MTT in der Neurologie: Ein umfassender Überblick

Die Medizinische Trainingstherapie (MTT) gewinnt in der neurologischen Rehabilitation und Praxis zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Patienten mit neurologischen Erkrankungen suchen nach Möglichkeiten, auch außerhalb der klassischen Physiotherapie aktiv zu werden. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Einblick in die Anwendung der MTT in der Neurologie, ihre Grundlagen, Vorteile und spezifischen Anwendungsmöglichkeiten.

Einführung in die Medizinische Trainingstherapie (MTT)

Die Medizinische Trainingstherapie (MTT) ist ein modernes Bewegungsprogramm, das auf den langsamen Aufbau und die langfristige Wiederherstellung von Kondition, Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit ausgerichtet ist. Im Kern ist die MTT eine aktive und ganzheitliche Therapieform, bei der der Aufbau und die Wiederherstellung der körperlichen Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit im Mittelpunkt stehen. Sie stellt einen wichtigen Bestandteil traditioneller physiotherapeutischer Maßnahmen dar und ist eng mit dem Behandlungsschema der Physiotherapie verbunden.

Grundlagen der MTT

Die MTT basiert auf verschiedenen Säulen, die ein effektives und zielgerichtetes Training ermöglichen:

  • Krafttraining: Zum Aufbau und Erhalt der Muskulatur.
  • Ausdauertraining: Zur Verbesserung der Herz-Kreislauf-Funktion und der allgemeinen Belastbarkeit.
  • Stabilitätstraining: Zur Verbesserung der Körperkontrolle und zur Vorbeugung von Verletzungen.
  • Mobilitätstraining: Zur Verbesserung der Beweglichkeit und zur Reduktion von Steifigkeit.

MTT vs. Physiotherapie

Grundsätzlich weisen MTT und Physiotherapie viele Gemeinsamkeiten auf. Die MTT ist demnach ein Bestandteil traditioneller physiotherapeutischer Maßnahmen und ist vollkommen identisch mit dem Behandlungsschema. Der Hauptunterschied liegt in der Art und Weise, wie die Übungen durchgeführt werden. Während die Physiotherapie oft auf passive Techniken und manuelle Therapie setzt, konzentriert sich die MTT auf aktive Übungen und das Training an speziellen Geräten. Diese Geräte sind keine gewöhnlichen Fitnessgeräte, sondern auf die Bedürfnisse der MTT abgestimmte Medizinprodukte, die eine präzisere Belastungsdosierung und ein intensives, sehr spezifisches Training ermöglichen.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Ein wesentlicher Vorteil der MTT ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Hochqualifizierte Sporttherapeuten erstellen einen auf den Patienten zugeschnittenen Trainingsplan, der sowohl die individuelle Situation als auch die berufsspezifischen Anforderungen und die mit den Ärzten und Krankengymnasten abgestimmten Behandlungsziele berücksichtigt. Durch die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachkräfte wird sichergestellt, dass der Patient eine optimale und umfassende Betreuung erhält.

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Ziel der MTT

Ziel der Medizinischen Trainingstherapie ist es, die Fähigkeiten eines Menschen wiederzuerlangen und diese zu stabilisieren, um somit die Selbstständigkeit und die Lebensqualität zu verbessern. Wesentliche Bestandteile sind deshalb neben der Schmerzfreiheit die Funktionswiederherstellung und auch das Einüben verschiedener Alltagsbewegungen. Um diese Ziele zu erreichen, erhalten die Patienten einen individuell auf ihre Probleme abgestimmten Trainingsplan, der von einem erfahrenen Therapeuten eingeführt und begleitet wird.

Anwendung der MTT in der Neurologie

Die MTT findet in der Neurologie breite Anwendung und ist besonders empfehlenswert für Patienten mit:

  • Multiple Sklerose (MS)
  • Schlaganfall
  • Schädel-Hirn-Verletzungen
  • Morbus Parkinson

Hier wird die MTT krankheitsspezifisch angewandt, um die individuellen Defizite und Einschränkungen der Patienten zu behandeln.

MTT bei Multipler Sklerose (MS)

Bei MS-Patienten zielt die MTT darauf ab, die Belastbarkeit zu verbessern, die Fatigue zu reduzieren und die Alltagsbewältigung zu erleichtern. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Periodisierung des Trainings und die adäquate Progression, um eine Überlastung zu vermeiden und die positiven Effekte des Trainings optimal zu nutzen. Entgegen dem Mythos der Belastungsvermeidung führt intensivierte Trainingstherapie bei MS nachweislich zu einem nicht unerheblichen Benefit für Belastungsfähigkeit und Alltagsbewältigung der Patienten.

MTT nach Schlaganfall

Nach einem Schlaganfall kann die MTT dazu beitragen, die motorischen Fähigkeiten wiederherzustellen, die Spastik zu reduzieren und die Koordination zu verbessern. Im Vordergrund steht dabei ein "priming"-bezogener bzw. prägungsbezogener Ansatz, der nach "Jeffrey & Kleim" stichhaltig und evidenzinformiert ist. Auch hier gilt, dass intensivierte Trainingstherapie keinesfalls zu einer Schädigung führt, sondern nachweislich die Belastungsfähigkeit und Alltagsbewältigung der Patienten verbessert.

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MTT bei Morbus Parkinson

Bei Morbus Parkinson-Patienten konzentriert sich die MTT auf die Verbesserung des Gangbildes, des Gleichgewichts und der posturalen Stabilität. Verschiedene "Cueing"-Ansätze werden eingesetzt, um durch extern gesteuerte therapeutische Maßnahmen Einfluss auf Gangverhalten und Gleichgewicht auszuüben. Die Einteilung der posturalen Instabilität in vier Kategorien ermöglicht eine spezifische, patientenzentriertere Therapie, bei der jeder Patient das zu seiner klinischen Präsentation passende Behandlungselement erhält.

Validierte Test- und Befundinstrumentarien

Um den Fortschritt der Therapie zu dokumentieren und den Trainingsplan optimal anzupassen, werden validierte Test- und Befundinstrumentarien eingesetzt. Diese ermöglichen eine objektive Messung der Leistungsfähigkeit und helfen dabei, die Therapieziele zu erreichen.

Vorteile der MTT

Die MTT bietet zahlreiche Vorteile für Patienten mit neurologischen Erkrankungen:

  • Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit: Steigerung von Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination.
  • Reduktion von Symptomen: Linderung von Schmerzen, Spastik und Fatigue.
  • Verbesserung der Alltagsbewältigung: Erleichterung von Alltagsaktivitäten wie Gehen, Treppensteigen und Anziehen.
  • Steigerung der Lebensqualität: Mehr Selbstständigkeit, Teilhabe am sozialen Leben und psychisches Wohlbefinden.
  • Prävention von Folgeerkrankungen: Reduktion des Risikos von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen Komplikationen.

Trainingsformen in der MTT

In der Medizinischen Trainingstherapie unterscheidet man verschiedene Trainingsformen. Je nach Art des Trainings werden Gleichgewicht, Koordination und Haltung, die Kraftfähigkeit, Flexibilität, Schnelligkeit oder die Ausdauer trainiert. Die Verwendung dieser Geräte erlaubt vielfach eine genauere Belastungsdosierung und ein intensives und sehr spezifisches Training. Belastungsparameter wie Reizdichte, -intensität und -dauer werden bei der MTT nach wissenschaftlichen Kriterien dosiert und an das Trainingsziel und die Leistungsgrenze des Patienten angepasst.

Der Weg zur MTT: Voraussetzungen und Ablauf

Um mit der MTT beginnen zu können, ist in der Regel eine ärztliche Verordnung erforderlich. Diese kann von einem Hausarzt, Neurologen oder Orthopäden ausgestellt werden. Die erste Behandlung muss spätestens 28 Tage nach der Ausstellung des Rezepts erfolgen. Stellt der behandelnde Arzt einen dringlichen Behandlungsbedarf fest, muss innerhalb von 14 Tagen nach der Ausstellung des Rezepts mit der Therapie begonnen werden.

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Ablauf der MTT

  1. Anamnese und Befund: Vor dem eigentlichen Trainingsbeginn erfolgt eine ausführliche Anamnese und ein individueller Befund durch einen Diplomsportlehrer oder Physiotherapeuten. Dabei werden der aktuelle Gesundheitszustand, die individuellen Trainingsvoraussetzungen und die spezifischen Bedürfnisse des Patienten berücksichtigt. Wenn der Patient bereits in physiotherapeutischer Behandlung ist, werden die Erkenntnisse aus dem bisherigen Therapieprozess in die Trainingsplanung einbezogen.
  2. Erstellung eines individuellen Trainingsplans: Auf Grundlage des Befundes wird ein individueller Trainingsplan erstellt, der auf die spezifischen Bedürfnisse und Ziele des Patienten abgestimmt ist. Der Trainingsplan berücksichtigt sowohl die Art der Erkrankung als auch die individuellen Fähigkeiten und Einschränkungen des Patienten.
  3. Einführung und Begleitung: Der Patient wird von einem erfahrenen Therapeuten in den Trainingsplan eingeführt und während des gesamten Trainingsprozesses begleitet. Der Therapeut erklärt die Übungen, korrigiert die Ausführung und passt den Trainingsplan bei Bedarf an.
  4. Regelmäßige Kontrolle und Anpassung: Der Trainingsfortschritt wird regelmäßig kontrolliert und der Trainingsplan entsprechend angepasst, um eine optimale Wirkung zu erzielen.

MTT-Kurs: Weiterbildung für Therapeuten

Für Physiotherapeuten und andere medizinische Fachkräfte, die sich im Bereich der MTT weiterbilden möchten, werden spezielle Kurse angeboten. Diese Kurse vermitteln die Grundlagen der MTT, die Anwendung bei neurologischen Patienten und die spezifischen Trainingsmethoden.

Kursinhalte

  • Grundlagen der MTT: Krafttraining, Ausdauertraining, Stabilität und Mobilität
  • Validierte Test- und Befundinstrumentarien
  • Neurologische Indikationsspezifische Trainingspläne und Stundenbilder
  • Bewegungsanalyse
  • Einsatzmöglichkeiten von Kleingeräten und Hilfsmitteln
  • Aktive Therapiekonzepte bei idiopathischem Parkinson-Syndrom, Multipler Sklerose und nach Schlaganfall
  • Moderne Parkinsontherapie mit verschiedenen "Cueing"-Ansätzen
  • Spezifische Therapieansätze für posturale Instabilität

Kursdetails

Ein Beispiel für einen solchen Kurs ist der "MTT in der Neurologie" Kurs, der von Joachim Fleichaus, Physiotherapeut und Heilpraktiker für Physiotherapie, geleitet wird. Der Kurs ist ZPP-zertifiziert und beinhaltet den Erwerb der Rückenschullehrerlizenz mit Prüfung.

Termine:

  • Teil 1: Fr. 07.11. - So. 09.11.2025
  • Teil 2: Fr. 28.11. - So.

Weitere Termine:

      1. - 16.11.2025 | Neuro
    1. - 18.01.2026 | Cranio
    1. - 15.02.2026 | Magen/Duodenum
    1. - 15.03.2026 | Nieren
    1. - 19.04.2026 | Sacrum
    1. - 10.05.2026 | Hüftgelenk
    1. - 14.06.2026 | Kniegelenk
    1. - 23.08.2026 | Cranio
    1. - 06.09.2026 | Synthese/Jahresprüfung
    1. - 18.10.2026 | Leber/Gallenblase
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Bewegungsmangel und seine Folgen

Bewegungsmangel ist ein weit verbreitetes Phänomen in unserer Leistungsgesellschaft. Bei dieser Form der Bewegung handelt es sich vor allem um funktionelle Bewegung und nicht die der körperlichen Arbeit. Bewegungsmangel führt zu einer verminderten Belastbarkeit des Körpers, da dieser von Natur aus für tägliche Bewegungsreize ausgelegt ist. Die durch Bewegungsmangel ausgelösten körperlichen Schwächen sind die Ursache für viele Erkrankungen des Bewegungsapparates. Regelmäßiges, fachgerechtes Training steigert die Belastbarkeit des Körpers und schützt vor Über- und Fehlbelastung. Gleichzeitig vermindert es das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung erheblich.

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