Der lange Abschied: Ein Demenz-Ratgeber

Wenn eine Frau mit 40 Jahren die Diagnose einer unheilbaren Krankheit erhält und ihr Mann ihr das Versprechen gibt, sie durch alles hindurch zu begleiten, dann klingt das wie eine Selbstverständlichkeit. Wenn diese Krankheit die geliebte Frau aber nicht nur schwächt, sondern sie vor seinen Augen als Person verschwinden lässt wie eine Bleistiftzeichnung unter dem Radiergummi, dann ist das eine andere Dimension. Hans Jürgen Herber erzählt mutig und mit entwaffnender Offenheit, was es bedeutet, seine junge Frau und die Mutter seines Sohnes nach und nach an Alzheimer zu verlieren. Er beschreibt eine Beziehungsreise, die berühren, aber auch irritieren oder gar provozieren mag. Vielleicht macht sie auch Mut, nach ungewöhnlichen Lösungen zu suchen.

Kaum eine Diagnose bringt so viel Leid mit sich wie die Demenz. Betroffene und ihre Angehörigen sind mit schier unüberwindbaren Herausforderungen konfrontiert. Doch Demenz ist nicht gleich Demenz. Das Wort Demenz leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet so viel wie „ohne Geist“ - eine ziemlich treffende Umschreibung, denn gemeinhin erleben Betroffene und Angehörige einer Demenz, wie sich die kognitiven Fähigkeiten im Vergleich zu früher zusehends verschlechtern. Nach und nach ändert und verschwindet der Charakter des erkrankten Menschen. Die Person, so wie sie einmal war, hört auf zu existieren. Eine Demenzerkrankung bedeutet zumeist einen langen Abschied von geliebten Menschen. In Deutschland leben etwa 1,6 Millionen Patientinnen und Patienten mit der Diagnose, die meisten davon sind älter als 65 Jahre. Die klassische Demenz gibt es dabei nicht, jede Erkrankung verläuft individuell. „Demenz beschreibt ein Muster von Symptomen, die für die Betroffenen Einbußen an kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten bedeuten. Am stärksten betroffen sind Denkvermögen, das Kurzzeitgedächtnis sowie Sprache und Persönlichkeit“, sagt die Leitende Medizin der BARMER, Dr. Ursula Marschall. Im weiteren Verlauf reduzieren sich auch die motorischen Fähigkeiten.

Hans Jürgen Herber wurde 1966 in Frankfurt am Main geboren. Er arbeitet im Entstördienst der Frankfurter Gas- und Wasserversorgung. Als seine Frau Yvonne 2010 an Alzheimer erkrankt, begleitet er sie bis zu ihrem Tod im Februar 2015. Mit dem gemeinsamen Sohn Marc lebt er in Frankfurt in einer Patchwork-Familie. Ulrich Beckers ist Autor, Musiker und Comedian. Er hat unter anderem für Murat Topal und Eckart von Hirschhausen als Texter und Ideengeber gearbeitet. Bei Patmos sind von ihm erschienen: Freddy Leck mit Ulrich Beckers: »Nicht jeder Fleck muss weg«. Und: Hans Jürgen Herber mit Ulrich Beckers: »Der lange Abschied«.

Was bedeutet "Der lange Abschied"?

Wenn von „langem Abschied“ die Rede ist, dann oft in Verbindung mit einer Demenzerkrankung. Im Verlauf einer Demenz heißt es immer wieder Abschied nehmen von vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Häufig kommt es im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz zum Umzug in ein Pflegeheim, wenn etwa Inkontinenz oder herausforderndes Verhalten zu Hause nicht mehr bewältigt werden können. Das Heim wird das neue Zuhause für den Demenzkranken. Ein gutes Miteinander von Pflegekräften und Angehörigen ist während der ganzen Zeit des Heimaufenthalts wichtig. Besondere Bedeutung gewinnt eine gute Kommunikation im letzten Lebensabschnitt und besonders in der Sterbephase.

Der lange Abschied am Beispiel von Hans Jürgen Herber

Hans Jürgen Herber erzählt mutig und mit entwaffnender Offenheit, was es bedeutet, seine junge Frau und die Mutter seines Sohnes nach und nach an Alzheimer zu verlieren. Er beschreibt eine Beziehungsreise, die berühren, aber auch irritieren oder gar provozieren mag. Vielleicht macht sie auch Mut, nach ungewöhnlichen Lösungen zu suchen.

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Ursachen und Symptome von Demenz

Bei der Alzheimer-Erkrankung kommt es zum fortschreitenden Verlust von Hirn-Nervenzellen sowie zu Ablagerungen. Die ersten Symptome von Alzheimer werden oft nicht mit der Krankheit in Verbindung gebracht: Kopfschmerzen, leichte Depressionen, Leistungsschwäche. Bald kommt es zu ersten Ausfallerscheinungen des Gehirns.

Frühwarnzeichen von Demenz

Es gibt bestimmte Frühwarnzeichen, die auf eine mögliche Demenzerkrankung hindeuten können:

  1. Der Betroffene wiederholt immer wieder die gleiche Frage.
  2. Er oder sie erzählt ständig dieselbe Geschichte mit denselben Worten.
  3. Es gelingt nicht mehr, alltägliche Verrichtungen (Kochen, Kartenspielen, Benutzung der Fernbedienung) vorzunehmen.
  4. Der Umgang mit Geld, Rechnungen und Überweisungen klappt nicht mehr.
  5. Gegenstände werden verlegt oder unbewusst versteckt, Angehörige werden verdächtigt, sie weggenommen zu haben.
  6. Der Patient weigert sich, sich zu waschen oder frische Kleider anzuziehen und behauptet fälschlich, dies gerade erst getan zu haben.
  7. Er wiederholt an ihn gerichtete Fragen.

Mit dem Fortschreiten der Krankheit nimmt das Orientierungsvermögen stark ab, die sprachlichen Fähigkeiten verkümmern, die Persönlichkeit beginnt zu zerfallen. Im späten Stadium der Krankheit baut der Körper stark ab. Betroffene können ihren Alltag ohne ständige Pflege nicht mehr meistern. Nach der Diagnose leben die Betroffenen meist noch zwischen acht und zehn Jahren. Heilung ist bislang nicht möglich. Mit Medikamenten werden die Symptome behandelt. Das Voranschreiten der Krankheit wird so verlangsamt.

Formen von Demenz (Auswahl)

  • Alzheimer-Demenz: Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer-Demenz. Bei dieser Erkrankung lagern sich im Gehirn kleine Eiweißpartikel in Form von Beta-Amyloid-Plaques oder Tau-Fibrillen ab. Diese könnten dafür verantwortlich sein, dass immer mehr Gehirnzellen absterben. Obwohl die Krankheit bei jedem Menschen unterschiedlich verläuft, lässt sie sich in drei Stadien unterteilen, die fließend ineinander übergehen. Alzheimer beginnt nahezu unbemerkt mit leichten Gedächtnislücken und kleineren Stimmungsschwankungen, vielleicht treten auch bereits leichte Sprachschwierigkeiten auf. In der zweiten Phase verstärken sich diese Symptome und schränken den Alltag der Betroffenen und ihrer Angehörigen zunehmend ein. Das Zeit- und Ortsgefühl geht verloren, nahe Verwandte können nicht sicher namentlich benannt werden und bei den alltäglichen Tätigkeiten wie Körperpflege oder Nahrungsaufnahme benötigen die Erkrankten Unterstützung. In der letzten Phase können die Gefühle nicht mehr kontrolliert werden, Betroffene sind jetzt vollkommen auf die Pflege und Betreuung angewiesen. Verwandte und Freunde werden nicht mehr erkannt. Es zeigen sich körperliche Symptome wie Gehschwäche und Schluckstörung. Häufig versterben Erkrankte an Komplikationen mit begleitenden Krankheiten.
  • Vaskuläre Demenz: Bei dieser gefäßbedingten Demenz kommt es infolge von Durchblutungsstörungen des Gehirns zum Absterben von Nervengewebe. Je stärker die Durchblutungsstörung, desto ausgeprägter die Demenz. Die Symptome ähneln denen von Alzheimer, werden zumeist aber noch durch körperliche Beschwerden wie Taubheitsgefühle, Lähmungserscheinungen oder sonstige neurologische Auffälligkeiten begleitet. „Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Rauchen oder auch Diabetes mellitus gelten als die bestimmenden Hauptursachen für die vaskuläre Demenz“, erläutert Dr. Marschall.
  • Frontotemporale Demenz: Eine Frontotemporale Demenz liegt vor, wenn vor allem die Nervenzellen im Stirn- und Schläfenbereich, also dem frontalen und temporalen Teil des Gehirns, absterben. Diese Teile sind verantwortlich für Emotionen und Sozialverhalten. Bei der Frontotemporalen Demenz kommt es entsprechend stark zu Verhaltensauffälligkeiten. Ein gesteigertes Aggressionsverhalten, Enthemmung und Unberechenbarkeit der Betroffenen sind häufige Symptome. Diese spezielle Form der Demenz ist häufiger Folge nach Schädel-Hirn-Traumen.
  • Korsakow-Syndrom: Das Korsakow-Syndrom ist gekennzeichnet durch eine starke Merkfähigkeitsstörung. Betroffene haben die Fähigkeit verloren, neue Informationen abzuspeichern. Die entstehenden Gedächtnislücken werden bisweilen durch frei erfundene Geschichten ersetzt. „Es ist wichtig darauf hinweisen, dass viele Patienten sich dieser Lügen nicht bewusst sind. Es ist ihre Realität und für sie dementsprechend wahr“, sagt Dr. Marschall. Bei dieser Form der Demenz leiden vor allem die Regionen des Gehirns, die für die Gedächtnisbildung und Regulierung der Emotionen verantwortlich sind. Dieses Syndrom kann als Folge von jahrelangem und heftigen Alkoholabusus auftreten.

Anzeichen einer Demenz erkennen

„Hier ist Vorsicht geboten, denn nicht jede Beeinträchtigung des geistigen Leistungsvermögens muss bereits ein Alarmsignal für eine Demenz sein. Wenn aber jemand eine deutliche Antriebsschwäche aufweist, obwohl die Person vorher sehr aktiv war und wenn dann noch regelmäßige Gedächtnislücken in Kombination mit Sprach- oder Orientierungsschwierigkeiten auftreten, sollte dies dringend medizinisch abgeklärt werden“, rät Dr. Ursula Marschall. Der Gang in die Arztpraxis ist dabei oft nicht einfach. Viele Betroffene neigen gerade im Anfangsstadium der Krankheit dazu, ihre Einschränkungen aus Scham vor anderen zu verbergen.

Warnsignale:

  • Vergessen von kurzzeitig zurückliegenden Ereignissen
  • Sprachstörungen
  • Probleme, gewohnte Tätigkeiten auszuüben
  • Fehlender Überblick der persönlichen finanziellen Situation
  • Nachlassendes Interesse an Arbeit, Hobbys und Kontakten
  • Fehleinschätzung von Gefahren
  • Ungekannte Stimmungsschwankungen (anhaltende Ängstlichkeit & Reizbarkeit)

Was Angehörige tun können

Die wenigsten Patientinnen und Patienten wenden sich mit einem Verdacht auf Demenz an ihre Ärztin oder ihren Arzt. Der Weg zur Diagnose führt zumeist über Angehörige, die ebenso wie die Betroffenen einen Weg finden müssen, um mit der Erkrankung umgehen zu können. Bereits der Beginn kann mit Schwierigkeiten verbunden sein, denn angesprochen auf ihre möglichen Probleme können Betroffene aggressiv bis ablehnend reagieren. Hier kann es helfen, ihr Verhalten über einen längeren Zeitraum hinweg zu dokumentieren. Zu welchen Zeiten war welches Verhalten auffällig bis problematisch? Dabei sollte ein möglich großes Netzwerk aus Verwandten, Freunden und Nachbarn mit einbezogen werden. Diese Dokumentationsarbeiten helfen Ärztinnen und Ärzten eine Diagnose zu stellen und das weitere Vorgehen zu besprechen. „Die Betreuung von Demenzerkrankten wird zumeist von Angehörigen im privaten Haushalt übernommen. Von ihnen wird viel Engagement, Verzicht auf Freizeit und die Bereitschaft einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung abverlangt. Angehörige sollten dabei ihre eigene körperliche und seelische Gesundheit im Auge behalten und entsprechende Entlastungsangebote annehmen“, rät Dr.

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Vorbeugung

Einige Verhaltensweisen können laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, senken.

Begleitung am Lebensende

Wann die letzten Tage, Wochen und Monate anbrechen, ist bei Demenzkranken oft schwer zu bestimmen. Manchmal ist ein verstärkter Rückzug der Erkrankten zu beobachten, häufig wird Essen und Trinken verweigert. Oft ist es eine akute Lungenentzündung, die sich nicht auskurieren lässt. Meist haben Angehörige und Pflegekräfte, die den Bewohner schon lange kennen, ein gutes Gespür für die Veränderungen.

Werden Angehörige gefragt, was sie sich am meisten für den Sterbenden wünschen, dann sind es in der Regel diese drei Punkte:

  • Im vertrauten Umfeld sterben zu können: Ein Ortswechsel ins Krankenhaus stellt am Lebensende eine große Belastung dar und sollte möglichst vermieden werden. Vielleicht ist im Krankenhaus die medizinische Versorgung besser - doch das spielt in der Sterbephase nicht mehr die entscheidende Rolle. Schmerzbehandlung ist auch zu Hause oder im Heim möglich.
  • Nicht leiden zu müssen: Meist geht dem Sterben eine Krankheit voraus wie z.B. eine Lungenentzündung oder ein Tumor. Dass Schmerzen in den letzten Wochen und Monaten auftreten, ist daher sehr wahrscheinlich. Da Menschen mit Demenz ihre Schmerzen oft nicht benennen können und häufig die Frage „Haben Sie Schmerzen?“ nicht verstehen, ist eine sorgfältige Beobachtung der Mimik, Gestik und des Verhaltens notwendig. Wenn der Verdacht auf Schmerzen besteht, sollten Schmerzmittel gegeben werden. Sterbende verweigern oft Essen und Trinken. Dies gilt es zu erkennen und auch auszuhalten. Die Ernährung über eine Magensonde ist am Lebensende nicht mehr sinnvoll. Mundpflege wird jedoch als lindernd und wohltuend erlebt.
  • Nicht allein zu sein: Das Bedürfnis nach Schutz und Geborgenheit bleibt bis zum Schluss erhalten, wie auch der Wunsch nach Berührung und der Anwesenheit eines Menschen. Manche Angehörige sind bereit, dies zu übernehmen und den Sterbenden zu begleiten. Im Heim braucht es dafür einen geschützten Raum mit der Möglichkeit, eventuell dort mit zu übernachten. Pflegekräfte geben durch ihre Anwesenheit und durch ihr Fachwissen Sicherheit.

Manche Angehörige sind jedoch verunsichert und trauen sich diese Aufgabe nicht zu. Sie brauchen Ermutigung, Anleitung und Unterstützung. Hospizhelfer bieten hier Begleitung an. Wieder anderen Angehörigen fällt es schwer, sich mit Tod und Abschied auseinander zu setzen. Manchmal gibt es auch zu viele ungelöste Konflikte. Angehörige ziehen sich zurück - auch das fordert Respekt.

Eine Begleitung bis zuletzt ist allein nicht zu bewältigen - es braucht ein Netz an Unterstützung und es braucht Wissen. Immer mehr Hospizdienste schulen die Hospizhelfer im Umgang mit Demenzkranken. Auch wird das Angebot der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung ausgeweitet. Teams kommen nach Hause und begleiten und betreuen die Erkrankten. Sie beraten die Angehörigen, unterstützen bei der Symptomkontrolle und vermitteln Sicherheit.

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Abschiedskultur am Beispiel Heim

Sterben gehört zum Alltag für die Pflegekräfte - für den Sterbenden und dessen Angehörige ist es ein einmaliger Vorgang, der sich in das Gedächtnis einbrennt. Für Angehörige und manchmal auch für Pflegekräfte kann es eine Zeit besonderer Nähe sein. Und manchmal geschieht auch - ohne viele Worte - Versöhnung. Dies braucht Vorbereitung.

Für das Team des Pflegeheims setzt es eine Auseinandersetzung mit Sterben und Tod voraus und eine Verständigung darüber, welcher Umgang damit gefunden wird - bereits weit vorher. Eine Abschiedskultur, die gemeinsam entwickelt wurde, gibt den Sterbenden, den Angehörigen, aber auch den Pflegekräften Sicherheit und Halt.

Dazu gehört:

  • Angehörige rechtzeitig informieren: In den Akten ist vermerkt, welche Angehörigen angerufen werden sollen.
  • Es wird Wert gelegt auf eine gute Kooperation zwischen behandelndem Arzt, Pflegekräften und Angehörigen. Schwierige Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, um so möglichst dem mutmaßlichen Willen des Sterbenden entsprechen zu können. Alle im Team kennen die Patientenverfügung - sofern eine existiert.
  • Das Team verfügt über palliatives Wissen und / oder arbeitet eng mit einem Palliativmediziner oder einem SAPV-Team (Spezialisierte ambulante Palliativ-Versorgung) zusammen. Die Teams begleiten und unterstützen bei Fragen der Schmerzbehandlung oder in kritischen Situationen.
  • Ehrenamtliche Begleiter/innen werden rechtzeitig einbezogen, um - wenn gewünscht - zu unterstützen, z.B. wenn die Nachtwache allein ist.
  • Die Bedürfnisse der Sterbenden stehen im Vordergrund. Grundpflege und Lagerung werden der Situation angepasst.
  • Die Pflegekräfte wissen um den vorhandenen oder nicht vorhandenen Wunsch der Sterbenden nach religiösen Ritualen, wie ein Sakrament zu empfangen oder den Imam zu rufen. Spirituelle Erfahrungen können Trost spenden und Geborgenheit vermitteln.
  • Nach dem Eintritt des Todes haben die Angehörigen die Möglichkeit, beim Waschen und Betten des Toten mitzuhelfen.
  • Angehörige, Pflegekräfte und alle weiteren Begleiter, haben genügend Zeit zum Abschiednehmen.
  • Es besteht für Angehörige das Angebot eines Gesprächs, einer Beratung, um das Leben und die gemeinsame Zeit, die miteinander verbracht wurde, zu würdigen.
  • Eine Trauerfeier, ein Trauerbuch oder ein Nachruf kann dem Abschied und der Erinnerung eine gute Form geben.

Die letzten Tage sind für Angehörige einschneidend und prägend. Sie bleiben im Gedächtnis haften und sie sind endgültig. Sie können tröstlich sein oder aufwühlend. Deshalb ist es wichtig, dass sich alle Beteiligten damit auseinandersetzen und mithelfen, das Lebensende würdig zu gestalten. Es braucht gegenseitigen Respekt und Anerkennung - auch seitens der Gesellschaft.

Der Trauerprozess und Unterstützung für Angehörige

Besonders Angehörige von Demenzkranken übernehmen oft jahrelang die Betreuung einer geliebten Person, die physisch zwar präsent, psychisch aber abwesend ist. Der Trauerprozess setzt für Angehörige Demenzkranker weit vor dem Tod ein. Immer dann, wenn die vertraute Person des Vaters, der Mutter oder der Ehefrau Stück für Stück entschwindet.

Ingrid Fuhrmann, Mitgründerin der Berliner und der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, begleitete ihre demenzkranke Mutter und jetzt ihren an Alzheimer erkrankten Ehemann. „Es ist eine Berg- und Talfahrt der Gefühle. Es gibt schöne Momente wie zum Beispiel bei meinem letzten Besuch, als mein Mann wie früher eine Stunde lang einen Artikel im Spiegel gelesen hat. Ein anderes Mal bin ich sehr verletzt, wenn er sich mir gegenüber aggressiv verhalten hat“, sagt Fuhrmann. Sie war sowohl bei ihrer Mutter als auch bei ihrem Mann eher erleichtert, als sie die Diagnosen erfuhr. Denn endlich hatte sie Klarheit. Und sie konnte sich besser für die kommenden Jahre wappnen.

Tipps für Angehörige

  • Sich Entlastung verschaffen: Vermeiden Sie es allein zu sein. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft unterstützt Angehörige demenzkranker Menschen mit vielfältigen Angeboten. Ansonsten wird die Pflege zum einzigen Inhalt im Leben und frisst den Pflegenden irgendwann buchstäblich auf. Das heißt auch: einmal in der Woche frei haben, einmal im Jahr für mindestens zwei Wochen in den Urlaub fahren und in der „Freizeit“ körperlich und seelisch entspannen, um wieder Kraft für den Alltag zu schöpfen.
  • Gespräche suchen: „Mir helfen die Gespräche mit engen Freunden und mit meinen Kindern. Ich brauche eine ruhige Zeit für mich morgens und abends, um Zeitung zu lesen und Musik zu hören“, erzählt Ingrid Fuhrmann.
  • Angehörigengruppen: Ingrid Fuhrmann empfiehlt Angehörigengruppen sehr.
  • Rituale schaffen: Solange es noch möglich ist, Rituale schaffen. Man kann zum Beispiel einmal in der Woche gemeinsam Musik hören oder ein Lieblingsbuch lesen“, empfiehlt Psycho-Gerontologin Tschainer. Auch eine so genannte „Freude-Biografie“ kann ein schönes Ritual sein. Hier erinnern sich Kranke und Angehörige gemeinsam an freudige und schwere Momente, die sie zusammen gut bewältigen konnten. Dazu kleben sie passende Fotos in ein Notizbuch oder schreiben einige kurze Sätze hinein.

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