EKG in der Schlaganfall-Diagnostik: Bedeutung und aktuelle Erkenntnisse

Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, der eine rasche Diagnose und Behandlung erfordert. Neben bildgebenden Verfahren wie CT und MRT spielt das Elektrokardiogramm (EKG) eine wichtige Rolle bei der Abklärung der Ursachen und Risikofaktoren eines Schlaganfalls. Kardiale Erkrankungen, insbesondere Vorhofflimmern, sind häufige Ursachen für die Entstehung von Schlaganfällen. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung des EKGs in der Schlaganfall-Diagnostik, insbesondere im Hinblick auf die Detektion von Vorhofflimmern und anderen kardialen Komplikationen.

Kardiale Ursachen und Komplikationen nach Schlaganfall

Kardiale Erkrankungen sind nicht nur häufige Ursachen für Schlaganfälle, sondern tragen auch maßgeblich zur Sterblichkeit und Morbidität von Patienten nach einem Schlaganfall bei. Ischämische Schlaganfälle können oft auf kardiale Embolien zurückzuführen sein. Daher ist eine umfassende internistisch-kardiologische Diagnostik bei Schlaganfallpatienten unerlässlich, um das Risiko abzuschätzen und weitere kardiovaskuläre Ereignisse zu verhindern.

Nach einem Schlaganfall können verschiedene kardiale Komplikationen auftreten, darunter Herzrhythmusstörungen, Myokardischämie und Herzinsuffizienz. Diese Komplikationen können die Prognose des Patienten erheblich verschlechtern.

Eine der Haupttodesursachen nach einem Schlaganfall sind kardiale Ereignisse. Daher ist die frühzeitige Erkennung und Behandlung kardialer Probleme von entscheidender Bedeutung.

Das EKG als Standarddiagnostik bei Schlaganfall

Bei jedem Patienten mit Schlaganfall sollte ein EKG registriert werden. Das EKG dient dazu, Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern oder andere kardiale Auffälligkeiten zu erkennen, die möglicherweise zum Schlaganfall geführt haben oder als Folge des Schlaganfalls aufgetreten sind.

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Im Rahmen der Akutdiagnostik werden neben dem EKG auch Laboruntersuchungen durchgeführt, um Serumglukose, Gerinnungswerte, Blutbild und bei Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom Marker einer Myokardischämie zu bestimmen. Zudem ist die Erfassung des Serumlipidstatus zur Beurteilung des kardiovaskulären Risikos sinnvoll.

Die Rolle des EKGs bei der Detektion von Vorhofflimmern

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung und ein bedeutender Risikofaktor für ischämische Schlaganfälle. Bei Vorhofflimmern können sich Blutgerinnsel im Herzvorhof bilden, die mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangen und dort Gefäße verschließen können.

Viele Menschen mit Vorhofflimmern haben jedoch keine typischen Symptome wie Herzrasen oder Herzstolpern. Daher bleibt Vorhofflimmern oft lange unentdeckt, insbesondere wenn es nur episodisch auftritt.

Das EKG spielt eine entscheidende Rolle bei der Detektion von Vorhofflimmern nach einem Schlaganfall. Gemäß aktueller Leitlinien wird ein EKG-Monitoring bei Menschen empfohlen, die mindestens 65 Jahre alt sind oder einen akuten ischämischen Schlaganfall (Hirninfarkt) erlitten haben.

Langzeit-EKG-Monitoring zur Detektion intermittierenden Vorhofflimmerns

Da Vorhofflimmern häufig nur zeitweise auftritt, kann es mit einem herkömmlichen 24-Stunden-EKG schwierig sein, die Rhythmusstörung nachzuweisen. Daher wird bei unauffälligem Aufnahme-EKG und Verdacht auf einen thrombembolischen Schlaganfall ein Langzeit-EKG empfohlen.

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Leitlinien empfehlen mittlerweile eine EKG-Aufzeichnung über 72 Stunden, um ein intermittierendes Vorhofflimmern zu entdecken und die Betroffenen leitliniengerecht zu behandeln. Einige Studien untersuchen sogar den Einfluss eines bis zu 7 Tage verlängerten EKG-Monitorings auf die Detektionsrate von Vorhofflimmern.

Die "MonDAFIS-Studie" ("The Impact of MONitoring for Detection of Atrial Fibrillation in Ischemic Stroke") untersuchte den Einfluss eines EKG-Monitorings über bis zu 7 Tage auf die Rate der oralen Antikoagulation nach 12 Monaten. Die Studie zeigte, dass die Rate der Patienten, bei denen stationär ein Vorhofflimmern diagnostiziert wurde, in der Interventionsgruppe signifikant höher war als in der Kontrollgruppe (5,8 % vs. 4,0 %, p=0,024).

Implantierbare Herzmonitore zur langfristigen Überwachung

Amerikanische und kanadische Forscher haben gezeigt, dass implantierbare Herzmonitore bei Patienten, die bereits einen Schlaganfall ohne bekannte Ursache hatten, Vorhofflimmern viel häufiger entdecken konnten als Standarduntersuchungen. Diese Monitore zeichnen die Herztätigkeit über viele Monate auf und können so auch kurzzeitige Episoden von Vorhofflimmern erfassen.

In der "STROKE AF"-Studie ("Stroke of Known Cause and Under¬lying Atrial Fibrillation") wurde bei 12,1 Prozent der Patienten, die einen solchen Herzmonitor implantiert hatten, binnen zwölf Monaten ein subklinisches Vorhofflimmern entdeckt, gegenüber nur 1,8 Prozent der Patienten in der Vergleichsgruppe.

EKG-Veränderungen als Folge eines Schlaganfalls

Neben der Detektion von Vorhofflimmern können im EKG auch andere Veränderungen auftreten, die mit dem Schlaganfall in Zusammenhang stehen. Dazu gehören:

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  • ST-Strecken-Veränderungen und negative T-Wellen: Diese können auf eine Myokardischämie hinweisen, die entweder als Ursache oder als Folge des Schlaganfalls auftreten kann.
  • QT-Zeit-Verlängerung: Eine verlängerte QT-Zeit kann ein Prädiktor für Mortalität nach einem akuten ischämischen Schlaganfall sein.
  • Herzrhythmusstörungen: Verschiedene Herzrhythmusstörungen können nach einem Schlaganfall auftreten und die Prognose des Patienten beeinflussen.

EKG-basierte Erkennung von Vorhofflimmern mit Smartwatches und Smartphones

Die Entwicklung von tragbaren Technologien wie Smartwatches und Smartphones mit EKG-Funktion bietet neue Möglichkeiten zur Erkennung von Vorhofflimmern. Die Apple Watch 4 und KardiaMobile von AliveCor ermöglichen es Patienten, selbstständig ein 1-Kanal-EKG aufzuzeichnen.

Die Apple Watch kann sowohl passiv die Herzfrequenz überwachen als auch aktiv ein EKG ableiten. Bei der aktiven Messung liegt die Trefferquote für eine richtige Diagnose von Vorhofflimmern zwischen 97-99%.

Risikopatienten für Vorhofflimmern können von dem Smartwatch-EKG besonders profitieren. Sie sollten 2x pro Woche auch ohne Symptome ein EKG ableiten. Bei der Diagnose „Vorhofflimmern“ oder „Unklassifiziert“ sollten sie innerhalb der nächsten 48 Stunden Kontakt mit ihrem Arzt aufnehmen.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die EKG-Messung mit Smartwatches und Smartphones eine ärztliche Untersuchung nicht ersetzen kann. Bei Auffälligkeiten sollte immer ein Arzt konsultiert werden.

Konsequenzen der Vorhofflimmer-Detektion und Therapie

Die frühzeitige Detektion von Vorhofflimmern nach einem Schlaganfall ist von großer Bedeutung, da sie die Einleitung einer gerinnungshemmenden Therapie (orale Antikoagulation) ermöglicht. Diese Therapie kann das Risiko eines erneuten Schlaganfalls um etwa zwei Drittel senken.

Allerdings ist die Entscheidung für eine orale Antikoagulation nicht immer einfach, da sie auch mit einem erhöhten Blutungsrisiko verbunden ist. Daher ist eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiken erforderlich.

Die "FIND-AF 2"-Studie untersucht derzeit, ob die Detektion von Vorhofflimmern und die daraufhin begonnene Antikoagulation tatsächlich zu einer Reduktion der Schlaganfallrate führt.

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