Dysreguliertes Nervensystem: Symptome, Ursachen und Behandlungsansätze

Viele Menschen klagen über Konzentrationsstörungen, Gehirnnebel und Kopfschmerzen, insbesondere nach einer COVID-19-Erkrankung. Ein dysreguliertes Nervensystem kann eine erhebliche Belastung darstellen, besonders für Mütter oder Personen mit chronischer Erschöpfung. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass das Nervensystem in den meisten Fällen nicht dauerhaft geschädigt ist und es Möglichkeiten gibt, Einfluss auf das vegetative Nervensystem zu nehmen, um die Gesundheit zu fördern.

Einführung in das dysregulierte Nervensystem

Das Nervensystem reguliert viele Körperfunktionen, und ein überreiztes Nervensystem kann sich in verschiedenen somatischen Symptomen äußern, die man möglicherweise nicht direkt mit dem Nervensystem in Verbindung bringt. Es lohnt sich, genauer hinzusehen, denn das Nervensystem kann beeinflusst und reguliert werden.

Symptome eines dysregulierten Nervensystems

Ein dysreguliertes Nervensystem kann sich durch eine Vielzahl von Symptomen äußern, die sowohl körperlicher als auch psychischer Natur sein können. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Symptome auch andere Ursachen haben können, daher ist eine ärztliche Abklärung unerlässlich.

Häufige Symptome sind:

  1. Chronische Müdigkeit und Erschöpfung:

    • Unterschied zur normalen Müdigkeit: Erschöpfung durch ein überaktives Nervensystem unterscheidet sich von normaler Müdigkeit. Betroffene fühlen sich erschöpft, obwohl sie ausreichend geschlafen haben. Im Gegensatz zur Müdigkeit, bei der man seinen Aktivitäten noch nachgehen kann, bremst Erschöpfung komplett aus.
    • Überaktives Nervensystem als Ursache: Bei Erkrankungen, die mit chronischer Erschöpfung einhergehen, wie ME/CFS oder Long COVID, kann die Beruhigung des Nervensystems helfen, weniger Energie zu verbrauchen. Der Shutdown bei Long COVID und chronischer Erschöpfung ist oft der Versuch des Nervensystems, sich zu regulieren.
  2. Schlafstörungen:

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    • Ursachen im Nervensystem: Schlafstörungen können verschiedene Ursachen haben, darunter Stress, Traumata oder Über-Aufmerksamkeit, insbesondere bei Müttern. Wer Übergriffe erlebt hat, dessen Nervensystem ist höchstwahrscheinlich dysreguliert. Es muss auch im Hier und Heute immer noch aufpassen, dass nichts passiert. Besonders ausgeprägt ist das bei Menschen, die sexuellen Missbrauch oder Gewalt in der Kindheit erlebt haben.
    • Langfristige Folgen: Eine langfristige Schlafstörung und ein dysreguliertes autonomes Nervensystem können einen Teufelskreis bilden, der die körperliche und psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigt.
    • Maßnahmen: Entspannungstechniken wie Atmen, autogenes Training oder Meditationen können helfen, das Nervensystem zu beruhigen und den Schlaf zu verbessern.
  3. Verdauungsprobleme:

    • Vegetatives Nervensystem und Verdauung: Das vegetative Nervensystem reguliert die Verdauung. In Stressmomenten wird die Energie den Extremitäten zur Verfügung gestellt, wodurch die Organe schlechter versorgt werden.
    • Reizdarmsyndrom: Menschen mit einem extrem dysregulierten Nervensystem haben häufig mit einem Reizdarmsyndrom zu tun, das sich durch Verstopfung und Durchfall äußert. Auch hier kann es helfen, sich Schritt für Schritt zu regulieren und zu lernen, sich wirklich zu entspannen.
  4. Erhöhte Reizbarkeit und Nervosität:

    • Emotionale Instabilität: Eine permanente Überaktivierung des Nervensystems kann zu emotionaler Instabilität führen. Gefühle wie Angst, Nervosität oder Wut werden schneller ausgelöst.
  5. Herzklopfen und Atembeschwerden:

    • Somatische Symptome: Somatische Symptome einer Übererregung können Herzrasen, Enge in der Brust, flache Atmung, Atemaussetzer oder starkes Herzklopfen sein.

Ursachen eines dysregulierten Nervensystems

Es gibt vielfältige Ursachen für ein dysreguliertes Nervensystem. Einige der häufigsten sind:

  • Trauma: Traumata können das Nervensystem nachhaltig beeinflussen und zu einer dauerhaften Anspannung oder Dysregulation führen.
  • Chronischer Stress: Anhaltender Stress, sei es durch Arbeit, Beziehungen oder andere Faktoren, kann das Nervensystem überlasten.
  • Psychische Vorerkrankungen: Psychiatrische Vorerkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen können das Risiko für ein dysreguliertes Nervensystem erhöhen.
  • Long COVID: Bei Long COVID und ME/CFS kommt es bei der Mehrzahl der Betroffenen zu einer Fehlsteuerung des vegetativen Nervensystems.
  • Körperliche Ursachen: Stoffwechselerkrankungen, neurologische Erkrankungen oder Virusinfektionen können ebenfalls zu einer Funktionsstörung des vegetativen Nervensystems führen.

Eine Studie der Universitätsmedizin Essen und der Universität Duisburg-Essen hat gezeigt, dass bei vielen Post-COVID-Patienten psychologische Mechanismen eine wichtige Rolle spielen. Psychiatrische Vorerkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen erhöhen das Risiko für Post-COVID signifikant.

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Diagnostik

Die Diagnose eines dysregulierten Nervensystems kann komplex sein, da die Symptome vielfältig und unspezifisch sind. Oftmals erfolgt die Diagnose durch Ausschluss anderer Erkrankungen. Eine gründliche neurologische Untersuchung ist in jedem Fall ratsam, um organische Ursachen auszuschließen.

Behandlungsansätze

Es gibt verschiedene Strategien zur Regulierung des Nervensystems und zur Linderung der Symptome.

  • Selbstbeobachtung und -reflexion: Regelmäßige Selbstbeobachtung kann helfen, die eigene Aktivierungstreppe zu erkennen und zu verstehen, wie der Körper auf Stress reagiert.
  • Entspannungstechniken: Entspannungsmethoden wie Yoga, Meditation oder autogenes Training können helfen, das Stresslevel zu senken und das Nervensystem zu beruhigen.
  • Regelmäßige Bewegung: Ausdauertraining oder Krafttraining fördern den Stressabbau.
  • Ausgewogene Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten kann die Gesundheit des autonomen Nervensystems unterstützen.
  • Gesunde Schlafroutine: Ausreichend Schlaf ist unerlässlich für die Stressbewältigung und Regeneration des Nervensystems.
  • Psychotherapie: Eine Psychotherapie kann helfen, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten und psychische Vorerkrankungen zu behandeln.
  • Somatic Experiencing: Diese körperorientierte Traumatherapie kann helfen, das autonome Nervensystem zu regulieren und mehr Flexibilität zu erreichen.
  • Regulationsübungen: Regelmäßige Regulationsübungen können das Nervensystem wieder dahin bringen, sich bei leichter Anspannung runter zu regulieren.
  • Medikamente: In einigen Fällen können Medikamente eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern.

Weitere Ansätze

  • Pacing: Pacing bedeutet, die eigenen Energieressourcen genau zu beobachten und die Aktivitäten entsprechend anzupassen, um eine Verschlimmerung der Symptome zu vermeiden.
  • Polyvagal-Theorie: Die Polyvagal-Theorie betont die Bedeutung sozialer Verbundenheit und neurozeptiver Sicherheit für die Regulation des Nervensystems.
  • Neuromodulation: Verfahren wie TMS, tDCS oder Vagusnervstimulation können unter fachlicher Aufsicht eingesetzt werden, um die Gehirnaktivität und das Nervensystem zu beeinflussen.

Ein wichtiger Aspekt ist die Wiederherstellung der Balance zwischen Körper und Psyche.

Das vegetative Nervensystem stärken

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das vegetative Nervensystem zu stärken und einer Dysregulation vorzubeugen:

  • Entspannungsmethoden erlernen und anwenden: Entspannungsmethoden wie Yoga, Meditation oder andere Achtsamkeitsübungen können dabei helfen, das Stresslevel zu senken und das Nervensystem wieder zu beruhigen.
  • Ausgewogen ernähren: Vitaminmangel, insbesondere ein Mangel an Vitamin B12, kann die Funktion des Nervensystems beeinträchtigen.
  • Ausreichend schlafen: Ein gesunder Schlaf ist unerlässlich für die Stressbewältigung und Regeneration des Nervensystems.

Forschungsergebnisse

Die Forschung zu ME/CFS und Long COVID hat zahlreiche physiologische Auffälligkeiten im Zusammenhang mit einem dysregulierten Nervensystem aufgezeigt. Dazu gehören Störungen im Gefäßsystem, Energiestoffwechsel, autonomen Nervensystem und Immunsystem. Studien haben beispielsweise einen verminderten Blutfluss im Gehirn, eine eingeschränkte Erweiterung der Blutgefäße und eine gestörte Funktion von Acetylcholinrezeptoren festgestellt.

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Es ist wichtig, zukünftige ME/CFS-Forschung angemessen zu finanzieren, um ausreichend große Stichproben sowie die Verwendung modernster Messmethoden zu ermöglichen. Zudem sollten diagnostische Verfahren und verwendete Diagnosekriterien international vereinheitlichet werden, um einheitliche und vergleichbare Kohorten zu schaffen.

Fazit

Ein dysreguliertes Nervensystem kann eine Vielzahl von Symptomen verursachen und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass es verschiedene Ursachen und Behandlungsansätze gibt. Durch eine Kombination aus Selbstbeobachtung, Entspannungstechniken, einer gesunden Lebensweise und gegebenenfalls professioneller Hilfe kann das Nervensystem reguliert und die Symptome gelindert werden.

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