Der Blob: Intelligenz ohne Gehirn – Ein faszinierendes Rätsel der Wissenschaft

Der Blob, wissenschaftlich bekannt als Physarum polycephalum, ist ein schleimiger Einzeller, der weder Tier noch Pflanze ist und die Wissenschaft vor neue Herausforderungen stellt. Dieser Organismus, der an einen gelblichen, glibberigen Pfannkuchen erinnert, trotzt mit seinen erstaunlichen Fähigkeiten herkömmlichen Vorstellungen von Intelligenz.

Was ist der Blob? Einordnung und Merkmale

Der Blob ist ein Einzeller (Myxomyzet) und gehört zu den ältesten Lebewesen der Erde. Er existiert seit fast einer Milliarde Jahre und gehört zur Ordnung der Physarida und damit zu den Echten Schleimpilzen (Myxogastria). Lange konnte er keinem Fachgebiet eindeutig zugeordnet werden, bis sein Genom 2015 vollständig entschlüsselt wurde. Obwohl er als Schleimpilz bezeichnet wird, hat er mit herkömmlichen Pilzen nichts zu tun, sondern gehört zu den Amöben. Amöben bestehen nur aus einer einzigen Zelle, im Vergleich dazu besteht der menschliche Körper aus vielen Millionen Zellen.

Optisch ähnelt der Blob einem gelben, glibbrigen Kohlblatt. Seine sporenbildenden Fruchtkörper (Sporokarpe) sind gelb bis grau, linsen- oder scheibenförmig, oder auch aufgerollt und zusammenfließend. Die feinstacheligen und aufgerauten Sporen messen im Durchmesser acht bis elf Mikrometer und sehen in der Masse schwarzbraun, einzeln im Durchlicht violett aus.

Lebensraum und Ernährung des Blobs

Der Blob bevorzugt eine dunkle Umgebung und lebt in der gemäßigten Zone in Nadel-, Misch- oder Laubwäldern auf verrottetem Holz oder Pilzen. Er ernährt sich von Bakterien und Pilzen. In menschlicher Obhut frisst er aber auch gerne Haferflocken.

Intelligenz ohne Gehirn: Die erstaunlichen Fähigkeiten des Blobs

Trotz seiner einfachen Struktur besitzt der Blob erstaunliche Fähigkeiten, die ihn zu einem faszinierenden Forschungsobjekt machen:

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  • Problemlösung: Der Blob kann komplexe Probleme lösen, obwohl er kein Gehirn besitzt. Er ist in der Lage, den kürzesten Weg durch ein Labyrinth zu finden.
  • Lernen und Erinnern: Der Blob kann sich an Wanderungen und Mahlzeiten erinnern und dieses Wissen in seinem Venen-Netz speichern. Erinnerungen zirkulieren in seinem Körper. Wissenschaftlerinnen des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (MPI-DS) und der Technischen Universität München (TUM) haben herausgefunden, dass sich der Schleimpilz über Botenstoffe Erinnerungen an Nahrungsorte in die Architektur seines netzwerkartigen Körpers webt.
  • Entscheidungsfindung: Der Blob kann Entscheidungen treffen, beispielsweise bei der Wahl seiner Nahrung. Bekommt er mehrere Speisen angeboten, entscheidet er sich stets für die optimale Zusammensetzung.
  • Kommunikation: Der Blob kann mit anderen Blobs kommunizieren und Wissen weitergeben. Verschmelzen zwei Schleimpilze, kann der eine dem anderen Gelerntes beibringen, so dass die gesamte Schleimpilzstruktur die neuen Informationen anwenden kann.
  • Anpassungsfähigkeit: Der Blob kann sich an seine Umgebung anpassen und überleben, selbst wenn die Bedingungen ungünstig sind. Findet er keine Nahrung, stellt er sich auf Stand-by und überlebt bis zu zwei Jahre im Ruhemodus.
  • Navigation: Der Blob kann sich orientieren und markiert bereits erkundetes Terrain über eine Schleimspur, um Umwege zu vermeiden.

Fortpflanzung und Wachstum

Der Blob vermehrt sich über Konjugation, wobei Gene direkt von einer Spender- auf eine Empfänger-Zelle übertragen werden, ohne dass es zu einer Verschmelzung der Zellen kommt. Er hat 720 Geschlechter, die meist Zwischenformen von männlich und weiblich sind. Er kann sich mit allen Geschlechtern, außer dem eigenen, paaren. Das tatsächliche Geschlecht des Blobs wird durch drei Gene bestimmt.

Der Blob kann auf eine Größe von mehreren Quadratmetern anwachsen, indem er sein Volumen pro Tag verdoppelt. Schneidet man den Blob in der Mitte durch, ist die Zelle innerhalb von zwei Minuten wieder voll funktionstüchtig.

Der Blob in der Forschung: Mögliche Anwendungen

Die Forschung am Blob liefert wichtige Erkenntnisse für verschiedene Bereiche:

  • Krebsforschung: Mediziner gewinnen durch den Blob Erkenntnisse über das Wachstum von Tumoren. Krebszellen wachsen auf eine ähnliche Weise wie der gelbe Einzeller.
  • Umweltschutz: Der Blob könnte dabei helfen, die Umwelt zu entgiften, da er bei seinen Wanderungen chemische Substanzen aufnimmt.
  • Intelligente Roboter: Forscher setzen den lichtscheuen Schleimpilz auf Roboter und steuern die Maschinen über den Organismus in dunkle Ecken. Der Einzeller nimmt Informationen aus der Umwelt auf - das soll auch ein smarter Roboter lernen.
  • Neue Medikamente: Der Blob hat keinen Magen zum Verdauen, sondern scheidet Bakterien und Pilze über ein Enzym aus.

Kritik und alternative Erklärungen

Es gibt auch kritische Stimmen, die die Intelligenz des Blobs in Frage stellen. Sie argumentieren, dass der Blob sich hauptsächlich von chemischen Gradienten leiten lässt und keine wirklichen Problemlösungs-Fähigkeiten besitzt. Ob der Schleimpilz als intelligent bezeichnet werden kann oder nicht, hängt natürlich davon ab, wie man Intelligenz definiert.

Der Blob als Ausstellungsobjekt: Eine Attraktion im Pariser Zoo

Seit Oktober 2019 ist der Blob im Pariser Zoo zu bewundern. In einem eigens für ihn errichteten Raum wird er als "faszinierendes Lebewesen mit ungeahnten Möglichkeiten" präsentiert. Der Pariser Zoo-Direktor sieht es als seine Aufgabe, den faszinierenden Blob zu zeigen, denn er ist ein intelligentes Lebewesen ohne Gehirn, kann interagieren und sogar Rätsel lösen.

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