Der Demenz-Knigge: Ein Ratgeber für den feinfühligen Umgang mit Demenzerkrankten

Die Diagnose Demenz stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor große Herausforderungen. Der Alltag verändert sich schlagartig, und es entstehen viele Fragen im Umgang mit der Krankheit. Ein "Demenz-Knigge" kann hier eine wertvolle Hilfe sein, indem er praktische Tipps und Anleitungen für den Alltag mit Demenzerkrankten bietet.

Einführung

Demenz ist eine Schreckenskrankheit unserer Zeit, die jeden treffen kann und immer mehr Menschen dazu zwingt, sich um demente Angehörige zu kümmern. Im Sommer 2017 rechnete das Bundesfamilienministerium mit über 1,5 Millionen Demenzerkrankten. Neben der Betreuung zu Hause werden diese Menschen von rund 12.000 Pflegeheimen mit über 800.000 vollstationären Pflegeplätzen sowie 13.000 ambulanten Pflegediensten versorgt. Die Wissenschaft weiß bis heute nur wenig Gesichertes über diese Krankheit.

Was ist Demenz?

Unter Demenz werden verschiedene Krankheiten verstanden, die alle mit einem Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit und einer Persönlichkeitsveränderung einhergehen. Die häufigste Form ist die Alzheimer-Krankheit. In der Regel tritt Demenz ab einem Alter von 65 Jahren auf. Im fortgeschrittenen Stadium sind die Betroffenen bei Alltagsaktivitäten wie Waschen, Kochen oder Einkaufen auf Hilfe angewiesen.

Die Bedeutung des Demenz-Knigge

Der Demenz-Knigge ist das Ergebnis langjähriger Praxis im Umgang mit Betroffenen, Angehörigen und Pflegepersonal. Er soll sowohl den Betroffenen als auch ihren Angehörigen das Leben erleichtern. Der Demenz-Knigge hat zum Ziel, die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu verbessern und ihre Belastungen nicht zu verstärken. Viel zu oft würden Betroffene als Kranke bevormundet und nicht als Menschen mit eigener Selbstbestimmung angesehen. "Es ist natürlich fatal zu denken, nur weil ein Mensch Demenz oder Alzheimer hat, ist er nicht mehr Herr seines Willens und seiner Sinne," so Schneider-Koch. Wichtig sei vor allem die respektvolle Annäherung. Hilfe im Alltag ist im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit erforderlich.

Kommunikation mit Demenzerkrankten

Sprachliche Veränderungen und Kompensation

Menschen mit Demenz kompensieren ihren Sprachverlust. Sie möchten sich aber trotz fehlender Worte mitteilen. Was für uns verwunderlich klingt, ist für den Betroffenen eine normale Situation. Durch die Sprachstörung fehlt oftmals das passende Wort. Manchmal glauben wir ja auch, jetzt haben wir ihn gefunden, dabei ist es nur etwas, das ähnlich ausschaut.

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Es gibt verschiedene Arten der Sprachstörung bei Demenz. Im frühen Stadium zeigt sich oft ein Unvermögen, sich auf den jeweiligen Gesprächspartner einzustellen. Ist die Krankheit weiter fortgeschritten, werden häufig bereits einfache Sätze oder einzelne Wörter nicht mehr verstanden. Oder es kommt zur Paraphasie, das heißt zu Wortverwechslungsstörungen. Das Wort „Ding“ gewinnt an Beliebtheit; so ist etwa mit dem „Ding zum Schneiden“ ein Messer gemeint. Die Fantasiesprache nimmt mit der Zeit immer ausgeprägtere Formen an, bis hin zur Aneinanderreihung von bloßen Silben, die mehr gesungen als gesprochen werden.

Tipps für die Kommunikation

  • Achten Sie auf Mimik und Gestik: Achten Sie bei kommenden Besuchen mehr auf die Mimik und Gestik des Betroffenen.
  • Nutzen Sie Humor: Lachen stellt eine der wichtigsten verbindenden Kommunikationsmöglichkeiten dar. Wird gelacht, fühlt sich ein Mensch mit Demenz wohl, verstanden und angenommen. Es verbessert seinen Allgemeinzustand und sein emotionales Wohlbefinden. Lachen senkt den Cortisolspiegel und damit die Stresshormone.
  • Vermeiden Sie Quizfragen: Wenn ein Mensch demenzkrank ist, sollte man ihn nicht auch noch mit "Quizfragen" verunsichern.
  • Schaffen Sie Ruhe und Geduld: Wer mit demenzkranken Menschen spricht, braucht viel Ruhe und Geduld. In Gesprächen sollte man bei einem Thema verweilen und nicht nebenbei andere Dinge erledigen.
  • Vermeiden Sie vermeintliche Aufklärung: Wenig sinnvoll für ein Gespräch ist eine vermeintliche Aufklärung, "wie es wirklicht ist".
  • Sprechen Sie langsam und deutlich: Ein Demenzkranker braucht deutlich länger als wir, um Informationen zu verarbeiten. Seien Sie also aufmerksam und geduldig und unterstützen Sie, wo Sie können - aber nicht mehr als nötig. "Leute, macht langsam, es pressiert. Wenn es schnell gehen muss, musst Du langsam sein."

Ein Beispiel aus der Praxis

Erst kürzlich wandte sich bei einem meiner Vorträge ein junger Mann an mich. „Ich kam rein“, sagte er, „und mein Onkel rief mir entgegen: ‚Na, gib her, dein Bein!‘ Ich hatte keine Ahnung, was ich tun soll. Und da wird der Onkel total ärgerlich und schreit mich an: ‚Hau ab, raus hier!‘ Ich weiß gar nicht, was ich falsch gemacht habe." In diesem Fall hatte der Onkel mit Demenz das Wort „Hand“ nicht parat und fühlte sich gekränkt, als der Neffe ihm scheinbar den Handschlag verweigert hat. Seine Reaktion war eine Folge der vermeintlichen Unhöflichkeit.

Umgang mit Verhaltensweisen

Spüren Betroffene, dass auf einmal so viel „schiefläuft“, „komisch“ ist, dass sie regelrecht glauben, „verrückt“ zu werden, beginnen sie, ihre starken negativen Emotionen zu kompensieren. Dabei bauen sie sich eine neue Realität auf. Diese nachzuvollziehen kann für Angehörige mühsam und schwierig werden und sie an ihre Grenzen führen.

Die Rolle der Angehörigen

Mit der Diagnose „Demenz“ ändert sich der Alltag auch für die Angehörigen des Demenzerkrankten schlagartig. Geduld, Respekt, Fürsorge und Zuwendung sind nötig, um mit Betroffenen ein würdiges Miteinander zu gestalten. Angehörige und Pflegende leisten Tag für Tag großartige und wertvolle Arbeit - gleichzeitig fühlen sie sich oft allein gelassen im alltäglichen Umgang mit Demenzerkrankten. Häufig fragen sie sich: Wie reagiere ich richtig?

Besonders wichtig ist es auch, das Thema nicht zu tabuisieren. Falls sich der Verdacht dann doch bestätigt, sollten Sie sich zuallererst über die Krankheit informieren, sagt der Experte: "Demenz ist wie eine Reise in ein fremdes Land. Und wie jeder, der eine Reise macht, erkundige ich mich vorher, was auf mich zukommt." Diese Reise möchten Sie natürlich gemeinsam mit Ihrer Mutter antreten und gleichzeitig soll sie für alle Beteiligten so angenehm wie möglich sein. "Menschen mit Demenz brauchen Bernhardiner, keine Pinscher. All die Attribute, die wir einem Bernhardiner zuschreiben, wären auch im Umgang mit einem an Demenz erkrankten Menschen sehr hilfreich."

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Unterstützung und Hilfe

Gut sei es natürlich, wenn Familienmitglieder und Angehörige da sind. Neben der Familie gibt es zahlreiche weitere Unterstützungsangebote:

  • Pflegeheime: Rund 12.000 Pflegeheime mit über 800.000 vollstationären Pflegeplätzen.
  • Ambulante Pflegedienste: 13.000 ambulante Pflegedienste.
  • Diakonie Stiftung "Mitmenschlichkeit": Hat Demenz zu einem ihrer Arbeitsschwerpunkte gemacht.
  • Beratungsstellen: Zahlreiche Beratungsstellen bieten Informationen und Unterstützung für Betroffene und Angehörige.

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