Die vaskuläre Demenz (VAD) ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Demenzerkrankung in den westlichen Industrieländern. Sie wird durch Schädigungen der Blutgefäße im Gehirn verursacht, die die Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff beeinträchtigen und somit kognitive Funktionen einschränken. Die Prävalenz der VAD liegt bei etwa 14,6 pro 1.000 Personenjahre.
Ursachen und Symptome
Die Symptome der vaskulären Demenz sind sehr vielfältig und hängen von der Art und Lokalisation der Schädigung im Gehirn ab. Je nach Ursache können die Symptome plötzlich, schleichend oder schrittweise auftreten. Typische Ursachen sind Schlaganfälle, stille Schlaganfälle, Arteriosklerose und Bluthochdruck. Auch im weiteren Verlauf können sich die Symptome entweder schleichend oder plötzlich verschlechtern, wobei es auch längere stabile Phasen geben kann.
Mögliche Ursachen der vaskulären Demenz:
- Schlaganfälle: Verschließen eine Hirnarterie und können eine vaskuläre Demenz verursachen.
- Stille Schlaganfälle: Verlaufen ohne spürbare Symptome, erhöhen aber dennoch das Demenzrisiko.
- Arteriosklerose (Arterienverkalkung): Führt zu einer schleichenden Verschlechterung der Symptome.
- Bluthochdruck: Kann ebenfalls eine schleichende Verschlechterung verursachen.
Diagnostik
Eine Demenzerkrankung kann nur durch eine Ärztin oder einen Arzt diagnostiziert werden. Die Diagnostik umfasst:
- Ärztliches Gespräch: Erhebung der Krankengeschichte, insbesondere von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Hirngefäße, Bluthochdruck und Diabetes.
- Körperliche Untersuchung: Feststellung von Durchblutungsstörungen.
- Bildgebende Verfahren: CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie) zur Feststellung von Veränderungen im Gehirn.
- Untersuchung des Herz-Kreislauf-Systems: Blutdruck, Herzgeräusche und Herzgröße.
- Neurologischer Status: Koordination, Motorik, Tastsinn und Gleichgewichtssinn.
- Medizinische Demenztests: Beurteilung der geistigen Leistungsfähigkeit, wie Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit.
Gedächtnisambulanzen oder Gedächtnissprechstunden in Krankenhäusern sind auf kognitive Störungen spezialisiert und können die Ursache für Gedächtnis- oder Sprachprobleme abklären. Der MOCA-Test (Montreal Cognitive Assessment) ist ein Screening-Werkzeug zur Testung und zur Verlaufsbeurteilung bei Verdacht auf vaskuläre Demenz.
Pathophysiologische Einteilung
Es gibt drei Hauptwege, wie zerebrovaskuläre Veränderungen zu Demenz führen können:
Lesen Sie auch: Ursachen, Symptome und Behandlung von vaskulärer Demenz
- Summationstheorie (Multiinfarktdemenz): Mehrere Schlaganfälle führen zum Untergang einer kritischen Masse von Hirngewebe.
- Theorie des strategischen Infarktes: Kleine Läsionen an wichtigen Verschaltungsstellen (z.B. Thalamus, Kapselknie, Gyrus angularis) führen zu schweren Ausfällen.
- Theorie der diffusen Schädigung („Schrotschusstheorie“): Kleine, disseminierte Infarkte zerstören in ihrer Gesamtheit eine kritische Masse Hirngewebe.
Klinisch orientierte Systematik
Die von Loeb und Meyer entwickelte Klassifikation schafft eine klinisch orientierte Systematik:
- Multiinfarktdemenz: Aphasien, Dyslexien, Dysgraphien, Dyspraxien, Amnesien, Agnosien, Störungen von Aufmerksamkeit und Urteilsvermögen.
- Strategische Infarkte
- Multiple lakunäre Infarkte: Apathie, Denkverlangsamung, psychomotorische Verlangsamung, Bradykinesie, Orientierungs-, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, Perseverationen.
- Binswangersche Erkrankung: Subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie mit diffusen Marklagerveränderungen, schwere subkortikale Demenz mit Abulie, Inkontinenz und Rigidität.
- Mischung obiger Formen: Territorialinfarkte und lakunäre Infarkte.
- Einzelne oder multiple intrazerebrale Hämatome: Verursacht durch Amyloidangiopathie.
- Subkortikale familiäre Demenzen: CADASIL-Syndrom.
- Mixed Dementia: Vaskuläre Demenz plus Alzheimer-Demenz.
Diagnostische Kriterien
Die diagnostischen Kriterien beruhen auf der Kombination einer kognitiven Beeinträchtigung mit dem Nachweis eines klinischen Schlaganfalls oder dem bildgebenden Nachweis einer Hirngefäßerkrankung. Kritisch ist die kausale Verknüpfung dieser beiden Faktoren. Die Demenz muss durch einen Verlust kognitiver Leistungen gegenüber einer früheren normalen Grundsituation nachgewiesen werden. Es sollten mindestens zwei kognitive Domänen betroffen sein und die Fähigkeit des täglichen Lebens beeinträchtigt sein.
Therapie und Prävention
Eine vaskuläre Demenz ist nicht heilbar, da die entstandenen Schäden im Gehirn nicht rückgängig gemacht werden können. Ziel der Therapie ist es, weiteren Schäden vorzubeugen, eine Verschlimmerung der Beschwerden aufzuhalten oder zu verlangsamen.
Behandlungsmöglichkeiten:
- Medikamentöse Behandlung: Durchblutungsstörungen im Gehirn werden mit blutverdünnenden Medikamenten behandelt, um weiteren Schlaganfällen vorzubeugen. Bluthochdruck, erhöhter Cholesterinspiegel und erhöhter Blutzucker können ebenfalls medikamentös behandelt werden. Eine antidementive Therapie kann im Rahmen eines individuellen Heilversuchs in Betracht gezogen werden.
- Nicht-medikamentöse Behandlung: Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Musiktherapie, Erinnerungsarbeit und Krankengymnastik können helfen, die kognitiven Fähigkeiten und die Lebensqualität zu verbessern. Auch Gespräche (kognitive Stimulation) oder Erinnerungsarbeit (autobiographische Arbeit) sowie körperliche Betätigung oder Kunsttherapie können geeignete Behandlungsmethoden darstellen.
- Behandlung der zerebrovaskulären Grunderkrankung: Hier gelten die derzeit anerkannten Behandlungskonzepte des akuten Schlaganfalls, um eine pathophysiologisch orientierte Therapie zu erreichen. Eine Reduktion oder Vermeidung ischämischer Schäden in der Akutphase kann die Gefahr der Entwicklung einer vaskulären Demenz postakut reduzieren.
- Behandlung der vaskulären Risikofaktoren: Die Behandlung der Risikofaktoren hat eine wesentliche Bedeutung für die Prävention einer zerebrovaskulären Grunderkrankung und damit einen indirekten Effekt auf die vaskuläre Demenz. Vor allem durch Blutdrucksenkung kann eine Reduktion von Schlaganfällen erreicht werden.
Prävention:
Einer vaskulären Demenz beugt man vor, indem man einem Schlaganfall vorbeugt. Regelmäßige Bewegung kann (weiteren) Schlaganfällen vorbeugen. Eine konsequente medikamentöse Sekundärprävention bei Patienten mit vaskulärer Demenz wird empfohlen.
Forschungsergebnisse zur Prävention:
- Die Syst-Eur-Studie zeigte eine 50-prozentige relative Risikoreduktion für Demenz durch eine antihypertensive Behandlung mit Kalziumantagonisten und ACE-Hemmer.
- Eine Registerarbeit zeigte, dass die Langzeiteffekte einer Sekundärprävention auf kognitive Funktionen positiv sind. Patienten, die optimal behandelt wurden (mit antihypertensiver Medikation, Antithrombozytentherapie und Statinen), hatten ein deutlich geringeres Demenzrisiko.
Epidemiologie und Ausblick
Die vaskuläre Demenz stellt in der westlichen Welt die zweithäufigste Demenzursache dar. Nach einem Schlaganfall kann mit dem Auftreten einer vaskulären Demenz pro Jahr bei drei Prozent der überlebenden Patienten gerechnet werden. Angesichts der alternden Bevölkerung und der Zunahme von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes ist es wichtig, die Prävention und Behandlung der vaskulären Demenz weiter zu verbessern.
Lesen Sie auch: Vaskuläre Demenz verstehen: Ein tiefer Einblick
Lesen Sie auch: Vaskuläre Demenz: Aggressivität als Symptom
tags: #Epidemiologie #vaskuläre #Demenz