Doxepin zur Behandlung von Nervenschmerzen: Dosierung und Anwendung

Neuropathische Schmerzen sind eine besondere Herausforderung in der Schmerztherapie. Sie entstehen durch Schädigungen oder Erkrankungen des somatosensorischen Nervensystems und äußern sich oft in brennenden Schmerzen, Berührungsempfindlichkeit und Schmerzattacken. Im Gegensatz zu nozizeptiven Schmerzen, die durch die Stimulation von Schmerzrezeptoren entstehen, erfordern neuropathische Schmerzen eine spezifische Therapie. Doxepin, ein trizyklisches Antidepressivum (TCA), kann hier eine wichtige Rolle spielen.

Was sind neuropathische Schmerzen?

Neuropathische Schmerzen entstehen als direkte Folge einer Erkrankung oder Läsion des zentralen und/oder peripheren somatosensorischen Nervensystems. Klassische Beispiele sind die postzosterische Neuralgie, schmerzhafte Polyneuropathie, Schmerzen nach traumatischen Nervenläsionen oder infolge von Rückenmarks- oder Hirnschädigungen. Patienten klagen häufig über brennende Spontanschmerzen, schmerzhafte Berührungsempfindlichkeit und Schmerzattacken. Die Prävalenz chronischer neuropathischer Schmerzen liegt in der allgemeinen Bevölkerung bei 6,9-10 %. Bei Patienten mit Diabetes mellitus leiden sogar bis zu 34 % unter einer schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie.

Unterscheidung von nozizeptiven Schmerzen

Die Unterscheidung zwischen neuropathischen und nozizeptiven Schmerzen ist wesentlich, da sich diese beiden Schmerzformen in den zugrundeliegenden Mechanismen und somit in der anzuwendenden Therapie grundsätzlich unterscheiden. Nozizeptive Schmerzen entstehen in Folge einer „physiologischen“ Stimulation von Nozizeptoren, wobei das afferente somatosensorische System intakt ist. Der auslösende pathologische Prozess liegt im Gewebe. Nozizeptive Schmerzen stehen zum Beispiel bei Arthrose und rheumatoider Arthritis im Vordergrund. Zusätzlich von den genannten Schmerzformen abzugrenzen sind Schmerzen als Symptom psychiatrischer oder psychosomatischer Erkrankungen.

Doxepin: Ein trizyklisches Antidepressivum

Doxepin gehört zur Arzneimittelgruppe der trizyklischen Antidepressiva (TCA). Es wirkt beruhigend, angstlösend und stimmungsaufhellend. Doxepin dient der Behandlung von Depressionen und Angststörungen. Es unterdrückt Unruhezustände, hilft bei Schlafstörungen und funktionellen (nicht körperlich bedingten) Organbeschwerden.

Wirkungsweise von Doxepin

Die analgetische Wirkung von Doxepin wird durch die Verstärkung der deszendierenden schmerzhemmenden Bahnsysteme unter präsynaptischer Wiederaufnahmehemmung der monoaminergen Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin erreicht. TCA blockieren weiterhin spannungsabhängige Natriumkanäle und haben sympathikolytische Eigenschaften.

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Anwendungsgebiete von Doxepin

Die Anwendungsgebiete (Indikationen) von Doxepin sind:

  • Depressive Erkrankungen
  • Angstsyndrome
  • Leichte Entzugserscheinungen bei Alkohol-, Arzneimittel- oder Drogenabhängigkeit
  • Unruhe, Angst und Schlafstörungen in Zusammenhang mit depressiven Erkrankungen oder leichten Entzugserscheinungen

Während sich die stimmungsaufhellende Wirkung von Doxepin erst einige Tagen bis Wochen nach Behandlungsbeginn einstellt, zeigt sich der beruhigende und schlaffördernde Effekt schon ab der ersten Einnahme.

Doxepin bei neuropathischen Schmerzen

Antidepressiva, insbesondere trizyklische Antidepressiva wie Doxepin, sind ein wichtiger Bestandteil der Behandlung neuropathischer Schmerzen. Sie werden vor allem bei einschießenden Schmerzen eingesetzt. Die schmerzstillende Wirkung der Antidepressiva entsteht durch eine Veränderung bei der Übertragung der Schmerzreize auf der Ebene des Rückenmarks. So wird die Übertragung entweder durch eine Blockade der Botenstoffe oder durch die Hemmung ihres Abbaus gestört. Die Weiterleitung der „Schmerz-Nachrichten“ wird behindert.

Dosierung von Doxepin bei Nervenschmerzen

Die Dosierung von Doxepin bei neuropathischen Schmerzen ist niedriger als bei der Behandlung von Depressionen. Die Startdosis liegt bei 10/12,5 mg oder 25 mg retardiert zur Nacht bei sedierenden TCA beziehungsweise morgens bei aktivierenden Wirkstoffen. Die Dosis kann alle drei bis fünf Tage um 10-25 mg gesteigert werden. Die empfohlene Höchstdosierung in der Schmerztherapie ist 75 mg am Tag. Je nach Wirkstoff erfolgt die Gabe retardiert einmalig oder verteilt auf zwei bis drei Tagesdosen.

Bei depressiven Erkrankungen und Angstsyndromen wird empfohlen, die Therapie mit 50 Milligramm Doxepin am Abend zu beginnen. Wenn erforderlich, kann die Dosis nach 3 bis 4 Tagen auf 75 Milligramm Doxepin, und nach 7 bis 8 Tagen auf 100 Milligramm bis 150 Milligramm Doxepin pro Tag gesteigert werden.

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Bei ambulanter Behandlung sollte eine Tagesdosis von 150 Milligramm Doxepin nicht überschritten werden. Unter stationären Bedingungen kann die Tagesdosis unter Beachtung der Vorsichtsmaßnahmen bis auf 300 Milligramm Doxepin gesteigert werden.

Ist eine schlafanstoßende Wirkung besonders erwünscht, kann ein größerer Teil der Tagesdosis oder die ganze Tagesdosis zur Nacht gegeben werden.

Die durchschnittliche Behandlungsdauer bis zum Verschwinden der Symptomatik beträgt im Allgemeinen mindestens vier bis sechs Wochen. Anschließend sollte die Behandlung noch weitere vier bis sechs Monate fortgeführt werden, um einen Rückfall zu verhindern.

Bei der Behandlung von Entzugserscheinungen ist in den ersten drei Tagen häufig die Gabe von dreimal 50 Milligramm Doxepin pro Tag notwendig. Danach kann eine langsame Dosisverringerung zur Beendigung der Behandlung vorgenommen werden.

Bei älteren Patienten ist das Risiko von Nebenwirkungen erhöht und daher die Dosis entsprechend anzupassen.

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Anwendung von Doxepin

Doxepin-Tabletten oder -Kapseln werden unzerkaut mit einem Glas Wasser vor oder nach einer Mahlzeit oder abends vor dem Schlafengehen eingenommen. Für Patienten mit Schluckproblemen gibt es auch eine Doxepin-Lösung zum Einnehmen.

Um die Therapie mit Doxepin zu beenden, wird die Dosierung langsam verringert ("Ausschleichen"). Dadurch lassen sich Absetzerscheinungen wie Unruhe, Schlafstörungen, Schweißausbrüche, Übelkeit und Erbrechen vermeiden.

Mögliche Nebenwirkungen von Doxepin

Die häufigsten Doxepin-Nebenwirkungen sind Mundtrockenheit, trockene Nase, Störung der Nah-Fern-Anpassung des Auges, Schwitzen, Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, niedriger Blutdruck, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Tremor (Zittern), Verstopfung, Anstieg der Leberenzym-Aktivität und Gewichtszunahme. Diese Nebenwirkungen treten bei mehr als zehn Prozent der Patienten auf.

Bei einem bis zehn Prozent der Patienten kommt es zu allergischen Hautreaktionen, Juckreiz, Durstgefühl, Blasenentleerungsstörungen, innerer Unruhe, Verwirrtheitszuständen, Verlust der Libido und/oder Impotenz.

Doxepin kann die Reaktionsfähigkeit vermindern. Deswegen können während der Behandlung die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Arbeiten mit Maschinen beeinträchtigt sein.

Wichtige Hinweise zur Einnahme von Doxepin

Doxepin darf in folgenden Fällen nicht angewendet werden:

  • Überempfindlichkeit gegen Doxepin oder verwandte Wirkstoffe (andere Dibenzoxepine)
  • Akutes Delirium
  • Akuter Harnverhalt (Unvermögen, Wasser zu lassen)
  • Darmlähmung (paralytischer Ileus)

Bei einer gleichzeitigen Einnahme von Doxepin und einer Vielzahl anderer Wirkstoffe kann es zu Wechselwirkungen kommen. Deshalb ist es wichtig, dass ein Patient den verschreibenden Arzt über alle - auch die nicht verschreibungspflichtigen - Arzneimittel informiert, die er/sie einnimmt.

Doxepin sollte nicht zusammen mit anderen zentral dämpfenden Arzneimitteln eingenommen werden, da sie sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken können. Dazu gehören Wirkstoffe, die gegen Depressionen, psychische Störungen oder Epilepsie eingesetzt werden.

Auch Schlaf- und Beruhigungsmittel, morphinartige Schmerzmittel, bestimmte Arzneimittel gegen Allergien (H1-Antihistaminika) und Alkohol wirken zentral dämpfend und sollten daher während der Behandlung gemieden werden.

Doxepin darf keinesfalls zusammen mit bestimmten anderen Antidepressiva (Monoaminooxidasehemmstoffe = MAO-Hemmer) eingenommen werden, da es sonst zu schweren Nebenwirkungen kommen kann.

Droperidol (Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen nach Operationen) darf nicht zusammen mit Doxepin eingenommen werden, da sich sonst das Risiko für Herzrasen erhöht. Das Gleiche gilt für Pimozid und Sertindol, zwei Wirkstoffe gegen Psychosen.

Eine gleichzeitige Verabreichung von Arzneimitteln gegen Herzrhythmusstörungen (Amiodaron und Chinidin) oder gegen Malaria (Lumefantrin), von bestimmten Antibiotika oder Antihistaminika (Allergiemitteln) kann verstärkte Herzrhythmusstörungen auslösen.

Doxepin verstärkt die Wirkung von Sympathomimetika. Das sind Wirkstoffe, die anregend auf jenen Teil des Nervensystems wirken, der für lebenswichtige Funktionen wie Herzschlag, Blutdruck und Atmung zuständig ist. Beispiele für solche Wirkstoffe sind Adrenalin, Etilefrin, Dopamin und Pseudoephedrin.

Doxepin kann die blutdrucksenkende Wirkung von bestimmten Bluthochdruckmitteln (Clonidin, Reserpin, α-Methyldopa und Guanethidin) abschwächen. Bei einer gleichzeitigen Einnahme von anderen Bluthochdruckmitteln (wie Betablockern) oder NItraten kann sich dagegen die blutdrucksenkende Wirkung verstärken.

Eine gleichzeitige Behandlung mit Cimetidin (Mittel gegen Magen-Darm-Erkrankungen) kann die Nebenwirkungen von Doxepin verstärken.

Doxepin in Schwangerschaft und Stillzeit

Doxepin sollte nicht während der Schwangerschaft eingenommen werden, da dazu noch keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen. Anderen Wirkstoffen wie Citalopram, Sertralin und Amitriptylin ist hier der Vorzug zu geben.

Da Doxepin in die Muttermilch übergeht und beim Säugling unerwünschte Wirkungen haben kann, sollten stillende Mütter vor Behandlungsbeginn abstillen.

Verfügbarkeit von Doxepin

Präparate mit Doxepin sind in Deutschland verschreibungspflichtig und nur gegen Rezept in Apotheken erhältlich. In Österreich und der Schweiz ist der Wirkstoff nicht im Handel.

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