Einseitige Taubheit: Grade der Behinderung, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Einseitige Taubheit, auch bekannt als unilateraler Hörverlust (UHV) oder Single-Sided Deafness (SSD), ist die maximale Form eines asymmetrischen Hörverlustes. Sie liegt vor, wenn auf einem Ohr kein oder nur noch wenig Hörvermögen vorhanden ist, während das andere Ohr normal hört. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf den Alltag der Betroffenen haben. Abhängig von der Schwere der Beeinträchtigung kann ein Behinderungsgrad (GdB) vergeben werden.

Was ist Taubheit (Anakusis)?

Von einer Anakusis, Taubheit oder Gehörlosigkeit spricht man, wenn auf einem oder beiden Ohren kein oder nur noch wenig Hörvermögen vorliegt. Bei einseitiger Taubheit ist das Hörvermögen unvollkommen und daher erheblich eingeschränkt.

Ursachen von einseitiger Taubheit

Die Ursachen für Taubheit können vielfältig sein, sowohl angeboren als auch im Laufe des Lebens erworben.

Angeborene Ursachen

  • Genetische Erkrankungen: Angeborene Taubheit wird auch als "genetisch bedingte Hörstörung" bezeichnet. Sie tritt insbesondere bei Personen auf, die aus Familien stammen, in denen Taubheit bereits häufiger anzutreffen war. Die genetisch bedingte Taubheit wird durch Fehlbildungen des Innenohres oder des Gehirns hervorgerufen. Insbesondere das Down-Syndrom (Trisomie 21) kann eine angeborene Taubheit mit sich bringen.
  • Infektionen während der Schwangerschaft: Infektionen bei Schwangeren, wie zum Beispiel Röteln oder Syphilis, können bei ungeborenen Kindern zu einer Beeinträchtigung des Gehörs führen. Mögliche Konsequenzen können von einem gestörten Hörempfinden bis hin zur Taubheit reichen.
  • Einnahme von Medikamenten: Die Einnahme von Medikamenten, die ohrschädigende (ototoxische) Arzneistoffe wie etwa Thalidomid enthalten, als auch Antibiotika, die Aminoglykoside, Makrolide oder Glykopeptide beinhalten, kann problematisch sein.
  • Drogenkonsum: Angeborene Taubheit kann zudem auch durch den Konsum von Drogen, wie Alkohol oder Nikotin, verursacht werden.
  • Komplikationen während der Geburt: Komplikationen während der Geburt, wie zum Beispiel Sauerstoffmangel oder Hirnblutungen, können zu einer angeborenen Taubheit führen. Insbesondere Frühchen sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, nach der Geburt an Sauerstoffmangel zu leiden, da ihre Lungen unzureichend ausgereift sind.
  • Usher-Syndrom: Dies ist eine genetische Erkrankung, die sowohl Hörverlust als auch Sehverlust verursacht.

Erworbene Ursachen

  • Krankheiten: Krankheiten wie Hirnhautentzündung können im Laufe des Lebens zu einer Anakusis führen.
  • Schädigungen des Innenohrs, der Hörnerven oder des Hörzentrums: Auch Schädigungen des Innenohrs, der Hörnerven oder des Hörzentrums können eine Ursache sein.
  • Hörsturz: Eine einseitige Taubheit kann unter anderem nach einem Hörsturz auftreten.
  • Verschleppte/zu spät behandelte Mittelohrentzündung: Eine verschleppte oder zu spät behandelte Mittelohrentzündung kann zu einem perforierten Trommelfell führen und die Hörfähigkeit stark einschränken.
  • Operationen: Operationen im Bereich des Mittelohrs, wie z.B. eine Radikalhöhlenrevision, können ebenfalls zu einer Taubheit führen, insbesondere wenn das Mittelohr ausgeräumt und Gehörknöchelchen entfernt wurden.

Auswirkungen von einseitiger Taubheit im Alltag

Auch einseitig ertaubte Menschen stehen vor besonderen Herausforderungen, obwohl sie auf einem Ohr noch hören. Zu den typischen Problemen gehören:

  • Verzögerte oder ausbleibende Reaktion auf Geräusche: Einseitig taube Personen reagieren verspätet oder gar nicht auf Zurufe, Ansprache oder Geräusche (z. B. die von herannahenden Fahrzeugen).
  • Schwierigkeiten beim Richtungshören: Einseitige Taubheit führt neben einer lauteren Aussprache auch zu einer Beeinträchtigung, die Richtung von Geräuschquellen zu identifizieren. Es gibt kein Richtungshören bzw.
  • Probleme in lauten Umgebungen: Störschall stört das noch gut hörende Ohr besonders. Das Sprachverstehen in schwierigen Hörsituationen ist deutlich schlechter als mit einem Ohr.
  • Häufiges Nachfragen in Gesprächen: Einseitig taube Personen stellen in einem Gespräch daher eventuell häufiger Rückfragen. Können Sie (oder Ihr Kind) bei Gesprächen schlechter folgen? Müssen Sie häufiger nachfragen, vor allem bei Hintergrundgeräuschen?
  • Beeinträchtigung im Straßenverkehr: Hören Sie z. B. nur auf einem Ohr, können Sie Richtung und Entfernung von Schallquellen nur schwer einschätzen - vor allem im Straßenverkehr eine große Hürde.
  • Probleme am Arbeitsplatz oder in der Schule: Auch am Arbeitsplatz oder in der Schule macht sich eine Anakusis unangenehm bemerkbar, z. B. wenn Sie Kollegen, Lehrer oder Mitschüler nicht richtig verstehen. Und wozu Missverständnisse führen können, haben Sie sicher selbst schon erfahren.

Diagnose von Taubheit

Sollte ein Verdacht auf Taubheit bestehen, so kann mit Hilfe spezieller (Hör-)Tests festgestellt werden, welche Ursache dieser zugrunde liegt.

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  • Hörtest: Vereinbaren Sie einen Termin mit Ihrem Amplifon Hörakustiker, der kostenfrei einen professionellen Hörtest durchführt. Anhand der Ergebnisse kann er beurteilen, ob die Hörwahrnehmung nur leicht beeinträchtigt ist oder ob eine Taubheit vorliegt.
  • Objektiver Hörtest: Der objektive Hörtest wird zur Untersuchung des Hörnervs (insbesondere bei Kindern) angewendet, wobei das Hörvermögen objektiv widergespiegelt wird.
  • Messung otoakustischer Emissionen: Um eine Schädigung der äußeren Haarzellen des Innenohrs feststellen zu können, wird eine Messung otoakustischer Emissionen durchgeführt, ebenso wie eine Gleichgewichtsprüfung.
  • Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT): Sollte eine anatomische Veränderung im Bereich der Hörschnecke (Cochlea) oder des Hörnervs vorliegen, kann dies mit Hilfe einer Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) nachgewiesen werden.

Behandlungsmöglichkeiten bei einseitiger Taubheit

Gerade bei einseitiger Anakusis können Sie viel tun, um die Taubheit zu überwinden. So helfen optimal angepasste Hörgeräte von Amplifon dabei, den Alltag souverän zu bewältigen, in dem sie z. B.

  • Hörgeräte: Die gute Nachricht: Gerade bei einseitiger Taubheit bestehen exzellente Chancen, diesen Hörverlust auszugleichen, zum Beispiel durch Hörgeräte, die Ihnen Ihr Amplifon Hörakustiker individuell anpasst.
  • CROS-Hörgeräte und BiCROS-Hörgeräte: CROS steht für Contralateral Routing Of Signal. Hierbei wird der Schall mittels eines Mikrofons am tauben Ohr aufgenommen und an das gesunde Ohr weitergeleitet, wo sich ein Hörer befindet. CROS-Hörgeräte und BiCROS-Hörgeräte ermöglichen somit ein Hören von der geschädigten Seite bei einseitiger hochgradiger Schwerhörigkeit oder Taubheit. Störschall wird auch auf der tauben Seite aufgenommen und an die hörende Seite übertragen.
  • Knochenleitungshörgerät: Entweder ein Knochenleitungshörgerät, um die anscheinend intakte Knochenleitung auszunutzen.
  • BAHA (bone anchored Hearing Aid): Ganz UpToDate ist das BAHA (bone anchored Hearing Aid). Dabei wird der Schall von der tauben Seite zur hörenden Seite gelenkt.
  • Cochlea-Implantat (CI): Eine weitere Möglichkeit, das Hörvermögen bei ein- oder beidseitiger Taubheit wiederherzustellen, ist eine Operation. In der Regel wird dabei eine Innenohrprothese (das sogenannte Cochlea-Implantat) in das Ohr eingesetzt. Ein solches Implantat verbessert ebenfalls das räumliche Hören und mildert Ohrgeräusche, die bei einer Anakusis auftreten können. In Deutschland werden auch einseitig ertaubte Menschen mit einem CI versorgt.

Dabei gilt: Je früher eine Hörstörung erkannt oder behandelt wird, desto mehr können Sie tun. Manchmal lässt sich sogar eine Taubheit verhindern. So sollten Eltern das Gehör ihrer Kinder bei Verdacht auf eine Hörbeeinträchtigung frühzeitig testen lassen. Denn ist das Hörvermögen bereits in jungen Jahren beeinträchtigt, kann dies die Sprachentwicklung empfindlich stören. Ein Effekt, der sich bei frühzeitiger Diagnose und rechtzeitiger Schulung eindämmen lässt. Doch auch wenn Sie sich als Erwachsener für ein Hörgerät entscheiden, ist eine leistungsstarke, auf Sie abgestimmte Lösung ideal, um Ihre Lebensqualität zu steigern und das Hörvermögen positiv zu beeinflussen.

Cochlea-Implantat bei Kindern

Bei Kindern zum Beispiel empfiehlt es sich, das Implantat in der Zeit einzusetzen, indem sich die Sprachfähigkeiten ausbilden, d. h. zwischen dem zweiten und dem vierten Lebensjahr. Denn mit einem guten Hörvermögen kann sich das Kind sehr gut an seinen „Sprachvorbildern“ orientieren und seine Sprechfähigkeit optimal weiterentwickeln.

Cochlea-Implantat in späteren Lebensphasen

Auch dann ist das Einsetzen eines Cochlea-Implantats in vielen Fällen eine bedenkenswerte Alternative. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Implantat sogar mit einem Hörgerät kombiniert werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

Rehabilitation nach CI-Versorgung bei einseitiger Taubheit

Das mit CI versorgte Ohr lernt nicht automatisch, da das hörende Ohr die Aufgabe vorrangig übernimmt. Es sind daher besondere Lernstrategien nötig. Um das CI-Ohr zu trainieren, gibt es verschiedene Ansätze wie Freifeldübungen mit Vertäubung.

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Grad der Behinderung (GdB) bei einseitiger Taubheit

Bei einseitiger Taubheit ist das Hörvermögen unvollkommen und daher erheblich eingeschränkt, wodurch - abhängig von der Schwere - ein Behinderungsgrad (GdB) vergeben werden kann.

Feststellung des GdB

Mit dem Grad der Behinderung (GdB) wird angegeben, wie stark jemand durch seine Behinderung physisch, sozial oder psychisch beeinträchtigt wird. Die Skala reicht von 20 bis 100 und bewegt sich dabei in 10-er Schritten. Wird ein GdB festgestellt, können Betroffene Nachteilsausgleiche beanspruchen. Auch Schwerhörigkeit kann das Leben stark beeinträchtigen. Je nach Schwere des Hörverlusts wird daher ein unterschiedlich hoher Grad der Behinderung festgestellt.

Zur Berechnung des GdB bei Schwerhörigkeit bildet die „Versorgungsmedizinische Verordnung“ eine verbindliche Richtlinie mit Gesetzesstatus. In ihr ist geregelt, dass sowohl die Ein- bzw. Beidseitigkeit des Hörverlusts, damit einhergehende Sprachstörungen, das Alters des Auftretens, sowie mögliche weitere Behinderungen in die Berechnung einbezogen werden. Grundlage ist das Ton- und Sprachaudiogramm, in dem das Hörvermögen der jeweiligen Person begutachtet und festgehalten wird. Für Kleinkinder, die noch nicht bei der Erstellung eines Audiogramms mitwirken können, wird die BERA alternativ herangezogen.

GdB bei einseitiger Taubheit

Einseitige Taubheit ergibt in der Regel einen GdB von 20. Dieser Wert kann sich erhöhen, wenn weitere Beeinträchtigungen hinzukommen, wie z.B. eine Hörminderung auf dem anderen Ohr oder Gleichgewichtsstörungen.

Nachteilsausgleiche bei Schwerbehinderung

Als schwerbehindert gelten Personen mit einem GdB von mindestens 50. Dementsprechend kann bei Schwerhörigkeit lediglich bei einer beidseitigen Betroffenheit und bei mindestens einem hochgradigen Hörverlust eine Schwerbehinderung vorliegen.

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Ab einem GdB von 20 ist es bereits möglich einen Steuerfreibetrag über den sogenannten Behindertenpauschbetrag zu erhalten.

Antragstellung

Generell wird ein Schwerbehindertenausweis oder auch der GdB an sich beim zuständigen Versorgungsamt beantragt. Die Antragstellung ist relativ einfach. Das Versorgungsamt holt die Berichte und Unterlagen von den behandelnden Ärzten ein und beurteilt diese.

Gültigkeit und Änderung des GdB

Da in den meisten Fällen die Schwerhörigkeit nicht besser wird, sondern eher zunimmt ist aktuell nicht davon auszugehen, dass die Schwerbehinderung im Laufe der Zeit „besser“ wird. Dennoch kann durch diverse Maßnahmen der Hörverlust verringert oder ganz ausgeglichen werden. Der Grad der Behinderung kann sich bei einer Schwerhörigkeit ändern, was auch eine Aberkennung der Schwerbehinderung bedeuten kann.

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