Demenz Zuschuss Pflegekasse Voraussetzungen: Ein umfassender Leitfaden

Die Diagnose Demenz stellt Betroffene und ihre Familien vor große Herausforderungen. Neben den gesundheitlichen Aspekten spielen auch finanzielle Fragen eine wichtige Rolle. Die Pflegekasse bietet verschiedene Leistungen, um die Versorgung von Menschen mit Demenz zu unterstützen. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die Voraussetzungen für den Erhalt von Zuschüssen und Leistungen der Pflegekasse bei Demenz.

Einführung in die Pflegegrade und Demenz

Demenz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen, die mit einem fortschreitenden Verlust der kognitiven Fähigkeiten einhergehen. In Deutschland leben rund 1,7 Millionen Menschen mit Demenz, wobei die Alzheimer-Krankheit die häufigste Form darstellt. Die Diagnose Demenz bedeutet nicht automatisch Pflegebedürftigkeit, aber im Laufe der Erkrankung benötigen viele Betroffene Unterstützung im Alltag.

Seit 2017 wurden die bisherigen Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt. Diese Reform berücksichtigt kognitive und psychische Beeinträchtigungen stärker als zuvor, sodass auch Menschen mit Demenz leichter Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Die Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt durch den Medizinischen Dienst (MD) oder MEDICPROOF.

Voraussetzungen für den Erhalt von Pflegeleistungen bei Demenz

Grundsätzlich gelten für Menschen mit Demenz die gleichen Regeln wie für alle Pflegebedürftigen. Eine Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn die Selbstständigkeit oder die Fähigkeiten eines Menschen aufgrund von körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen beeinträchtigt sind. Bei Demenz können alltägliche Verrichtungen zwar körperlich möglich sein, aber aufgrund der Erkrankung nicht erkannt oder sinnvoll ausgeführt werden.

Antragstellung und Begutachtung

Um Leistungen der Pflegeversicherung zu erhalten, muss ein Antrag auf Feststellung eines Pflegegrades bei der zuständigen Pflegekasse gestellt werden. Die Pflegekasse gehört zur jeweiligen Krankenkasse. Nach Antragstellung beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst (MD) oder MEDICPROOF mit der Durchführung einer Begutachtung.

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Die Begutachtung erfolgt in der Regel bei dem Betroffenen zu Hause. Der Gutachter beurteilt anhand eines standardisierten Fragebogens die Selbstständigkeit in verschiedenen Bereichen. Die Fragen sind in sechs Module unterteilt:

  1. Mobilität: Wie selbstständig bewegt sich der Begutachtete fort?
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Kann sich der Antragsteller im Alltag örtlich und zeitlich orientieren? Kann der Mensch für sich selbst Entscheidungen treffen?
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Wie oft benötigt der Betroffene Hilfe wegen psychischer Probleme wie aggressivem oder ängstlichen Verhalten?
  4. (nicht im Original genannt)
  5. (nicht im Original genannt)
  6. (nicht im Original genannt)

Jedes Modul umfasst bis zu 16 festgelegte Kriterien, die im Gutachten einzeln beurteilt werden. Die individuelle Bewertung jedes Kriteriums führt zu einer Punktzahl für jedes Modul. Die Punktzahlen der Module werden addiert, gewichtet und ergeben schließlich die Gesamtpunktzahl. Anhand der Summe der Punkte aller sechs Kategorien errechnet sich der jeweilige individuelle Pflegegrad. Die verschiedenen Module werden hierbei unterschiedlich stark gewichtet.

Besonderheiten bei der Begutachtung von Menschen mit Demenz

Bei der Begutachtung von Menschen mit Demenz ist es wichtig zu beachten, dass die Betroffenen sich je nach Tagesform sehr selbstständig präsentieren können. Zudem können Schwankungen im Tagesverlauf auftreten. Es empfiehlt sich daher, eine Vertrauensperson (z.B. Angehörige oder ein Pflegedienst) hinzuziehen, die den Gutachter über die tatsächlichen Einschränkungen im Alltag informieren kann. Auch ein Pflegetagebuch, in dem die benötigte Hilfe dokumentiert wird, kann eine wertvolle Unterstützung sein.

Pflegegrade bei Demenz

Es gibt keine feste Pflegestufe für Demenz. Die Einstufung in einen Pflegegrad bei Demenzerkrankungen ist von den individuellen Einschränkungen und dem Krankheitsstadium abhängig. Die Pflegegrade reichen von geringen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit bis hin zu schwersten Beeinträchtigungen mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

Leistungen der Pflegekasse bei Pflegegrad 3

Pflegegrad 3 bedeutet eine „schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“. Er wird vergeben, wenn im Pflegegutachten 47,5 bis unter 70 Punkte für die Einschränkung der Selbständigkeit festgestellt werden. Mit Pflegegrad 3 können Betroffene eine Vielzahl von Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen.

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Pflegegeld

Wenn die Pflege zu Hause durch Angehörige oder andere ehrenamtliche Pflegepersonen sichergestellt wird, besteht Anspruch auf Pflegegeld. Mit Pflegegrad 3 beträgt das Pflegegeld 599 Euro pro Monat. Das Pflegegeld wird direkt an die pflegebedürftige Person ausgezahlt und steht ihr zur freien Verfügung. Kostennachweise sind nicht erforderlich. Allerdings ist bei Bezug von Pflegegeld ein verpflichtender Beratungseinsatz nach Paragraf 37.3 SGB XI einmal pro Halbjahr notwendig.

Pflegesachleistungen

Für die Finanzierung der Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst sind die sogenannten Pflegesachleistungen vorgesehen. Mit Pflegegrad 3 können Pflegesachleistungen im Wert von bis zu 1.298 Euro pro Monat in Anspruch genommen werden. Die meisten Menschen nehmen die Leistungen eines Pflegedienstes sehr regelmäßig in Anspruch. Da ist es sinnvoll, wenn der Pflegedienst direkt mit Ihrer Pflegeversicherung abrechnen kann.

Kombinationsleistung

Wenn sowohl Pflegegeld als auch Pflegesachleistungen in Anspruch genommen werden, spricht man von der Kombinationsleistung. Das Verhältnis von Geld und Sachleistung kann selbst festgelegt werden. Die Kombinationsleistung ist besonders dann sinnvoll, wenn nur stellenweise Pflegesachleistungen beansprucht werden.

Verhinderungspflege

Die Verhinderungspflege ermöglicht der eigentlichen Pflegeperson eine stunden- oder tageweise Vertretung, beispielsweise bei Krankheit, Urlaub oder wichtigen Terminen. Zur Finanzierung steht ein gemeinsamer Jahresbetrag für Kurzzeit- und Verhinderungspflege in Höhe von 3.539 Euro pro Jahr zur Verfügung.

Kurzzeitpflege

Die Kurzzeitpflege ist eine Option, wenn die häusliche Pflege vorübergehend nicht möglich ist, beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt. Die Kurzzeitpflege kann ebenfalls über den gemeinsamen Jahresbetrag für Kurzzeit- und Verhinderungspflege in Höhe von 3.539 Euro jährlich finanziert werden. Bis zu 56 Tage oder 8 Wochen pro Jahr Kurzzeitpflege sind möglich mit Pflegegrad 3. In der Praxis gelangen Sie allerdings bereits vorher an die Grenzen des Höchstbetrags von 1.854 Euro pro Jahr, die dafür zur Verfügung stehen.

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Tages- und Nachtpflege

Die Tagespflege oder Nachtpflege ist eine teilstationäre Pflege, die die häusliche Pflege ergänzt und unterstützt. Mit Pflegegrad 3 können für die teilstationäre Pflege bis zu 1.357 Euro pro Monat beansprucht werden.

Entlastungsbetrag

Der Entlastungsbetrag von 125 Euro pro Monat (1.500 Euro pro Jahr) steht allen Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 1 zu und soll zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen ermöglichen. Zu den Angeboten, die damit finanziert werden können, zählen z.B. Betreuungsgruppen. Entlastungshilfen sowie zur beratenden Unterstützung können auf Länderebene anerkannt werden.

Hilfsmittel und Wohnraumanpassung

Jeder, der krankenversichert ist, hat unabhängig vom Pflegegrad Anspruch auf Hilfsmittel von der Krankenkasse. Dafür ist nur eine ärztliche Verordnung erforderlich, nicht jedoch der Pflegegrad. Der Hausnotruf zählt zu den technischen Pflegehilfsmitteln.

Viele Menschen mit Pflegegrad 3 sind nicht mehr besonders mobil und beweglich. Treppensteigen oder das Aufstehen von einem tiefen Toilettensitz wird im Alltag mit einem Mal eine echte Herausforderung. In solchen Fällen kann die Pflegeversicherung einen Umbau als sogenannte wohnumfeldverbessernde Maßnahmen fördern. Wenn Sie sich dafür entscheiden, mit Pflegegrad 3 ins Pflegeheim zu ziehen, stehen Ihnen dafür 1.319 Euro pro Monat zur Verfügung.

Weitere Leistungen

  • Pflegeberatung: Bei Pflegegrad 3 besteht die Möglichkeit, eine kostenlose Pflegeberatung in Anspruch zu nehmen (nach Paragraf 7a SGB XI).
  • Pflegekurse für Pflegende: In den Pflegekursen dreht sich alles darum, praktische Pflegefertigkeiten zu erlernen.
  • Pflegeunterstützungsgeld: Eine weitere Hilfe für Pflegende ist das Pflegeunterstützungsgeld.
  • Wohngruppenzuschuss: Die Pflegeversicherung unterstützt Personen, die in Wohngruppen leben, mit einem Zuschlag von 224 Euro pro Monat.
  • Digitale Pflegeanwendungen (DiPA): Digitale Services, die Pflegebedürftige und Pflegende in ihrer Situation unterstützen, können als „DiPA“ (Digitale Pflegeanwendungen) zugelassen werden.
  • Sozialversicherungsbeiträge für Pflegende: Unter Umständen übernimmt die Pflegeversicherung bestimmte Sozialversicherungsbeiträge für Pflegende.

Demenz und Pflege im Heim

Wenn die häusliche Pflege nicht mehr möglich ist, kann ein Umzug in ein Pflegeheim notwendig werden. Mit Pflegegrad 3 stehen hierfür 1.319 Euro pro Monat zur Verfügung. Darüber hinaus werden allerdings auch Kosten für Unterkunft und Verpflegung (Hotelkosten) sowie für die Aus- und Weiterbildung des Personals und den Unterhalt der Einrichtung (Investitionskosten) fällig. Allerdings bezahlt die Pflegeversicherung noch einen prozentualen Zuschuss zu Ihrem Eigenanteil an den Pflegekosten. Dieser steigt an, je länger Sie bereits in stationärer Pflege leben.

Fallbeispiele

Herr Müller

Herr Müller leidet seit zehn Jahren an Morbus Parkinson. In der Folge entwickelte er außerdem eine Depression. Im Alltag bekommt er schon länger Hilfe von seiner Tochter. Das Parkinson-Syndrom schränkt Herrn Müller zunehmend in seiner Beweglichkeit ein. Er ist beim Gehen unsicher. Seine Haltung ist leicht gebeugt und seine Gelenke werden mit der Zeit immer steifer. Er benutzt inzwischen auswärts eine Gehhilfe. Seine Wohnung ist ebenerdig, in anderen Umgebungen benötigt er Hilfe beim Treppensteigen. Im Modul „Mobilität“ erhält er 6 Punkte. Herr Müller kann zwar die Arme noch bewegen und koordinieren, ist aber grundsätzlich etwas wackelig auf den Füßen und daher unsicher. Beim Duschen und Waschen, der Körperpflege sowie beim An- und Umziehen benötigt er Hilfestellung vom Pflegedienst. Im Modul „Selbstversorgung“ bekommt Herr Müller 7 Punkte. Aufgrund seiner Depressionen hat er tägliche Tiefpunkte. Vereinzelt ruft er noch Freunde und Familie an, kann sich jedoch immer seltener dazu motivieren. Im Modul „Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte“ bekommt er 6 Punkte. Mehrmals täglich nimmt Herr Müller Medikamente gegen die Symptome des Parkinson-Syndroms ein. Diese werden ihm vom Pflegedienst in Rationen pro Tageszeit vorbereitet. Einmal die Woche bekommt er zuhause eine physiotherapeutische Behandlung, um die noch vorhandene Beweglichkeit zu erhalten und zu verbessern. Herr Müller erhält im Pflegegutachten insgesamt 55 gewichtete Punkte. Das Ergebnis liegt deutlich zwischen 47 und 70 Punkten.

Frau Melnik

Frau Melnik, 58 Jahre alt, pflegt seit zwei Jahren ihren an Demenz erkrankten Ehemann zu Hause. Sie hat Pflegezeit beantragt und ihre Arbeitszeit reduziert. Sie schläft schlecht und fühlt sich oft traurig und überfordert. Ihr Hausarzt erkennt die Belastung und bietet im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung regelmäßige Gespräche an. Dabei spricht Frau Melnik über ihre Sorgen, lernt Entspannungstechniken kennen und erhält Informationen über Entlastungsangebote wie Tagespflege oder eine Pflegeberatung.

Herr Schmidt

Herr Schmidt hat seit mehr als 20 Jahren Typ-2-Diabetes. Lange Zeit hatte er seine Krankheit und seine Medikamente unter Kontrolle. Zuletzt hat sich bei ihm eine leichte Demenz entwickelt. Herr Schmidt hat manchmal Schwierigkeiten, sich an Abmachungen zu erinnern. Es kam auch schon vor, dass er den Heimweg nicht mehr finden konnte. Der Gutachter bewertet das mit 6 Punkten im Modul „Kognitive und kommunikative Fähigkeiten“ und 4 Punkten im Modul „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“. Wegen seiner Vergesslichkeit muss seine Frau ihn immer an seine Medikamente und das tägliche Insulin erinnern. Insgesamt bekommt Herr Schmidt bei der Pflegebegutachtung 31,25 gewichtete Punkte zugeschrieben.

Tipps für die Antragstellung und Begutachtung

  • Vorbereitung ist alles: Sammeln Sie alle relevanten Informationen, wie Arztberichte, Medikamentenpläne und Dokumentationen des Pflegedienstes (sofern vorhanden).
  • Pflegetagebuch führen: Dokumentieren Sie die benötigte Hilfe im Alltag, um dem Gutachter einen umfassenden Überblick zu geben.
  • Vertrauensperson hinzuziehen: Bitten Sie eine Person Ihres Vertrauens, Sie bei der Begutachtung zu unterstützen und auf wichtige Aspekte hinzuweisen.
  • Fassadenverhalten vermeiden: Sprechen Sie offen über die Schwierigkeiten im Alltag und versuchen Sie nicht, die Probleme herunterzuspielen.
  • Widerspruch einlegen: Wenn Sie mit dem Ergebnis der Begutachtung nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen.

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