Die Nerven: Einblicke in das Schaffen der Postpunk-Band

Die Stuttgarter Postpunk-Band Die Nerven hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 2010 einen Namen gemacht. Julian Knoth, Max Rieger und Kevin Kuhn überzeugen ihre Fans mit direkter, energiegeladener Musik, die laut, ehrlich und unverfälscht ist. In Interviews geben die Bandmitglieder Einblicke in ihre Arbeitsweise, ihre Einflüsse und ihre Sicht auf die Musikszene.

Auftritte und Entspannung

Ein Auftritt bei Rock am Ring ist für Die Nerven nichts Neues. Bereits vor einigen Jahren standen sie dort auf der Bühne. Julian Knoth beschreibt es im Interview mit ROLLING STONE als „das Übliche“. Trotz der Festivalhektik versucht die Band, entspannt zu bleiben. Schlagzeuger Kevin Kuhn erklärt, dass er immer versucht, bei sich zu sein, egal ob im Keller vor fünf Leuten oder bei Rock am Ring.

Die Vision eines eigenen Festivals

Wenn Die Nerven ein eigenes Festival kreieren dürften, hätte Julian Knoth eine klare Vorstellung: die Eifel. Max Rieger hingegen bevorzugt den Strand - Hauptsache Sand unter den Füßen.

Das "schwarze Album" und seine Bedeutung

Die Nerven haben ihr fünftes Album schlicht "Die Nerven" genannt und es ganz in Schwarz gehalten. Auf dem Cover wacht ein schwarzer Schäferhund auf schwarzem Grund. Max Rieger erklärt, dass es eigentlich ihr „schwarzes Album“ sei. Die Bandmitglieder fanden, dass sie es nicht noch extra "Schwarzes Album" nennen müssten, wie es Haftbefehl oder Tocotronic mit dem "Roten Album" gemacht haben. Kevin Kuhn verweist auf Metallica, deren "Schwarzes Album" ebenfalls das fünfte Studioalbum war und viele Leute erst auf die Band aufmerksam machte. Julian Knoth sieht das Album als einen Reset-Knopf, den sie drücken.

Entstehungsprozess ohne Konkurrenz

Im Info ihres Labels Glitterhouse Records steht: „Es herrscht keine Konkurrenz mehr.“ Max Rieger erklärt, dass jedes Bandmitglied parallel weitere Bands oder Soloprojekte verfolgt. Über einige Jahre hinweg gab es ein gewisses Konkurrenzdenken untereinander. Nach dem letzten Album "Fake" haben sie sich jedoch bewusst dafür entschieden, dass jeder in der Band seine Stärken gleichermaßen einbringen darf und nicht das Gefühl haben muss, Dinge zurückzuhalten, weil es vielleicht den anderen nicht gefallen könnte. Sie wollten von diesem Dogma im Kopf wegkommen und so frei wie möglich am Material arbeiten.

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Einfluss anderer Projekte

Max Rieger betont, dass ihre Musik nur entsteht, wenn sie drei in einem Raum zusammen sind und spielen. Das lasse sich auch nicht ersetzen oder faken. Deshalb standen aus seiner Sicht andere Projekte oder Bands nie im Weg.

Corona-Pandemie und Albumproduktion

Entgegen der Erwartung war die Corona-Pandemie nicht die treibende Kraft hinter der Albumproduktion. Kevin Kuhn erklärt, dass die Songs längst geschrieben und ein Studiotermin bereits vor dem ersten Lockdown feststand. Ursprünglich wollte die Band 2020 eine einjährige Konzertpause einlegen, um sich nur um das neue Studioalbum zu kümmern. Max Rieger ergänzt, dass das Album eigentlich schon 2019 komplett fertig war.

Soundveränderung und Produktionsprozess

Mit dem neuen Album hat sich der Sound von Die Nerven verändert. Er klingt bombastischer und orchestraler, mit mehr Wall of Sound. Max Rieger erklärt, dass es immer eine Diskrepanz zwischen dem Live-Erlebnis und der Studioproduktion gibt. Er wollte im Studio die Art von Überwältigung erzeugen, die man von Konzerten kennt. Das neue Album ist das erste, das Max Rieger selbst produziert und gemischt hat. Zuvor hatte Ralv Milberg die letzten drei Alben produziert.

Politische Texte und prophetische Wirkung

Die Texte auf dem neuen Album erscheinen politischer als sonst. Zeilen wie: „Ich dachte irgendwie, in Europa stirbt man nie.“ Max Rieger sieht das anders. Die Texte sind alle schon 2018 und 2019 entstanden, wirken aber jetzt plötzlich politisch. Julian Knoth ergänzt, dass sie sehr sensible Menschen sind, die spüren, was vor sich geht oder nicht so gut läuft. Das verarbeiten sie auch in ihren Texten.

Zusammenarbeit mit Glitterhouse Records

Die Nerven sind seit 2015 bei Glitterhouse Records. Für das neue Album hatten sie auch mit anderen Labels gesprochen und überlegt, wie sie das in Zukunft machen wollen. Am Ende sind sie aber wieder zu Glitterhouse gegangen, weil sie über die sieben Jahre hinweg immer eine gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit denen hatten. Kevin Kuhn erinnert sich, dass Rembert Stiewe sie 2015 beim Eurosonic Noorderslag in Groningen gesehen hat.

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Die Stuttgarter Bandszene

Julian Knoth lebt als Einziger der Band noch in Stuttgart. Max Rieger beschreibt die sagenumwobene Szene in Stuttgart als ein Phantom, das in irgendwelchen Rezensionen oder Artikeln auftaucht. Kevin Kuhn ist jedoch der Meinung, dass sich die Szene in der Stadt im Laufe der Jahre organisch weiterentwickelt hat. Julian Knoth bestätigt, dass es eine sehr intensive Zeit gab, aber räumlich ist es schon lange nicht mehr so konzentriert wie damals.

Das Bandleben in verschiedenen Städten

Die Bandmitglieder wohnen in verschiedenen Städten. Kevin Kuhn erklärt, dass sie zwar gemeinsam an ihrer Musik arbeiten, aber noch nicht mehr als zwölf richtige Bandproben hatten. Max Rieger ergänzt, dass sie ihre Songs fast immer bei den Soundchecks auf langen Touren geschrieben haben. Beim neuen Album war es zum ersten Mal anders, da sie einen Proberaum hatten, der gleichzeitig Max Riegers Studio war.

Nebenprojekte und musikalische Vielfalt

Max Rieger ist als Produzent tätig und arbeitet an einem neuen Album seines Soloprojekts All Diese Gewalt. Julian Knoth plant ein Soloalbum unter seinem bürgerlichen Namen, ein akustisches Album mit Akustikgitarre, Gesang und Streichern. Kevin Kuhn hat zuletzt mit seiner anderen Band Scharping das Debütalbum „Unser Charping“ veröffentlicht.

Geplante Tour und Ausblick

Die Nerven planen eine ausgedehnte Tour zum Album mit zahlreichen Shows. Vieles war Absicht, doch das meiste Zufall. So könnte man den bisherigen Werdegang des Stuttgarter Trios Die Nerven kurz und knapp zusammenfassen.

Rückblick auf "Fluidum" und frühe Erfolge

Mit ihrer Debüt-LP „Fluidum“ setzte Die Nerven eine Landmarke in der deutschen Noiserock-Szene. Hendrik Otremba von Messer stellte den Kontakt zu This Charming Man her, und Labelchef Chris war überrascht, als die erste Auflage innerhalb weniger Tage ausverkauft war. Es folgte ein ungeahnter Höhenflug der „Pop-Newcomer 2013“.

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Kollaborationen und Seitenprojekte

In einer Mischung aus Kollaborationsfreude und der Möglichkeit, neue Ideen schnell umsetzen und physisch veröffentlichen zu können, brachten Die Nerven noch 2013 zwei Split-EPs mit Freiburg und Candelilla heraus, mehrere Beiträge für befreundete Musiker, sowie eine Sonderedition auf dem Noiserock-Kultlabel Amphetamine Reptile. Hinzu kommen noch Seitenprojekte der einzelnen Musiker wie zum Beispiel Karies und natürlich das durchweg gute mediale Feedback.

Hoher Output und frühe Veröffentlichungen

Einen hohen Output hatten sie seit jeher, allerdings veröffentlichten sie bis 2012 alle bis dahin fünf Alben ausschließlich online beziehungsweise als limitierte CD-R, auch das elf Lieder starke „Asoziale Medien“, welches in diesen Tagen nachträglich auch auf Vinyl erscheint.

Die Produktion von "Fun"

Über vierzig Konzerte haben Max Rieger, Julian Knoth und Kevin Kuhn im Jahr 2013 absolviert und bereits im Sommer, ziemlich genau ein Jahr nach den Aufnahmen zum Debüt, die Aufnahmen zu ihrer zweiten Platte abgeschlossen. Natürlich ist der Titel „Fun“ ein ironischer Seitenhieb auf die Erwartungshaltung der audiophilen Gemeinde, die sich seit dem Debüt um das Trio schart.

Ironie und Zitate

Die Nerven wissen, was das Jäger-und-Sammler-Herz begehrt: die limitierten Versionen der „Nichts Neues“-EP wurden von nicht wenigen direkt mehrfach gekauft, quasi als Kapitalanlage und für spätere Auktionen - und das nicht nur wegen des Siebdruckcovers. Und natürlich zitiert die Hamburger-Schule-Gedächtnis-Schrammelgitarre im Opener „Alptraum“ nicht nur um des Zitats willen, sondern zielt, genau wie die Tocotronic-Teilnahme am aktuellen Video, ironisch auf biografische Einflüsse.

Interview über die Produktion von "Fun"

In einem Interview sprachen Schlagzeuger Kevin und Bassist Julian über die Produktion des Albums "Fun".

Erinnerungen an den Release des ersten Albums

Julian Knoth erinnert sich an die erste Tour im Dezember 2012, die für drei Tage nach Berlin, Hamburg, Köln und zum Green Hell-Yardsale in Münster führte. Kevin Kuhn ergänzt, dass es seltsam war, fast alle Konzerte zu headlinen, obwohl sie vorher eigentlich nie aus Stuttgart herausgekommen sind.

Musikalische Entwicklung und Live-Erfahrung

Kevin Kuhn betont die musikalische Entwicklung der Band und die Verbesserung ihrer Live-Auftritte. Julian Knoth ergänzt, dass sie mit jedem Konzert besser geworden sind und inzwischen auch auf der Bühne eine gewisse Routine im Zusammenspiel haben.

Das Konzept hinter Die Nerven

Julian Knoth erklärt, dass es immer ein Konzept bei ihnen gibt. Sie unterhalten sich sehr viel über ihre musikalischen Ideen, den Sound, den sie haben wollen, wie das Artwork sein soll, welche Atmosphäre sie erzeugen wollen und so weiter.

Zusammenarbeit mit Ralf Milberg

Die Band entschied sich für Ralf Milberg als Produzenten für "Fun", da er sie im Februar 2013 beim Konzert in Esslingen wahnsinnig gut abgemischt hatte. Julian Knoth beschreibt Milberg als eine Mischung aus Trainer, Psychologe und Produzenten.

Räumliche Nähe bei den Aufnahmen

Die Band stand bei den Instrumentalaufnahmen im Dreieck zueinander, wie bei den Konzerten, ziemlich nah beisammen, hinter ihnen eine Wand voller Boxen und Verstärker: Es war einfach ultralaut!

Texte und Interpretationsspielraum

In „Girlanden“ singt Julian Knoth „Ich bin noch nicht gescheitert, ich verändere mich“, was seiner Meinung nach eins zu eins auf die Situation der Band passt. Kevin Kuhn erklärt, dass der Text von „Nie wieder Scheitern“ etwas mit Leuten zu tun hat, die nicht über den Tellerrand schauen, obwohl es so viele Möglichkeiten gäbe. Julian Knoth betont, dass es im Interpretationsspielraum des Hörers bleibt.

Verbleib bei This Charming Man Records

Die Nerven blieben trotz guter Referenzen bei This Charming Man Records, da sich alles seit 2012 so ergeben hat und sie konkret von den Machern gefragt wurden.

Begegnungen mit anderen Künstlern

Die Band hatte positive Begegnungen mit anderen Künstlern wie Kommando Sonne-nmilch und Tocotronic.

Einflüsse und Kunstbegriff

Julian Knoth erklärt, dass er und Max Rieger sofort eine gemeinsame Ebene hatten, vor allem was Konzepte aus Theater, Kunst und Musik angeht.

Achtziger-Jahre-Einfluss

Julian Knoth nennt sein Elternhaus und seinen Vater als Einflussquelle für den Achtziger-Jahre-Einfluss, insbesondere die Dead Kennedys. Kevin Kuhn hört gerne Hüsker Dü oder Dinosaur Jr.

Schlagzeugsound

Kevin Kuhn und Julian Knoth loben Ralf Milberg und Max Rieger für den grandiosen Schlagzeugsound auf "Fun".

Räumliche Aufnahmen

Kevin Kuhn erklärt, dass Max Rieger im Vergleich zu ihnen viel mehr Wert auf Sound legt und die Begabung hat, sich darin zu verlieren und gute Ergebnisse zu erzielen.

Das selbstbetitelte Album "Die Nerven"

Das neue Album heißt schlicht »Die Nerven«. Max Rieger betont, dass es ein Statement sei. Die Arbeit am Album war anders im Vergleich zu den vorangegangenen Alben.

Writing-Sessions und neue Arbeitsweise

Die Band hatte dieses Mal richtige Writing-Sessions und einen Raum, in dem sie in Ruhe arbeiten konnten. Dadurch hatten sie die Möglichkeit, Sachen liegenzulassen, andere Sachen wieder neu aufzugreifen und an ihnen weiterzuarbeiten, Sachen zu verwerfen, andere hinzuzufügen.

Konflikte im Aufnahmeprozess

Max Rieger erklärt, dass die Reibereien immer erst im Aufnahmeraum zutage getreten sind. Im Aufnahmeraum sollte es aber um die Musik selbst gehen und sonst um überhaupt gar nichts.

Einfluss von Nebenprojekten

Max Rieger glaubt, dass man mit allem, was man tut, Inspiration erfährt. Julian Knoth ergänzt, dass sie über die Jahre einfach auch gemerkt haben, dass sie ihre musikalischen Freiheiten in den anderen Projekten brauchen.

Politische und gesellschaftskritische Texte

Bezogen auf die Texte des neuen Albums entsteht leicht der Eindruck, dass es bei ihnen im Vergleich zu den introspektiven Texten der früheren Platten einen stärkeren politischen und gesellschaftskritischen Einschlag gibt, insbesondere bei den beiden Eröffnungssongs »Europa« und »Ich sterbe jeden Tag in Deutschland«. Max Rieger hat aber immer noch den Eindruck, dass die Texte sehr introspektiv sind, weil es schon auch wichtig ist, keine Antworten zu geben.

Erweiterung des Vokabulars

Max Rieger findet, dass sie ihr Vokabular dieses Mal um einige Wörter wie eben »Europa« oder »Deutschland« erweitert haben, was er auch gut findet.

Post-Punk-Schublade

Die Band wurde lange in die Post-Punk-Schublade gesteckt, wogegen sie sich immer gewehrt hat. Mittlerweile können sich viele Leute auch ohne Genre-Bezeichnung etwas unter ihrer Musik vorstellen.

Rockband

Heute sagen Die Nerven eigentlich immer, sie sind eine Rockband.

Julian Knoth über Einflüsse und die Stuttgarter Musikszene

Julian Knoth redet über den Einfluss von 1000 Robota, die Stuttgarter Musikszene und Uneindeutigkeiten in Texten.

Politisches Engagement und Musik

Julian Knoth ist stellvertretender Bezirksbeirat und war 2019 bei einer Gemeinderatswahl in einer Stuttgarter Wählergemeinschaft politisch aktiv. Er hat aber gemerkt, dass sein eigentliches Interesse der Musik gilt.

Stuttgart vs. Berlin

Julian Knoth wollte anfangs nicht weg aus Stuttgart, weil er dort durch seine Familie und Freunde verwurzelt ist. Er hat die Entscheidung getroffen, bewusst hier zu bleiben und die Dinge vor Ort zu ändern.

Max Rieger als Produzent

Julian Knoth interessiert sich nicht so sehr für Technik. Da ist Max Rieger auf einem ganz anderen Level, und er macht das eher aus Spaß.

Gemeinsames Ego und Aufgabenteilung

Julian Knoth erklärt, dass sich die Bandmitglieder mittlerweile sehr gut ergänzen. Max macht die Produktion und das Design, er ist in der Organisation tätig und Kevin kümmert sich viel um die Support-Bands.

Reibungspunkte und Veränderungen

Die Band hat von 2012 bis 2015 nur getourt und über 200 Konzerte gegeben. Das war alles sehr intensiv miteinander und sie waren am Ende erschöpft.

Musikalische Freiheiten

Die größte Änderung kam, als sie merkten, dass sie dann am besten sind, wenn sie alle ihre Freiheiten haben und das letztendlich der Musik hilft.

Einfluss von 1000 Robota

Julian Knoth ist ein großer Fan von 1000 Robota. Die Band war für ihn damals so wichtig, weil sie auch in seinem Alter waren und etwas machten, was sehr anders als andere deutschsprachige Musik war.

Umgang mit der Musikpresse

Julian Knoth wollte sich damals auch von Thees Uhlmann distanzieren. Er fand das alles ganz gut und hat auch gar nichts gegen ihn persönlich, aber gerade so 2008 gab es überall diesen auserzählten Wohlfühl-Indie. Das hat ihn überhaupt nicht mehr interessiert und er wollte etwas anderes machen.

Gestaltung des Albumcovers

Julian Knoth erklärt, dass es ihr Wunsch war, dass man das Albumcover wie ihre Musik nicht so einfach deuten kann und nicht genau weiß, was sich da in dem Blick des Hundes abspielt.

Interpretation von "Deutschland muss in Flammen stehen"

Julian Knoth erklärt, dass man in die Zeile "Deutschland muss in Flammen stehen" einen alten Punk-Schlachtruf rein deuten kann oder aber auch, dass viele ein Interesse verspüren, dass es brennt und das wie die AfD weiter befeuern.

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