Sepsis-Patienten immer besser wird, rücken die langfristigen Folgen dieser schweren Erkrankung zunehmend in den Fokus. Eine dieser gefürchteten Spätfolgen ist die Entwicklung oder Verschlimmerung von Demenz.
Was ist eine Sepsis?
Eine Sepsis entsteht, wenn das Immunsystem außer Kontrolle gerät und die Infektion nicht mehr lokal begrenzt werden kann. Bakterien gelangen in die Blutbahn und infizieren nach und nach die Organe. Das Immunsystem schießt dann weit über das Ziel hinaus, um die Infektion einzudämmen. Die weißen Blutkörperchen setzen Gifte frei, um die Bakterien zu vernichten. Diese Gifte schädigen die Wände der Blutgefäße, wodurch Flüssigkeit ungehindert ins Gewebe übertreten kann. Infolgedessen fällt der Blutdruck rapide, der Sauerstoff wird knapp und die Organe versagen nach und nach.
Ursachen und Risikofaktoren einer Sepsis
Jede zunächst lokal begrenzte Infektion kann sich zu einer Sepsis entwickeln, insbesondere bei geschwächtem Immunsystem. Zu den Risikogruppen gehören:
- Ältere Menschen
- Patienten nach schweren Operationen
- Krebspatienten unter Chemotherapie
- Personen mit bestehenden schweren Infektionen (z.B. Lungenentzündung)
Eine Sepsis kann durch Entzündungen entstehen, die bereits durch kleine Verletzungen wie Schnittwunden, Tierbisse oder Insektenstiche verursacht werden. In den meisten Fällen gelingt es dem Körper, solch einfache Entzündungen zu bekämpfen. Wenn jedoch die Erreger in den Blutkreislauf gelangen, breiten sie sich rasant im Körper aus.
Symptome einer Sepsis
Im Anfangsstadium ist eine Sepsis schwer zu erkennen, da die Symptome auch auf viele andere Krankheiten zutreffen können. Zu den Symptomen gehören:
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- Fieber oder Schüttelfrost
- Erhöhter Puls
- Niedriger Blutdruck
- Verwirrung
- Starke Schmerzen
- Ein nie gekanntes Krankheitsgefühl
- Atemnot oder Kurzatmigkeit
- Herzrasen
- Kalte, feuchte, fleckige Haut
Angehörige sollten bei Verdacht auf eine Sepsis nicht zögern, den Notarzt zu alarmieren und auf bestehende Vorerkrankungen mit erhöhtem Infektionsrisiko hinweisen.
Der Zusammenhang zwischen Sepsis und Demenz
Eine Sepsis kann das Risiko für die Entwicklung einer Demenz erhöhen oder eine bereits bestehende Demenz verschlimmern. Ältere Menschen, die eine Sepsis überleben, leiden häufig an Konzentrations- und Erinnerungsstörungen.
Kognitive Defizite nach Sepsis
Kognitive Defizite nach einer Sepsis sind ein häufiges Problem. Die Symptome umfassen Gedächtnis- sowie Lernstörungen, aber auch alltägliche Verrichtungen fallen Patienten nach einer schweren Entzündung oftmals schwer. Die Defizite sind langdauernd, manchmal irreversibel und für die Betroffenen und die Angehörigen zumeist schwerwiegend. Studien belegen, dass etwa 70 % der Patienten bei Entlassung aus dem Krankenhaus und etwa 45 % der Patienten noch nach einem Jahr beeinträchtigende kognitive Störungen haben.
Ursachen für kognitive Beeinträchtigungen
Die Ursachen für die Entstehung kognitiver Beeinträchtigungen nach einer Sepsis sind noch nicht vollständig geklärt. Bildgebende und neuropathologische Untersuchungen weisen auf eine diffuse Schädigung des Gehirns hin. Es finden sich globale und lokale Atrophiemuster sowie kortikale und subkortikale Läsionen, insbesondere im Bereich des Corpus callosum, des Hippocampus und der Basalganglien.
Ein multifaktorielles Geschehen mit metabolischen (z. B. Hyper- und Hypoglykämie), hämodynamischen (z. B. Hypotonie und Hypoxämie), inflammatorischen und toxischen Einflüssen (Sedativa, Analgetika, anticholinerg wirksame Medikamente) scheint eine Rolle zu spielen. Neuroinflammatorische Prozesse, die durch das Ausbreiten über die Blut-Hirn-Schranke ausgelöst werden, können eine neuronale Zellschädigung verursachen.
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Das Post-Intensive Care Syndrom (PICS)
Langfristige funktionelle Einschränkungen nach einer intensivstationären Behandlung, die mit der Behandlung in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, werden als "Post-Intensive Care Syndrome" (PICS) bezeichnet. Das Syndrom ist vorrangig gekennzeichnet durch körperliche Beeinträchtigungen sowie Einschränkungen der kognitiven Funktionsfähigkeit und mentalen Gesundheit.
Prävention von Sepsis und ihren Folgen
Da eine Sepsis immer mit einer Infektion beginnt, ist die wichtigste Präventionsmaßnahme die Vermeidung von Infektionen.
Impfungen
Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert- Koch-Institut empfiehlt Impfungen gegen:
- Haemophilus influenzae Typ B (Hib)
- Grippe (jährlich)
- Pneumokokken
- Meningokokken
- Covid-19
Die Grippeimpfung ist vor allem für ältere und immunschwache Menschen zu empfehlen, da diese ein besonders hohes Risiko haben, an einer schweren Grippe mit folgender Lungenentzündung und einer daraus resultierenden Sepsis zu erkranken. Schutzimpfungen gehören zu den wichtigsten Präventionsmaßnahmen. Sie sind vor allem für immungeschwächte und chronisch kranke Menschen unerlässlich.
Hygiene
Eine penible Hygiene, sowohl beim Legen als auch beim Wechseln von Kathetern und Beatmungsgeräten, kann das Sepsis-Risiko verringern. Akribisches Händewaschen und gründliches Reinigen und Desinfizieren von Wunden sind unerlässlich.
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Weitere Präventionsmaßnahmen
- Behandlung von Krankheiten, die das Immunsystem schwächen können
- Gesunde Ernährung
- Mobilisation und Bewegung
Behandlung von Sepsis
Eine Sepsis erfordert eine sofortige intensivmedizinische Behandlung. Dazu gehören:
- Operative Entfernung des Infektionsherdes (Fokussanierung), falls möglich
- Flüssigkeitszufuhr über einen Venenkatheter (Volumentherapie) zur Aufrechterhaltung des Blutdrucks
- Antibiotika zur Bekämpfung der Infektionserreger
- Intensive Insulintherapie gegen den extrem erhöhten Blutzuckerspiegel
- Dialyse und künstliche Beatmung zur Unterstützung geschädigter Organe
Nachsorge und Rehabilitation
Sowohl die Erkrankung als auch die intensivmedizinische Behandlung stellen eine enorme Belastung für den Organismus dar. Daher hinterlässt der Überlebenskampf deutliche Spuren im Körper. Am häufigsten treten neurologische Symptome auf, aber auch die Psyche leidet unter der Extremerfahrung. Eine psychologische Behandlung und Selbsthilfegruppen können helfen, die traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten.
Spezifische Nachsorgekonzepte
Es bedarf spezifischer Nachsorgekonzepte für Sepsis-Überlebende, da psychische, kognitive und körperliche Folgen die Mehrzahl der Überlebenden betreffen und häufig gemeinsam auftreten, was für die Betroffenen eine besondere Belastung ist. Nur ein geringer Prozentsatz der Sepsis-Überlebenden wird in eine Rehabilitationseinrichtung entlassen.
Forschung und Ausblick
Die Erforschung der Ursachen und des Verlaufs der Sepsis sowie die Entwicklung neuer Therapieansätze sind von großer Bedeutung. Klinische Studien untersuchen unterschiedliche Therapieoptionen, um die Behandlung von Sepsis und ihren Folgen zu verbessern.