Eine Dysarthrie ist eine erworbene neurogene Sprechstörung, die durch eine Schädigung des zentralen oder peripheren Nervensystems verursacht wird. Grundlegend handelt es sich um eine Störung der Lautbildung bzw. der Artikulation, jedoch können auch Atmung, Sprechmelodie und Stimmgebung mitbetroffen sein. Dysarthrien können gleichzeitig mit einer Aphasie auftreten, womit dann zusätzlich die Bereiche Sprachverständnis und Sprachproduktion betroffen sind. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Folgen und Therapiemöglichkeiten der Dysarthrie, insbesondere im Zusammenhang mit einem Schlaganfall.
Ursachen und Entstehung einer Dysarthrie
Dysarthrien werden verursacht durch Schlaganfälle, Schädel-Hirn-Traumata, Hirntumore, Epilepsie, Kleinhirn-Ataxie oder Erkrankungen wie z.B. Morbus Parkinson, Multiple Sklerose (MS) oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Auch zugrundeliegende Syndrome, z.B. Neurologische Faktoren (z.B. Ein Schlaganfall kann durch ein Blutgerinnsel in einer Hirnarterie oder seltener, durch eine Hirnblutung verursacht werden. Durch die Störung oder die vollkommene Unterbrechung der Versorgung von Gehirnarealen mit Nährstoffen und Sauerstoff über das Blut kommt es zu Schädigungen oder sogar zum Absterben von Gehirnzellen. Das kann Auswirkungen auf Sprechmotorik haben und eine Dysarthrie verursachen. Hat der Patient das Glück, sehr schnell nach dem Schlaganfall adäquat behandelt zu werden, können sich die Symptome der Dysarthrie wieder abschwächen. Durch Entzündungen im Gehirn können Läsionen im zentralen Nervensystem auftreten, die unter anderem die Nerven beeinträchtigen können, die für die Sprachmotorik zuständig sind. Zu den Entzündungen kann es infolge von Infektionskrankheiten kommen. Viren und Bakterien können eine Gehirnentzündung oder eine Hirnhautentzündung auslösen. Es gibt jedoch auch nichtinfektiöse entzündliche Prozesse, die beispielsweise durch Multiple Sklerose ausgelöst werden. Bei Multipler Sklerose werden die die Nervenfasern umgebenden Myelinscheiden durch Entzündungen zerstört. Die Folge dieses Prozesses ist, dass die Nervenimpulse nicht mehr weitergeleitet werden können. Ein Gehirntumor kann gesundes Hirngewebe verdrängen und eine Entzündung in den umliegenden Hirnarealen verursachen. Bei einem Schädel-Hirn-Trauma kommt es zu einer Verletzung des Schädels, bei der auch das Gehirn beeinträchtigt wird. Häufigste Ursachen für ein Schädel-Hirn-Trauma sind Sport-, Arbeits- und Verkehrsunfälle, bei denen es durch Stürze oder Schläge zu Gewalteinwirkungen auf den Schädel kommt. Durch die neuronalen Verletzungen kann, neben anderen Hirnarealen, auch die nervale Versorgung der Sprechmotorik geschädigt werden. Bei dem Krankheitsbild Morbus Parkinson handelt es sich um eine Gruppe von Symptomen, die durch eine Degeneration des Gehirns hervorgerufen wird. Neben den typischen äußeren Zeichen der Muskelstarre (Rigor), dem Muskelzittern (Tremor) und der Veränderung in der Körperhaltung kann es auch zu Störungen in der Motorik kommen. Bereits während der Schwangerschaft kann es zu Hirnschädigungen bei dem ungeborenen Kind kommen. Treten die Hirnschädigungen in dem Zeitraum vom 6. Schwangerschaftsmonat bis zum vollendeten ersten Lebensjahr auf, werden sie als „frühkindliche Hirnschädigung“ eingeordnet. Die Folgen können sehr unterschiedlich und umfangreich sein: Neben geistigen Problemen beim Erlernen des Sprechens kann es auch zu motorisch verursachten Sprechstörungen (Dysarthrie) kommen. Neben den bereits erwähnten Ursachen spielen auch seltene Krankheitsbilder wie die Autoimmunkrankheit Myasthenia gravis oder die Erbkrankheit Chorea Huntington bei der Entstehung der Dysarthrie eine Rolle. Eine Dysarthrie kann auch von Intoxikationen ausgelöst werden.
Ein Schlaganfall wird auch Gehirnschlag, Hirninfarkt oder Apoplex genannt. Dieser entsteht durch den Verschluss oder das Platzen eines Blutgefäßes im Gehirn. Dabei kommt es zur lebensbedrohlichen Einschränkung der Blutversorgung im wichtigsten Organ unseres Körpers. Damit die Schäden des Gehirns so gering wie möglich gehalten werden, ist eine schnelle Behandlung des Patienten nötig. „Zeit ist Hirn“ sagen die Ärzte. Ein Schlaganfall ist immer ein Notfall. Ein Schlaganfall schädigt das Gehirn nachhaltig, so dass es die Aufgaben des täglichen Lebens nur noch eingeschränkt erfüllen kann. Das Gehirn, bzw. Teile des Gehirns werden unwiederbringlich geschädigt. Gehirnzellen sterben ab und können sich nur sehr begrenzt wieder regenerieren. Häufig bleibt eine mehr oder weniger starke Lähmung von Gesicht, Arm und / oder Bein auf ein und derselben Körperhälfte zurück. Deshalb nennt man sie auch Halbseitenlähmung bzw. Hemiparese. Diese Lähmungen treten zusammen mit einer Empfindungsstörung in dem betroffenen Bereich auf. Betroffen ist immer die gegenseitige Körperhälfte von der Seite der Hirnschädigung, d.h. Bei einer linksseitigen Hirnschädigung kommt es oft zu Sprachstörungen, auch Aphasie genannt. Diese Schädigung kann ebenfalls unterschiedlich stark ausfallen. Es kann dabei zum völligen Verlust der Sprachfähigkeit kommen oder auch nur zu leichten Wortfindungsstörungen. Ein Schlaganfall kann auch zu Lähmungen der Sprechmuskulatur führen. Betroffen sind dann die Aussprache und die Stimmgebung.
Häufigkeit
Bei Schädel-Hirn-Traumata liegt der Anteil in der Akutphase bei 30 - 50 %. Kinder mit Cerebralparese leiden zu 30 - 88 % unter Dysarthrien.
Symptome einer Dysarthrie
Die Symptome einer Dysarthrie sind vielfältig und individuell unterschiedlich. Sie hängen von der Lokalisation und dem Ausmaß der Hirnschädigung ab. Dysarthrien betreffen die Atmung, die Stimmgebung, die Artikulation und die Prosodie.
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In der Logopädie unterscheidet man dabei grundlegend folgende Symptome:
- Störung der Artikulation: Eine Störung der Artikulation (Lautbildung) tritt durch die Lähmung der Sprechmuskulatur auf. Kiefer-, Gesichts- oder auch die Zungenmuskulatur können nicht mehr ausreichend bewegt werden, wodurch die Bildung der Sprachlaute gestört wird. Die Aussprache des Betroffenen wirkt oft unverständlich, genuschelt oder verwaschen. Eine weitere Folge der Sprechstörung ist Nasalität, die durch eine Schwäche der Gaumensegelmuskulatur auftritt.
- Störung der Atmung: Eine Verletzung der Nerven, die das Zwerchfell versorgen, kann eine Atemstörung zur Folge haben. Durch eine geschwächte Atemmuskulatur ist die Atmung des Betroffenen meist kurz und flach. Atmen und Sprechen können nicht mehr miteinander koordiniert werden, so dass der Betroffene nur noch flüstert oder abgehackt und ruckartig spricht.
- Störung der Stimme: Werden der Kehlkopf bzw. die Stimmbänder verletzt, wirkt sich dies auf die Tonhöhe der Stimme aus. Die Stimme kann durch die Sprechstörung plötzlich tiefer oder höher klingen als zuvor, ohne dass es dem Betroffenen bewusst wird. Ebenso haben die Betroffenen oftmals keine Kontrolle über die Lautstärke der Stimme sowie über die Tonhöhen. Geringere bzw. veränderter Stimmklang (z.B.
- Störung der Prosodie: Unter Prosodie versteht man die Sprechmelodie, also das Heben und Senken der Stimme. Bei einer Sprechstörung können sich die Betonung von Wörtern, der Rhythmus sowie das Tempo stark verändern. Durch die fehlende Lautstärkevariation entsteht vor allem ein gleichförmiges und monotones Sprechen. Viele Betroffene einer Dysarthrie sprechen auch oft zu langsam oder zu schnell bzw. legen unangemessen lange oder kurze Sprechpausen ein.
Typisch sind unwillkürliche Zuckungen (Faszikulationen) der Sprechorgane (Lippen, Zunge). Im fortgeschrittenen Stadium einer ALS kommt es zu einer Unfähigkeit, zu sprechen (Anarthrie).
Auswirkungen der Dysarthrie auf die Kommunikation
Bei einer Dysarthrie / Dysarthrophonie sind die Sprechbewegungen eingeschränkt. Dabei ist die Bewegungsausführung des Sprechens beeinträchtigt. Die Dysarthrie ist durch Einschränkungen der Sprechmuskulatur, Atmungsmuskulatur und Stimmgebungs-muskulatur gekennzeichnet. Bei der Dysarthrie ist die motorische Innervation der Sprechmuskulatur gestört, also die Aktivierung der Muskeln durch nervliche Signale.
Diagnose einer Dysarthrie
Wenn ein Patient sich nur unklar äußern kann, muss für die Stellung der richtigen Diagnose geprüft werden, ob es sich um ein Problem der gedanklichen Erzeugung, von dem was ausgedrückt werden soll, handelt. Diese Betroffenen haben Schwierigkeiten beim Verstehen von Sprache und deren Sinn. Die Wortfindung und der korrekte Aufbau von Sätzen funktionieren nicht oder nur unzureichend. Bei einer anderen möglichen Störung handelt es sich um motorische Einschränkungen, die den Patienten daran hindern, sich in einem normalen Sprachfluss und mit korrekter Lautbildung auszudrücken. Gedanklich hat der Patient keine Defizite. Menschen verständigen sich mit Gesten, Mimik und natürlich mit der Fähigkeit, sprechen zu können. Doch das „Sprechen können“ ist nicht selbstverständlich. Dazu bedarf es einer genauen Koordination zwischen dem Gehirn sowie zahlreichen Nerven- und Muskelstrukturen, die am Sprechvorgang beteiligt sind. Es gibt einige Krankheitsbilder, die das Sprechenlernen und die Anwendung im Alltag erschweren oder sogar verhindern. Ein wichtiger Bereich innerhalb der Probleme beim Sprechen ist eine Störung der motorischen Fähigkeiten, die als Dysarthrie bezeichnet wird. Das bedeutet, dass von einer Dysarthrie betroffene Patienten genau wissen, was sie ausdrücken möchten. Sie verfügen über einen normalen Wortschatz und entsprechende grammatikalische Kenntnisse. Die Patienten können bei der Dysarthrie ohne Probleme (still) lesen und schreiben. Die geistige Leistungsfähigkeit ist vollkommen vorhanden, nur beim Sprechen gibt es Einschränkungen. Die motorischen Signale werden nicht richtig vom Gehirn an die am Sprechen beteiligten Funktionsbereiche wie die Koordination der Atmung und der Fähigkeit der Artikulation sowie der Stimmbildung weitergeleitet. Die Beweglichkeit von Zunge, Lippen, Kiefergelenken und Gaumensegel ist bei einer Dysarthrie beeinträchtigt. Die Folge: Von einer Dysarthrie Betroffene haben Einschränkungen bei der einwandfreien Bildung von Lauten. Die Sprechmelodie, die Geschwindigkeit bei der Aussprache und die Stimmkraft weichen - je nach Ausprägung der Dysarthrie - in einem geringen bis sehr ausgeprägten Maß von einer normalen Aussprache ab. Auch bei der Atmung kommt es zu Abweichungen. Es gibt extrem ausgeprägte Formen des Krankheitsbildes, bei denen keinerlei Lautbildung mehr möglich ist. Dieser Zustand der Sprachstörung wird in der medizinischen Fachsprache als Anarthrie oder Mutismus bezeichnet. Wenn wir sprechen, sind insgesamt etwa 100 Muskeln an dem komplexen Vorgang beteiligt. Dazu kommen die Fähigkeiten der richtigen Atmung beim Sprechen, der Stimmbildung und der deutlichen Artikulation. Durch die Atmung wird unser Organismus mit dem lebensnotwendigen Sauerstoff versorgt. Den Hauptmuskel der Atemmuskulatur bildet das Zwerchfell (Diaphragma). Die Stimmbildung erfolgt im Kehlkopf (Larynx). Er besteht aus zahlreichen Knorpeln und Muskeln wie den Stimmlippen im Inneren des Kehlkopfes. Laute können im Kehlkopf erzeugt werden, wenn die Luft beim Einatmen gegen die geschlossenen Stimmlippen gepresst wird. Dadurch geraten die Stimmlippen in Schwingung. An den Stimmlippen sind die Stimmbänder befestigt. Diese geraten durch die Luft beim Ausatmen in Vibrationen.
Im Zuge einer Therapie der Sprechstörungen in einer Praxis für Logopädie sind zunächst eine gründliche Untersuchung und ein Patientengespräch erforderlich, um festzustellen, in welchen Bereichen die Sprechstörung vorliegt. Nur dadurch ist eine gezielte, individuell zugeschnittene logopädische Behandlung möglich. Zu Beginn wird eine detaillierte Diagnostik durchgeführt.
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Differentialdiagnose
Woran erkenne ich eine Dysarthrophonie? Eine Dyartrophonie (früher auch Dysarthrie) genannt, ist eine Beeinträchtigung der Steuerung und Ausführung von Sprechbewegungen. Betroffene Muskelgruppen sind zum Beispiel die Atemmuskulatur, die Kehlkopfmuskulatur oder die Lippen- und Zungenmuskulatur. Die Artikulation des Betroffenen ist beeinträchtigt, zudem oft auch die Stimme und die Sprechatmung. Die Betroffenen sprechen undeutlich, heiser oder leise und müssen häufig Luft holen. Aphasien und Dysarthophien können auch gemeinsam auftreten.
Eine Dysarthrie (oder auch: Dysarthrophonie) ist eine erworbene (also keine angeborene), neurologisch bedingte Sprechstörung. Sie wird durch eine Schädigung des zentralen Nervensystems (im Gehirn oder Rückenmark) oder der Hirnnerven außerhalb des Gehirns verursacht und äußert sich in einer beeinträchtigten Kontrolle und Ausführung der Sprechbewegungen. Das Ergebnis ist häufig eine schlechtere Verständlichkeit. Dabei kann die Sprechmuskulatur schlaff (hypoton), steif (spastisch), unkoordiniert (ataktisch) oder durch ungewollte Bewegungen (dyskinetisch) gestört sein. Da eine Dysarthrie nur das Sprechen betrifft, sind das Verstehen, Lesen und Schreiben dabei nicht beeinträchtigt. Allerdings kann eine Dysarthrie auch zusammen mit einer Sprachstörung/Aphasie auftreten - etwa bei einem Schlaganfall oder einer Hirnblutung. Eine gründliche Untersuchung zu Beginn der Behandlung ist erforderlich, um festzustellen, in welchen Teilbereichen welche Störung vorliegt.
Formen der Dysarthrie
ataktische Dysarthrie. Diese Unterscheidungen haben Auswirkungen auf die Therapie und geben Hinweise auf den weiteren Verlauf der Dysarthrie.
Im Unterschied zur hyperkinetischen Dysarthrie (Sprechstörung) leidet der von Hypokinetik betroffene Patient unter einer stark eingeschränkten Funktion der Muskulatur des Sprachapparates und der Gesichtsmimik. Die Sprache erscheint monoton mit einer verwaschenen Artikulation. Der Patient kämpft mit der Koordinierung der Atmung beim Sprechen. Die Koordination beim Sprechen von der Lautstärke und der Wahl der Tonhöhe kann sehr unterschiedlich ausfallen. Es gibt Patienten, die nicht eindeutig einer der fünf aufgeführten Arten von Dysarthrien zugeordnet werden können.
Therapie der Dysarthrie nach Schlaganfall
Die Therapieplanung erfolgt auf der Basis einer individuellen Diagnostik. Dabei kommen u.a. Dann erhalten Sie ein persönliches, auf Sie zugeschnittenes Training. Ihre Logopädin führt mit Ihnen Übungen durch, gibt Ihnen Hilfestellung und korrigiert Sie.
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Der Abbau der dysarthrischen Symptome wird durch verschiedene Übungen und Methoden erreicht. Da sich viele Betroffene ihrer eigenen undeutlichen Aussprache nicht bewusst sind, kann während des Wahrnehmungstrainings die Stimme auf Tonband aufgezeichnet werden, so dass der Betroffene seine eigene Stimme besser beurteilen kann. Durch unterschiedliche Sprech- und Atemübungen werden anschließend die Beweglichkeit der Sprechorgane, das Schlucken sowie die Atmung, insbesondere die Bauchatmung, trainiert. Spricht der Betroffene sehr monoton, kann durch Vor- und Nachsprechübungen das Sprechtempo sowie die Variationen der Lautstärke geübt werden. Auch ein Training der Körperhaltung kann sich während einer logopädischen Behandlung positiv auf die Sprechstörung auswirken. Dadurch wird die Atemfunktion unterstützt und eine optimale Voraussetzung für die Sprechmuskulatur geschaffen.
Nach der erfolgten Diagnostik wird der behandelnde Arzt seinen Patienten zur Therapie an einen Logopäden verweisen, der in Zusammenarbeit mit dem Patienten versucht, die Symptomatik der Dysarthrie zu verbessern. Mit gezielten Übungen wird die Koordination der Atmung beim Sprechen verbessert, die bewusste Artikulation geübt und die Stimmbildung unterstützt. Neben der Wahrnehmung der Behandlungstermine beim Logopäden ist es wichtig, dass der Patient seine „Hausaufgaben“ regelmäßig absolviert. Der Logopäde wird sich zunächst sehr genau mit dem individuellen Störungsprofil des Patienten beschäftigen. Nach der Anamnese der Dysarthrie Symptome wird er ein Therapieprogramm vorschlagen, durch das die verschiedenen am Sprechen beteiligten Funktionen wie das Atmen, die Stimmbildung und die Artikulation erhalten oder sogar verbessert werden sollen. Die Sprachtherapie beginnt bereits bei der Verbesserung der Körperhaltung des Patienten. Entspannende Übungen sollen einen zu hohen Muskeltonus lösen. Bei Patienten mit einer hypotonen Dysarthrie wird die Muskelanspannung gefördert. Durch gezielte Anweisungen wird das Atmen vertieft, die Atemzüge beim Ein- und Ausatmen verlängert. Stimmübungen trainieren die im Kehlkopf befindlichen Stimmlippen und Stimmbänder. Mit Sprechübungen werden die Artikulation, die Sprachmelodie und die Sprechgeschwindigkeit verbessert. In schweren Fällen der Dysarthrie kann es dem Patienten zunächst helfen, wenn er durch den Logopäden unterstützt wird, seine Kommunikation mit seiner Umwelt auf anderen Wegen wie Mimik und Gestik oder auch durch das Aufschreiben möglich zu machen. Neben ambulanten Therapieangeboten gibt es auch stationäre Möglichkeiten, ein intensives Training zu absolvieren.
Ein Beispiel für eine intensive Sprachtherapie, auf die viele Logopäden bei der Behandlung von Sprechstörungen zurückgreifen, ist das Lee Silverman Stimmtraining, welches ursprünglich für Parkinson-Patienten entwickelt wurde. Das Stimmtraining ist jedoch für alle Formen der Dysarthrie gut anwendbar. Dieses Training wurde von den US-Amerikanerinnen Dr.
Therapiebausteine
Bei der Therapie der Dysarthrie können z.B. Rhythmisch-melodische Übungen (z.B. Kommunikationstraining in realen Alltagssituationen („In-vivo-Training“): z.B. Einsatz von Unterstützter Kommunikation (UK): z.B. Rhythmisch-melodische Übungen (z.B. z.B. Einsatz von Unterstützter Kommunikation (UK): z.B.
Verlauf und Prognose
Der Verlauf einer dysarthrischen Sprechstörung ist von der Ursache abhängig. Wurde die Sprechstörung durch einen Schlaganfall oder eine Hirnblutung hervorgerufen, kann der Krankheitsverlauf in zwei Phasen unterteilt werden. Die erste Phase, auch akute Phase genannt, tritt bis ca. 6 Monate nach Beginn der Erkrankung auf. In dieser Zeit ist mithilfe einer Sprachtherapie eine rasche Besserung möglich, da sich das Gehirn von seinen Verletzungen erholt. In der folgenden chronischen Phase können die Beeinträchtigungen weiterhin durch eine logopädische Therapie verbessert werden. Dies ist abhängig vom Alter und gesundheitlichen Zustand des Betroffenen sowie vom Umfang der Hirnverletzung und der Motivation zum Üben. Ist die Sprechstörung dagegen z. B. durch Parkinson, Multiple Sklerose oder Muskeldysthrophien entstanden, lässt sie sich nicht in eine akute oder chronische Phase einteilen, da der Verlauf oft fortschreitend ist. Dennoch ist hier eine Sprachtherapie in einer Praxis für Logopädie empfehlenswert, um bei einem fortschreitenden Prozess zu intervenieren und die Sprechleistungen zu erhalten.
Nach einem Schlaganfall sind Verbesserungen durch intensive Therapien sehr gut möglich, bei anderen Krankheitsbildern verschlechtert sich der Zustand tendenziell. Grundsätzlich gilt das gleiche wie beim Aufbau anderer Muskeln: Kontinuierlich üben, damit die erreichten Erfolge nicht wieder verloren gehen. Diese Chance besteht bei Auslösern der motorischen Störungen, bei denen Gehirnzellen nach und nach absterben, nur in einem sehr geringen Maß. Bei Parkinson-Patienten oder an Multipler Sklerose erkrankten Patienten findet die Vernichtung von leistungsfähigen Gehirnzellen innerhalb eines chronischen Prozesses statt. Die Muskeln des Sprachapparates können durch die krankhaft erhöhte Anspannung ihre Aufgabe nur eingeschränkt erfüllen. Bei dieser Dysarthrie Form schwankt das sprachliche Ausdrucksvermögen sehr stark. Die Worte werden oft explosionsartig herausgeschleudert. Mitunter ist diese Sprechstörung auch mit einer überschießenden Mimik verbunden.
Folgen einer unbehandelten Dysarthrie
Wird eine Dysarthrie nicht durch therapeutische Maßnahmen, wie eine Sprachtherapie behandelt, kann dies zu Frust oder sogar zur sozialen Isolation beim Betroffenen führen, denn viele von Dysarthrie Betroffene werden aufgrund ihrer undeutlichen Aussprache von anderen nur schwer verstanden. Die Umgebung reagiert oft negativ auf Menschen mit dysarthrischen Sprechstörungen, so dass sich die Betroffenen aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Wichtig ist daher zur Unterstützung der Rückbildung ein schneller Beginn logopädischer Maßnahmen. Ähnlich wie bei der Aphasie kann eine Störung der Lautbildung zu erheblichen Schwierigkeiten in der Kommunikation führen, was sich auch im engeren und weiteren sozialen Umfeld auswirkt. Außenstehende halten die Betroffenen teilweise für alkoholisiert, geistig behindert oder Nicht-Muttersprachler.
Tipps für Betroffene und Angehörige
Jedem Menschen, der mit einem Patienten mit einer Sprechstörung kommuniziert, sollte bewusst sein, dass eine Dysarthrie nicht mit einer geistigen Störung gleichzusetzen ist. Angehörige sollten sich keinesfalls zurückziehen. Im Gegenteil, es hilft dem Betroffenen außerordentlich, wenn sich seine Angehörigen auch für die Sprachtherapie interessieren und sich gern als Übungspartner zur Verfügung stellen. Es gibt es tragbare elektronische Geräte wie eine portable Schreibmaschine, mit denen Betroffene kommunizieren können. Auch elektronische Sprachverzögerer zur Verlangsamung des Sprechtempos und weitere Hilfsmittel für sprechmotorische Koordinationsstörungen stehen zur Verfügung. Das Sprechen gelingt nur, wenn das Gaumensegel beweglich ist. Parkinson-Patienten sprechen oft extrem leise. Wer unter einer Dysarthrie leidet, muss sich stark konzentrieren, um kommunizieren zu können. Zeitdruck, Stress, Unruhe und Aufregung verstärken die Probleme bei der Aussprache. Wer sich als Angehöriger oder als Fremder mit einem Patienten mit Sprechstörung unterhalten möchte, sollte dies an einem ruhigen Ort tun und sich viel Zeit dafür nehmen. Vor allem Parkinson-Patienten sind oft kraftlos und sprechen deshalb sehr leise. Ruhe und Geduld sind in jeder Situation wichtig. Angehörige sollten niemals das Wort an sich reißen und für einen Menschen mit einer Dysarthrie versuchen auszudrücken, was dieser meint. Der Betroffene ist nicht unmündig! Nehmen Sie ihm das Formulieren nicht ab. Das „Sprechen können“ ist eine ständige und notwendige Übung. Wenn der Betroffene aus der gemeinsamen Kommunikation ausgeschlossen wird, weil seine Aussprache und seine Rede-und-Antwort-Reaktion mühsam für seine Gesprächspartner ist, wird er sich ganz zurückziehen. Aggressive Reaktionen oder Vorwürfe sollten unbedingt unterlassen werden. Während eines Gespräches wird das gegenseitige Verständnis unterstützt, wenn die Teilnehmer im Blickkontakt sind. Von einer Sprechstörung betroffene Patienten sollten sich ihre Trainingsziele nicht zu hoch stecken. Zunächst geht es darum, die allgemeine Kommunikationsfähigkeit zu verbessern. Absolute Fehlerfreiheit ist toll, kann aber nur ein Fernziel sein. Wiederholen Sie Worte und Sätze, indem Sie sie langsam und mit einer ansteigenden Lautstärke aussprechen. Schreiben Sie sich die Worte auf, deren Aussprache Ihnen ganz besonders schwer fällt.
Die Lebensqualität vieler Patienten wird eingeschränkt, weil sie nur sehr leise sprechen, ständig eine heisere oder raue Stimme haben, keine echte Sprachmelodie mehr besitzen, sondern sich sehr monoton äußern und eine undeutliche Aussprache haben. Die Erfahrung zeigt, dass die Aussprache beim Lautsprechen koordinierter erfolgt. Trauen Sie sich, wirklich laut zu sprechen. Wer als Patient mit einer Dysarthrie nicht bettlägerig ist, sollte sich darüber bewusst sein, dass er mit einer guten Körperhaltung entscheidend auf den Therapieerfolg des Stimm- und Sprechtrainings Einfluss nehmen kann. Eine sehr aufrechte Haltung mit dennoch lockeren Knien und Schultern und dabei den Blick in die Ferne richten (z. B. aus dem Fenster): So lautet die Anweisung an jeden Schauspieler oder Moderator, der seine Stimme und Aussprache schulen muss. Bei Bedarf kann der Patient natürlich auch im Sitzen üben. Wichtig ist, dass der Brustkorb sich weiten und sich damit die Lungenflügel entfalten können. Räuspern Sie sich und seufzen Sie zwischen den Sprechübungen. Das Räuspern sollte jedoch nicht wirklich notwendig sein. Sprachtherapeuten raten dazu, bevor die Sprechübungen beginnen, zunächst die eigene normale Stimmlage zu finden. Nach einem tiefen Ausatmen sollte beim nächsten Einatmen mit geschlossenen Augen ein „hmmm…“ gesummt werden. Bei diesem Summen zeigt sich die Stimmlage, die im jeweiligen Zustand aktuell am mühelosesten bewältigt werden kann.
Finanzierung der Therapie
Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Sprachtherapie (bei gesetzlich Versicherten über 18 Jahren ist i.d.R.
Anlaufstellen und Selbsthilfegruppen
Neben den Informationen durch den/die behandelnden Logopädin eignen sich besonders die Selbsthilfeverbände der jeweiligen Grunderkrankung, wie z. B. die Deutsche Parkinson Vereinigung e.V. Ansprechpartner sind die behandelnden Ärzte und Ärztinnen bzw. Neurologen und Neurologinnen, sowie Logopäden und Logopädinnen. Sie bieten je nach Spezialisierung kompetente Hilfe und Unterstützung bei Fragen. Deutsche Parkinson Vereinigung (dPV) e.V. Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) e.V.
Fazit
Eine Dysarthrie nach einem Schlaganfall ist eine komplexe Sprechstörung, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann. Eine frühzeitige Diagnose und eine individuell angepasste Therapie durch Logopäden sind entscheidend, um die Kommunikationsfähigkeit zu verbessern und soziale Isolation zu verhindern. Angehörige spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Betroffenen und sollten sich aktiv in den Therapieprozess einbringen.
Literatur und Material
Ackermann H. et al. (2018). Neurogene Sprechstörungen (Dysarthrien), S1-Leitlinie; In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Geiger, A. & Mefferd, A. (2007). Dysarthrie. Grohnfeldt, M. (2007). Lexikon der Sprachtherapie. Schölderle, T., Haas, E. & Ziegler, W. (2018). Dysarthrien bei Kindern. Ziegler, W. & Vogel, M. (2010). Dysarthrie verstehen - untersuchen - behandeln. Unseren Mitgliedern bieten wir alle Artikel, die seit 2002 in unserer Zeitschrift forum:logopädie zum Thema „Dysarthrie“ veröffentlicht wurden, sowie eingereichte Abschlussarbeiten und Artikel über unsere Datenbank an. Dazu einfach einloggen und in das Suchfeld „Dysarthrie” eintippen und auf „Dokumente filtern“ klicken. Verwenden Sie als dbl-Mitglied bei der Buchung den 1. Gutschein, der für ausgewiesene dbl-Fortbildungen eingelöst werden kann und ggf. zusätzlich den 2. Gutschein für Präsenz-/Hybridseminare bei Prolog. So sparen Sie bis zu 100€. Für Online-Seminare kann der 3. Gutschein mit einem Rabatt von bis zu 50€ eingesetzt werden. Hier werden Fragen aus der Praxis diskutiert und Unterstützung durch Kollegen und Kolleginnen eingeholt.
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