In jüngster Zeit erfreuen sich Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz zunehmender Beliebtheit als Alternative zur stationären Pflege. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen für solche Wohnformen, insbesondere im Raum Münster und dem angrenzenden Kreis Coesfeld, und geht auf Finanzierungsmodelle, Vor- und Nachteile sowie regionale Besonderheiten ein.
Was ist eine Demenz-Wohngemeinschaft?
Ambulant betreute Wohngemeinschaften bieten hilfs- und pflegebedürftigen Menschen ein familienähnliches Zusammenleben in einem gemeinsamen, barrierefreien Haushalt. Tagsüber kümmern sich Fachkräfte und Alltagsbegleiter um die Betreuung, während nachts Bereitschaftskräfte anwesend sind. Neben einem Mietvertrag wird ein separater Vertrag über allgemeine Betreuungsleistungen abgeschlossen. Die Mieter haben eigene Wohn- und Schlafbereiche, die sie individuell gestalten können, und nutzen Gemeinschaftsräume wie Wohnküche und Wohnbereich gemeinsam. Einige Wohngemeinschaften sind speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz ausgerichtet.
Vorteile von Demenz-Wohngemeinschaften
- Selbstbestimmung: Bewohner können ihren Alltag aktiv mitgestalten und Entscheidungen treffen.
- Soziale Kontakte: Das Leben in der Gemeinschaft beugt Vereinsamung vor und bietet Geselligkeit.
- Flexibilität: Pflege und Betreuung können individuell angepasst und bei Bedarf verändert werden.
- Kosteneffizienz: Durch das "Poolen" von Leistungen (z.B. gemeinsamer Pflegedienst) können Kosten gespart werden.
- Häusliche Atmosphäre: Die Wohngemeinschaft bietet ein wohnliches Umfeld, das sich von einer stationären Einrichtung unterscheidet.
Voraussetzungen für die Gründung und Förderung
Um eine geförderte Wohngruppe zu gründen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Anzahl der Bewohner: Mindestens drei und maximal zwölf Personen mit Pflegegrad 1 bis 5 müssen in der Wohngruppe zusammenleben. Zusätzlich können Angehörige ohne Pflegegrad einziehen.
- Gemeinsame Betreuung: Die Bewohner müssen zum Zweck der gemeinsamen Betreuung eingezogen sein.
- Neugründung: Es muss sich um eine Neugründung handeln, nicht um die Umwandlung einer bereits bestehenden Wohngemeinschaft aus familiären Gründen. Mindestens eine Person muss neu hinzugezogen sein.
- Barrierefreiheit: Die Wohnung muss barrierefrei sein und über Gemeinschaftsräume (Küche, Wohnzimmer, Bad) sowie Rückzugsmöglichkeiten für alle Bewohner verfügen.
Finanzielle Aspekte und Fördermöglichkeiten
- Anschubfinanzierung: Bei Neugründung einer Wohngruppe kann eine einmalige Anschubfinanzierung von 2.613 Euro pro anspruchsberechtigter Person (mindestens Pflegegrad 1), maximal jedoch 10.452 Euro pro Wohngruppe beantragt werden.
- Wohngruppenzuschlag: Pflegebedürftige Menschen ab Pflegegrad 1 erhalten monatlich einen Wohngruppenzuschlag von 224 Euro, der für die Beschäftigung einer Wohngruppenleitung verwendet werden kann. Diese Person übernimmt organisatorische, verwaltende, hauswirtschaftliche oder betreuende Aufgaben für die Gruppe, jedoch keine individuelle Assistenz für einzelne Bewohner.
- Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen: Für den Umbau der Wohnung zur Ermöglichung häuslicher Pflege können bis zu 4.000 Euro pro pflegebedürftiger Person beantragt werden, maximal jedoch 16.000 Euro pro Wohngruppe.
- Pflegeleistungen: Bei Vorliegen eines Pflegegrades können in ambulant betreuten Wohngemeinschaften der Entlastungsbetrag und Leistungen der häuslichen Pflege (Sachleistung, Pflegegeld oder Kombinationsleistung) aus der Pflegeversicherung eingesetzt werden. Auch Leistungen der Behandlungspflege aus der Krankenversicherung sind abrechenbar.
- Pooling von Leistungen: Mehrere Bewohner können denselben Pflegedienst beauftragen und sich so zusätzliche Betreuungszeiten leisten.
Regionale Besonderheiten in Münster und Umgebung
Die Region Münster und der Kreis Coesfeld weisen im Vergleich zum Landesschnitt eine hohe Dichte an Demenz-Wohngemeinschaften auf. Insbesondere die Stadt Münster selbst sowie die Landkreise Steinfurt und Gütersloh weisen hohe Quoten an Plätzen in solchen Wohngemeinschaften auf.
Caritasverband Münster: Angebote und Herausforderungen
Der Caritasverband für die Stadt Münster betreibt ebenfalls Einrichtungen der Altenpflege, darunter auch Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz. Allerdings musste der Verband im Jahr 2024 zwei Wohngemeinschaften in Münster-Nienberge schließen, da diese aufgrund ihrer geringen Größe und den damit verbundenen hohen Personalkosten defizitär waren. Der Caritasverband betont jedoch, dass dies derzeit kein Thema für andere Einrichtungen der Altenpflege in Münster sei.
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Der Caritasverband bietet verschiedene Angebote für pflegebedürftige Menschen an, darunter:
- Beratung rund um die Pflege
- Hauswirtschaftliche Hilfe
- Ambulante Pflege
- Tagespflegeeinrichtungen
- Kurzzeitpflege und Langzeitpflege in Altenzentren
- Angebote für pflegende Angehörige
Ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit psychischer Erkrankung
Neben Demenz-Wohngemeinschaften gibt es auch Angebote für ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit psychischer Erkrankung und/oder Suchterkrankung. Diese Angebote, wie beispielsweise in Dülmen/Kreis Coesfeld, unterstützen Menschen dabei, ein selbstständiges Leben zu führen. Die Leistungen werden nach Fachleistungsstunden (FLS) abgerechnet, und die Kosten werden in der Regel vom örtlichen oder überörtlichen Sozialhilfeträger übernommen.
Herausforderungen und Kritik
Trotz der Vorteile von Demenz-Wohngemeinschaften gibt es auch Herausforderungen und Kritikpunkte:
- Hoher Organisationsaufwand: Die Gründung und Organisation einer Wohngemeinschaft erfordert sorgfältige Planung und Koordination.
- Kompromissbereitschaft: Das Zusammenleben in einer Gemeinschaft erfordert Offenheit, Gemeinschaftssinn und Kompromissbereitschaft.
- Finanzierung: Die Finanzierung kann komplex sein und erfordert die Beantragung verschiedener Leistungen und Zuschüsse.
- Personalkosten: Insbesondere bei kleinen Wohngemeinschaften können die Personalkosten eine Herausforderung darstellen.
- Regionale Unterschiede: Die baurechtlichen Voraussetzungen und Förderbedingungen sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.
Checkliste für die Gründung einer geförderten Wohngruppe
- Interessenten finden: Angehörige oder weitere Interessenten ohne Pflegegrad einbeziehen.
- Geeignete Wohnung suchen: Barrierefreiheit sicherstellen, Gemeinschaftsräume und Rückzugsmöglichkeiten planen.
- Finanzierung klären: Anschubfinanzierung und Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen bei der Pflegekasse beantragen.
- Wohngruppenleitung finden: Wohngruppenzuschlag beantragen.
- Aufgaben und Pflichten festlegen: Pflegedienstleistungen und Betreuungspläne erstellen, Person für organisatorische Aufgaben bestimmen und anstellen.
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