Entzündungen im Gehirn können vielfältige Ursachen haben und sich in unterschiedlichen Schweregraden manifestieren. Die Behandlung richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache und dem Ausmaß der Entzündung. Kortison, ein synthetisch hergestelltes Medikament, das dem körpereigenen Hormon Kortisol nachempfunden ist, spielt oft eine wichtige Rolle bei der Therapie von Entzündungen im Gehirn.
Ursachen und Symptome von Entzündungen im Gehirn
Entzündungen des Gehirns, der Hirnhäute und der Nervenwurzeln können durch verschiedene Erreger ausgelöst werden. Diese erregerbedingten Entzündungen können eine Vielzahl von neurologischen Symptomen verursachen, die von Kopfschmerzen bis hin zu Koma mit tödlichem Ausgang reichen. Die Symptome können je nach Erreger und dessen Virulenz sehr schnell innerhalb von Stunden auftreten oder sich über Wochen bis Monate hinweg chronisch entwickeln.
Erregerbedingte Entzündungen
- Bakterielle Meningitis: Eine bakterielle Hirnhautentzündung (Meningitis) äußert sich akut innerhalb weniger Stunden durch Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und hohes Fieber. Begleitend können Lärm- und Lichtempfindlichkeit auftreten. Bei Ausbreitung der Entzündung auf das Gehirn (Meningoenzephalitis) können Bewusstseinstrübungen, epileptische Anfälle und fokale neurologische Ausfälle hinzukommen. Typische Erreger sind Pneumokokken, Meningokokken, Listerien, Staphylokokken, Enterobakterien oder Hämophilus influenzae.
- Virale Meningoenzephalitis: Die Symptome einer viralen Hirnhautentzündung sind ähnlich denen einer bakteriellen Meningitis, jedoch meist weniger ausgeprägt. Typische virale Erreger sind Enteroviren, Herpesviren (Herpes simplex Typ I und Typ II, Varicella zoster) sowie das FSME-Virus.
- Neuroborreliose: Die Neuroborreliose ist eine Entzündung der Nervenwurzeln, der Hirnhäute, des Gehirns oder der Hirnnerven, die durch Borrelien verursacht wird. Diese Bakterien werden durch Zeckenstiche übertragen. Symptome der akuten Neuroborreliose sind Nervenwurzelentzündungen (Radikulitis), Hirnnervenbeteiligung (Gesichtslähmung), Hirnhautentzündung oder Gehirnentzündung.
- Neuroinfektiologische Erkrankungen bei Immunschwäche: Bei Patienten mit Immunschwäche ist das Erregerspektrum deutlich breiter. Neben den genannten Erregern kommen auch Pilze (Candida, Kryptokokken, Aspergillus), Protozoen (Toxoplasmose), Bakterien (Neurotuberkulose, Listerien, Strepto- und Staphylokokken) und Viren (HIV, JCV, humanes Herpesvirus 6, CMV, EBV) als Ursache in Frage.
- Wurmerkrankungen des Gehirns: Selten kann ein Befall des Nervensystems durch Wurmlarven (Finnen) des Schweinebandwurmes, Hundebandwurmes oder Fuchsbandwurmes auftreten. Die Symptome hängen von der Lage der Zysten im Nervensystem ab.
Autoimmunenzephalitis
Nicht immer wird eine Enzephalitis von einem Krankheitserreger verursacht. Eine Autoimmunreaktion kann ebenfalls die Ursache sein: Das Abwehrsystem eines Menschen greift hier das eigene Gehirn an. Dies kann durch einen Infekt oder eine sonstige Fehlaktivierung des Immunsystems ausgelöst werden. Oder das Abwehrsystem wird durch einen Tumor, der irgendwo im Körper wächst, angestachelt.
Prionerkrankungen
Prion-assoziierte Hirnerkrankungen wie die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sind sehr seltene neurologische Erkrankungen, die durch Prionen verursacht werden. Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ist durch eine rasch zunehmende Demenz mit fokal-neurologischen Symptomen gekennzeichnet.
Symptome einer Enzephalitis
Die Leitsymptome einer manifesten akuten Enzephalitis sind Fieber, Bewusstseinstrübung sowie das Auftreten von neurologischen Ausfallserscheinungen wie beispielsweise Sprachstörungen, halbseitigen Lähmung, Ungeschicklichkeit beim Greifen, unsicherem Gang, aber auch Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen oder Halluzinationen. Auch epilepitsche Anfälle können auftreten.
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Diagnose von Entzündungen im Gehirn
Die Diagnose von Entzündungen im Gehirn umfasst verschiedene Schritte:
- Anamnese und körperliche Untersuchung: Erfassung der Krankengeschichte und neurologische Untersuchung zur Feststellung von Bewusstseinsstörungen, Lähmungen, Sprachstörungen oder anderen neurologischen Ausfällen.
- Blutuntersuchungen: Nachweis von Entzündungszeichen oder Erregern im Blut.
- Lumbalpunktion: Entnahme von Nervenwasser (Liquor) zur Untersuchung auf Entzündungszeichen und Erreger.
- Bildgebende Verfahren: Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) des Schädels zur Darstellung von Veränderungen im Gehirn oder einer Gewebeschwellung.
- EEG (Elektroenzephalografie): Überprüfung der elektrischen Aktivität im Gehirn
Kortisonbehandlung bei Entzündungen im Gehirn
Glukokortikoide, umgangssprachlich als Kortison bezeichnet, sind synthetische Abkömmlinge der körpereigenen Nebennierenrindenhormone (Kortisol). Sie wirken entzündungshemmend und immunsuppressiv.
Wirkungsweise von Kortison
Kortison wirkt auf verschiedene Weise:
- Entzündungshemmung: Kortison hemmt die Produktion von Entzündungsmediatoren und reduziert so die Entzündungsreaktion im Gehirn.
- Immunsuppression: Kortison unterdrückt das Immunsystem und kann so Autoimmunreaktionen reduzieren, die zu Entzündungen im Gehirn führen.
- Beeinflussung der Genregulation: Kortison kann die Aktivität bestimmter Enzymgene regulieren, die das Entzündungsgeschehen beeinflussen. So kann Kortison beispielsweise die Bildung von Resolvinen fördern, die Entzündungsprozesse stoppen und auflösen.
Anwendungsgebiete von Kortison bei Entzündungen im Gehirn
Kortison wird bei verschiedenen Arten von Entzündungen im Gehirn eingesetzt:
- Bakterielle Meningitis: Kortison wird zusammen mit Antibiotika zur Behandlung der bakteriellen Meningitis eingesetzt, um die Entzündungsreaktion zu reduzieren und die Prognose zu verbessern.
- Autoimmunenzephalitis: Bei der Autoimmunenzephalitis wird Kortison eingesetzt, um das Immunsystem zu unterdrücken und die Autoimmunreaktion zu stoppen.
- Multiple Sklerose: Bei akuten Schüben der Multiplen Sklerose kann Kortison eingesetzt werden, um die Entzündung im Gehirn zu reduzieren und die Symptome zu lindern.
- Hirntumoren: Kortison kann bei Hirntumoren eingesetzt werden, um die Schwellung des umliegenden Gewebes zu reduzieren und die Symptome zu lindern.
Dosierung und Anwendungsdauer von Kortison
Die Dosierung und Anwendungsdauer von Kortison hängen von der Art und Schwere der Entzündung sowie vom Zustand des Patienten ab. In der Regel wird Kortison initial in hoher Dosierung gegeben, um schnell eine Wirkung zu erzielen. Anschließend wird die Dosis langsam reduziert, um Nebenwirkungen zu minimieren. Dosen, die in einem Zeitraum bis zu vier Wochen eingenommen werden, können ohne Ausschleichen abgesetzt werden. Bei einer längeren Therapie mit Kortison-Präparaten ist eine rasche Reduktion nicht mehr möglich. Ein langsames Ausschleichen ist angebracht, mit individuellen Unterschieden.
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Nebenwirkungen von Kortison
Die Einnahme von Kortison kann verschiedene Nebenwirkungen verursachen, insbesondere bei Langzeitanwendung:
- Abhängigkeit von Kortison/Gewöhnungseffekt: Einschlafen der Eigenproduktion von Kortisol durch die Nebennierenrinde und damit fehlende Ausschüttung des Hormons in Stresssituationen.
- Gestaltwandel: Vollmondgesicht, Büffelnacken, Fettleibigkeit am Körperstamm
- Muskelschwäche
- Erhöhte Blutzuckerwerte bis zur Entstehung eines Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- Neigung zu Infektionen
- Osteoporose (Knochenschwund)
- Herz-Kreislauf-Komplikationen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall
- Entwicklung von Magengeschwüren bei gleichzeitiger Gabe von nicht-steroidalen Rheumamitteln
- Augenschädigungen: grauer oder grüner Star
- Hautveränderungen: Akne, Dehnungsstreifen, Hautunterblutungen, Wundheilungsstörungen
Das Risiko für diese Nebenwirkungen ist bei einer Langzeittherapie mit niedrigen Dosen (unter fünf Milligramm Prednisolon pro Tag) geringer als bei höheren Dosen.
Vorsichtsmaßnahmen bei der Kortisonbehandlung
Um das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren, sind folgende Vorsichtsmaßnahmen wichtig:
- Korrekte Indikationsstellung: Der Arzt prüft genau, ob eine Kortison-Therapie überhaupt notwendig ist.
- Niedrigste mögliche Dosis: Es wird die niedrigste mögliche Dosis angestrebt, die noch wirksam ist.
- Langsame Dosisreduktion: Die Dosis wird langsam reduziert, um ein Wiederaufflammen der Entzündung zu vermeiden.
- Zusatzmedikamente: Bei Bedarf werden weitere Medikamente (Basistherapie mit MTX, Biologika und anderes) eingesetzt, um Kortison-Präparate zu sparen.
- Schutzmaßnahmen gegen Osteoporose: Bei längerer Kortison-Therapie werden Vitamin D und Kalzium gegeben.
- Kontrollmaßnahmen: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen, um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.
Kontraindikationen für die Kortisonbehandlung
In bestimmten Fällen ist eine Kortisonbehandlung kontraindiziert:
- Allergie gegen Kortison-Präparate
- Bestehende Krankheiten, die sich durch Kortison-Präparate verschlechtern, wie Zuckerkrankheit, Osteoporose, Augendruckerhöhung
- Impfungen mit Lebendimpfstoffen während einer Behandlung mit Prednisolon-Dosen über 20 Milligramm täglich
Alternative Behandlungsansätze
Neben der Kortisonbehandlung gibt es weitere Behandlungsansätze für Entzündungen im Gehirn, die je nach Ursache und Schwere der Entzündung eingesetzt werden können:
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- Antivirale Therapie: Bei viralen Entzündungen wird eine antivirale Therapie mit Medikamenten wie Aciclovir eingesetzt.
- Antibiotische Therapie: Bei bakteriellen Entzündungen kommen Antibiotika zum Einsatz.
- Immuntherapie: Bei Autoimmunenzephalitis können Immunsuppressiva wie Rituximab oder Cyclophosphamid eingesetzt werden.
- Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie: Diese Therapien können helfen, körperliche und geistige Fähigkeiten nach einer Entzündung im Gehirn wiederherzustellen.
Forschung zur Kortisonbehandlung
Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Kortisonpräparate in menschlichen Immunzellen entzündungsauflösend wirken. Eine Studie hat gezeigt, dass Kortison die 15-Lipoxygenase-2 in entzündungsfördernden M1-Makrophagen hochreguliert, wodurch die Bildung von Resolvinen katalysiert wird. Zugleich unterdrückt Kortison die Resolvinbildung in entzündungsauflösenden M2-Makrophagen. Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, den Einsatz von Kortisonpräparaten zu optimieren.
Eine weitere Studie untersucht, ob Glucocorticosteroide (GCC) die Entzündungen im Gehirn bei Alzheimer-Patienten hemmen können und ob dadurch Lern- und Gedächtnisvorgänge verbessert werden.
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