Alzheimer-Fehldiagnose: Ursachen und Wege zur richtigen Diagnose

Wenn ältere Menschen vergesslich werden, erhalten sie oft schnell die Diagnose einer Demenzerkrankung. Doch nicht immer ist Alzheimer die Ursache für Vergesslichkeit und Verwirrtheit. Tatsächlich werden fast die Hälfte aller Alzheimer-Diagnosen fälschlicherweise gestellt, was bedeutet, dass die Betroffenen nicht die richtige Hilfe erhalten. Es ist wichtig, die Ursachen für diese Fehldiagnosen zu kennen und zu wissen, welche Schritte unternommen werden können, um eine korrekte Diagnose zu erhalten.

Demenz als Ausschlussdiagnose

Demenz sollte immer als Ausschlussdiagnose betrachtet werden. Das bedeutet, dass die Diagnose erst gestellt werden darf, nachdem andere mögliche Ursachen für Gedächtnisstörungen ausgeschlossen wurden. Die korrekte Diagnose zu stellen braucht Zeit und eine gründliche Untersuchung.

Ursachen für Alzheimer-Fehldiagnosen

Es gibt viele verschiedene Faktoren, die zu einer Fehldiagnose von Alzheimer führen können. Einige der häufigsten Ursachen sind:

1. Medikamente und Wechselwirkungen

Gedächtnisstörungen und Verwirrtheit können als Nebenwirkungen bestimmter Medikamente oder durch Wechselwirkungen verschiedener Medikamente auftreten. Dies ist besonders bei älteren Menschen der Fall, da sich der Stoffwechsel verlangsamt und die Organe nicht mehr so effizient arbeiten. Unpassende Medikamentenkombinationen werden oft erst spät erkannt, insbesondere wenn verschiedene Ärzte an der Behandlung beteiligt sind. Es ist ratsam, dem Hausarzt oder Facharzt immer eine vollständige Liste aller eingenommenen Medikamente vorzulegen.

2. Vitamin-B12-Mangel

Ein Mangel an Vitamin B12 kann sich durch Blutarmut, Müdigkeit, depressive Verstimmungen und Gedächtnisprobleme bemerkbar machen. Obwohl der Körper normalerweise über einen großen Speicher an Vitamin B12 verfügt, können bestimmte Medikamente wie Pantoprazol oder Omeprazol, die häufig von älteren Menschen gegen Sodbrennen eingenommen werden, die Aufnahme von Vitamin B12 beeinträchtigen und so zu einem Mangel führen.

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3. Flüssigkeitsmangel

Ältere Menschen trinken oft zu wenig, was zu Symptomen wie eingerissenen Lippen, trockenem Mund, vermindertem Harndrang und auch Gedächtnisproblemen führen kann. Dieses Problem lässt sich in der Regel leicht beheben, indem man auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achtet.

4. Prädiabetes

Prädiabetes ist eine Vorstufe von Diabetes Typ 2, die oft unbemerkt bleibt, aber dennoch Risiken birgt. Es ist wichtig, sich auf Prädiabetes testen zu lassen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Vorbeugung von Diabetes zu ergreifen.

5. Altersdepression

Konzentrationsprobleme und Gedächtnisschwierigkeiten können auch durch eine Altersdepression verursacht werden. Diese ist oft schwer zu erkennen, da die Symptome auch Anzeichen anderer körperlicher Erkrankungen sein können. Zudem ist das Thema Altersdepression schambesetzt, sodass Betroffene ungern darüber sprechen. Eine psychologische oder psychotherapeutische Behandlung kann hier Abhilfe schaffen.

6. Altershirndruck (Normaldruckhydrozephalus)

Wenn zu Gedächtnisstörungen Gangunsicherheit und Inkontinenz hinzukommen, könnte dies ein Zeichen für den sogenannten Altershirndruck sein. In diesem Fall wird die Flüssigkeit, die im Gehirn zirkuliert, nicht richtig abgeleitet. Eine Abklärung mit Fachärzten ist in diesem Fall wichtig.

7. Tumor im Gehirn

Auch ein Tumor im Gehirn, selbst wenn er gutartig ist, kann Hirnfunktionen beeinträchtigen und Symptome verursachen, die einer Demenz ähneln.

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8. Natriummangel

Ein Natriummangel, der häufig durch die Einnahme von Entwässerungsmitteln oder Medikamenten gegen Verstopfung verursacht wird, kann ebenfalls zu Verwirrtheit und Gedächtnisstörungen führen.

9. Schilddrüsenunterfunktion

Eine Schilddrüsenunterfunktion lässt sich in der Regel gut mit Schilddrüsenhormonen in Tablettenform behandeln, wodurch sich auch die Denkleistung wieder verbessern kann.

10. Unterernährung

Unterernährung kann direkt zu einer Hirnschrumpfung (Atrophie) führen, die sich mit dem richtigen Speiseplan oft wieder ausgleichen lässt.

11. Narkose

Nach einer Narkose kann es bei älteren Menschen häufig zu einem postoperativen Delir kommen. In solchen Fällen wird fälschlicherweise oft die Diagnose Alzheimer gestellt, obwohl sich der Zustand unter normaler geistiger Förderung und liebevoller Betreuung nach einigen Monaten wieder bessern kann.

12. Frontotemporale Demenz (FTD)

Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine weitere Form der Demenz, die oft mit Alzheimer verwechselt wird. Bei der FTD sterben Nervenzellen im Frontallappen (Stirnlappen) und/oder Temporallappen (Schläfenlappen) des Gehirns ab. Diese Hirnregionen steuern Gefühle, Sozialverhalten und Sprache. Die FTD kann sich durch tiefgreifende Veränderungen im Verhalten und in der Persönlichkeit äußern, während das Gedächtnis oft noch gut funktioniert. Es gibt verschiedene Subtypen der FTD, die sich in ihren Symptomen unterscheiden:

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  • Verhaltensvariante (bvFTD): Veränderungen in Persönlichkeit und Verhalten stehen im Vordergrund, wie Enthemmung, Apathie oder Verlust von Einfühlungsvermögen.
  • Sprachliche Variante (PPA): Schwierigkeiten beim Sprechen, Verstehen, Lesen oder Schreiben stehen im Vordergrund.

Die Diagnose der FTD erfolgt in mehreren Schritten, darunter die Erhebung der Krankengeschichte, die Befragung der Angehörigen, bildgebende Verfahren (MRT, CT oder FDG-PET) und neuropsychologische Tests.

Die IDEAS-Studie

Die IDEAS-Studie (Imaging Dementia-Evidence for Amyloid Scanning) der University of San Francisco kam zu dem alarmierenden Ergebnis, dass über 40 Prozent der vermeintlichen Demenzpatienten gar nicht an Alzheimer erkrankt waren. Die Studie untersuchte Patienten mit milden kognitiven Beeinträchtigungen und Demenzerkrankungen mithilfe der Positronen-Emissions-Tomographie (PET), einem bildgebenden Verfahren, das Stoffwechselvorgänge sichtbar macht und Amyloid-Plaques im Gehirn erkennen kann.

Amyloid-Plaques: Nicht immer ein Zeichen für Alzheimer

Amyloid-Plaques gelten als ein wichtiges Anzeichen für Alzheimer. Das Fehlen von Plaques bedeutet jedoch definitiv, dass der Patient nicht an Alzheimer erkrankt ist. Dennoch wird die PET-Untersuchung selten zur Abklärung von Alzheimer eingesetzt, da sie mit Kosten von 500 bis 1000 Euro verbunden ist und in der Regel keine Kassenleistung darstellt, wenn es darum geht, Alzheimer auszuschließen.

Was tun bei Verdacht auf Alzheimer?

Wenn bei Ihnen oder Ihren Angehörigen der Verdacht auf Alzheimer besteht, sollten Sie folgende Schritte unternehmen:

  1. Bestehen Sie auf weiteren Untersuchungen: Wenn der Arzt schnell die Diagnose Alzheimer stellt, fragen Sie nach und bestehen Sie auf zusätzlichen Tests, um andere mögliche Ursachen auszuschließen.
  2. Erstellen Sie eine Medikamentenliste: Erstellen Sie eine Liste mit allen Medikamenten, die der Betroffene einnimmt oder eingenommen hat, und legen Sie diese dem behandelnden Arzt vor.
  3. Zweifeln Sie die Diagnose an: Zögern Sie nicht, die Diagnose Alzheimer anzuzweifeln, insbesondere wenn sie nach einer Narkose gestellt wurde.
  4. Suchen Sie eine Gedächtnisambulanz auf: Gedächtnisambulanzen sind auf kognitive Störungen spezialisiert und können eine umfassende Abklärung der Ursachen für Demenzsymptome durchführen.
  5. Nutzen Sie bildgebende Verfahren: Bluttests, eine Untersuchung des Gehirnwassers und bildgebende Verfahren wie PET können dabei helfen, den Ursachen von Verwirrtheit und Vergesslichkeit auf die Spur zu kommen.

Alzheimer-Früherkennungstests

Alzheimer-Früherkennungstests können helfen, das Risiko einer Erkrankung frühzeitig zu erkennen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Tests nicht immer genau sind und zu Fehldiagnosen führen können. Bei Früherkennungstests bekommen von 100 getesteten Menschen bis zu 20 eine Fehldiagnose. Es ist ratsam, sich vor der Durchführung eines solchen Tests gründlich über die Vor- und Nachteile zu informieren und sich von einem Arzt beraten zu lassen.

Leben mit der Diagnose

Eine Alzheimer-Diagnose verändert das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Es gibt jedoch vielfältige Informationsquellen und Unterstützungsangebote, die helfen können, mit der Krankheit umzugehen. Es ist wichtig, sich über die Krankheit zu informieren, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und sich mit anderen Betroffenen und Angehörigen auszutauschen.

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