Demenz ist ein Oberbegriff für eine Vielzahl neurophysiologischer Erkrankungen, von denen die Alzheimer-Krankheit die häufigste ist. Demenz umfasst über 50 verschiedene Erkrankungen, die mit einem Nachlassen der geistigen Fähigkeiten einhergehen. Zu den Demenzformen gehören auch die vaskuläre Demenz und die frontotemporale Demenz (FTD). Die vaskuläre Demenz beginnt oft im höheren Lebensalter und zeigt keinen regelhaften Verlauf. Die Frontotemporale Demenz (FTD) betrifft hingegen häufig Menschen vor dem 65. Lebensjahr.
Ein Symptom, das bei Demenz auftreten kann, ist extreme Müdigkeit. Es ist wichtig, die Ursachen von Müdigkeit im Alter zu verstehen und zu erkennen, wann sie ein Alarmsignal sein kann.
Demenz: Ein Überblick
Bevor wir uns den Ursachen von Müdigkeit bei Demenz zuwenden, ist es wichtig, einen Überblick über die verschiedenen Demenzformen zu geben:
- Alzheimer-Krankheit: Sie ist die häufigste Form der Demenz und verändert Gedächtnis, Denken und Alltagsfähigkeiten. Der Verlauf ist individuell, folgt aber bestimmten Mustern. In den frühen Phasen treten leichte Beeinträchtigungen des Denkens und Erinnerns auf, die im Alltag zunächst kaum einschränken. Im weiteren Verlauf kommt es zu zunehmender Vergesslichkeit, Orientierungsproblemen und Veränderungen im Verhalten. Im Endstadium sind die Erkrankten vollständig auf Pflege angewiesen.
- Vaskuläre Demenz: Sie beginnt häufig im höheren Lebensalter und zeigt keinen regelhaften Verlauf. Zu den Anzeichen gehören ein Nachlassen der geistigen Fähigkeiten, Veränderungen des Erlebens und Verhaltens sowie körperliche Symptome wie Lähmungserscheinungen.
- Frontotemporale Demenz (FTD): Sie betrifft häufig Menschen vor dem 65. Lebensjahr und führt zu Veränderungen im Verhalten, der Persönlichkeit, der Sprache oder der Bewegung. Die FTD zeichnet sich durch eine Störung und letztendlich einen Zelluntergang des Stirn- und Schläfenlappens des Gehirns aus. Die Symptome können für Betroffene und ihre Familien sehr belastend sein, da sich die Person immer mehr von ihrem früheren Ich unterscheidet.
Müdigkeit bei Demenz: Symptom und Ursachen
Müdigkeit im Alter ist ein häufiges Phänomen, das oft unterschätzt wird. Viele pflegende Angehörige beobachten bei ihren Angehörigen eine zunehmende Schlappheit, Antriebslosigkeit oder das Bedürfnis, tagsüber zu schlafen. Es ist wichtig, genau hinzuschauen und die Ursachen der Müdigkeit zu erkennen.
Mögliche Anzeichen von Müdigkeit im Alter:
- Längere Ruhephasen am Tag
- Desinteresse an gewohnten Aktivitäten
- Geistige Trägheit
- Eingeschränkte Reaktionsfähigkeit
- Plötzlicher Rückzug oder erhöhte Reizbarkeit
Ursachen von Müdigkeit bei Demenz:
- Schlafstörungen: Der Tiefschlafanteil nimmt im Alter ab. Viele Senioren wachen nachts häufiger auf, schlafen unruhiger - das macht tagsüber müde. Bei Demenzkranken kann es zu einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus kommen. Infolgedessen wandern sie nachts umher und sind allgemein unruhig und verwirrt. Oder aber die Schlafphasen werden immer länger und die Patient:innen haben nur noch sehr kurze aktive Wachphasen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente können müde machen - besonders in Kombination. Bei einer Frontotemporalen Demenz werden häufig Beruhigungsmittel oder Antidepressiva verschrieben. Medikamente wie diese können aber auch Nebenwirkungen wie Muskelsteifheit oder Müdigkeit hervorrufen.
- Mangelernährung: Ein zu niedriger Eiweiß-, Eisen- oder Vitamin-D-Spiegel führt oft zu Energieverlust. Viele ältere Menschen essen zu wenig oder unausgewogen.
- Depressionen oder Einsamkeit: Auch psychische Belastungen äußern sich im Alter oft körperlich - zum Beispiel durch ständige Erschöpfung, Antriebslosigkeit oder Rückzug. So gehen vaskuläre Demenz und Depression häufig Hand in Hand.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Auch eine Herzschwäche kann zu anhaltender Müdigkeit führen, weil der Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird.
- Diabetes & Schilddrüse: Schwankende Blutzuckerwerte oder hormonelle Ungleichgewichte, etwa durch eine Schilddrüsenerkrankung, können Müdigkeit und Antriebslosigkeit auslösen.
- Demenz selbst: Schon im frühen Stadium einer Demenz kann vermehrte Müdigkeit auftreten - oft infolge eines gestörten Tag-Nacht-Rhythmus oder durch innere Überforderung. Neue Studien weisen darauf hin, dass der beginnende Alzheimer müde machen kann. Das liegt daran, dass wach machende Regionen im Gehirn unter Alzheimer und Demenz leiden.
- Frontotemporale Demenz (FTD): Im Gegensatz zu anderen Demenzformen ist Müdigkeit bei der Frontotemporalen Demenz an sich kein typisches Symptom. Was man jedoch weiß: Bei einer FTD handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, bei der Nervenzellen im Frontal- und Temporallappen des Gehirns absterben.
Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Demenz
Schlafstörungen können ein Vorbote für Alzheimer und Demenz sein. Bisher ging man davon aus, dass schlechter Schlaf Alzheimer oder Demenzerkrankungen provoziert. Man weiß, dass wenn man nur eine Nacht kürzer als sechs Stunden schläft, man am nächsten Tag eine erhöhte Konzentration von Tau-Proteinen und Beta-Amyloid im Liquor hat. Das bedeutet: Eine Nacht schlechter Schlaf erhöht die Konzentration der pathologischen Eiweiße im Gehirn.
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Eine Studie hat gezeigt, dass Teilnehmer, die entgegen ihrer früheren Gewohnheiten länger als neun Stunden am Tag schliefen, in den folgenden zehn Jahren doppelt so häufig an einer Demenz erkrankten. Die Ursache ist nicht bekannt, aber es wird vermutet, dass der längere Schlaf eine Art Selbstheilungsversuch ist. Frühere Studien hatten gezeigt, dass der Körper das Gehirn im Schlaf entschlackt.
Was tun bei Müdigkeit im Alter?
Wenn Sie als pflegende Angehörige beobachten, dass Ihr Herzensmensch zunehmend müde wirkt, lohnt es sich, genauer hinzusehen und aktiv zu werden. Es gibt eine Reihe konkreter Maßnahmen, mit denen Sie unterstützen können:
- Gespräch mit dem Hausarzt: Müdigkeit sollte immer ernst genommen werden, insbesondere wenn sie plötzlich auftritt oder sich in kurzer Zeit verstärkt. Eine ärztliche Abklärung kann helfen, körperliche oder seelische Ursachen zu erkennen. Auch das Überprüfen der Blutwerte kann aufschlussreich sein.
- Alltagsgestaltung: Schon kleine Bewegungseinheiten können spürbar neue Kraft schenken. Regelmäßige Bewegung fördert nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch das seelische Wohlbefinden. Ebenso wichtig ist eine verlässliche Tagesstruktur: Feste Aufsteh- und Schlafenszeiten, kleine Rituale und vertraute Aufgaben geben dem Tag Rhythmus und Orientierung - und helfen, wach und aktiv zu bleiben.
- Soziale Kontakte: Einsamkeit und Isolation machen müde. Bereits kurze Begegnungen wie ein Gespräch, ein Spiel oder ein gemeinsamer Kaffee können das emotionale Wohlbefinden stärken und neue Energie schenken.
- Ernährung: Leicht verdauliche, nährstoffreiche Mahlzeiten und genügend Flüssigkeit unterstützen den Kreislauf und können helfen, Müdigkeit zu verringern.
- Mittagsschlaf: Ein Powernap von 20 bis 30 Minuten am frühen Nachmittag kann neue Kraft spenden.
Umgang mit Bewegungsdrang bei Demenz
Manche Menschen mit Demenz haben einen ausgeprägten Bewegungsdrang. Es ist wichtig, die Ursachen für diesen Bewegungsdrang zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.
Mögliche Ursachen für Bewegungsdrang:
- Lebenslange Gewohnheit
- Einsamkeit und Langeweile
- Neugier
- Verunsicherung
- Schmerzen und Unwohlsein
- Hinlaufen (Suche nach etwas)
- Weglaufen (Unwohlsein, Überforderung)
- Gestörter Tag-Nacht-Rhythmus
- Medikamente
Maßnahmen zur Reduzierung von Gefahrenquellen und zur Unterstützung:
- Ausschluss von Schmerzen oder Infekten
- Sturzprophylaxe
- Bereitstellung von hochkalorischen Snacks und Getränken
- Freundliche Begrüßung und Zuwendung
- Sicherung der Haustür
- Bewegungsmöglichkeiten im Freien
- Regelmäßige Angebote mit sozialer Komponente
- Ablenkung durch emotionale Stimulation
- Angenehme Beleuchtung und bequeme Sitzmöbel
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