Einsamkeit ist ein belastendes Gefühl, das sich negativ auf die körperliche und psychische Gesundheit auswirken kann, insbesondere bei älteren und pflegebedürftigen Menschen. In Deutschland fühlen sich Millionen Menschen einsam, was das Risiko für Demenz erhöhen kann. Die Bundesregierung hat daher eine Strategie gegen Einsamkeit beschlossen, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, die Forschung zu stärken und den Austausch von Wissen und Projekten zu fördern.
Ursachen und Risikofaktoren der Einsamkeit
Ob und wie es zu Einsamkeit kommt, hängt vom Zusammenspiel verschiedener individueller, sozialer, räumlicher und gesellschaftlicher Einflüsse ab. Einige Risikofaktoren treffen insbesondere auf die Situation älterer pflegebedürftiger Menschen zu. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, nahestehende Menschen zu verlieren und allein zu leben. Auch gesundheitliche Einschränkungen oder der Ruhestand können dazu führen, dass soziale Kontakte weniger werden.
Einsamkeit vs. Alleinsein
Es ist wichtig zu unterscheiden, ob jemand einsam oder allein ist. Alleinsein ist ein neutraler Zustand, der nicht unbedingt belastend sein muss. Manche Menschen genießen es, allein zu sein. Einsamkeit hingegen ist ein individuelles Gefühl. Sie entsteht, wenn sich jemand mehr soziale Nähe wünscht, als er tatsächlich hat. Dementsprechend hängt das Gefühl nicht immer mit der Anzahl der Kontakte zusammen. So können sich zum Beispiel auch Menschen einsam fühlen, die eine große Familie um sich haben oder in einer Pflegeeinrichtung in einer Gemeinschaft leben.
Anzeichen von Einsamkeit
Einsamkeit ist für andere nicht unbedingt leicht zu erkennen. Wer sich einsam fühlt, muss nicht unbedingt allein sein. Zudem sprechen einsame Menschen vielleicht nicht darüber. Um helfen zu können, ist es wichtig, aufmerksam zu sein und auf Anzeichen bei älteren pflegebedürftigen Menschen zu achten. Zum Beispiel: Wirkt die Person traurig? Ist sie ungewollt viel allein? Spricht sie davon, sich ausgeschlossen zu fühlen? Ist eine enge Bezugsperson verstorben? Die Anzeichen von Einsamkeit sind nicht eindeutig und können auch auf andere Probleme wie Depressionen, Stress oder körperliche Erkrankungen hindeuten. Nur die betroffene Person selbst kann wirklich sagen, ob sie sich einsam fühlt.
Einsamkeit und Demenz: Ein Teufelskreis
Einsamkeit und soziale Isolation sind Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz. Internationale Wissenschaftler haben in Studien gezeigt, dass das Gefühl der Einsamkeit mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden ist. Insbesondere würde Einsamkeit das Risiko für die Entwicklung einer vaskulären Demenz erhöhen. Soziale Isolation war ebenfalls mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden. Einsamkeit sei ein „kritischer Risikofaktor“ für die kognitive Gesundheit, heißt es in einer Übersichtsarbeit mit mehr als 600.000 Studienteilnehmenden. So erhöhte Einsamkeit das allgemeine Risiko, an einer Form von Demenz zu erkranken, aber auch das Risiko für spezifische Demenzerkrankungen wie etwa die Alzheimer-Demenz.
Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick
Umgekehrt erleben Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen häufig, dass die Krankheit sie isoliert, Freunde und Bekannte sich zurückziehen. Wenn Unterstützung und Pflege zunehmend den Alltag bestimmen, bleibt für die Angehörigen oft kaum noch Zeit für soziale Kontakte. Viele ziehen sich dann, etwa aus Scham oder Überforderung, zurück. Damit gerät nicht nur ihre soziale Teilhabe, sondern auch ihre eigene Gesundheit in Gefahr.
Wie Einsamkeit das Gehirn beeinflusst
Soziales Miteinander hält uns geistig fit. Zwar führt Einsamkeit nicht automatisch zu einer Demenz wie Alzheimer, aber unfreiwilliges Alleinsein über längere Zeit kann das Risiko deutlich erhöhen.
- Geistige Aktivität: Einsamkeit bedeutet weniger Anregung für das Gehirn: Gespräche und soziale Interaktion fallen weg, das Denken wird weniger gefordert.
- Depressionen: Einsamkeit belastet die Seele, was Depressionen auslösen kann - und Depressionen sind wiederum ein eigener Risikofaktor für Demenz.
Diese Vorgänge trainieren Konzentration, Gedächtnis, Sinne und Sprachvermögen. So kann ein aktives Gehirn Schädigungen durch Demenz länger kompensieren.
Was tun gegen Einsamkeit bei Demenz?
Ein zentraler Aspekt zur Prävention von Einsamkeit bei älteren pflegebedürftigen Menschen ist soziale Einbindung. Das bedeutet zum Beispiel, regelmäßige Kontakte zu anderen Menschen zu fördern und bei Aktivitäten zu unterstützen. „Positiv wahrgenommene Kontakte mit anderen Menschen können Gefühle der Zugehörigkeit stärken und dazu beitragen, Krankheit und Pflegebedürftigkeit besser zu bewältigen“, erklärt Daniela Sulmann, Geschäftsleiterin und Pflegeexpertin im ZQP. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass Menschen unterschiedliche Bedürfnisse hinsichtlich Intensität und Häufigkeit bei Kontakten haben. Entsprechend gilt es, die individuellen Bedürfnisse zu kennen und deren Umsetzung zu unterstützen.
Tipps für Angehörige und Betreuende
Besondere Hürden, soziale Kontakte aufrecht zu erhalten und an Aktivitäten teilzunehmen, bestehen häufig für Menschen mit Demenz. Unterstützung dabei zu leisten, diese zu überwinden kann besonders herausfordernd sein. Die Pflegexpertin empfiehlt Angehörigen, zu versuchen, mögliche Berührungsängste und Überforderungsgefühle im direkten Umfeld abzubauen. Das kann gelingen, wenn man darüber vor einer Begegnung spricht und über die aktuelle Situation informiert. Auch bestimmte Aktivitäten in Gruppen können Menschen mit Demenz nach wie vor oder zum Teil neue Freude machen.
Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz
Gegen Einsamkeitsgefühle kann auch helfen, der pflegebedürftigen Person Sicherheit zu vermitteln. Denn Hilfebedürftigkeit kann verunsichern und Ängste auslösen. „Deshalb sollte man der pflegebedürftigen Person zeigen, dass man für sie da ist. Zum Beispiel können bestimmte Tage für Besuche oder Telefonate festgelegt werden.
- Alltag gemeinsam gestalten: Ein Spaziergang, eine Einladung zum Kaffeetrinken oder kleine Erledigungen im Alltag bieten Gelegenheit für Begegnung.
- Technische Unterstützung anbieten: Digitale Möglichkeiten erleichtern den Kontakt - doch viele ältere Menschen fühlen sich unsicher im Umgang mit Smartphones, Messenger-Diensten oder Apps.
- Professionelle Angebote vermitteln: Besuchsdienste, Seniorenbegleiter oder Nachbarschaftsinitiativen bieten gezielte Unterstützung für einsame Menschen.
Weitere Strategien gegen Einsamkeit
- Treffpunkte nutzen: In vielen Orten gibt es Begegnungsstätten, Nachbarschaftscafés oder Gruppen für Senioren.
- Seniorentreffs besuchen: In vielen Städten und Gemeinden gibt es Treffpunkte speziell für ältere Menschen.
- Ein Ehrenamt ausüben: Sich ehrenamtlich zu engagieren, ist eine wunderbare Möglichkeit, mit anderen in Kontakt zu kommen.
- Digitale Kommunikationsmöglichkeiten nutzen: Das Internet bietet viele Wege, mit anderen in Kontakt zu treten. Videotelefonie, Messenger-Dienste oder Online-Foren ermöglichen Austausch auch über größere Entfernungen hinweg.
- Über die eigenen Gefühle sprechen: Es ist mutig, sich mit dem Gefühl der Einsamkeit auseinanderzusetzen. Neue Kontakte zu knüpfen und Beziehungen aufzubauen, ist oft schwierig. Seien Sie geduldig mit sich und finden Sie heraus, welcher Weg am besten zu Ihnen passt. Überlegen Sie, warum Sie sich einsam fühlen: Vermissen Sie jemanden, weil Ihr Partner oder Ihre Partnerin verstorben ist? Oder fehlt Ihnen eher die Gemeinschaft von Kollegen oder Freunden?
- Wohnformen: Ein großer Schritt, um Einsamkeit im Alter zu vermeiden, ist ein Umzug. Betreutes Wohnen kombiniert eigenständiges Leben mit professioneller Unterstützung und Sicherheit - ideal für alle, die selbstständig bleiben möchten, aber sich auch Hilfe wünschen. Mehrgenerationenwohnen bringt Jung und Alt unter ein Dach. Der regelmäßige Austausch zwischen den Generationen wirkt bereichernd und kann Einsamkeit vorbeugen. Gemeinsames Wohnen ist nicht nur gut für das Miteinander - es hilft auch, geistig aktiv zu bleiben. Gespräche beim Kochen, Spielen oder Spazierengehen fordern das Gehirn und fördern die seelische Gesundheit.
Initiativen und Angebote
- Kompetenznetz Einsamkeit: Bietet eine Übersicht zu deutschlandweiten Angeboten gegen Einsamkeit, Hilfs- und Beratungsangebote, Modellprojekte oder digitale Teilhabemöglichkeiten. Mit der Angebotslandkarte können Sie darüber hinaus Gesprächs- und Gemeinschaftsmöglichkeiten bei sich vor Ort entdecken.
- TelefonSeelsorge Düsseldorf: Hier finden Sie Gesprächspartner*innen, die ein offenes Ohr und Verständnis für Ihre Situation haben (Telefon 0800 111 0 111).
- Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz: Bundesprogramm zur Förderung von lokalen Projekten, die Menschen mit Demenz unterstützen.
- Lebensort Vielfalt: Projekte der Schwulenberatung Berlin mit Wohnungen, Pflege-Wohngemeinschaften und therapeutischen Wohnangeboten für LSBTI*-Menschen.
Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Zittern bei Demenz
tags: #Demenz #was #tun #gegen #Einsamkeit