Alzheimer-Diagnoseverfahren: Ein umfassender Überblick

Die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Ursache für Demenz, betrifft in Deutschland etwa eine Million Menschen. Da die Bevölkerung immer älter wird, nimmt die Häufigkeit von Demenzerkrankungen insgesamt zu. Die Alzheimer-Diagnostik ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Verfahren umfasst, um die Krankheit frühzeitig zu erkennen und von anderen Demenzformen abzugrenzen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die aktuellen Diagnoseverfahren, ihre Vor- und Nachteile sowie zukünftige Entwicklungen.

Einführung in die Alzheimer-Diagnostik

Unter Demenz versteht man eine krankhafte geistige Einschränkung, die durch eine Schädigung des Gehirns verursacht wird. Betroffenen fällt es zunehmend schwer, sich zu erinnern und zu orientieren, zu denken, Neues zu lernen, zu sprechen und vernünftig zu urteilen. Die Alzheimer-Krankheit ist eine degenerative Demenz, bei der es zu einem direkten Abbau des Gehirns kommt. Obwohl intensiv an Demenz geforscht wird, weiß man bis heute nicht wirklich, wie sie entsteht; man vermutet einen Zusammenhang mit Eiweißablagerungen im Gehirn, den so genannten Plaques. Auch gibt es keine Heilung. Medikamente und andere Therapien können bestenfalls die Entwicklung einzelner Aspekte der Krankheit verlangsamen. Eine treffsichere Früherkennungs-Untersuchung verbunden mit einer effektiven Therapie könnte Betroffene davor bewahren, eine schwere Demenz zu entwickeln.

Der diagnostische Prozess

Der schleichende Beginn der meisten Demenzerkrankungen ist die Ursache dafür, dass Einschränkungen und auffällige Verhaltensweisen der Betroffenen oft erst im Rückblick als erste Symptome einer Demenz erkannt werden. Wenn sich das Gedächtnis oder andere kognitive Fähigkeiten dauerhaft und auffällig verschlechtern, ist die erste Anlaufstelle meist die hausärztliche Praxis. Die Erstdiagnose wird oft von der Hausärztin oder vom Hausarzt gestellt. Sie sollte grundsätzlich die Einschätzung einer Fachärztin oder eines Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie oder Nervenheilkunde einbeziehen, die eine neurologische und psychiatrische Diagnostik durchführen.

Anamnese und körperliche Untersuchung

Zunächst findet ein Anamnese-Gespräch statt: Die Ärztin oder der Arzt fragt nach aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen, Medikamenten und möglichen Risikofaktoren. Nicht nur der aktuelle Zustand ist wichtig, sondern auch der Vergleich mit der Vergangenheit. Auch wenn jemand geistig noch genauso leistungsfähig ist wie viele andere Menschen, spricht das nicht gegen Alzheimer. Es kann ja sein, dass er von einem sehr hohen Niveau kommt. Dann bemerken zunächst nur der Betroffene selbst oder nahe Verwandte, dass etwas nicht stimmt. Im Anschluss an das Gespräch folgt eine allgemeine körperliche Untersuchung.

Kognitive Tests

Kognitive oder auch neuropsychologische Tests können wichtige Hinweise auf das Vorliegen einer Demenzerkrankung geben. Anhand verschiedener Tests kann der Arzt die derzeitige geistige Leistungsfähigkeit des Patienten beurteilen und damit den Schweregrad der Demenz einordnen.

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Einige Beispiele für kognitive Tests sind:

  • Uhren-Test: Bereits das einfache Zeichnen einer Uhr lässt eine Beurteilung des geistigen Zustands des Patienten zu. Aufgrund der zunehmenden visuell-räumlichen Orientierungsprobleme im Verlauf der Krankheit können die Ziffern und Zeiger oft nicht mehr richtig in einem vorgegebenen Kreis angeordnet werden (Dauer ca. 5 Minuten).
  • Mini-Mental-Status-Test (MMST): Er wird häufig vom Hausarzt zur ersten Orientierung durchgeführt, er dauert nur ca. 10 Minuten. Der Patient muss einige Fragen zur aktuellen Zeit und zum Raum, in dem er sich gerade befindet, beantworten (misst Orientierung in Zeit und Raum). Er wird gebeten, drei Worte nachzusprechen (misst Merkfähigkeit), einen einfachen „Rückrechentest" durchzuführen (misst Aufmerksamkeit und Richtigkeit). Dann soll er die drei Worte des Merkfähigkeitstest wiederholen (misst Erinnerungsfähigkeit). Schließlich gibt es einige Sprach- und Schreibtests. Die Aufgaben sind so einfach, dass sie jeder geistig Gesunde mit Leichtigkeit bestehen würde. Ein Demenz-Kranker weist jedoch Lücken auf. Sie werden mit zunehmender Demenz immer deutlicher.
  • Demenz-Detektion (DemTect): Dieser Spezialtest zur Früherkennung ist dem MMST überlegen und wird daher häufig vom Gerontopsychiater/Neurologen durchgeführt. Er dauert ebenfalls etwa 10 Minuten. DemTect steht für Demenz-Detektion. Der Test enthält fünf Aufgaben. Der Patient muss eine Wortliste wiederholen. Damit wird das Kurzzeitgedächtnis geprüft. Diese Liste wird am Testende noch einmal abgefragt, um das Langzeitgedächtnis zu beurteilen. In einer "Zahlenwandelaufgabe" muss der Patient zwei Ziffern in Zahlwörter und zwei Zahlwörter in Ziffern umsetzen. Außerdem wird die Flüssigkeit der Sprache geprüft.
  • Montreal Cognitive Assessment (MoCA): Ähnlich dem DemTect dient auch der MoCA der Früherkennung von Defiziten des Gedächtnisses bzw. des Denkvermögens. In 10 Minuten werden auch hier verschiedene Bereiche der Leistungsfähigkeit abgefragt. Dazu gehört das Lernen von fünf Begriffen, welche später abgefragt werden. Die visuell-räumliche Verarbeitung wird durch das Zeichnen einer Uhr und das Abzeichnen eines Würfels geprüft. Es folgt die Prüfung der Konzentration, der „Exekutivfunktionen“ und der Abstraktionsfähigkeit. Auch hier werden die Flüssigkeit der Sprache und die Zahlenverarbeitung getestet. Darüber hinaus werden die Fähigkeit, komplexe Sätze zu verstehen, und die Orientierung in Raum, Ort und Situation untersucht.
  • ADL-Skalen: ADL-Skalen (ADL: "Activities of Daily Living") messen die Auswirkungen der Demenz auf die Alltagsfähigkeiten. Der Test, der in verschiedenen Varianten existiert, misst, zu welchen Tätigkeiten des alltäglichen Lebens der Patient noch fähig ist. Es werden Alltagsprobleme mit Punkten zwischen 1 für "nie vorhandene" und 10 für "immer vorhandene Schwierigkeiten" bewertet (Dauer: ca. 10 Minuten).

Auch psychologische Testverfahren können helfen, Demenzformen voneinander zu unterscheiden.

Bildgebende Verfahren

Bei der Erstdiagnose der Demenz sollte zusätzlich entweder eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden. CT und MRT erstellen Schichtaufnahmen des Gehirns und erlauben einen Einblick in den Aufbau des Gehirns. Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist heute das Standardverfahren der Bildgebung bei Demenz. Sie liefert äußerst genaue Schnittbilder des Gehirns, und das ganz ohne Strahlenbelastung.

Magnetresonanztomographie (MRT)

Die MRT ist ein so genanntes bildgebendes Verfahren, das ohne Röntgenstrahlen auskommt. In der MRT-Röhre wird ein sehr starkes Magnetfeld erzeugt, das die Kerne von Wasserstoffatomen dazu bringt, sich im Magnetfeld auszurichten. Wenn das Magnetfeld seine Richtung ändert, folgen die Kerne mit ihrer Ausrichtung. Dadurch entsteht eine Spannungsänderung, die gemessen werden kann. Aus den Daten lässt sich ein Bild erzeugen. Die MRT ist das Verfahren, mit dem sich Weichteile besonders gut darstellen lassen.

Besonders aufschlussreich sind MRT-Bilder beim Blick auf den Hippocampus, eine Hirnregion, die bei Menschen mit Alzheimer schon in einem frühen Stadium schrumpft. Charakteristisch für die Alzheimer-Demenz ist eine Atrophie, also eine Volumenminderung der Hippocampusregion sowie kortikaler Strukturen insbesondere der Temporal- und Parietalregion. Der Hippocampus, eine für Gedächtnis und Lernen zentrale Hirnstruktur, zeigt bereits in frühen Stadien der Alzheimer-Demenz oftmals eine altersuntypische Volumenreduktion.

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Mit der Weiterentwicklung der Bildgebungstechnologie gewinnt die KI-gestützte MRT-Volumetrie zunehmend an Bedeutung. Diese moderne Methode, die auch am Klinikum Ernst von Bergmann zum Einsatz kommt, nutzt KI-basierte Algorithmen zur präzisen Messung von Gehirnvolumina und ermöglicht eine objektive Quantifizierung von regionalen oder globalen Atrophien. Nach Abgleich der volumetrierten Hirnareale mit normativen Datenbanken werden die Ergebnisse anschaulich in Grafiken und Zahlenwerten dargestellt. Bei MRT-Verlaufskontrollen können durch den Vergleich zeitlicher Veränderungen der Hirnvolumina die Krankheitsdynamik besser erfasst und auch subtilere Veränderungen frühzeitig erkannt werden.

Mit der weltweit bereits in unterschiedlichen Ländern erfolgten Zulassung neuer Therapieverfahren für die Alzheimer-Demenz und der erwarteten Einführung in Europa gewinnt die MRT-Diagnostik an weiterer Bedeutung, da die monoklonalen Antikörper gegen Amyloidplaques (Lecanemab, Donanemab) ein regelmäßiges bildgebendes Monitoring der Patient*innen erfordern. Ein wichtiger Aspekt ist die Überwachung therapieassoziierter Veränderungen, die als ARIA (Amyloid-Related Imaging Abnormalities) bezeichnet werden. Diese umfassen sowohl ödematöse Veränderungen (ARIA-E) als auch mikrohämorrhagische Läsionen (ARIA-H), die als relevante potentiell Nebenwirkungen in den klinischen Zulassungsstudien beobachtet wurden.

Die Kernspintomographie in Kombination mit KI-gestützter Volumetrie stellt ein wertvolles Instrument für eine frühzeitige Diagnose, aber auch die Verlaufskontrolle und Therapieüberwachung bei Morbus Alzheimer dar. Mit den bevorstehenden Fortschritten in der medikamentösen Behandlung dieser Erkrankung wird die Bildgebung mehr denn je von zentraler Bedeutung in der personalisierten Medizin für Alzheimer-Patient*innen sein.

Computertomographie (CT)

Die Computertomographie (CT) arbeitet mit Röntgenstrahlen und erzeugt so detaillierte Schichtaufnahmen des Kopfes. Sie dauert nur wenige Minuten und ist völlig geräuschlos. Für Menschen mit Platzangst oder Unruhe ist sie daher oft angenehmer.

Positronen-Emissions-Tomographie (PET)

Neuere Verfahren wie Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT) und Positronen-Emissionstomographie (PET) können in unklaren Fällen und in Frühstadien zur Sicherung der Diagnose beitragen. So kann eine PET-Untersuchung z.B. einen verminderten Zuckerstoffwechsel im Gehirn nachweisen, obwohl im MRT noch keine Hirnschrumpfung darstellbar ist. Auch ist es neuerdings möglich, die für die Alzheimer-Erkrankung typischen Amyloid-Ablagerungen darzustellen.

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Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ist mehr als ein Blick ins Gehirn: Sie zeigt, wie aktiv Nervenzellen arbeiten und ob sich krankhafte Proteine ablagern. Dafür werden schwach radioaktive Substanzen eingesetzt, die bestimmte Prozesse im Gehirn sichtbar machen. Technisch laufen alle PET-Untersuchungen ähnlich ab: Man bekommt eine schwach radioaktive Substanz gespritzt und liegt danach auf einer Liege, die langsam durch den PET-Scanner fährt. Der Unterschied liegt in der Substanz: Sie bindet entweder an Zucker, an Amyloid-Plaques oder an Tau-Fibrillen.

Die PET/CT ist ein leistungsfähiges diagnostisches Verfahren in der Demenzabklärung. Sie kombiniert die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit der Computertomographie (CT), wodurch gleichzeitig funktionelle und anatomische Informationen über das Gehirn gewonnen werden. Der Einsatz verschiedener radioaktiv markierter Substanzen (Radionuklide) erlaubt sowohl eine Früherkennung der Alzheimer-Demenz (AD) als auch eine Differenzierung verschiedener Formen von Demenzerkrankungen.

FDG-PET

Die PET des Gehirns mit dem Glukoseanalogon FDG wird seit Jahrzehnten in der Diagnostik von Demenzerkrankungen eingesetzt, insbesondere bei klinisch unklarem Verdacht auf eine neurodegenerative Ätiologie. Die Indikationen für die FDG-PET in der Demenzdiagnostik können grob in 3 Gruppen unterteilt werden: (1) Diagnostik, insbesondere Frühdiagnostik der Alzheimer-Krankheit, (2) Verlaufsbeurteilung und (3) Differenzialdiagnostik.

Der Einsatz der FDG-PET in der Diagnostik von Demenzerkrankungen beruht auf dem Nachweis reduzierten Glukosestoffwechsels in bestimmten Gehirnarealen. Dabei stellt die FDG-PET den Glukoseverbrauch dar, der in der grauen Substanz des Gehirns primär mit der synaptischen Aktivität korreliert ist. Schon im „Ruhezustand“ des Gehirns entfallen 70-80 % des Glukoseverbrauchs auf diese signalbezogene synaptische Aktivität. Störungen synaptischer Aktivität (neuronale Dysfunktion) sind potentiell ein früher Marker für neurodegenerative Erkrankungen.

Beim klassischen Morbus Alzheimer zeigt die FDG-PET bereits in frühen symptomatischen Erkrankungsstadien eine reduzierte FDG-Aufnahme im Bereich des posterioren Cingulums. Im weiteren Krankheitsverlauf zeigen dann auch der Precuneus sowie temporo-parietaler Assoziations-Kortex und auch Frontallappen eine reduzierte FDG-Aufnahme.

Amyloid-PET

Die Amyloid-PET/CT stellt ein modernes, zugelassenes Verfahren der molekularen Bildgebung dar, welches den Nachweis der für die Alzheimer-Demenz typischen Amyloid-Plaque-Ablagerungen im Gehirn in vivo ermöglicht. In der Frühdiagnostik der AD ist die Amyloid-PET der FDG-PET überlegen, da cerebrale Amyloid-Ablagerungen den FDG/PET- oder MRT-Veränderungen um Jahre vorausgehen. Die Amyloid-Bildgebung hat daher bereits diagnostischen Wert in den frühen Erkrankungsstadien, wie bei der leichten kognitiven Störung (mild cognitive impairment, MCI).

Ein positiver Amyloid-Scan kann auf das Vorliegen einer für die AD typischen Pathologie hinweisen, ist aber nicht gleichbedeutend mit der Diagnose einer Demenz. Ein negativer Amyloid-Scan macht das Vorliegen einer AE dagegen sehr unwahrscheinlich. Die Amyloid-Bildgebung kann daher einerseits symptomatisch atypische Erscheinungsformen der AD identifizieren und andererseits auch klinisch fälschlich als Alzheimer-Demenz imponierende Erkrankungen anderer Ursache ausschließen. Einen klaren Stellenwert hat die Amyloid-Bildgebung darüber hinaus als Einschlusskriterium für neue Therapieverfahren, die sich gegen die Amyloid-Ablagerungen richten.

Tau-PET

Die Ablagerung von Tau-Proteinen ist ein grundlegendes pathophysiologisches Merkmal vieler neurodegenerativer Demenzerkrankungen. Die Entwicklung sensitiver Tau-PET Radionuklide für die PET/CT in den letzten Jahren hat die Lokalisation von Tau-Ablagerungen in unterschiedlichen klinischen neurodegenerativen Phänotypen in vivo ermöglicht. Bei der AD sind die räumlichen Muster der Tau-Pathologie in temporalen, parietalen und frontalen Regionen mit der Neurodegeneration und klinischen Symptomatik korreliert.

Liquordiagnostik

Oftmals ist auch eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquordiagnostik) erforderlich, zum Beispiel, um eine entzündliche Erkrankung des Gehirns auszuschließen. Jedoch gibt es Liquor-Biomarker, die Hinweise auf das Vorliegen einer Demenz vom Alzheimer-Typ geben können. Eine sehr empfindliche Methode zur Feststellung einer Alzheimer-Erkrankung ist die Untersuchung des Nervenwassers (Liquor). Ihre exakte Analyse ermöglicht es den Medizinern, besonders die Frühformen der Alzheimer-Erkrankung besser zu diagnostizieren.

Blutuntersuchungen

Der Arzt wird bei allen Patienten mit Verdacht auf Demenz auch Blut abnehmen, um einige behandelbare Ursachen einer Demenz rechtzeitig zu erkennen (z.B. Mangel an Vitamin B12 oder an Schilddrüsenhormonen). Bluttests zum Nachweis der für Alzheimer typischen Biomarker sind noch in der wissenschaftlichen Erprobung und finden momentan im Versorgungsalltag noch keine Anwendung.

Forscher des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetzes Demenzen haben einen neuen Bluttest für die Alzhei-mer-Erkrankung entwickelt. Mit ihm weisen sie spezielle Proteine nach - die ß-Amyloidpeptide (AßPeptide). Aß-Peptide spielen eine Schlüsselrolle für die Entstehung des Morbus Alzheimer. Typischerweise treten sie bei betroffenen Personen massenhaft in krankhaften Ablagerungen im Gehirn auf. Es gibt mehrere Unterformen der Aß-Peptide, die unterschiedlich giftig für die Nervenzellen sind.

Professor Jens Wiltfang und seinen Mitarbeitern von der Universität Erlangen-Nürnberg ist es jetzt gelungen, ein Testverfahren zu entwickeln, das zwischen mehreren Untergruppen der Aß-Peptide im Blut unterscheidet. Mit der Analyse der sechs Unterformen im Blut verfolgen die Wissenschaftler mehrere Ziele: Sie wollen Alzheimer-Patienten sehr früh erkennen, das heißt zu einem Zeitpunkt, an dem erst minimale Defizite der geistigen Leistungsfähigkeit bestehen. Von einer frühen Diagnose profitieren die Betroffenen, denn inzwischen stehen Medikamente zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf verlangsamen. Die Mittel müssen rechtzeitig eingenommen werden, um den Betroffenen möglichst lange zu einem normalen Leben zu verhelfen. Darüber hinaus soll die Analyse der Aß-Peptide helfen, die Alzheimer-Erkrankung von anderen Arten der Demenz zu unterscheiden, die etwa bei Durchblutungsstörungen des Gehirns auftreten können. Denn jede der Demenz-Formen erfordert eine andere Behandlung. Schließlich erhoffen sich die Forscher auch zusätzliche Erkenntnisse darüber, welche Rolle Aß-Peptide genau bei der Entstehung des Morbus Alzheimer spielen. Daraus könnten sich neue Therapien ergeben, die den Aß-Peptid-Stoffwechsel beeinflussen.

Differentialdiagnostik

Zur Feststellung einer Demenz bei Alzheimer-Krankheit müssen andere Erkrankungen, die ebenfalls Anzeichen einer Demenz zeigen können, abgeklärt werden: Hierzu gehören u.a. eine Verkalkung der Hirngefäße (vaskuläre Demenz), eine Demenz mit Lewy-Körperchen , gut- und bösartige Hirntumore, AIDS, ein Parkinson-Syndrom, die Erbkrankheit Chorea Huntington, eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) und ein Vitaminmangel z.B. an B12, Folsäure oder B-Vitamin Niacin. Weiter können Erkrankungen der Nieren, der Leber und der Bauchspeicheldrüse zu einer Demenz führen. Auch Alkohol- bzw. Immer wieder kommt es vor, dass Patienten mit depressiven Erkrankungen aufgrund der psychischen und körperlichen Verlangsamung für dement gehalten werden („Pseudodemenz"). Der Facharzt kann hier mit speziellen Untersuchungen und Tests in der Regel zwischen den beiden Krankheiten unterscheiden.

Welche weiteren Untersuchungen sinnvoll sind, hängt von der vermuteten Demenzform ab. Bei der Alzheimer-Diagnostik steht der Nachweis bestimmter Biomarker im Vordergrund - etwa im Nervenwasser (Liquor) oder Blut. Bei anderen Demenzformen kommen teilweise andere Verfahren zum Einsatz.

Einige Beispiele:

  • Alzheimer-Krankheit: Der Nachweis bestimmter Proteine (Amyloid-beta, Tau) im Nervenwasser oder Blut kann die Diagnose absichern. Für eine Behandlung mit Leqembi ist dieser Nachweis eine zentrale Voraussetzung.
  • Frontotemporale Demenz: Bildgebende Verfahren (MRT) sind besonders wichtig, um den für diese Form typischen Abbau im Stirn- oder Schläfenlappen zu erkennen. Bei unklarem Befund können PET- oder SPECT-Untersuchungen sinnvoll sein. Bei familiärer Vorbelastung wird eine genetische Beratung empfohlen.
  • Lewy-Körperchen-Demenz: Hier helfen zusätzliche Untersuchungen, etwa zur Beweglichkeit oder zum Schlafverhalten. Auch spezielle bildgebende Verfahren wie DAT-SPECT oder MIBG-Szintigrafie können zum Einsatz kommen. Typische Symtpome wie Halluzinationen oder Schwankungen in der Aufmerksamkeit werden gezielt abgefragt oder getestet.
  • Vaskuläre Demenz: Die Diagnose basiert auf MRT-Aufnahmen, die Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen oder Schlaganfälle zeigen. Wichtig ist dabei, ob sich die Veränderungen im Gehirn mit den beobachten kognitiven Einschränkungen erklären lassen. Auch medizinische Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Diabetes werden bei der Abklärung einbezogen.

Kosten und Verfügbarkeit

Die Kosten für die Diagnoseverfahren variieren. Eine MRT-Untersuchung des Gehirns kostet in der Regel zwischen 260 und 580 Euro. Bei deutlichen Anzeichen einer Demenz ist der Hirnleistungs-Check eine Kassenleistung. Auch die MRT-Untersuchung kann bei deutlichen Anzeichen einer Demenz oder einem auffälligen Hirnleistungs-Test unter Umständen Kassenleistung sein. Zur Früherkennung müssen Versicherte die MRT aus eigener Tasche als IGeL bezahlen.

Private Kassen übernehmen die Kosten einer FDG-PET regelmäßig, gesetzliche Kassen nur auf Antrag oder als Selbstzahlerleistung. Der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA) fördert derzeit eine Studie zur Amyloid-PET, um ihren Nutzen bei unklarer Demenz zu prüfen.

Die Zukunft der Demenzdiagnostik

Weltweit arbeiten Demenzforscherinnen und -forscher daran, die Diagnostik von Demenzerkrankungen zu verbessern. Ein wichtiges Ziel ist es, Demenzerkrankungen wie Alzheimer früher zu erkennen. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld ist die korrekte Abgrenzung von Demenzerkrankungen. Während die Alzheimer-Krankheit mittlerweile sehr gut zu Lebzeiten eindeutig diagnostiziert werden kann, sind andere, seltenere Demenzen diagnostisch nach wie vor eine Herausforderung, zum Beispiel die Frontotemporale Demenz oder die Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE), die durch Kopfverletzungen hervorgerufen wird. Hier kann oft erst eine Untersuchung des Gehirns nach dem Tod endgültig Gewissheit bringen. Die Forschung arbeitet daran, auch diese Diagnosen frühzeitig und eindeutig zu ermöglichen. Dank der Fortschritte in der Forschung ist es mittlerweile möglich, die Alzheimer-Krankheit auch per Bluttest zu erkennen. Allerdings können Bluttests die etablierten Diagnoseverfahren bislang noch nicht ersetzen.

Einige wissenschaftliche Arbeitsgruppen setzen auf spezielle Blutuntersuchungen, um einen Morbus Alzheimer möglichst früh zu erkennen. Andere Forscher haben die Kernspintomographie so weiterentwickelt, dass sie bereits kleinste, für die Alzheimer-Erkrankung typische Veränderungen des Gehirns entdecken können.

Nutzen und Risiken der Früherkennung

Eine MRT-Untersuchung zur Früherkennung einer Demenz wäre nützlich, wenn sie, in Verbindung mit effektiven Therapien, Menschen vor den gravierenden Folgen einer Demenz bewahren könnte. Das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors suchte nach Übersichtsarbeiten und Einzelstudien zur Frage, ob eine Früherkennung dies leisten kann. Die Suche wurde auf Studien von Menschen, die keine Anzeichen einer Demenz zeigen, begrenzt. Es wurden keine Studien gefunden. Die Frage, ob eine Früherkennung nützen kann, indem sie die Entwicklung einer Demenz verlangsamt oder stoppt, kann demnach nicht beantwortet werden.

Die Datenlage aus Studien zu Schäden ist ähnlich unbefriedigend wie die zum Nutzen. Da sich nur jede zweite frühe Demenz zu einer schweren Demenz weiter entwickelt, würde jede zweite Diagnose zu Verunsicherung, Ängsten und Vorkehrungen für ein Leben mit schwerer Demenz führen, die in diesem Ausmaß nicht nötig gewesen wären. Auch kann die Diagnose Stigmatisierung und Belastungen für die Familie, sowie Schäden durch invasive Untersuchungsmethoden, wie der Entnahme von Flüssigkeit aus dem Rückenmarkskanal, zur Folge haben. Wird eine frühe Demenz etwa mit Medikamenten behandelt, obwohl diese Therapie nicht nötig oder erfolgversprechend ist, muss man auch das als Schaden ansehen.

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