Epilepsie beim Hund: Lebensqualität und die Frage der Einschläferung

Epilepsie bei Hunden ist eine neurologische Erkrankung, die sowohl für den betroffenen Hund als auch für seine Besitzer eine Herausforderung darstellen kann. Die Entscheidung, einen Hund mit Epilepsie einzuschläfern, ist komplex und sollte als letzte Option in Betracht gezogen werden, wenn alle Behandlungswege ausgeschöpft sind und der Hund trotz aller Bemühungen eine inakzeptable Lebensqualität aufweist.

Was ist Epilepsie beim Hund?

Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Nervensystems, die durch wiederkehrende Krampfanfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn. Es gibt zwei Hauptformen der Epilepsie beim Hund:

  • Primäre (idiopathische) Epilepsie: Hierbei gibt es keine erkennbare Ursache für die Anfälle. Forschungsergebnisse legen nahe, dass diese Form autosomal-rezessiv vererbt wird, was bedeutet, dass beide Elternteile Träger der Genmutation sein müssen, damit ihre Nachkommen am Gendefekt leiden. Anhand bildgebender Diagnostik sind bei der idiopathischen Epilepsie keine Auffälligkeiten im Gehirn zu erkennen.
  • Sekundäre (strukturelle oder symptomatische) Epilepsie: Diese Form tritt infolge einer anderen Krankheit oder Verletzung auf, wie z.B. Hirnverletzungen, Tumoren, Infektionen oder Stoffwechselstörungen. Die krankhaften Veränderungen des Hirngewebes sind mit Hilfe von bildgebender Diagnostik oft deutlich erkennbar, was die Diagnose erleichtert. Streng genommen ist auch die metabolische oder organische Epilepsie eine Form der sekundären Epilepsie, da sie infolge einer anderen Erkrankung auftritt. Allerdings befindet sich der ursprüngliche Auslöser hier nicht im Gehirn, sondern im Stoffwechsel. Ein Beispiel hierfür wäre eine Nierenfunktionsstörung, bei der die Ausscheidung von Kreatinin und Harnstoff beeinträchtigt ist.

Die möglichen Auslöser für Krampfanfälle sind vielfältig, daher ist eine genaue Diagnose wichtig, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren und entsprechend zu behandeln.

Symptome und Diagnose

Die Symptome eines epileptischen Anfalls können variieren, beinhalten jedoch häufig:

  • Plötzlicher Zusammenbruch
  • Zuckungen oder Muskelkrämpfe
  • Bewusstseinsverlust
  • Speicheln
  • Unkontrolliertes Urinieren oder Koten
  • Verwirrung oder Orientierungslosigkeit nach dem Anfall

Ein epileptischer Anfall kann generalisiert (den ganzen Körper betreffend) oder fokal (herdförmig) auftreten. Im Falle eines generalisierten Anfalls setzen beide Großhirnhälften ein Signalfeuerwerk in Gang. Der typische epileptische Anfall geht mit krampfenden Bewegungen des ganzen Körpers einher. Dieser sogenannte tonische Anfall kommt bei Hunden mit Abstand am häufigsten vor (in 80 % aller Fälle). Eine fokale Epilepsie kann relativ unauffällig sein und vom Tierbesitzer unbemerkt bleiben: Die unwillkürlichen Bewegungen beschränken sich dabei auf bestimmte Körperareale und der Hund bleibt bei Bewusstsein.

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Die Diagnose erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus klinischen Beobachtungen, Bluttests, neurologischen Untersuchungen und bildgebenden Verfahren wie MRT oder CT-Scans. Eine umfangreiche Blutuntersuchung, bei der unter anderem die Konzentration verschiedener Elektrolyte, Enzyme, Stoffwechsel- und Abfallprodukte im Blut überprüft wird, ist oft der erste Schritt. Lassen sich die Anfälle anhand des Blutergebnisses nicht erklären, ist der nächste Schritt meist eine Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT), um mögliche strukturelle Veränderungen im Gehirn zu erkennen.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Epilepsie des Hundes muss grundsätzlich dann therapiert werden, wenn sie häufiger als alle drei Monate auftritt oder die Anfälle einen besonderen Schweregrad aufweisen. Letzterer ist bei einem Status epilepticus sowie bei Serienanfällen gegeben. Es gibt verschiedene Behandlungsansätze:

  • Medikamentöse Behandlung: Die häufigste Behandlungsmethode für Epilepsie bei Hunden ist die Gabe von Antiepileptika. Medikamente wie Phenobarbital, Kaliumbromid, Levetiracetam oder Zonisamid können helfen, die Häufigkeit und Schwere der Anfälle zu reduzieren. Die optimale Dosierung der Antiepileptika kann allerdings einige Wochen bis Monate in Anspruch nehmen. Mittel der Wahl der veterinärmedizinischen Therapie ist Phenobarbital, ein Barbiturat, das in den Produkten Luminal und Luminaletten enthalten ist. Da die Wirkung von Phenobarbital stark dosierungsabhängig ist, von Beruhigung über eine leichte Dämpfung des Bewusstseins bis zur Betäubung reicht, ist die Dosierung unbedingt vorsichtig vorzunehmen und gezielt einzusetzen. Die möglichen Nebenwirkungen bei falscher Dosierung reichen über Atemlähmung bis zum Kreislaufversagen und Nierenschädigung. Erwähnenswert ist, dass es kein Gegenmittel bei einer Überdosierung gibt.
  • Behandlung der Ursache: Im Falle einer organischen Erkrankung oder Stoffwechselstörung ist eine Behandlung der Grundursache nötig. Einige Ursachen, beispielsweise ein Tumor oder ein sogenannter Lebershunt, erfordern einen chirurgischen Eingriff.
  • Ergänzende Maßnahmen: Neben der medikamentösen Behandlung können Lebensstiländerungen, wie die Reduktion von Stress und die Einhaltung einer regelmäßigen Routine, helfen, Anfälle zu minimieren. Auch die homöopathische Therapie greift in das gesamte Stoffwechselgeschehen ein. Da der Leberstoffwechsel in Zusammenhang mit der Epilepsie zu stehen scheint, ist auf eine stetige leberschonende Entgiftung und Unterstützung der Leber Wert zu legen. Auch die Nierentätigkeit ist unterstützenswert. Daher legen wir in unseren Empfehlungen Wert auf feste Tagesabläufe und eine ruhige und stressfreie Umgebung unseres Patienten.

Einschläfern als Ausweg?

Die Entscheidung, einen Hund mit Epilepsie einzuschläfern, sollte gut überlegt und immer in Absprache mit einem Tierarzt getroffen werden. Wichtige Aspekte sind:

  • Kontrollierbarkeit der Anfälle: Können die Anfälle durch Medikamente und andere Maßnahmen kontrolliert werden? Hunde, bei denen die Anfälle gut kontrolliert werden können, können oft ein normales Leben führen.
  • Schwere und Häufigkeit der Anfälle: Sind die Anfälle selten und mild oder häufig und schwerwiegend? Häufige und schwere Anfälle können die Lebensqualität des Hundes erheblich beeinträchtigen. Eine besonders schwere Form eines Krampfanfalls ist der sogenannte Status epilepticus. Dieser tritt ein, wenn der Anfall länger als 5 Minuten dauert.
  • Lebensqualität: Hat der Hund zwischen den Anfällen eine gute Lebensqualität? Hunde, die zwischen den Anfällen glücklich und aktiv sind, haben eine bessere Prognose.
  • Nebenwirkungen der Medikamente: Welche Nebenwirkungen haben die Medikamente und wie stark beeinflussen sie das Leben des Hundes? Manche Hunde reagieren gut auf die Medikation, während andere starke Nebenwirkungen haben können.
  • Alter und allgemeiner Gesundheitszustand: Ein älterer Hund mit zusätzlichen gesundheitlichen Problemen hat möglicherweise eine geringere Lebenserwartung und eine schlechtere Prognose als ein jüngerer, ansonsten gesunder Hund.

Es gibt durchaus Hunde, die nach einer richtigen Einstellung auf das richtige Medikament durchaus ein normales langes Leben führen können. Bevor man jedoch über Euthanasie nachdenkt, sollte man dem Hund eine Chance geben und einen Spezialisten aufsuchen, um ihn vernünftig auf Medikamente einstellen zu lassen. Das dauert einige Zeit. Viele Besitzer berichten von einer andauernden Veränderung im Temperament nach dem ersten Anfall, und einige berichten, dass der Hund anscheinend nicht mehr so glücklich ist, seit er krampfhemmende Medikamente bekommt. Trotzdem ist es völlig normal, dass diese Tiere ein langes und erfülltes Leben haben - mit gelegentlichen oder seltenen Anfällen.

Wann ist der Zeitpunkt gekommen, über Einschläfern nachzudenken?

Wann eine Einschläferung tatsächlich eine oder gar die sinnvollste Option ist, lässt sich immer nur individuell entscheiden - der Halter kennt seinen treuen Gefährten oft sein Leben lang und kann am besten beurteilen, wie es ihm geht. Sobald die Lebensqualität des Tieres spürbar abnimmt, ist der Zeitpunkt gekommen, sich dieser wichtigen Frage zu stellen.

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Einige Anzeichen, die darauf hindeuten könnten, dass die Lebensqualität des Hundes stark beeinträchtigt ist, sind:

  • Der Hund frisst und trinkt nicht mehr oder nimmt stark ab.
  • Der Hund leidet unter unkontrollierbaren Schmerzen.
  • Der Hund ist inkontinent und/oder benötigt intensive Pflege.
  • Der Hund zeigt keine Freude mehr an Aktivitäten, die er früher gerne gemacht hat.
  • Der Hund ist zunehmend desorientiert oder ängstlich.

Der Prozess der Einschläferung

Ist die Entscheidung gefallen und eine Einschläferung steht kurz bevor, haben viele Hundehalter schlaflose Nächte - zu quälend sind die Fragen: “Wird mein Liebling etwas spüren?". Es ist wichtig, innere Ruhe zu finden, damit der Hund weder Stress noch Unruhe oder gar Angst verspüren muss. In einigen Fällen bekommen die Vierbeiner zunächst ein Beruhigungsmittel verabreicht. So können die Hunde im Beisein des Besitzers zunächst ruhig einschlafen und werden danach erst euthanasiert.

Auf der Lieblingsdecke gebettet und den liebsten Menschen an seiner Seite wissend, bekommt der Hund nun eine Spritze mit einem Medikament injiziert, das seine Lebensfunktionen aussetzt. Die Injektion enthält entweder das Schlafmittel Pentobarbital in einer Überdosis, das Narkosemittel Embutramid oder Kaliumchlorid. Schließlich setzt die Atmung aus oder ein Herzstillstand tritt ein. Es dauert etwa 15 bis 30 Minuten, dann hat es der Hund geschafft. Der Hund kann im Zuge des Einschläferns mit verschiedene Bewegungen (Muskelzuckungen) und Lautäußerungen reagieren. Diese Reaktionen muss man verstehen und interpretieren können. Der Hund ist in jedem Fall bewusstlos und seine Empfindungslosigkeit ist gewährleistet.

Abschied nehmen und Trauerbewältigung

Nach der Einschläferung ist Zeit, sich in Ruhe zu verabschieden. Viele Tierarztpraxen bieten in der letzten Phase des Lebens Hausbesuche an, damit eine einfühlsame Sterbebegleitung in vertrauter Umgebung zuhause stattfinden kann.

Die Kosten für die Euthanasie durch eine Injektion belaufen sich gemäß der Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte (GOT) auf mindestens 30,78 € (1-facher Satz) bis hin zu 92,34 € (3-facher Satz). Ob darüber hinaus möglicherweise auch für Beruhigungsmittel und eine Narkose Kosten anfallen, kann der Tierarzt im Vorhinein erklären.

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Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Bestattung:

  • Der Tierkörper kann an ein Tierkrematorium überführt werden.
  • Die Asche kann in einer Tierurne zuhause aufbewahrt, auf einem Tierfriedhof beigesetzt oder an einem Ort ausgestreut werden, der im Leben des Vierbeiners und seiner Lieben eine wichtige Rolle gespielt hat.

Vor allem die ersten Wochen nach dem Tod des Familienmitglieds sind für die Betroffenen oft voller Trauer und besonders schwer. Hier kann es helfen, die schönsten gemeinsamen Erinnerungen noch einmal aufleben zu lassen: Fotos vom Welpen bis zum Senior, gemeinsame Streifzüge durch die Natur, vom Hundetreff bis hin zu gemeinsamen Urlauben.

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