Altersepilepsie: Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung im Überblick

Wenn es um neurologische Erkrankungen im Alter geht, fallen oft die Stichworte Schlaganfall und Demenz. Die dritthäufigste neurologische Erkrankung bei Senioren, die Altersepilepsie, wird oft übersehen. Dr. Alexander Reinshagen, Chefarzt der Klinik für Neurologie der Sana Kliniken Leipziger Land in Borna, betont jedoch, dass die Beschwerden nach der Diagnose sehr gut behandelbar sind.

Was ist Altersepilepsie?

Altersepilepsie, auch bekannt als spät einsetzende Epilepsie, bezieht sich auf das Auftreten von epileptischen Anfällen bei Menschen im fortgeschrittenen Alter, typischerweise ab dem 60. Lebensjahr. Diese Form der Epilepsie unterscheidet sich von der frühkindlichen Epilepsie, die in jüngeren Jahren auftritt.

Epilepsie umfasst eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems, die aufgrund einer Überaktivität der Nervenzellen im Gehirn auftreten. Wenn Nervenzellen übermäßig aktiv sind, können sie anfallsartige Funktionsstörungen auslösen. Diese reichen von kaum merklichen geistigen Abwesenheiten (z. B. Absencen bei Kindern oder kognitive Anfälle bei Erwachsenen) über Wahrnehmungsstörungen bis hin zu schweren Krampfanfällen mit Bewusstseinsverlust.

In Deutschland sind Männer häufiger von Altersepilepsie betroffen als Frauen. Das Alter, in dem Altersepilepsie am häufigsten diagnostiziert wird, liegt zwischen 60 und 70 Jahren. Selten entwickelt sich Epilepsie erst im Alter. Nur jede zehnte Erkrankung wird erst im hohen Alter festgestellt. 90 Prozent aller Epilepsie-Fälle werden im frühkindlichen Alter diagnostiziert.

Wie äußert sich Altersepilepsie?

Ein epileptischer Anfall ist im Grunde ein Krampfanfall, der durch eine vorübergehende Funktionsstörung von Nervenzellen im Gehirn ausgelöst wird. Die Anfälle können zwar unterschiedlich sein, aber das Bild der Epilepsie ist stark geprägt von den Symptomen des großen Anfalls, bei dem es zu einem Bewusstseinsverlust, heftigen Krämpfen und unkontrollierbaren Zuckungen kommt.

Lesen Sie auch: Kann ein Anfall tödlich sein?

Bei einer Altersepilepsie hingegen ist es wahrscheinlicher, dass der Anfall nur einen bestimmten Bereich des Gehirns betrifft. Die Beschwerden sind weniger spezifisch und das Anfallsgefühl ist subjektiv weniger ausgeprägt. Anstelle von Krämpfen und Zuckungen sind beispielsweise kurzzeitige Abwesenheitszustände, Verwirrtheit oder Sprachunfähigkeit charakteristisch.

Epileptische Anfälle im Alter können vielfältige Symptome haben. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Anfälle offensichtlich sind.

Allgemeine Symptome bei epileptischen Anfällen können sein:

  • Bewusstseinsveränderungen, geistige Abwesenheit (Absence), Bewusstseinsverlust
  • Wahrnehmungsstörungen: Sehstörungen, Geschmacks- und Geruchshalluzinationen
  • Schwindelgefühle
  • Übelkeit und Unwohlsein
  • Kribbeln in den betroffenen Körperteilen
  • ungewöhnliche Muskelaktivität, Muskelzuckungen und Krämpfe im Sinne tonisch-klonischer Entäußerungen (s. Symptome bei einem generalisierten Anfall)
  • unwillkürliche Laute

Je nach Art des Anfalls sind die Betroffenen in der Regel zwischen den Anfällen beschwerdefrei und weisen keine neurologischen Symptome auf.

Warum wird Altersepilepsie oft verkannt?

Die Besonderheiten im Erscheinungsbild führen dazu, dass eine Epilepsie im Alter oft nicht erkannt oder gar als Folge des Alterns missverstanden wird. Dies kann gesundheitliche Folgen haben, wenn beispielsweise die Epilepsie als Ursache von Stürzen nicht diagnostiziert und somit zukünftige Unfälle nicht vermieden werden können. Kommen andere Erkrankungen wie Parkinson oder Demenz hinzu, können die Beschwerden die Symptome der Altersepilepsie überdecken.

Lesen Sie auch: Cortison-Therapie bei Epilepsie im Detail

Ursachen für die Epilepsie im Alter können unter anderem Kopfverletzungen, kleine Schlaganfälle, beginnende Demenz, Alkoholmissbrauch oder Entzündungen sein.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen der Altersepilepsie sind oft schwer zu ermitteln. Die Ursachen der Epilepsie sind noch nicht vollständig geklärt. In vielen Fällen ist eine Form der Epilepsie schon früher in der Familie aufgetreten, was für eine erbliche Veranlagung spricht. In einigen Fällen kann man Veränderungen im Erbmaterial (Genmutation) erkennen. Manche Anfälle können sich in Folge von Unfällen (posttraumatisch) oder als Reflexantwort ereignen. Bei anderen Anfällen können Veränderungen in der Gehirnstruktur (z. B. eine fokale kortikale Dysplasie) ursächlich sein.

Häufige Foci sind Folgen zerebraler Durchblutungsstörungen mit Beteiligung des zerebralen Kortex, Fehlbildungen, Tumore und in letzter Zeit häufiger beachtet auch neurodegenerative Erkrankungen. In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, dass bei Temporallappenepilepsie nicht nur ein Anstieg von Amyloidplaques beschrieben wurde, sondern auch von hyperphosphoryliertem Tau-Protein - beide Pathologien sind für die Alzheimer-Krankheit charakteristisch.

Auslöser (Trigger) von epileptischen Anfällen

Epileptische Anfälle können aus heiterem Himmel auftreten. In vielen Fällen sind aber auch bestimmte Trigger eines Anfalls bekannt. Die Auslöser können sich im individuellen Fall unterscheiden. Zu den häufigsten Triggern von epileptischen Anfällen gehören unter anderem:

  • Schlafmangel
  • unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus
  • starke körperliche oder seelische Belastung (Stress)
  • hohes Fieber
  • Alkohol und Alkoholentzug
  • Drogen oder Schlafmittelentzug
  • eher selten flackerndes Licht (Computerspiele, Stroboskopbeleuchtung in Clubs)

Diagnose von Altersepilepsie

Die Diagnose von Altersepilepsie erfordert eine gründliche Untersuchung durch einen Neurologen. Dies beinhaltet eine Anamnese, neurologische Tests und bildgebende Verfahren wie MRT oder CT-Scans, um mögliche Ursachen oder Anomalien im Gehirn zu identifizieren.

Lesen Sie auch: Ein umfassender Leitfaden zur idiopathischen generalisierten Epilepsie

Die klinische Anamnese und die Beobachtung eines Anfalls sind die Eckpfeiler der Diagnose. Die gesteigerte oder synchrone neuronale Aktivität kann durch ein Oberflächen-Elektroenzephalogramm oder andere anfallsdetektierende Instrumente nachgewiesen werden und die Ätiologie durch biochemische, bildgebende, genetische und sonstige Untersuchungen bestimmt werden. Der Nachweis pathologischer Hyperexzitabilität oder synchroner neuronaler Aktivität beweist das Vorliegen einer Epilepsie - fehlt dieser Nachweis, schließt es sie jedoch nicht aus.

Schwierigkeiten bei der Diagnose

Die klinische Symptomatik epileptischer Anfälle beim älteren Patienten zu erkennen oder im Oberflächen-EEG nachzuweisen kann schwierig sein. Die Prävalenz einer Epilepsie oder epileptiformer Aktivität in zusatzdiagnostischen Untersuchungen ist daher insbesondere bei älteren Patienten unbekannt und es kann von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden, weil die Diagnose weder klinisch vermutet noch zusatzdiagnostisch nachgewiesen wird. Auch unabhängig vom Alter kann die Routinediagnostik neuronaler Aktivität mit Oberflächenelektroden keine vollständige Abklärung leisten.

Mehr als 90 % der epileptiformen Aktivität im Hippocampus kann aus methodischen Gründen nicht mit Oberflächenelektroden aufgezeichnet werden und entgeht daher einer Diagnosestellung. Invasive EEG-Ableitungen mit Foramen-ovale-Elektroden können epileptiforme Aktivität und sogar hippokampale Anfälle nachweisen, die sich im Oberflächen-EEG nicht abbilden. Eine invasive Diagnostik wird jedoch speziellen, meist prächirurgischen Fragestellungen, vorbehalten bleiben.

Die Häufigkeit, mit der Oberflächenelektroden epileptiforme neuronale Aktivität nachweisen können, steigt bei Langzeit-EEG-Ableitungen. Diese können also bei einer größeren Zahl von Patienten mit Alzheimer-Krankheit subklinische epileptische Aktivität nachweisen, allerdings ist ihre Anwendung aus Compliance-Gründen bei fortschreitenden kognitiven Defiziten eingeschränkt. Nichtsdestotrotz ist bekannt, dass die Häufigkeit epileptischer Aktivität mit dem Schweregrad des Demenzsyndroms ansteigt.

Insgesamt ist daher zusammenzufassen, dass epileptiforme Aktivität im Temporallappen - der häufigsten Lokalisation im Kontext der Alzheimer-Krankheit - oftmals einem beweisendem Nachweis entgehen wird, da eine breite Anwendung invasiver Verfahren nicht möglich und nicht gerechtfertigt ist. Liegt infolgedessen der klinische Verdacht auf eine Epilepsie vor und kann der Nachweis von epileptiformer Aktivität in der Zusatzdiagnostik mit Oberflächen-EEG und selbst mit Langzeit-Ableitungen nicht geführt werden, lässt sich dennoch eine Epilepsie nicht definitiv ausschließen.

Therapie von Altersepilepsie

Die Behandlung von Altersepilepsie hängt von der Art und Schwere der Anfälle sowie den individuellen Bedürfnissen des Patienten ab. In den meisten Fällen werden antiepileptische Medikamente verschrieben, um die Anfallshäufigkeit zu reduzieren oder zu verhindern. Eine sorgfältige Abwägung der Medikamente ist wichtig, um mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu vermeiden. Derzeit stehen mehr als 20 verschiedene Präparate zur Verfügung. Die Medikamente beeinflussen den Gehirnstoffwechsel, haben aber kaum Nebenwirkungen.

Die Behandlung wird von einer Neurologin oder einem Neurologen begleitet. Kinder und Jugendliche werden von Kinder- und Jugendneurologinnen und -neurologen betreut. Meist findet ein Teil der Untersuchung und Behandlung im Krankenhaus statt. Manche ambulanten Einrichtungen und Kliniken haben sich auf die Behandlung von Menschen mit Epilepsie spezialisiert: Epilepsie-Zentren, Epilepsie-Ambulanzen und Schwerpunktpraxen. Diese eignen sich besonders bei speziellen Problemen, einer unklaren Diagnose oder wenn es trotz Behandlung weiter zu Anfällen kommt.

Welche Behandlung sinnvoll ist, hängt von der Form der Epilepsie und dem Krankheitsverlauf ab. Meist wird eine Epilepsie mit Medikamenten behandelt, sogenannten Antiepileptika. Es stehen unterschiedliche Medikamente aus verschiedenen Wirkstoffgruppen zur Verfügung. Wenn ein Medikament in einer niedrigen Dosierung nicht wirkt, kann zunächst die Dosis erhöht werden. Zeigt sich kein Erfolg, probiert man ein Medikament aus einer anderen Wirkstoffgruppe oder kombiniert mehrere Wirkstoffe.

Da es oft bei einem einzigen Anfall bleibt, kann man mit einer Behandlung meist erst einmal abwarten. Die Therapie beginnt in der Regel erst nach einem zweiten Anfall. Besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für erneute Anfälle, wie etwa bei einer Gehirnerkrankung, kann bereits nach dem ersten Krampfanfall eine Behandlung sinnvoll sein. Wichtig ist, die persönliche Situation ausführlich mit der Ärztin oder dem Arzt zu besprechen.

Wer sich für eine Behandlung mit Medikamenten entscheidet, nimmt diese meist über mehrere Jahre ein. Wenn in dieser Zeit keine Anfälle aufgetreten sind, können manche Menschen versuchsweise auf Medikamente verzichten. Andere benötigen ihr Leben lang Medikamente.

Antiepileptika können Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel haben. Manchmal bestehen spezielle Risiken, zum Beispiel während der Schwangerschaft für das ungeborene Kind. Eine ausführliche ärztliche Beratung ist dann besonders wichtig.

Können die Medikamente Anfälle nicht verhindern, ist ein Eingriff eine Alternative.

  • Operation: Wenn sich bei fokalen Anfällen feststellen lässt, welcher Bereich des Gehirns die Anfälle auslöst, kann er entfernt werden. Das ist aber nicht immer möglich.
  • Vagusnerv-Stimulation: Dabei wird ein Schrittmacher unter die Haut im Brustbereich implantiert, der elektrische Impulse abgibt. Er ist über Kontakte am Halsbereich mit dem Vagusnerv verbunden und soll die Überaktivität der Nervenzellen hemmen. Der Vagusnerv ist ein wichtiger Nerv des vegetativen Nervensystems und an der Regulierung der inneren Organe beteiligt. Für den Nutzen dieser Therapie gibt es bisher nur wenige aussagekräftige Studien. Daher wird die Vagus-Stimulation von den gesetzlichen Krankenkassen nur unter besonderen Voraussetzungen im Einzelfall erstattet.

Therapieoptionen rationalisieren

Die Behandlung altersassoziierter Erkrankungen erfordert die altersmedizinische Herangehensweise. Altersmediziner müssen in der ganzheitlichen Behandlung älterer Menschen oft handeln, ohne zu jedem vorliegenden Symptom beim älteren Menschen alle Einzelheiten zur Ätiologie zu kennen oder sensu strictu die Ätiologiehypothese durch Zusatzdiagnostik gesichert zu haben. Entscheidungen über einen möglichen Einsatz anfallssupprimierender Medikamente im Kontext der Alzheimer-Krankheit müssen daher bis zum Vorliegen weiterer Evidenz trotz allen Unbehagens aus klinischen Erwägungen vor dem Hintergrund des pathophysiologischen Wissens getroffen werden.

Eine Vielzahl von Arbeiten zeigt in Tiermodellen der Alzheimer-Krankheit, dass kognitive Defizite durch anfallssupprimierende Medikamente vermindert werden können. Dies wurde für Lamotrigin, Levetiracetam, Perampanel und Topiramat gezeigt. Aufgrund tierexperimenteller Befunde wurde auch bei der Demenz mit Lewy-Körpern und anderen Synucleinopathien hypothetisiert, dass eine frühe Beeinflussung der Hyperexzitabilität ein therapeutisches Ziel sein könnte.

Die Behandlung einer diagnostizierten Epilepsie bei Patienten mit Alzheimer-Krankheit wirkt sich vorteilhaft auf den Krankheitsverlauf aus. Der Einsatz anfallssupprimierender Medikamente, um die kognitive Verschlechterung zu beeinflussen, ist die Grundlage, diese Medikamente auch unabhängig von der Diagnose einer Epilepsie im Kontext neurodegenerativer Erkrankungen beim Menschen einzusetzen. So verbessert zum Beispiel die Behandlung mit Levetiracetam die räumliche Orientierung und die exekutiven Funktionen bei Patienten mit Alzheimer-Krankheit und epileptiformer Aktivität im EEG.

Anfallssupprimierende Medikamente haben auch bei nichtkognitiven Symptomen bei der Alzheimer-Krankheit eine positive Wirkung gezeigt. Aggressives Verhalten ist ein häufiges Symptom fortgeschrittener Demenzerkrankungen, von denen viele eine Alzheimer-Krankheit haben. Valproat ist ein anfallssupprimierendes Medikament, das als Mittel der Wahl zur Behandlung von demenzbetroffenen Patienten mit Aggressivität und abnormalem EEG gilt. Für den generellen Gebrauch ist Valproat jedoch wegen der vielen Interaktionen und Nebenwirkungen nicht für ältere Patientinnen und Patienten geeignet.

Wenn es intermittierend, innerhalb von Stunden oder Tagen, zu kognitive Verschlechterungen kommt, oder intermittierend starke Schwankungen neuropsychiatrischer Symptome ohne infektiöse oder metabolische Ursachen auftreten, gilt es im Einzelfall Folgendes zu bedenken: Diese Symptomatik könnte durch eine Hyperexzitabilität beziehungsweise durch epileptiforme Aktivität in neuronalen Netzwerken mitverursacht sein. Somit wäre zu überlegen, ob dies gegebenenfalls den individuellen Behandlungsversuch mit anfallssupprimierenden Substanzen rechtfertigt. In erster Linie kommen hier Lamotrigin und Levetiracetam in Frage.

Verhalten bei einem epileptischen Anfall

Bei einem epileptischen Anfall ist es am wichtigsten, dass Helferinnen und Helfer Ruhe bewahren und Betroffene vor Verletzungen schützen. Dauert der Anfall länger als fünf Minuten an oder treten mehrere Anfälle kurz hintereinander auf, sollte der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden. Bei einem schweren Anfall kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein.

Wenn man Zeug*in eines epileptischen Anfalls bei einer anderen Person wird, ist es sehr wichtig, ruhig und besonnen zu bleiben. Vor allem sollte man überlegen, wie man die Person vor Verletzungen schützt. Alles andere hängt von der Stärke und der Art der Anfälle ab.

Leichte epileptische Anfälle mit wenigen Symptomen

Bei kurzen Absencen oder Muskelzuckungen besteht keine unmittelbare Gefahr. Danach können sich die Betroffenen unsicher fühlen und Unterstützung benötigen.

Anfälle mit eingeschränktem Bewusstsein oder Verhaltensänderungen

Wenn Menschen mit einem epileptischen Anfall verwirrt wirken, ist es wichtig, sie vor Gefahren zu schützen (z. B. im Straßenverkehr). Gehen Sie dabei mit der Person ruhig um und fassen Sie sie nicht hart an. Hektik, Zwang oder Gewalt können zu starken Gegenreaktionen führen. Versuchen Sie dem oder der Betroffenen Halt und Nähe zu vermitteln.

Große generalisierte epileptische Anfälle

Bei einem großen generalisierten Anfall verkrampft der ganze Körper und die Person verliert das Bewusstsein. In diesen Fällen sollten Sie Folgendes tun:

  • Ein epileptischer Anfall kann verschiedene Ursachen haben und das Symptom eines lebensbedrohlichen Notfalls sein. Wählen Sie daher immer den Notruf 112 und rufen Sie professionelle Hilfe.
  • Sorgen Sie für Sicherheit, indem Sie z. B. gefährliche Gegenstände beiseite räumen.
  • Polstern Sie den Kopf des*r Betroffenen ab.
  • Nehmen Sie seine/ihre Brille ab.
  • Lockern Sie enge Kleidung am Hals, um die Atmung zu erleichtern.
  • Bitten Sie Menschen, die in der Situation nicht helfen können, weiterzugehen.
  • Viele Epileptikerinnen haben eine „Notfalltablette“ dabei, die einen längeren Anfall beenden kann. Diese Tablette sollte demr Betroffenen jedoch von geschulten Hilfspersonen verabreicht werden. Wenn Sie selbst nicht darin geschult sind, warten Sie bis professionelle Hilfe angekommen ist.
  • Bleiben Sie nach dem Anfall bei der Person und bieten Sie Ihre Unterstützung an.
  • Wenn die Person nach dem Anfall erschöpft ist und einschläft, bringen Sie sie in die stabile Seitenlage.

Was Sie in keinem Fall tun sollten:

  • Dieden Betroffenen festhalten oder zu Boden drücken
  • der betroffenen Person etwas in den Mund schieben - auch wenn sie sich in die Zunge beißt

Leben mit Altersepilepsie

Natürlich verändert auch und vor allem die Diagnose Epilepsie das Leben. Medikamente müssen regelmäßig eingenommen werden, man braucht einen regelmäßigen Biorhythmus und muss Schlafentzug und zu hohen Alkoholkonsum vermeiden. Außerdem schränkt es auch die Mobilität ein, wenn man kein Auto mehr fahren darf und im Einzelfall frühestens nach einem Jahr Anfallsfreiheit ggf. wieder die Möglichkeit dazu besteht. Urlaub und Freizeit sind in der Regel keine Problemfelder, wobei auch bestimmte „gefährliche“ Sportarten, wie Bergsteigen oder Tauchen, vermieden werden sollten.

Der Krankheitsverlauf von Altersepilepsie kann variieren. Einige Patienten erleben eine vollständige Kontrolle über ihre Anfälle mit der richtigen Behandlung, während andere möglicherweise weiterhin gelegentliche Anfälle haben.

Wenn Sie Familienangehörige haben, die an Altersepilepsie leiden, ist es wichtig, sie zu unterstützen, damit sie möglichst lange selbständig in den eigenen vier Wänden leben können. Vermeiden Sie es, alleine zu lassen, wenn sie Anfälle haben und sorgen Sie für eine sichere Wohnumgebung.

Unterstützung durch Angehörige und Betreuer

Wer zum ersten Mal einen Anfall erleidet, sollte auf jeden Fall zum Arzt gehen. Erster Ansprechpartner ist in der Regel der Hausarzt, der diese Patienten zu einem Neurologen überweist. Da sich Betroffene oft nicht an das Ereignis erinnern und der Anfall im Alter nicht so dramatisch abläuft wie ein klassischer, sind die Verwandten gefragt. Der Neurologe benötigt eine möglichst genaue Schilderung dessen, was passiert ist. Kommt es doch zu einem großen Anfall mit Verlust des Bewusstseins, einem Krampfanfall und Zuckungen an Armen und Beinen, sollten Betroffene vor Verletzungen am Kopf geschützt werden. Tritt ein solcher Anfall zum ersten Mal auf, oder dauert dieser über zwei Minuten, muss der Notarzt gerufen werden.

Insgesamt ist es entscheidend, die Bedürfnisse und Herausforderungen von Senioren mit Altersepilepsie zu verstehen und ihnen die bestmögliche Unterstützung und Pflege zukommen zu lassen. Dies kann dazu beitragen, ihre Lebensqualität zu verbessern und die Anfallshäufigkeit zu reduzieren. Eine 24h Betreuungskraft kann Ihren Liebsten helfen, mit den Folgen der Epilepsie zurechtzukommen. Im Notfall ist die Betreuungskraft sofort vor Ort und kann Erste Hilfe leisten.

Ergänzend kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Sie kann dabei unterstützen, mit den Folgen der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.

Epilepsie und Demenz: Ein komplexer Zusammenhang

Die Prävalenz von Alzheimer-Krankheit und Epilepsien steigt aufgrund der alternden Bevölkerung. Die Diagnostik ist nicht immer einfach und eindeutig. Umso wichtiger ist es zu wissen, dass es dennoch Kriterien für eine pragmatische Therapie der Anfallssuppression gibt.

Der demografische Wandel erhöht die Prävalenz altersassoziierter Krankheiten. Hierzu gehören symptomatische Epilepsien, die Alzheimer-Krankheit sowie eine Vielzahl von neurodegenerativen und vaskulären Krankheiten. Der relative Anteil einzelner Ätiologien verschiebt sich zugunsten der Krankheiten, deren Inzidenz mit dem Alter am stärksten ansteigt. Der Anteil der Alzheimer-Krankheit an der Gesamtheit der Krankheiten, die zu einem demenziellen Syndrom führen, nimmt daher zu.

Außerdem nehmen die Komorbiditäten jeglicher altersassoziierter Krankheiten zu. Manche Kombinationen treten allerdings nicht nur unabhängig voneinander als Folge des Alters gehäuft auf, sondern zumindest teilweise als Folge gemeinsamer pathophysiologischer Zwischenstrecken. Das betrifft auch die Kombination Epilepsie und Alzheimer-Krankheit.

Interaktionen zwischen Alzheimer-Krankheit und Epilepsie

Wiederholt wurde die Hyperexzitabilität von Neuronennetzwerken mit subklinisch-epileptiformer Aktivität in Computermodellen oder transgenen Tiermodellen der Alzheimer-Krankheit und auch bei Patientinnen und Patienten nachgewiesen. Eine Vielzahl von aktuellen Publikationen verweist darauf, dass es klinisch eine erhöhte Prävalenz von Epilepsien oder zumindest epileptiformer Aktivität bei Patienten mit Alzheimer-Krankheit gibt. Die Progression der Alzheimer-Krankheit ist beschleunigt, wenn die klinische Diagnose einer Epilepsie vorliegt oder im Oberflächen-EEG epileptiforme Aktivität nachgewiesen wird. Selbst wenn nie ein epileptischer Anfall beobachtet wurde, schreiten die kognitiven Defizite bei der Alzheimer-Krankheit schneller voran, wenn im Oberflächen-EEG eine epileptiforme Aktivität nachgewiesen wurde im Vergleich zu keinem solchen Befund.

Im Tiermodell wird in der Umgebung von Amyloidplaques und Neurofibrillenbündeln höhere elektrische Aktivität registriert, umgekehrt kann diese ihrerseits Amyloidablagerungen steigern. Liegt gleichzeitig eine tau- und amyloidassoziierte Pathologie vor, steigert das die Wechselwirkung von Tau-Pathologie und elektrischer Aktivität. Das alles legt einen circulus vitiosus nahe, der auch beim Menschen vorliegen könnte: Amyloidablagerungen und Tau-Protein steigern die elektrische Aktivität und das wiederum begünstigt weitere Amyloidablagerungen und Erhöhung des Tau-Proteins.

Nicht nur bei der Alzheimer-Krankheit, sondern auch bei anderen neurodegenerativen Krankheiten kommt eine Epilepsie als Komorbidität im Verlauf vor. Beim Phänotyp der Frontotemporalen Demenz (FTD) sind 3 Schlüsselbereiche - Sprache, Verhalten oder körperliche Symptome - unterschiedlich ausgeprägt betroffen. Ebenso wie bei der Alzheimer-Krankheit ist eine erhöhte Prävalenz der Kombination von FTD und Epilepsie zu beobachten. Die Parkinson-Krankheit selbst, atypische Parkinson-Syndrome und die Demenz mit Lewy-Körpern sind mit der Akkumulation von α-Synuclein assoziiert. Auch α-Synuclein kann die neuronale Exzitabilität so verändern, dass epileptiforme Aktivität auftritt. So verwundert es nicht, dass auch hier gehäuft Epilepsie diagnostiziert wird.

Assoziationen von Epilepsien und Demenz

Epidemiologische Daten zeigen, dass spät im Leben auftretende Epilepsien ein Prädiktor einer Alzheimererkrankung sein können. Eine häufig unterschätzte Rolle spielen im Alter posttraumatische Epilepsien infolge von Stürzen. Hier besteht eine naheliegende Assoziation zu Demenz, die nach Schädel-Hirn-Trauma ebenfalls gehäuft auftritt.

Alles in allem dürften Epilepsien bei der Entstehung von Demenzen keine grosse Rolle spielen.

tags: #Epilepsie #Folgen #im #Alter