Den Nerv treffen: Bedeutung, Ursprung und Verwendung einer vielschichtigen Redewendung

Die Redewendung "den Nerv treffen" ist im deutschen Sprachraum weit verbreitet und findet in unterschiedlichen Kontexten Anwendung. Sie beschreibt sowohl das Ansprechen eines wunden Punktes als auch das Gespür für aktuelle Trends und Stimmungen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Facetten dieser Redensart, ihre Herkunft und ihre Verwendung in der heutigen Zeit.

Bedeutungsvarianten von "den Nerv treffen"

Die Redewendung "den Nerv treffen" lässt sich in zwei Hauptbedeutungen unterteilen:

  1. Jemanden an seiner schwachen Stelle angreifen: Hierbei geht es darum, einen wunden Punkt zu berühren oder anzusprechen. Es kann sich um eine persönliche Verletzlichkeit, ein sensibles Thema oder eine Schwäche handeln, die bewusst oder unbewusst angesprochen wird.

    • Beispiel: "Jetzt hat er einen Nerv getroffen, aber ich zwinge mich, mir nichts anmerken zu lassen. Dass er recht hat, muss er ja nicht wissen."
    • In diesem Kontext kann die Redewendung eine negative Konnotation haben, da sie auf eine Situation hinweist, in der jemand emotional verwundbar gemacht wird.
    • "Intensivere Gewinnabschöpfung soll organisierte Kriminalität am Nerv treffen."
    • "Die Gewerkschaft will unter anderem die Datenverarbeitungszentralen bestreiken und damit die öffentliche Verwaltung an einem zentralen Nerv treffen"
    • "Der erste Putsch in Zentralamerika seit Ende des Kalten Kriegs hat in ganz Lateinamerika einen sensiblen Nerv getroffen"
  2. Die aktuelle Stimmungslage treffen: Diese Bedeutung bezieht sich auf das Gespür für aktuelle Trends, Themen und Geschmäcker. Wer "den Nerv der Zeit trifft", versteht, was gerade aktuell ist und hat Erfolg damit.

    • Beispiel: "Die TV-Serie 'Game of Thrones' hat einen Nerv getroffen."
    • In diesem Fall hat die Redewendung eine positive Konnotation, da sie auf eine Übereinstimmung mit den Interessen und Bedürfnissen der Menschen hinweist.
    • "Dass mit der Veranstaltung der Nerv getroffen wurde, zeigte die große Resonanz bei den Anmeldungen"
    • "In den 80er Jahren war man Punk oder Popper, das hat alles dominiert. Heute studiert man an einer Elite-Uni, brüllt beim Fußball rum und ist rauchender Vegetarier - es ist schwieriger, einen Nerv zu treffen"
    • "Das ist zwar kein Liebesroman, dürfte aber möglicherweise genau deinen Nerv treffen"
    • "In Zeiten, in denen die Unsicherheit des Individuums angesagter ist denn je und man die gesellschaftliche Ursache gern zugunsten einer rein subjektiven und endlosen Selbstbefragung übergeht, dürfte die Ausstellung einen Nerv treffen"

Ursprung und Geschichte der Redewendung

Die Redewendung "den Nerv treffen" ist seit dem 19. Jahrhundert belegt und hat ihre Wurzeln in der bildlichen Vorstellung von Nerven als empfindlichen Sensoren. Ein getroffener Nerv erzeugt eine Reaktion wie Schmerz, Geschmacks- oder Temperaturempfindung. In übertragener Bedeutung bezieht sich die Redewendung auf die deutliche Wirkung, die ein Ereignis oder eine Handlung bei Menschen auslöst.

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  • Bereits 1834 findet sich in Leopold von Rankes Werk "Die römischen Päpste" ein Beleg für die Redewendung.
  • Das "Berliner politische Wochenblatt" verwendete die Redewendung ebenfalls schon im Jahr 1835.
  • Ein weiterer früher Beleg stammt aus dem Jahr 1839 aus der "Isis oder Encyclopädische Zeitung".

Die metaphorische Verwendung des "Nervs der Zeit" als empfindlicher Sensor der aktuellen Verhältnisse ist sogar noch älter. So schrieb Theodor Mundt bereits 1842 über die Schriftstellerin Rahel Varnhagen von Ense, dass sie "ein mitempfindender Nerv der Zeit" gewesen sei.

Verwendung im Laufe der Zeit

Im Laufe der Zeit hat sich die Verwendung der Redewendung "den Nerv treffen" gewandelt. Während sie ursprünglich oft in einem negativen Kontext verwendet wurde, um das Ansprechen eines wunden Punktes zu beschreiben, hat sich die Bedeutung im Laufe der Zeit erweitert. Heute wird die Redewendung auch verwendet, um das Gespür für aktuelle Trends und Stimmungen zu beschreiben.

Ein Beispiel für die Verwendung im 20. Jahrhundert findet sich im Magazin "Die Zeit" aus dem Jahr 1951: "Die Berliner nahmen die Filme mit größter Aufmerksamkeit auf, die den nackten Nerv der Zeit trafen".

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