Der Deutsche Kongress für Parkinson und Bewegungsstörungen ist eine bedeutende Plattform für den Austausch neuester Erkenntnisse, die Diskussion aktueller Herausforderungen und die Vorstellung innovativer Therapieansätze im Bereich der Bewegungsstörungen. Er bietet Medizinern, Wissenschaftlern, Pflegekräften und Therapeuten die Möglichkeit, sich umfassend zu informieren und interaktiv auszutauschen.
Hintergrund und Bedeutung des Kongresses
Die Parkinson-Krankheit stellt eine der größten Herausforderungen für unsere Gesellschaft dar, wobei Experten eine Verdopplung oder gar Verdreifachung der weltweiten Erkrankungszahlen bis 2040 prognostizieren. Allein in Deutschland sind heute bereits rund 400.000 Patienten betroffen. Angesichts dieser Entwicklung sind Früherkennung, optimale Versorgung und intensive Erforschung von Ursachen und Therapien von entscheidender Bedeutung. Der Deutsche Kongress für Parkinson und Bewegungsstörungen trägt maßgeblich dazu bei, diese Ziele voranzutreiben.
Alle zwei Jahre veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) in Kooperation mit dem Arbeitskreis Botulinumtoxin (AkBoNT) den Deutschen Kongress für Parkinson und Bewegungsstörungen als Präsenzkongress. Im Jahr 2024 fand dieser in Rostock statt. Zusätzlich bietet die DPG mit der virtuellen Live-Veranstaltung „Highlights Digital“ die Möglichkeit für ein fachliches Update auf digitalem Wege.
Deutscher Kongress für Parkinson und Bewegungsstörungen 2026 in Leipzig
Der Deutsche Kongress für Parkinson und Bewegungsstörungen 2026 fand vom 16. bis 18. April in der Kongresshalle am Zoo Leipzig statt. Unter dem Motto „Vom Gen zum System - der kinetische Code“ wurde der komplexe Weg von molekularbiologischen Grundlagen bis hin zur Systemtherapie neurologischer Bewegungsstörungen nachvollzogen und diskutiert.
Erstmals gestalteten die Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG), der Arbeitskreis Botulinumtoxin (AKBoNT) und die Arbeitsgemeinschaft Tiefe Hirnstimulation (AG THS) den Kongress inhaltlich gemeinsam. Diese enge Zusammenarbeit spiegelt das zentrale Anliegen wider: Synergien schaffen, fachübergreifendes Denken fördern und die Versorgung der Patienten durch gebündelte Expertise weiter verbessern.
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Das wissenschaftliche Programm bot aktuelle Erkenntnisse zur Genetik, Pathophysiologie und Systemmedizin der Parkinsonerkrankung und anderer Bewegungsstörungen. Besondere Schwerpunkte lagen auf neuen Entwicklungen in der Genetik, der Biomarkerforschung sowie den medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien, einschließlich der Botulinumtoxintherapie und der Tiefen Hirnstimulation mit neuromodulierenden Verfahren. Auch neue Erkenntnisse zu Exposom und Prävention wurden diskutiert. Ergänzt wurde dies durch praxisorientierte Fortbildungsveranstaltungen, Fallseminare und interaktive Workshops.
Ein besonderes Augenmerk galt der Nachwuchsförderung. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wurden eingeladen, sich aktiv einzubringen, ihre Forschung vorzustellen und von einem breiten Netzwerk zu profitieren.
Keynote-Sprecher 2026
- Prof. Dr. Maiken Nedergaard: Co-Direktorin des Center for Translational Neuromedicine in Rochester (USA) sowie in Kopenhagen. Sie stellte bahnbrechende Erkenntnisse zum glymphatischen System vor und zeigte dessen zentrale Bedeutung für die Entstehung und mögliche Behandlung von Parkinson und verwandten neurologischen Störungen auf.
- Prof. Dr. Andreas Horn: Schilling-Professor für Computational Neurology und Gründungsdirektor des Instituts für Netzwerkstimulation an der Universitätsklinik Köln. Sein Labor erforscht, wie fokale Neuromodulation das menschliche Konnektom beeinflusst, um klinische Behandlungen für neurologische und psychiatrische Störungen zu verfeinern.
- Prof. Dr. Bo Biering-Sørensen: Neurologe und Leiter der Spastik-, Schmerz- und Bewegungsstörungsambulanzen am Rigshospitalet Glostrup, Universität Kopenhagen.
Schwerpunkte und Themen des Kongresses
Der Kongress deckte ein breites Spektrum an Themen ab, die für die Forschung, Diagnostik und Therapie von Parkinson und anderen Bewegungsstörungen relevant sind. Zu den wichtigsten Schwerpunkten gehörten:
- Genetik und Pathophysiologie: Aktuelle Erkenntnisse über die genetischen Grundlagen und die komplexen Mechanismen, die der Entstehung von Bewegungsstörungen zugrunde liegen.
- Biomarkerforschung: Fortschritte bei der Identifizierung und Validierung von Biomarkern, die eine frühe Diagnose und eine personalisierte Therapie ermöglichen.
- Medikamentöse Therapien: Neue Entwicklungen bei der Entwicklung und Anwendung von Medikamenten zur Behandlung von Parkinson-Symptomen und zur Verlangsamung des Krankheitsverlaufs.
- Nicht-medikamentöse Therapien: Innovative Ansätze wie die Tiefe Hirnstimulation, die Botulinumtoxintherapie und andere neuromodulatorische Verfahren.
- Multidisziplinäre Versorgung: Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit von Ärzten, Therapeuten, Pflegekräften und anderen Fachleuten für eine optimale Versorgung von Patienten mit Bewegungsstörungen.
Molekulare, strukturelle und funktionelle Bildgebung
Parkinson-Forscher verzeichnen signifikante Verbesserungen in Effizienz und Genauigkeit bei der molekularen, strukturellen und funktionellen Bildgebung, die die krankhaften Veränderungen im Gehirn erfasst.
Behandlung mit Magnetresonanz-gesteuertem, hochfokussiertem Ultraschall (MRgFUS)
Die Behandlung mit Magnetresonanz-gesteuertem, hochfokussiertem Ultraschall (MRgFUS) von Forschern der Universitätsklinik Bonn ist eine viel versprechende Innovation bei der Therapie eines schweren, medikamentös nicht therapierbaren essenziellen Tremors.
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Botulinumtoxin bei neuen Indikationen
Botulinumtoxin kann bei neuen Indikationen angewendet werden, beispielsweise bei Sialorrhö, also vermehrtem Speichelfluss. Neu entwickelte Toxine haben eine veränderte Wirkdauer und Wirksamkeit.
Virtueller Kongress 2022
Bereits zum zweiten Mal fand der Deutsche Kongress für Parkinson und Bewegungsstörungen vom 24. bis zum 26. März 2022 virtuell statt. Neueste Erkenntnisse zum jüngsten Stand der Forschung, Diagnostik und Therapie bei Bewegungsstörungen wurden von nationalen und internationalen Expert*innen diskutiert. Auch die ehemalige Chefärztin der Paracelsus-Elena-Klinik und nun aktuelle Leiterin des Paracelsus-Kompetenznetzwerks Parkinson sowie Past-Präsidentin der International Parkinson and Movement Disorders Society (MDS), Frau Univ Prof. Dr. Claudia Trenkwalder, war bei der Online-Pressekonferenz als Highlight-Sprecherin dabei.
Kausaltherapien im Fokus
Auf dem Kongress in Düsseldorf wurde das Schlüsselthema "Kausaltherapien" diskutiert, also die Frage, wann erste Therapien zur Verfügung stehen, mit denen die Ursache der Parkinson-Krankheit behandelt werden kann. Professor Bernhard Landwehrmeyer, Universität Ulm, stellte erste Erfolge in der Bekämpfung des Zerfalls von Hirnzellen vor. Diese Ergebnisse sind deshalb so relevant, weil alle bisher verwendeten Medikamente ausschließlich Symptome linderten, nicht jedoch deren Ursachen behandelten. Tatsächlich konnte erstmals im Rahmen kleinerer Studien die Produktion des nervenzzerstörenden Proteins bei Patienten mit Morbus Huntington deutlich reduziert werden. Prof. John A. Hardy, University College of London, befasst sich seit Jahrzehnten mit den pathologischen Vorgängen im Gehirn - insbesondere in Bezug auf die Interaktion von Genen und Umweltbedingungen, die das Risiko neurodegenerativer Erkrankungen erhöhen.
Bedeutung der Forschung für die Zukunft
Die Parkinson-Forschung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Die präzisere phänotypische und molekularbiologische Charakterisierung von Krankheitsuntergruppen bereitet den Weg in Richtung individualisierter Medizin.
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