Maßnahmen zur Verlangsamung des Demenzverlaufs

Demenz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen, die mit einem fortschreitenden Verlust der geistigen Fähigkeiten einhergehen. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz. Obwohl eine Heilung der primären Demenzen wie Alzheimer derzeit nicht möglich ist, gibt es verschiedene Maßnahmen, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Eine ganzheitliche Therapie, die sowohl ursachenbezogene als auch symptomatische Behandlungen sowie psychosoziale Maßnahmen umfasst, ist dabei von zentraler Bedeutung.

Ursachenbezogene Behandlung

Seit April 2025 ist in Deutschland ein neues Medikament gegen Alzheimer mit dem Wirkstoff Lecanemab verfügbar. Dieses Medikament reduziert schädliche Ablagerungen im Gehirn und bekämpft somit direkt eine der möglichen Ursachen der Erkrankung. Während bisherige Medikamente lediglich die Symptome lindern konnten, zielt Lecanemab darauf ab, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Es ist wichtig zu betonen, dass auch dieses Medikament keine Heilung verspricht, sondern lediglich eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufs bewirkt.

Symptomatische Behandlung

Obwohl primäre Demenzen nicht heilbar sind, können bestimmte Medikamente, sogenannte Antidementiva, den Krankheitsverlauf verlangsamen. Diese Medikamente wirken auf unterschiedliche Weise, und oft ist eine Kombination mehrerer Medikamente erforderlich, um Erfolge zu erzielen. Die Wirksamkeit der Behandlung variiert von Person zu Person. Zusätzlich können Begleiterscheinungen wie Schlafstörungen, Schmerzen, Depressionen, Wahnvorstellungen, Ruhelosigkeit, Niedergeschlagenheit oder Aggressionen mit speziellen Medikamenten behandelt werden.

Psychosoziale Maßnahmen

Psychosoziale Maßnahmen sind ein wichtiger Bestandteil der Demenzbehandlung. Sie berücksichtigen die Persönlichkeit und die Lebensgeschichte der Betroffenen, um Überforderung und negative Gefühle zu vermeiden. Zu den psychosozialen Maßnahmen gehören:

Kognitives Training

Kognitives Training kann bei Menschen mit Demenz hilfreich sein, insbesondere bei leichter und mittlerer Demenz. Es kann dazu beitragen, den Gedächtnisverlust zu verlangsamen und die geistige Leistungsfähigkeit länger zu erhalten.

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  • Gedächtnistraining: Trainiert und erhält vorhandenes Wissen. Neues lernen ist nur sehr eingeschränkt möglich. Spielerische Trainingsformen können den Erfolgsdruck nehmen. Unterstützend zum Gedächtnistraining gibt es digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA).
  • Realitätsorientierung: Die Orientierung in Raum und Zeit kann durch Hinweise und Hilfen gefördert werden.
  • Biographiearbeit, Erinnerungsarbeit: Frühere Erlebnisse, die im Altgedächtnis gespeichert sind, werden abgerufen, um positive Gefühle hervorzurufen.

Ergotherapie

Ergotherapeutische, individuell angepasste Maßnahmen können bei leichter und mittelschwerer Demenz zum Erhalt der Alltagsfunktionen beitragen. Besonders hilfreich ist es, wenn die Bezugspersonen in die Therapie miteinbezogen werden.

Bewegungstherapie

Körperliche Aktivität verbessert Beweglichkeit, Balance und geistige Leistungsfähigkeit. Sie fördert positive Gefühle und stärkt die Selbstwahrnehmung. Empfohlen werden 150 Minuten mäßig intensive Bewegung pro Woche (z.B. zügiges Gehen) oder 75 Minuten intensive Übungen pro Woche (z.B. Joggen).

Logopädie

Die Logopädie umfasst bei Demenz die Bereiche Sprache zur Verbesserung der Kommunikation und/oder Schlucken zur Verbesserung der Ernährungssituation.

Kunst- und Musiktherapie

Musik hören, kreativ arbeiten und Bilder/Fotos anschauen kann je nach Lebenserfahrung des Menschen auch noch im fortgeschrittenen Stadium positive Gefühle vermitteln sowie agitiertes Verhalten (d.h. Verhaltensweisen, die durch krankhafte Unruhe entstehen, z.B. gesteigerter Bewegungsdrang) und Aggressionen reduzieren.

Snoezelen/ multisensorische Verfahren

Individuelle biographiebezogene Reize (z.B. Massagen, Berührungen). Körperliche Berührung kann als Kommunikationsmittel eingesetzt werden und eine beruhigende Wirkung haben.

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Validation

Ziel ist es, ihr Verhalten und ihre Gefühle als gültig zu akzeptieren („zu validieren“), ohne zu korrigieren oder zu beurteilen. Beispiel: Pflegeperson: "Es muss sehr stressig für Sie sein, sich solche Sorgen zu machen." Es gibt verschiedene Bücher, Podcasts und Selbsthilfegruppen mit praktischen Tipps und theoretischen Hintergründen zum Ansatz der Validation.

Nationale Demenzstrategie und Dementia Care Management

Das Bundesgesundheitsministerium hat die nationale Demenzstrategie entwickelt, um die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Familien zu verbessern. Ein Teil dieser Strategie ist die Einführung des Versorgungskonzepts Dementia Care Management. Dabei arbeiten speziell geschulte Pflegefachkräfte gemeinsam mit dem Hausarzt daran, die Behandlung und Betreuung von Menschen mit Demenz zu Hause zu verbessern und bestmöglich zu koordinieren. Bisher wurde dieses Konzept nur in den Bundesländern Brandenburg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern getestet.

Bewegung als Schutz für das Gehirn

Regelmäßige Bewegung hält das Gehirn gesund und kann helfen, den Krankheitsverlauf von Demenz zu verlangsamen. Es gibt keine „beste“ Sportart - wichtig ist, dass sie Spaß macht und regelmäßig ausgeübt wird. Gut geeignet sind:

  • Ausdauersportarten wie Gehen, Radfahren oder Schwimmen für Herz und Kreislauf.
  • Ganzkörpertrainings wie Yoga oder Pilates zur Förderung von Beweglichkeit und Balance.
  • Tanzen oder Tai-Chi zur Stärkung der Koordination und des Gedächtnisses.
  • Krafttraining zur Vorbeugung von Muskelabbau und Stürzen.

Neben gezieltem Sport hält auch Bewegung im Alltag Körper und Geist fit. Ein Spaziergang, Treppensteigen oder Gartenarbeit - jede Bewegung bringt den Kreislauf in Schwung, versorgt das Gehirn mit Sauerstoff und stärkt die geistige Fitness.

Auch depressive Symptome, die oft als Begleiterscheinung einer Demenz auftreten, können durch Bewegung positiv beeinflusst werden. Wer sich bewegt, fühlt sich sicherer, spürt seinen Körper und bleibt besser in Kontakt mit seiner Umgebung. Besonders in Gruppen kann Aktivität Lebensfreude schenken und das Gefühl stärken, dazuzugehören.

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Was Menschen mit Alzheimer selbst tun können

Auch nach einer Demenzdiagnose können Betroffene selbst aktiv werden und ihren Lebensstil so gestalten, dass er sich positiv auf die geistigen Fähigkeiten und die Lebensqualität auswirkt.

  • Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität verbessert Fitness, Stimmung und Schlaf. Moderate Bewegung wie Walking, Tanzen oder Gymnastik wirkt ausgleichend und baut Ängste ab.
  • Geistige Anregung: Aktivitäten, die das Gehirn fordern, können den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Geeignet sind Brettspiele, Puzzles, Handarbeiten oder Basteln. Wichtig ist, dass die Beschäftigung Freude macht und nicht überfordert.
  • Soziale Kontakte: Ein gutes Miteinander macht zufriedener - und hält den Kopf fit.

Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten

Circa 75 % der Patienten mit Demenz haben Verhaltensauffälligkeiten wie Aggression, Agitiertheit oder depressive Störungen. Diese Symptome führen zu rascherem Verlust der Selbstständigkeit und schlechterer Lebensqualität bei den Betroffenen und ihren Pflegenden.

Nichtmedikamentöse Therapieansätze wie körperliche Bewegung, Musiktherapie und Massagen sollten bei der Behandlung von aggressivem oder körperlich agitiertem Verhalten bevorzugt werden, da die Pharmakotherapie mit erheblichen Risiken einhergeht. Aktivitäten im Freien sind bei kombinierter Aggression und Agitiertheit sowie bei körperlicher Aggression wirksam, während Körpertherapien bei verbaler Aggression helfen können.

Frühzeitige Diagnose und Lebensstiländerungen

Eine frühe Diagnose ist entscheidend für den Therapieerfolg. Unabhängig davon kann jeder Mensch sein Demenzrisiko zumindest etwas senken. Regelmäßige körperliche Betätigung, eine gute medikamentöse Einstellung bei erhöhtem Blutdruck, eine ausgewogene Ernährung und die Vermeidung von starkem Übergewicht können das Demenzrisiko reduzieren. Auch ein geistiges Training kann dazu beitragen, dass sich das Demenzrisiko vermindert.

Gedächtnistraining bei Demenz

Regelmäßiges Gedächtnistraining kann den Abbau der kognitiven Leistung hinauszögern und vorhandene Kompetenzen stärken. Das Gedächtnistraining sollte ganzheitlich erfolgen und die Sinne, den Geist und den Körper ansprechen. Geeignete Übungen sind beispielsweise:

  • Sinneswahrnehmung stärken: Aufmerksamkeit auf Farben und Muster lenken, Geräusche erkennen, Gegenstände erfühlen, Düfte erkennen.
  • Langzeitgedächtnis aktivieren: Erinnerungen wachrufen, Lieder erraten, Sprichwörter ergänzen.
  • Bewegung fördern: Händegymnastik, Fingerspiele.

Rahmenbedingungen für Lebensqualität

Um die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu erhalten, ist es wichtig, für Sicherheit und Barrierefreiheit in ihrem Umfeld zu sorgen. Ein falscher Umgang mit den Betroffenen kann zu Wut, Unverständnis und Depressionen führen. Angehörige und Pflegekräfte sollten sich daher über den richtigen Umgang mit Demenz informieren und sich schulen lassen.

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