Die Untersuchung der Hirndurchblutung ist ein wichtiger Bestandteil der neurologischen Diagnostik. Verschiedene Methoden stehen zur Verfügung, um die Blutversorgung des Gehirns zu beurteilen und mögliche Störungen zu erkennen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die gängigsten Untersuchungsmethoden, ihre Anwendungsbereiche und Besonderheiten.
Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT)
Prinzip und Funktionsweise
Die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) ist eine nicht-invasive Methode, die es ermöglicht, die Aktivität des Gehirns bei verschiedenen Aufgaben zu dokumentieren. Unterschiedliche Hirnareale sind für unterschiedliche Funktionen zuständig. So werden beispielsweise beim Sprechen andere Areale aktiviert als beim Laufen oder Zuhören.
Aktivierte Nervenzellen in stark beanspruchten Hirnarealen benötigen Sauerstoff und Glukose. Um diesen Bedarf zu decken, kommt es zu einer komplexen Reaktion zwischen den Gefäßen und den Nervenzellen, die zu einer Steigerung der Durchblutung des aktivierten Hirnareals führt. Das sauerstoffreiche Blut verändert das lokale Magnetfeld, was in speziellen, schnellen MRT-Sequenzen nachgewiesen werden kann. Durch eine komplexe Nachverarbeitung der gewonnenen Bilddaten können diese Veränderungen dargestellt und mit statistischen Tests als Aktivität des betreffenden Hirnareals identifiziert werden.
Indikationen
Die vorrangige Indikation für eine fMRT-Untersuchung ist die Diagnostik vor Hirnoperationen, insbesondere zur Bestimmung der räumlichen Lage der Sprachareale. Dies ist besonders wichtig, wenn das Zielareal der Operation in der Nähe der für die Sprache zuständigen Hirnareale liegt. In den meisten Fällen sind die Sprachzentren in der linken Großhirnhemisphäre lokalisiert, sowohl bei Rechts- als auch bei Linkshändern. Es besteht jedoch eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass sich das Sprachzentrum auf der rechten Seite befindet. Bei der Planung eines neurochirurgischen Eingriffs ist es wichtig zu wissen, welche Folgen die Operation für den Patienten haben könnte, und die fMRT hilft, mögliche Komplikationen abzuschätzen.
Ablauf der Untersuchung
Der Ablauf der Untersuchung ähnelt einer "normalen" MRT. Während der Untersuchung werden die Patienten jedoch gebeten, verschiedene Aufgaben zu lösen, die über einen Bildschirm präsentiert werden. Es gibt Aufgaben, bei denen die Patienten aktiv mit Hilfe von Druckknöpfen antworten sollen, und Aufgaben, bei denen sie sich zu einem angezeigten Wort etwas vorstellen sollen. Vor jeder Aufgabe erhalten die Patienten eine Einweisung durch die Medizinisch-Technischen Radiologieassistenten (MTRA). Der Aufgabenteil dauert etwa 20 Minuten. Anschließend werden die Bilder in einem aufwendigen Verfahren ausgewertet und aufbereitet, so dass die behandelnden Ärzte die Komplikationen des geplanten Eingriffs besser einschätzen können.
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Wichtige Hinweise
Die Mitarbeit der Patienten ist bei fMRT-Untersuchungen besonders wichtig. Es gibt keine Bewertung, ob die Aufgaben richtig oder falsch gelöst wurden - einzig der Einsatz des Patienten ist entscheidend.
Ultraschalldiagnostik (Sonographie)
Prinzip und Funktionsweise
Die Ultraschalldiagnostik (Sonographie) in der Neurologie umfasst die Beurteilung der den Kopf und das Gehirn versorgenden Schlagadern (Arterien) mit der Doppler- bzw. Farbduplexsonographie.
Außerhalb des Kopfes (extrakraniell) sind das die großen vorderen Halsschlagadern (Arteria carotis) und die kleineren hinteren Halsschlagadern (Arteria vertebralis). Mit modernen Geräten gelingt es, auch Arterien innerhalb des Kopfes (intrakraniell) darzustellen. Hierbei wird der Ultraschallkopf vom Untersucher an die Schläfen bzw. am Nacken vor das große Hinterhauptsloch (Foramen magnum) gehalten. Untersucht werden die sogenannten Hirnbasisarterien, die anatomisch im ringförmigen Circulus Willisii mit den davon abzweigenden vorderen, mittleren und hinteren hirnversorgenden Arterien (Arteria cerebri anterior, media und posterior) angeordnet sind, sowie die intrakraniellen Abschnitte der Vertebralarterien, die sich vor dem Hirnstamm zur Arteria basilaris vereinigen.
Bei allen beschriebenen Gefäßen ist eine Analyse der Blutflussgeschwindigkeit möglich. Hierbei wird die von Christian Doppler entdeckte Frequenzverschiebung bei sich in Relation zueinander bewegenden Körpern ausgenutzt, um die Geschwindigkeit der roten Blutkörperchen zu bestimmen. Farbig kodierte Geschwindigkeits- und Richtungsinformationen werden auf das übliche graue Schnittbild projiziert (Duplexsonographie) und somit anatomische und funktionelle Information vereint.
Indikationen
In der neurologischen Gefäßultraschalldiagnostik werden hauptsächlich Verengungen (Stenosen), Verschlüsse, aber auch Umgehungskreisläufe beurteilt. Sie ist eine Standardmethode in der Ursachenklärung von Schlaganfällen und wird schon aus der Notfallaufnahme heraus oder von der Stroke-Unit initiiert. An den extrakraniellen Halsgefäßen lassen sich mit der anatomischen Information der Duplexsonographie zudem direkt arteriosklerotische Ablagerungen, Änderungen der Gefäßwanddicke oder Einblutungen in eine Gefäßwand (Dissektion) darstellen.
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Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Diagnostik der Arteriitis temporalis (Riesenzellarteriitis), einer systemischen Gefäßentzündung, die vor allem bei älteren Menschen die Schläfenarterien befällt. Die Duplex-Sonographie der Temporalarterien ist die Methode erster Wahl in der Diagnostik einer Riesenzellarteriitis mit kranialem Befallsmuster.
Zusätzlich kann die Ultraschalldiagnostik bei der Frage nach einem Karpaltunnelsyndrom und bei der Diagnose entzündlicher Neuropathien eingesetzt werden. Auch bei bestimmten Erkrankungen der Augenmuskeln (Myositis) sowie bei Erkrankungen, die durch eine Zunahme des Nervenwasserdrucks (Idiopathische und sekundäre intrakranielle Hypertension) zu einer Veränderung am Eintrittspunkt des Sehnervens in den Augapfel (Papille) oder am Sehnerven selbst führen, kann die Ultraschalldiagnostik wertvolle Informationen liefern.
Ablauf der Untersuchung
Die gesamte Untersuchung dauert im Allgemeinen ca. 20 bis 30 Minuten und wird von einer in der Technik erfahrenen MTA unter Supervision des zuständigen Oberarztes durchgeführt.
Weitere Informationen
Mit dem Ultraschallgerät können Ablagerungen in den Halsschlagadern, Flussgeschwindigkeiten oder Fehlbildungen dieser Blutgefäße sichtbar gemacht werden. Für die Untersuchung wird ein Ultraschallkopf auf den Hals aufgelegt, der unschädliche, für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbare Schallwellen aussendet. Über einen Lautsprecher hört man das Pulsieren des Blutes in den Halsgefäßen, wobei die Pulskurven gleichzeitig aufgezeichnet werden bzw. das Bild des Gefäßes auf einem Bildschirm sichtbar gemacht wird. Diese Untersuchung ist schmerz- und gefahrlos und kann mehrfach wiederholt werden.
Die Doppler-Sonographie ist eine wichtige Untersuchungsmethode bei Kopfschmerzen und Gedächtnisstörungen, die unter Umständen durch eine schlechte Durchblutung des Gehirns ausgelöst werden können, vor allem bei älteren Patienten, Rauchern, Patienten mit hohem Blutdruck oder Stoffwechselstörungen (Diabetes).
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Angiographie
Prinzip und Funktionsweise
Die Angiographie ist ein bildgebendes Verfahren, das zur Darstellung der Blutgefäße eingesetzt wird. Dabei wird ein Kontrastmittel in die Blutbahn injiziert, um die Gefäße auf Röntgenbildern sichtbar zu machen.
Indikationen
Die Angiographie der hirnversorgenden Gefäße wird durchgeführt, um bei Patienten mit Schlaganfallssymptomatik Engstellen (Stenosen), Verschlüsse oder Aussackungen der Halsgefäße zu finden. In manchen Fällen ist dabei eine Untersuchung bei unterschiedlicher Kopfhaltung notwendig, um z.B. bewegungsbedingte Veränderungen zu erkennen.
Die Angiographie der Arme wird durchgeführt bei der peripheren arteriellen Verschlußkrankheit und bei Erkrankungen bei denen Durchblutungsstörungen der Hände/Arme abgeklärt werden sollen (z.B. Raynaud-Syndrom, Halsrippe, Subclavian-Steel-Syndrom…). Auch zur Planung von Operationen z.B.
Ablauf der Untersuchung
Üblicherweise wird eine Vene am Arm mit einer Venenverweilkanüle angestochen, um eine Infusion (Flüssigkeit) anzuschließen und ggf. Medikamente zu verabreichen. Die Leiste des Patienten wird dann rasiert und desinfiziert. Anschließend wird der Patient keimfrei (steril) abgedeckt. Die Leiste wird örtlich betäubt und dann muss der Radiologe die Arterie in der Leiste mit einer Nadel aufsuchen (punktieren) und einen Draht als Führungshilfe in das Gefäß legen. Anschließend legt er über diesen Draht einen dünnen Plastikschlauch (Katheter) in die Bauchschlagader ein. Der Katheter wird über einen langen Führungsdraht über die absteigende Schlagader bis in den Aortenbogen vorgeschoben, von wo aus die Gefäße zum Hals sowie zum linken oder rechten Arm abgehen. Wenn das zu untersuchende Gefäß gefunden ist, wird über den Katheter (mehrfach) das Kontrastmittel gespritzt. Vor und während der Kontrastmittelgabe werden Aufnahmeserien mit dem Röntgenapparat angefertigt.
Risiken und Komplikationen
Die diagnostische Angiographie der hirnversorgenden Gefäße und der Arme ist ein risikoarmes Verfahren. Da bei einer Angiographie eine Arterie angestochen werden soll, muss um Blutungen zu vermeiden, die Funktion des Gerinnungssystemes vor dem Eingriff überprüft werden. Durch das eingespritzte Kontrastmittel können unter anderem die Nieren und die Schilddrüsen geschädigt werden.
Continuous Arterial Spin Labeling (CASL)
Prinzip und Funktionsweise
Continuous Arterial Spin Labeling (CASL) ist eine spezielle Form der Magnetresonanz-Tomografie, die ohne radioaktive Substanzen oder Kontrastmittel auskommt. Das arterielle Blut wird im Halsbereich des Patienten durch ein Hochfrequenzsignal magnetisch markiert, bevor es einen bestimmten Abschnitt des Gehirns erreicht. Nach einer gewissen Zeit, in der sich das markierte Blut im Gehirn verteilt hat, wird ein Bild aufgenommen.
Anwendung bei Schizophrenie
Forscher der Universität Bonn haben diese schonendere Technik angewendet, um den Blutfluss im Gehirn schizophrener Patienten zu messen. Sie verglichen den Blutfluss im Gehirn von 11 Schizophrenie-Patienten mit dem bei 25 gesunden Kontrollpersonen. Ergebnis: Schizophrene Patienten zeigten im Vergleich zu Gesunden eine stärkere Durchblutung im Kleinhirn, Hirnstamm und Thalamus und einen geringeren Blutfluss in Teilen des Frontalhirns. Diese Regionen übernehmen eine Vielzahl kognitiver Funktionen, wie Entscheidungsfindung, Planung, Urteilsvermögen und Impulskontrolle. Die Blutflussmuster decken sich weitestgehend mit den Ergebnissen aus PET- und SPECT-Untersuchungen.
Weitere bildgebende Verfahren
Neben den oben genannten Methoden gibt es weitere bildgebende Verfahren, die zur Untersuchung der Hirndurchblutung eingesetzt werden können:
- Computertomographie (CT): Ermöglicht einen schnellen Überblick über die Hirnstrukturen und kann Blutungen oder andere akute Veränderungen darstellen.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Bietet eine detailliertere Darstellung der Hirnstrukturen und kann auch subtile Veränderungen erkennen.
- Einzelphotonen-Emissions-Tomografie (SPECT) und Positronen-Emissions-Tomografie (PET): Nuklearmedizinische Verfahren, die den Stoffwechsel und die Durchblutung des Gehirns darstellen können. Diese Verfahren arbeiten jedoch mit radioaktiven Substanzen.
Weitere neurologische Untersuchungsmethoden
Neben den bildgebenden Verfahren gibt es weitere neurologische Untersuchungsmethoden, die bei der Beurteilung der Hirndurchblutung eine Rolle spielen können:
- Elektroenzephalografie (EEG): Misst die elektrische Aktivität des Gehirns und kann Hinweise auf Durchblutungsstörungen liefern.
- Elektromyographie (EMG): Untersucht die Funktion der Muskeln und Nerven und kann bei der Diagnose von Erkrankungen helfen, die die Durchblutung beeinträchtigen.
- Evozierte Potentiale (VEP, AEP, SSEP, MEP): Messen die Leitfähigkeit von Nervenbahnen und können bei der Diagnose von Schädigungen des Nervensystems helfen.
- Lumbalpunktion: Untersuchung des Nervenwassers, die bei vielen Erkrankungen des Nervensystems wichtige Hinweise geben kann.
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