Demenz, Schluckbeschwerden, Schleim: Ursachen und Umgang

Der Schluckvorgang ist ein komplexer, meist unbewusster Vorgang, den wir etwa 2.000 Mal am Tag durchführen. Treten hierbei Probleme auf, spricht man von einer Schluckstörung oder Dysphagie. Besonders häufig sind Menschen mit Demenz von Schluckstörungen betroffen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Schluckbeschwerden bei Demenz, die damit verbundenen Risiken und gibt praktische Tipps zum Umgang mit dieser Problematik.

Schluckstörungen: Ein komplexer Vorgang

Schlucken ist ein hochkomplexer Vorgang, an dem zahlreiche Muskeln und Organe beteiligt sind, darunter Zunge, Kehlkopf und Halsmuskulatur. Der Mensch schluckt etwa 2.000 Mal am Tag, größtenteils unbewusst. Eine zentrale Rolle spielt die Speiseröhre (Ösophagus), ein muskulöser Schlauch, der den Mund mit dem Magen verbindet. Durch wellenförmige Muskelbewegungen (Peristaltik) transportiert sie Nahrung und Flüssigkeiten. In jeder Phase des Schluckens kann es zu Problemen kommen.

Ursachen von Schluckstörungen bei Demenz

Kognitive Beeinträchtigungen

Im Verlauf einer Demenzerkrankung gehen kognitive Fähigkeiten verloren, die für den Schluckvorgang notwendig sind. Das Schlucken beginnt mit der Intention, etwas zu essen oder zu trinken. In der präoralen Phase muss erkannt werden, was gegessen oder getrunken werden soll. Dies geschieht über das Sehen, Riechen und Erkennen der Nahrung. Danach, in der oralen Vorbereitungs- und Transportphase, müssen das Öffnen und Schließen des Mundes, das Kauen und der erste Teil des Herunterschluckens gesteuert werden. Menschen mit Demenz haben oft bereits in dieser ersten Phase Probleme. Hier spricht man eher von einer „intentionalen Ess- und Trinkstörung“ als von einer Dysphagie, da motorische Probleme nicht im Vordergrund stehen.

Neurologische Ursachen

Schluckstörungen können auch durch neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall oder Parkinson verursacht werden. Durchblutungsstörungen im Gehirn und Schlaganfälle können zu Schluckstörungen führen. Rund 60 Prozent aller Schlaganfallpatienten sind davon betroffen. Die Schluckstörung bildet sich meist nicht vollständig selbstständig zurück. Etwa ein Viertel aller Betroffenen verstirbt kurz nach einem Schlaganfall. Häufigste Ursache innerhalb des ersten Jahres ist die Aspirationspneumonie, also eine Lungenentzündung, die durch das Einatmen bzw. Einschlucken von Nahrung oder Getränken beim Schlucken verursacht wird.

Weil am Schluckvorgang verschiedene Bereiche des Gehirns beteiligt sind, kann die Schluckstörung ganz unterschiedlich ausfallen - je nachdem, welcher Teil des Gehirns geschädigt wird. Wenn zum Beispiel das Kleinhirn betroffen ist, kann es zu motorischen Störungen kommen. Dann können die feinen Bewegungsabläufe, die zum Schlucken notwendig sind, nicht mehr umgesetzt werden. Eine andere Folge können kognitive Probleme sein, die dazu führen, dass der Schluckvorgang nicht mehr begonnen oder umgesetzt wird.

Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick

Weitere Ursachen

Neben kognitiven und neurologischen Ursachen können auch altersbedingte Muskelveränderungen, Zahnprobleme oder andere Erkrankungen zu Schluckstörungen führen. Muskelerkrankungen und Entzündungen der Speiseröhre können langfristig ebenfalls zu Schluckstörungen führen. Daneben haben Menschen mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) ein erhöhtes Risiko für eine Dysphagie.

Folgen von Schluckstörungen

Lungenentzündung

Die Lungenentzündung ist eines der größten Risiken, die mit einer Schluckstörung verbunden sind. Für ältere Menschen verläuft eine solche Infektion nicht selten tödlich. Durch die Schluckstörungen können Flüssigkeit oder Nahrung in die Luftröhre und letztlich in die Lunge geraten (Aspiration). So entwickeln sich häufiger Infekte bis hin zu potenziell lebensgefährlichen Lungenentzündungen. In der Medizin spricht man dann von einer Aspirationspneumonie. Das Risiko für eine Aspiration kann mit speziellen diagnostischen Schluck-Tests ermittelt werden.

Mangelernährung und Exsikkose

Auch Mangelernährung und die Unterversorgung mit Flüssigkeit (Exsikkose) können gravierende Folgen von Schluckstörungen sein. Manche Betroffene essen oder trinken infolge ihrer Schluckstörungen zu wenig. Sie haben demnach ein erhöhtes Risiko für eine Mangelernährung und Flüssigkeitsmangel und darum zusätzlich die damit verbundenen gesundheitlichen Probleme. Daher achten Fachleute bei der Diagnostik von Schluckstörungen auch auf das Körpergewicht und Anzeichen wie trockene Haut oder Schleimhäute - für Angehörige ist es ebenfalls wichtig, ein Auge darauf zu haben.

Soziale Isolation

Essen und Trinken hat auch eine wichtige soziale Funktion. Ein gemeinsames Essen verbindet uns und kann uns ein Gefühl von Zugehörigkeit geben. Deshalb ist es besonders wichtig, auch Menschen mit Schluckstörungen so gut wie möglich in dieses alltägliche Ritual einzubinden.

Erkennen von Schluckstörungen

Schluckstörungen kann man unter anderem an Folgendem erkennen:

Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz

  • Häufiges Verschlucken, Räuspern, Husten
  • Häufiges Ausspucken oder Hochwürgen
  • Belegter, feuchter, gurgelnder Stimmklang
  • Das Essen bleibt lange im Mund
  • Nahrung oder Speichel läuft aus dem Mund

Diagnose von Schluckstörungen

Eine Schluckstörung kann durch speziell ausgebildete Logopädinnen und Logopäden (Sprachtherapeuten) diagnostiziert werden, die durch den HNO-Arzt, Neurologen oder Hausarzt dazu einen Auftrag (mittels einer Heilmittelverordnung) bekommen. Die Diagnostik dient dazu, Ansätze für die Therapie sowie spezielle, individuelle Maßnahmen zu entwickeln, mit denen die Nahrungsaufnahme für den oder die Betroffene erleichtert und die Ernährung sichergestellt werden kann.

Besonders bei älteren Menschen ist es wichtig, Schluckstörungen frühzeitig zu erkennen, da sie das Risiko für Komplikationen wie Mangelernährung oder Lungenentzündungen erhöhen können. Zu Beginn steht ein ausführliches Gespräch mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt. Dabei geht es um Symptome wie häufiges Husten, das Gefühl von steckengebliebener Nahrung oder Veränderungen im Ess- und Trinkverhalten. Außerdem ist es für die Diagnose wichtig, die Krankengeschichte der Patient:innen zu kennen: Liegt zum Beispiel ein Schlaganfall, eine Parkinson- oder Demenzerkrankung vor? Im nächsten Schritt erfolgt eine klinische Untersuchung. Dabei überprüfen die Ärzt:innen den Mundraum, die Beweglichkeit von Zunge und Lippen sowie die Koordination des Schluckvorgangs. Auch ein einfacher Schlucktest gehört dazu: Unter Beobachtung der Mediziner:innen müssen die Betroffenen kleine Mengen, zum Beispiel Wasser, schlucken. Wenn die klinische Untersuchung nicht ausreicht, kommen spezielle diagnostische Verfahren zum Einsatz, etwa eine flexible endoskopische Evaluation des Schluckens (FEES): Dabei wird über die Nase ein flexibles Untersuchungsgerät mit einer Kamera eingeführt und der Schluckvorgang so direkt beobachtet. Alternativ kann eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel, die sogenannte Videofluoroskopie, durchgeführt werden.

Behandlungsmöglichkeiten

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Schluckstörungen zu behandeln. Die Therapie richtet sich dabei nach den Ursachen der Dysphagie und dem Schweregrad der Beschwerden. Das Ziel der Behandlung ist immer, die Schluckfähigkeit zu verbessern, Komplikationen wie Mangelernährung oder Lungenentzündungen zu vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern.

Schlucktherapie

Die Schlucktherapie ist bei einer Dysphagie das Mittel der Wahl: Speziell ausgebildete Logopäd:innen führen dabei mit den Betroffenen gezielte Übungen durch. Diese Übungen können beispielsweise das Training der Zungen- und Mundbodenmuskulatur oder spezielle Schluckmanöver umfassen. So wird die Schluckmuskulatur gestärkt und die Schluckkoordination verbessert. Und das führt idealerweise dazu, dass der ganze Schluckvorgang sicherer und effizienter und das Risiko für Aspirationen (Eindringen von Nahrung in die Atemwege) reduziert wird.

Anpassung der Konsistenz

Wenn Schluckstörungen vorliegen, ist es sinnvoll, die Konsistenz der Nahrung anzupassen. Breiförmige Speisen oder angedickte Flüssigkeiten sind leichter zu schlucken und können so das Risiko des Verschluckens minimieren. In den Einrichtungen von Asklepios testen die Expert:innen zusammen mit den Betroffenen verschiedene Konsistenzstufen, von fein passierten bis hin zu weichen Speisen, um die optimale Form für ihre Patient:innen zu finden.

Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Zittern bei Demenz

Pflegerische Maßnahmen

Unsere Pflegefachkräfte spielen eine wichtige Rolle in der Betreuung von Patient:innen mit Schluckstörungen. Sie achten auf eine aufrechte Körperhaltung während des Essens, um den Schluckvorgang zu erleichtern und das Risiko von Aspirationen (Eindringen von Nahrung in die Atemwege) zu verringern. Zudem geben sie Hilfestellung bei der Nahrungsaufnahme und sorgen für eine angenehme und ruhige Atmosphäre während der Mahlzeiten.

Interdisziplinärer Ansatz

Nicht nur bei der Diagnostik, auch bei der Therapie von Dysphagie verfolgen wir bei Asklepios einen interdisziplinären Ansatz: Fachkräfte aus verschiedenen Disziplinen wie Logopädie, Neurologie und Ernährungsberatung arbeiten eng zusammen, um alle Aspekte der Schluckstörung zu berücksichtigen.

Medikamente

Manche Begleiterscheinungen von Dysphagie lassen sich mit bestimmten Wirkstoffen abmildern. So kann zum Beispiel das Risiko einer Lungenentzündung (Pneumonie) mit bestimmten Medikamenten verringert werden. Andere Medikamente verringern konkret den Speichelfluss, wenn dieser verstärkt auftritt und eine gesundheitliche Gefahr darstellt.

Operative Eingriffe

Wenn Mund, Rachen oder Speiseröhre physisch blockiert sind und deshalb keine Nahrung weitertransportiert werden kann, bietet sich manchmal ein operativer Eingriff an.

Tipps zum Umgang mit Schluckstörungen bei Demenz

  • Die Ess-Situation bewusst gestalten: Die Ess-Situation sollte bewusst als solche gestaltet werden, damit sie von der demenzkranken Person richtig eingeordnet werden kann. Es ist hilfreich, wenn Pflegende selbst auch essen.
  • Einbeziehung in die Zubereitung: Wenn möglich, sollten Menschen mit Demenz in die Zubereitung des Essens einbezogen werden.
  • Selbstständigkeit fördern: Es hilft, wenn die betroffene Person selbst den Löffel hält und zum Mund führt. Gegebenenfalls sollte sie dazu angeleitet werden.
  • Appetitliche Präsentation: Das Essen sollte appetitlich angerichtet werden.
  • Aufrechte Körperhaltung: Eine aufrechte Körperhaltung erleichtert das Schlucken.
  • Zeit und Ruhe: Menschen mit Schluckstörungen brauchen Zeit und Ruhe zum Essen.
  • Leicht zu kauende Nahrung: Die Nahrung sollte leicht zu kauen sein, zum Beispiel weiches Gemüse, wenn nötig löffelfeste Breikost. Besonders schwer zu essen sind Mischkonsistenzen, etwa klare Brühe mit Fleischeinlage. Diese Mischung muss vor dem Schlucken im Mund sortiert werden. Wem das schwer fällt, verschluckt sich daran leicht.
  • Lieblingsspeisen: Lieblingsspeisen und -getränke können den Appetit verbessern.
  • Deutliche Würzung: Speisen können besonders deutlich gewürzt oder gesüßt werden, damit sie im Mund besser wahrgenommen werden. Menschen mit Demenz haben in der Regel eine Vorliebe für Süßes. Das kann man sich zunutze machen.
  • Erinnerung ans Schlucken: Wenn man bemerkt, dass jemand Nahrung lange im Mund behält, kann man die Person ans Herunterschlucken erinnern.
  • Mundpflege: Nach dem Essen sollte man sicherstellen, dass keine Nahrungsreste im Mund bleiben. Diese könnten eingeatmet und dadurch verschluckt werden. Weil der Mund ein sehr intimer Bereich ist, sollte man bei der Mundpflege behutsam vorgehen. Auch hier kann es hilfreich sein, den Finger oder die Zahnbürste des Betroffenen zu führen.
  • Regelmäßige Flüssigkeitszufuhr: Getränke sollten den Tag über regelmäßig angeboten und an mehreren Stellen in der Wohnung positioniert werden. Das Trinkgefäß und das Getränkeangebot können für die Trinkbereitschaft eine Rolle spielen. Farbige Becher werden besser wahrgenommen und animieren zum Trinken. Schnabeltassen sind nur geeignet, wenn keine Schluckbeschwerden bestehen, da Getränke sonst unkontrolliert in Mund und Rachen fließen können.

Vorbeugung von Schluckstörungen im Alter

Besonders im Alter ist es wichtig, frühzeitig auf die Gesundheit des Schluckapparates zu achten, denn Schluckstörungen, auch Dysphagie genannt, können durch gezielte Präventionsmaßnahmen oftmals abgemildert oder sogar vermieden werden.

  • Gute Mundhygiene: Putzen Sie Ihre Zähne mindestens zweimal täglich gründlich und verwenden Sie Zahnseide, um Plaque und Essensreste zu entfernen. Besuchen Sie mindestens zweimal im Jahr eine Zahnärztin oder einen Zahnarzt, um Zahnprobleme wie Karies oder schlecht sitzende Prothesen frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls behandeln zu lassen.
  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Trinken Sie über den Tag verteilt mindestens 1,5 Liter Wasser oder ungesüßten Tee, um den Mundraum feucht zu halten und den Speichelfluss anzuregen. Ein gut funktionierender Speichelfluss unterstützt den Schluckvorgang, erleichtert die Nahrungsaufnahme und beugt Mundtrockenheit vor, die häufig zu Schluckproblemen führen kann.
  • Ausgewogene Ernährung: Setzen Sie auf eine ausgewogene Ernährung, die reich an weichen, leicht kaubaren Lebensmitteln ist. Vermeiden Sie harte, krümelige oder klebrige Speisen, die den Schluckvorgang erschweren können. Garen Sie Gemüse weich und schneiden Sie Fleisch in kleine, leicht kaubare Stücke. Breiförmige Speisen wie Kartoffelpüree oder Kompott können ebenfalls hilfreich sein.
  • Gezielte Übungen: Gezielte Übungen zur Kräftigung der Schluckmuskulatur können helfen, Dysphagie vorzubeugen. Diese Übungen, die oft von einer Logopädin oder einem Logopäden angeleitet werden, verbessern die Kontrolle über den Schluckvorgang und stärken die beteiligten Muskeln. Beispielsweise können regelmäßige Zungenübungen oder das bewusste Schlucken von kleinen Mengen Wassers die Muskulatur trainieren.
  • Richtige Körperhaltung: Achten Sie darauf, während der Mahlzeiten eine aufrechte Sitzposition einzunehmen und den Kopf leicht nach vorne zu neigen. Diese Haltung erleichtert den Schluckvorgang und reduziert das Risiko, dass Nahrung in die Atemwege gelangt. Vermeiden Sie es, im Liegen zu essen oder zu trinken, da dies das Risiko für Aspirationen erhöht.
  • Langsames Essen und gründliches Kauen: Essen Sie langsam und kauen Sie gründlich. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für Ihre Mahlzeiten und vermeiden Sie Ablenkungen wie Fernsehen oder Telefonate.
  • Regelmäßige Überprüfung der Schluckfunktion: Lassen Sie Ihre Schluckfunktion regelmäßig überprüfen, insbesondere, wenn Sie unter chronischen Erkrankungen wie Parkinson leiden oder einen Schlaganfall überstanden haben.

Künstliche Ernährung

Bei stark ausgeprägter Dysphagie kann eine Form der künstlichen Ernährung notwendig sein. Diese soll sicherstellen, dass der oder die Betroffene ausreichend mit Nährstoffen und Flüssigkeit versorgt wird - entweder vorübergehend oder dauerhaft. Möglich ist zum Beispiel, dass dem Patienten oder der Patientin eine Sonde durch die Nase in den Magen geschoben (transnasal) oder mittels Operation direkt durch die Bauchdecke verlegt wird (sogenannte PEG, perkutane endoskopisch kontrollierte Gastrostomie). Für Angehörige ist es oft eine Herausforderung, zu entscheiden, ob und wann eine künstliche Ernährung sinnvoll ist.

tags: #Demenz #Schluckbeschwerden #Schleim #Ursachen