Die Kraft des Vagusnervs: Wie Sie ihn stimulieren und gesünder leben können

Aktuelle Sachbücher versprechen viel über die heilende Wirkung des Vagusnervs. Dieser Nerv, der längste unserer zwölf Hirnnerven, spielt eine zentrale Rolle für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Er ist Teil des Parasympathikus und beeinflusst fast jedes innere Organ. Vereinfacht gesagt, ist er für Erholung, Ruhe und Verdauung zuständig, während sein Gegenspieler, der Sympathikus, unsere Leistungs- und Kampfbereitschaft fördert. Der Vagusnerv dient als regulierende Schaltstelle zwischen Gehirn und Organen, hat einen dämpfenden und ausgleichenden Einfluss auf Körperfunktionen und beeinflusst unser Befinden.

Was ist der Vagusnerv?

Als zehnter Hirnnerv erstreckt sich der Vagusnerv vom Hirnstamm im Kopf über Hals und Brust bis in den Bauchraum, wobei er sich auf seinem Weg verzweigt. Er ist ein zentrales Kommunikationsorgan zwischen dem Gehirn und den Organen, einschließlich des Mikrobioms, den nützlichen Bakterien des Menschen. Seine Bedeutung für unsere Gesundheit wird intensiv erforscht, und die Erkenntnisse sind erstaunlich.

Die Funktionen des Vagusnervs

Der Vagusnerv ist an zahlreichen Körperfunktionen beteiligt:

  • Regulation des Immunsystems: Er spielt eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Entzündungsprozessen im Körper.
  • Verbindung zwischen Gehirn und Organen: Er fungiert als Kommunikationsweg und beeinflusst die Funktion fast jedes inneren Organs.
  • Förderung von Entspannung und Erholung: Als Teil des Parasympathikus ist er für Ruhe, Verdauung und Erholung zuständig.
  • Stressabbau: Er hilft, Reserven gegen Stress aufzubauen und fördert die Erholung.

Wissenschaftliche Erkenntnisse und medizinische Anwendungen

Der Vagusnerv ist Gegenstand intensiver Forschung. In der Medizin wird seine Aktivierung bereits gezielt genutzt, beispielsweise bei Depressionen. Dabei wird der Nerv mithilfe von Elektroden durch Strom gereizt. Zukünftig könnten möglicherweise auch bestimmte Formen der Epilepsie, Migräne oder chronische Schmerzen auf diese Weise behandelt werden.

Wie Sie den Vagusnerv selbst stimulieren können

Es gibt verschiedene einfache Übungen und Techniken, mit denen Sie Ihren Vagusnerv selbst stimulieren und so Ihr Wohlbefinden steigern können. Diese Methoden können als "Erste Hilfe" bei Stress dienen und langfristig Ihre Resilienz stärken.

Selbstmassage

Legen Sie beide Handflächen seitlich an den Hals und streichen Sie mit sanften, kreisenden Bewegungen zwischen Ohr und Schulterübergang über die Haut.

  • So wirkt es: Der Vagusnerv verläuft seitlich am Hals entlang. Durch leichten Druck können Sie ihn von außen anregen.

Kopfdrehen

Drehen Sie den Kopf langsam nach links und fixieren Sie mit den Augen einen Gegenstand in der Nähe. Drehen Sie den Kopf dann langsam nach rechts und fixieren Sie erneut einen Gegenstand.

Augenbrauen heben

Heben Sie die Augenbrauen und versuchen Sie dabei, die Ohren zu bewegen.

  • So wirkt es: Der Schläfenmuskel aktiviert den siebten Hirnnerv (N. facialis), der eng mit dem Vagusnerv verbunden ist.

Gurgeln

Gurgeln Sie mit Wasser oder einer desinfizierenden Lösung.

  • So wirkt es: Das Gurgeln aktiviert die Muskeln im Rachenraum, die vom Vagusnerv innerviert werden.

Singen

Singen Sie Ihre Lieblingslieder, besonders solche mit vielen Vokalen wie A, O und U.

  • So wirkt es: Die beiden Äste des Vagusnervs verlaufen auf beiden Seiten des Halses entlang von Kehlkopf und Luftröhre. Durch das Singen werden diese Bereiche stimuliert. Weihnachtslieder wie "O du fröhliche" oder Wiegenlieder wie "Der Mond ist aufgegangen" können eine besonders beruhigende Wirkung haben.

Kältereize setzen

Beginnen Sie den Tag mit einer kurzen, kalten Dusche. Lassen Sie das kalte Wasser langsam über Arme und Beine laufen und dann vor allem den Hals entlang über den ganzen Körper.

  • So wirkt es: Kälte dämpft den Sympathikus, den anregenden Teil unseres Nervensystems, und aktiviert den Vagusnerv.

Akkommodieren

Akkommodation beschreibt die Fähigkeit des Auges, Gegenstände in unterschiedlichen Entfernungen scharf zu sehen.

  • So funktioniert es: Strecken Sie jeweils einen Finger der rechten und einen Finger der linken Hand unterschiedlich weit von sich weg und versuchen Sie, diese mit den Augen abwechselnd scharf zu stellen. Wenn das gut funktioniert, können Sie auch mit den Augen "Achten" um die beiden Finger beschreiben.
  • So wirkt es: Zum Scharfstellen der Linse sind beim Sehen drei Muskeln sehr wichtig: die Ziliarmuskeln, der Pupillenschließmuskel und die äußeren Augenmuskeln. Alle drei kommunizieren mit dem Vagusnerv.

Box-Breathing

Auch bekannt als Vier-Quadrat-Atmung.

  • So funktioniert es:
    • Einatmen (4 Sekunden)
    • Luft anhalten (4 Sekunden)
    • Ausatmen (4 Sekunden)
    • Luft anhalten (4 Sekunden)Wiederholen Sie die Übung mehrmals.
  • So wirkt es: Bewusstes, tiefes Ein- und Ausatmen, vor allem in den Bauchraum hinein, senkt die Herzfrequenz und das Stresslevel. Die vertieften Atemzüge erhöhen die Empfindlichkeit von sogenannten Barorezeptoren, Drucksinneszellen in den Gefäßwänden.

Akupressur

Drücken Sie für eine Selbst-Akupressur den Punkt in der Ohrmuschel, der mit dem Vagusnerv in Verbindung steht, 30 Sekunden lang und lassen Sie ihn dann wieder los. Wiederholen Sie dies mehrmals.

  • So wirkt es: In der Traditionellen Chinesischen Medizin kann der Druck auf bestimmte Punkte am Körper Blockaden lösen, die den Energiefluss im Körper stören.

Ausgleich mit Lavendel

Ätherisches Lavendelöl kann in stressigen Zeiten helfen, abzuschalten.

  • Anwendung: Lavendelöl in Kapseln zum Einnehmen oder als ölige Lösung zum Einreiben (auf Handgelenke oder Brust auftragen und einatmen) verwenden.

Die Bedeutung des Vagusnervs für eine ganzheitliche Gesundheit

Ein starker Vagusnerv ist entscheidend für Gesundheit und Wohlbefinden. Er trägt zur Verbesserung von Entzündungen sowie psychischen und chronischen Erkrankungen bei. Ein besseres Verständnis des Vagusnervs kann Ihnen helfen, Ihr Leben ganzheitlicher und gesünder zu gestalten.

Der Vagusnerv und Resilienz

Wie wichtig der Vagusnerv ist, um bei uns Reserven gegen Stress aufzubauen, und wie stark er die Erholung fördert, ist lange Zeit unterschätzt worden. In puncto Entspannung scheint der „Ruhe-Nerv“ ein besonderes Potenzial zu haben, wenn man ihn richtig zu stimulieren weiß. Das funktioniert zum Beispiel durch tiefes Durchatmen, wie Sie es wahrscheinlich schon ganz intuitiv von selbst tun, wenn Ihr Stresslevel steigt.

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