Hitzewellen stellen eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit dar, insbesondere für ältere Menschen und solche mit Demenz. Die Fähigkeit des Körpers, die Temperatur zu regulieren, nimmt im Alter ab, und Menschen mit Demenz sind oft nicht in der Lage, die Hitze angemessen wahrzunehmen oder darauf zu reagieren. Dies kann zu Überhitzung, Dehydration und anderen schwerwiegenden Gesundheitsproblemen führen.
Die Gefahr von Hitzewellen
Hitzewellen führen zu erheblichen Übersterblichkeiten, die im Ausmaß denen einer Grippewelle nahekommen können. Im "Jahrhundertsommer" 2003 starben in Europa 50.000-70.000 Menschen hitzebedingt. In Deutschland waren es etwa 7600 Todesfälle. Die Hitzewellen im Jahr 2015 führten allein in Baden-Württemberg zu etwa 2000 zusätzlichen Todesfällen.
Die Vulnerabilität gegenüber hitzebedingten Gesundheitsschäden nimmt zu. Dies liegt an:
- Klimawandel: Die Exposition gegenüber heißen Tagen und Hitzewellen steigt. Bis Ende des 21. Jahrhunderts wird eine Verdreifachung der Zahl der Hitzewellen erwartet.
- Demografischer Wandel: Die Hitzesensibilität der Bevölkerung steigt, da ältere Menschen besonders gefährdet sind.
Risikogruppen und Risikofaktoren
Neben Kleinkindern und Bauarbeitern sind in Deutschland und Europa vor allem Menschen über 75 Jahren durch heiße Tage und Hitzewellen gefährdet. Verschiedene Risikofaktoren erhöhen die Anfälligkeit für hitzebedingte Gesundheitsschäden:
- Vorerkrankungen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Lungenerkrankungen, Diabetes mellitus, chronische Nierenerkrankungen, neurologische Erkrankungen (z. B. M. Parkinson, Demenz), psychiatrische Erkrankungen, höhergradige Adipositas.
- Einnahme von Medikamenten: Diuretika, ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker, Antidepressiva, Antikonvulsiva, Antipsychotika, Anticholinergika.
- Funktionelle Einschränkungen: Schwierigkeiten, das Haus zu verlassen, Pflegebedürftigkeit, Bettlägerigkeit.
- Sozioökonomische Faktoren: Geringer sozioökonomischer Status, soziale Isolation, Alleinleben.
- Wohnsituation: Leben in einer städtischen Wärmeinsel.
Physiologische Veränderungen im Alter
Das höhere Risiko älterer Menschen, unter Hitze zu leiden, liegt an altersassoziierten physiologischen Veränderungen. Die Hautdurchblutung ist geringer, die Umverteilung von Blutvolumen funktioniert schlechter, und ältere Menschen schwitzen später und weniger. Krankheiten wie Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus können die Thermoregulation zusätzlich einschränken.
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Hitzeaktionspläne
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Empfehlungen zu „Hitzeaktionsplänen“ herausgegeben, die hitzebedingte Gesundheitsschäden vermeiden sollen. Ein wichtiger Teil davon sind Hitzewarnsysteme. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) betreibt seit 2004 ein Hitzewarnsystem, das Warnungen auf Landkreisebene ausspricht.
In Deutschland veröffentlichte erst 2017 eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe des Bundes und der Länder Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen. Diese umfassen acht Kernelemente:
- Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle auf Landesebene.
- Festlegung von Präventionsmaßnahmen.
- Einbeziehung der Ärzteschaft und Pflege.
Maßnahmen zur Prävention und Anpassung
Um die Vulnerabilität gegenüber Hitze zu senken, sind Anpassungsmaßnahmen erforderlich. Die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel betont die dringende Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen an Hitzewellen.
Individuelle Maßnahmen
- Raumklima regulieren:
- Tagsüber die Fenster geschlossen halten und die Räume abdunkeln.
- In den kühleren Morgen- und Abendstunden gut lüften.
- Ventilatoren oder Klimaanlagen nutzen.
- Körper vor Hitze schützen:
- Sich möglichst an kühlen, schattigen Orten aufhalten.
- Leichte, luftdurchlässige Kleidung tragen.
- Kühle Umschläge oder kühlende Bäder anwenden.
- Ausreichend Flüssigkeit:
- Mindestens 1,5-2 Liter Flüssigkeit pro Tag trinken.
- Wasser, ungesüßte Tees oder Saftschorlen bevorzugen.
- Auf Alkohol und zuckerhaltige Getränke verzichten.
- Ernährung:
- Leichte, wasserreiche Kost zu sich nehmen (z. B. Melone, Gurke, Salate).
- Normal gesalzene Speisen essen.
- Medikation:
- Die Wirkung von Medikamenten beobachten.
- Bei Bedarf ärztlichen Rat einholen.
Maßnahmen für Pflegepersonal
Pflegepersonal ist von großer Hitze doppelt betroffen: Für die Beschäftigten selbst besteht das Risiko hitzebedingter Gesundheitsprobleme. Zudem kann die Arbeit herausfordernder werden, weil die ihnen anvertrauten Menschen bei hohen Temperaturen besondere Aufmerksamkeit benötigen.
- Schutz der Beschäftigten:
- Technische Maßnahmen zum Hitzeschutz bevorzugen.
- Betriebliche Hitzeschutzpläne erstellen.
- Psychische Belastung bedenken.
- Personaldecke und Arbeitsmenge anpassen.
- Versorgung der Patienten und Bewohner:
- Patienten mit Herz-Kreislauf-Problemen benötigen mehr Pflege.
- Regelmäßiges Umkleiden und Abkühlen der Bewohner.
- Medikamentengabe überwachen und anpassen.
- Aggressives Verhalten bei Demenzerkrankungen berücksichtigen.
- Umfassende Schutzmaßnahmen bei infektiösen Personen.
Maßnahmen in der Arztpraxis
- Information und Sensibilisierung:
- Ärzte und Praxisteams über hitzebedingte Gesundheitsschäden informieren.
- Newsletter des DWD abonnieren.
- Gefährdete Personen und deren Angehörige sensibilisieren.
- Praxisorganisation:
- Sprechzeiten am frühen Morgen oder Abend anbieten.
- Kühles Raumklima in den Praxisräumlichkeiten schaffen.
- Auf anstrengende diagnostische Maßnahmen verzichten.
- Arzneimitteltherapie:
- Lagerungsbedingungen der Medikamente beachten.
- Nierenfunktion überprüfen und Dosisanpassungen vornehmen.
- Wechselwirkungen von Medikamenten und Hitze berücksichtigen.
Maßnahmen im häuslichen Umfeld
- Wohnräume kühl halten:
- Tagsüber Fenster und Rollläden geschlossen halten.
- Nachts und in den kühleren Morgenstunden lüften.
- Feuchte Tücher aufhängen.
- Vermeiden Sie Lichtquellen mit alten Glühbirnen und stellen Sie ältere Elektrogeräte ab.
- Unterstützung durch Angehörige:
- Häufigere Besuche und Anrufe einplanen.
- Regelmäßig an das Trinken erinnern.
- Raumtemperatur überprüfen.
- Luftige Kleidung und Bettwäsche anbieten.
- Unterstützendes Netzwerk schaffen.
Fallbeispiel
Monika Siebert pflegte ihre 87-jährige Mutter mit Demenz alleine. Weder der Pflegedienst noch ein Notarzt erkannten den akuten Hitzschlag, dem ihre Mutter erlag. Frau Siebert musste die schmerzliche Erfahrung machen, dass ihre Mutter aufgrund mangelnder Aufklärung und fehlender Hilfsmittel überhitzte. Sie betont die Gefahr von Überhitzung auch in Innenräumen, insbesondere im Bett, und die Wichtigkeit regelmäßiger Temperaturkontrollen.
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Empfehlungen des Qualitätsausschusses Pflege
Der Qualitätsausschuss Pflege empfiehlt Pflegeeinrichtungen und -diensten die Entwicklung und Umsetzung eines einrichtungsindividuellen Hitzeschutzplans. Dieser Plan sollte Maßnahmen zur Bewältigung von Hitzeereignissen enthalten und alle Arbeitsbereiche (Pflege, Verwaltung, Küche, etc.) berücksichtigen.
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